Bergoglio: Traditionelle Katholiken sind psychisch krank

Unsere Hoffnung gründet auf der Verheißung Christi, nicht auf die "Bewegung des Weltgeistes"


Konträre Welten: der überlieferte Römische Ritus und das Verständnis von Papst Franziskus, wie er es in seinem neuen Buch "Hoffnung" darlegt.
Konträre Welten: der überlieferte Römische Ritus und das Verständnis von Papst Franziskus, wie er es in seinem neuen Buch "Hoffnung" darlegt.

Von Ivan Poljaković*

Anzei­ge

Brin­ge uns zu dir zurück, o Herr, so keh­ren wir um; laß es wie­der wer­den wie vor alters! (Klgl 5,21).

In sei­ner am 14. Janu­ar 2025 ver­öf­fent­lich­ten Auto­bio­gra­fie „Hoff­nung“ belei­digt Jor­ge Berg­o­glio wie­der­holt Katho­li­ken.1 Er wirft uns „Rück­stän­dig­keit“ und „sek­tie­re­ri­sche Welt­lich­keit“ vor. Laut Berg­o­glio sind die­je­ni­gen, die an der Tra­di­ti­on fest­hal­ten, „starr“, „rück­stän­dig“, „ideo­lo­gisch gefärbt“, „sek­tie­re­risch“, „gei­stig gestört“ und ähnliches.

Heilige Tradition und Lex Orandi

In den ersten Jahr­zehn­ten nach dem Tod Jesu Chri­sti ent­wickel­te sich ein bestimm­tes Muster für die Dar­brin­gung des hei­li­gen unblu­ti­gen Mess­op­fers, das auch nach dem Ende des ersten Jahr­hun­derts fort­be­stand und das in der latei­ni­schen Mes­se noch deut­lich zu erken­nen ist.2 Die tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se, oder vetus ordo, wie wir sie heu­te ken­nen, geht auf das vier­te Jahr­hun­dert zurück: „Bereits im vier­ten Jahr­hun­dert fin­den sich in der Kir­che eta­blier­te lit­ur­gi­sche Riten. Und in der Tat kön­nen wir sehen, dass der Kern des Kanons der tra­di­tio­nel­len Mes­se min­de­stens seit dem Ende des vier­ten Jahr­hun­derts exi­stiert.“3 Das Römi­sche Mess­buch wur­de wäh­rend des Pon­ti­fi­kats des hei­li­gen Pap­stes Gre­gor des Gro­ßen (590–604) refor­miert, aber sei­ne Refor­men waren der Tra­di­ti­on treu. Sein Werk blieb bis zum Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil nahe­zu unver­än­dert.4 Wir kön­nen also mit Fug und Recht sagen, dass der lit­ur­gi­sche Ritus, d. h. der vetus ordo, sich von den apo­sto­li­schen Tagen bis heu­te dank der Tra­di­ti­on orga­nisch ent­wickelt hat. Bewah­rung der Tra­di­ti­on war für die Katho­li­ken schon immer von gro­ßer Bedeu­tung. Die Tra­di­ti­on ist sogar noch wich­ti­ger als die Hei­li­ge Schrift, denn ver­ges­sen wir nicht, dass die Hei­li­ge Schrift erst im Jahr 382 unter Beru­fung auf die Tra­di­ti­on kodi­fi­ziert wur­de. Wenn es also kei­ne Tra­di­ti­on gäbe, gäbe es weder Glau­ben noch Hei­li­ge Schrift.

Die Bedeu­tung der Tra­di­ti­on wird beson­ders in der Hei­li­gen Schrift her­vor­ge­ho­ben. Der hei­li­ge Pau­lus schreibt an die Korin­ther: „Ich kann euch nur loben, weil ihr immer an mich denkt und euch in allem nach dem rich­tet, was ich euch wei­ter­ge­ge­ben habe“ (Lat. Lau­do autem vos fra­tres quod omnia mei memo­res estis et sicut tra­di­di vobis prae­cep­ta mea ten­etis, 1 Kor 11,2. Er weist auch die Thes­sa­lo­ni­cher an: „Bleibt also stand­haft, lie­be Brü­der und Schwe­stern. Hal­tet euch an die Über­lie­fe­run­gen, die ihr münd­lich und schrift­lich gelernt habt“ [Lat. Itaque fra­tres sta­te et tenete tra­di­tio­nes quas didi­cis­tis sive per ser­mo­nem sive per epi­stu­lam nost­ram, 2 Thess 2,15). Er belehrt nicht nur, son­dern befiehlt auch: „Lie­be Brü­der und Schwe­stern! Im Namen unse­res Herrn Jesus Chri­stus for­dern wir euch auf: Mei­det den Umgang mit allen in der Gemein­de, die ihre Arbeit ver­nach­läs­si­gen und nicht so leben, wie wir es euch gelehrt und auf­ge­tra­gen haben“ (Lat. Den­un­ti­a­mus autem vobis fra­tres in nomi­ne Domi­ni nostri Iesu Chri­sti ut sub­tra­ha­tis vos ab omni frat­re ambu­lan­te inor­di­na­te et non secund­um tra­di­tio­nem quam acce­perunt a nobis, 2. Thes­sa­lo­ni­cher 3,6). Des­halb soll­ten sich Katho­li­ken nach dem Wort Got­tes von denen fern­hal­ten, die sich nicht an die Tra­di­ti­on hal­ten. Die ersten Chri­sten hiel­ten die apo­sto­li­sche Tra­di­ti­on wie ihren Aug­ap­fel und zogen es vor, ihr Leben zu geben, anstatt sie zu ver­leug­nen. Für Katho­li­ken ist die tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se ein äußerst wich­ti­ger Teil der Tradition.

Papst Bene­dikt XVI. hat klar­ge­stellt, dass „das, was frü­he­re Gene­ra­tio­nen als hei­lig ange­se­hen haben, auch für uns hei­lig und groß bleibt und nicht plötz­lich völ­lig ver­bo­ten oder gar als schäd­lich ange­se­hen wer­den kann“. 5 Es bleibt die Fra­ge, war­um Berg­o­glio nicht tole­riert, was den Katho­li­ken hei­lig ist, war­um er die tra­di­tio­nel­le Lit­ur­gie der Kir­che, die hei­li­ge Mes­se aller Zei­ten, zer­stö­ren will. Vie­le spe­ku­lie­ren über die Ant­wort auf die­se Fra­ge und den­ken, dass die Ant­wort schwie­rig ist. Aber die Ant­wort ist sehr ein­fach, und wenn wir ehr­lich sind, offen­sicht­lich. Berg­o­glio hasst die latei­ni­sche Mes­se aus dem ein­fa­chen Grund, weil er kein Katho­lik ist, wor­über wir bereits aus­führ­li­cher geschrie­ben haben. Die tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se ist die Basti­on des Katho­li­zis­mus – lex oran­di, lex cre­den­di, lex viven­di – die zer­stört wer­den muss. So denkt jeder Feind der Kirche.

Blasphemie des Heiligen Geistes

Betrach­ten wir nun die Ein­zel­hei­ten von Berg­o­gli­os „Hoff­nung“. Aus sozio­lo­gi­scher Sicht, so Berg­o­glio, „ist es inter­es­sant, das Phä­no­men des Tra­di­tio­na­lis­mus zu betrach­ten, die­se ‚Rück­stän­dig­keit‘, die jedes Jahr­hun­dert regel­mä­ßig wie­der­kehrt, die­sen Ver­weis auf ein angeb­lich per­fek­tes Zeit­al­ter, das jedes Mal eine ande­re Ära ist. Mit der Lit­ur­gie zum Bei­spiel. Nun wur­de beschlos­sen, dass die Mög­lich­keit, die Mes­se in latei­ni­scher Spra­che zu fei­ern, wie es im Mess­buch vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil vor­ge­se­hen ist, aus­drück­lich vom Dik­aste­ri­um für den Got­tes­dienst geneh­migt wer­den muss, was dies nur in beson­de­ren Fäl­len zulässt. Aus dem Grund, weil es unge­sund ist, wenn die Lit­ur­gie zu einer Ideo­lo­gie wird.“6 So stellt die tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se, an der fast alle Hei­li­gen teil­nah­men, für ihn eine Ideo­lo­gie dar. Es erüb­rigt sich, dies zu kom­men­tie­ren. Man sagt: Ein Bild sagt mehr als tau­send Wor­te. Sehen Sie hier, wel­che Mes­se eine Ideo­lo­gie repräsentiert.

Jor­ge M. Berg­o­glio sieht in der eif­ri­gen Fröm­mig­keit eine Krank­heit: „Es ist inter­es­sant, die­se Fas­zi­na­ti­on für das zu sehen, was nicht ver­stan­den wird, für das, was etwas ver­bor­gen scheint und manch­mal für die jün­ge­ren Gene­ra­tio­nen von Inter­es­se zu sein scheint. Die­se Steif­heit wird oft von ele­gan­ten und teu­ren Schnit­ten, Spit­zen, aus­ge­fal­le­nen Orna­men­ten und Rocketten beglei­tet. Nicht eine Vor­lie­be für die Tra­di­ti­on, son­dern eine prie­ster­li­che Zur­schau­stel­lung, die dann nichts ande­res ist als eine kirch­li­che Ver­si­on des Indi­vi­dua­lis­mus. Kei­ne Rück­kehr zum Hei­li­gen, son­dern genau das Gegen­teil, zu sek­tie­re­ri­scher Welt­lich­keit. Hin­ter die­sen Klei­dungs­wei­sen ver­ber­gen sich manch­mal ein gei­sti­ges Ungleich­ge­wicht, eine emo­tio­na­le Abwei­chung, eine Ver­hal­tens­schwie­rig­keit, ein per­sön­li­ches Pro­blem, das aus­ge­nutzt wer­den kann.“ 7

Es ist unklar, woher er die Idee hat, dass Katho­li­ken nicht ver­ste­hen, was bei der tra­di­tio­nel­len Mes­se geschieht, der unse­re Vor­fah­ren seit Jahr­hun­der­ten bei­gewohnt haben und die so vie­le hei­li­ge Päp­ste wie der hl. Pius V., VI.,… XII., Bischö­fe wie der hl. Bell­ar­min, hl. Franz von Sales, sel. Alo­j­zi­je Ste­pinac, Prie­ster wie der hl. Pater Pio und vie­le ande­re zele­briert haben. Wer regel­mä­ßig zur latei­ni­schen Mes­se geht, ver­steht alles sehr gut. Es wäre nicht schlecht, wenn Berg­o­glio sie wenig­stens fra­gen wür­de, aber er stellt sol­che pau­scha­len Behaup­tun­gen auf, die jeder Grund­la­ge ent­beh­ren. Und die Ver­ur­tei­lung von Prie­stern dafür, dass sie an „Prah­le­rei“ lei­den, ist, gelin­de gesagt, heuch­le­risch, wenn man doch sehr gut weiß, dass die latei­ni­schen Mes­sen heu­te dank ihm meist in Baracken oder klei­nen Kapel­len abge­hal­ten wer­den müs­sen.8 Die Hei­li­ge Kir­che und die Katho­li­ken haben immer ver­sucht, das Beste von sich und das Schön­ste zu geben, was sie in einer bestimm­ten Situa­ti­on tun konn­ten, wenn es um den Got­tes­dienst ging, oder denkt Berg­o­glio, dass die Prie­ster sich klei­den soll­ten, als ob sie auf einen Jahr­markt gin­gen? Die­je­ni­gen, die am römi­schen Ritus hän­gen, lei­den, laut Berg­o­glio, unter „gei­sti­gem Ungleich­ge­wicht“ und „emo­tio­na­ler Abwei­chung“. Das ist nicht nur eine Belei­di­gung der Katho­li­ken, son­dern auch eine äußerst blas­phe­mi­sche Aus­sa­ge. Wenn Katho­li­ken, die dem römi­schen Ritus erge­ben sind, gei­stes­krank sind, dann sind auch fast alle Hei­li­gen der Kir­che, Prie­ster, Bischö­fe, Kar­di­nä­le und alle Päp­ste seit min­de­stens dem sech­sten Jahr­hun­dert (da wir seit­dem prak­tisch den­sel­ben Ritus haben) krank. Aber das ist nicht nur eine Belei­di­gung für die gan­ze Kir­che – den Leib Chri­sti – son­dern auch für Gott. Dar­über hin­aus ist es eine Blas­phe­mie des Hei­li­gen Gei­stes, denn die hei­li­ge Lit­ur­gie der Kir­che ist der vol­le Aus­druck ihres Lebens, beseelt und getra­gen vom Hei­li­gen Geist.9 Wenn also wir Katho­li­ken krank sind, dann ist auch der Hei­li­ge Geist krank.

Eine neue Sekte

Ein Stück wei­ter denkt Berg­o­glio in sei­nem Buch nach: „Unse­re Auf­ga­be ist es sicher­lich, zu erken­nen, zu ver­ste­hen, was der heu­ti­ge Tag von uns ver­langt, aber in dem Bewusst­sein, dass die Starr­heit nicht christ­lich ist, weil sie die­se Bewe­gung des Gei­stes leug­net. Starr­heit ist sek­tie­re­risch. Starr­heit ist selbst­re­fe­ren­zi­ell. Starr­heit ist eine täg­li­che Häre­sie. Sie hält die Kir­che fälsch­li­cher­wei­se für eine Festung, ein Schloss, das hoch steht, das die Welt und das Leben mit Distanz und Selbst­ge­fäl­lig­keit betrach­tet, anstatt in ihr zu leben.“10 Inter­es­sant ist, dass Berg­o­glio in sei­nen Schrif­ten oft von einem Geist spricht, sel­ten aber von dem Hei­li­gen Geist.

So den­ken die Pro­te­stan­ten, denn sie wer­den stän­dig vom „Geist“ bewegt, die Fra­ge ist nur, von wel­chem Geist. Der Hei­li­ge Geist ist es sicher nicht, denn sonst gäbe es nicht über 50.000 ver­schie­de­ne pro­te­stan­ti­sche Sek­ten, denen sich Berg­o­gli­os Syn­oden­kir­che inzwi­schen anschlie­ßen will. Sie wech­seln ihren Glau­ben, wie der „Geist“ der Welt weht. Aber der Hei­li­ge Geist lehrt nur eine Wahr­heit, die sich nicht ändert, die starr ist, denn Gott ist immer der­sel­be, gestern, heu­te und mor­gen (vgl. Hebr 13,8). Des­halb ist der katho­li­sche Glau­be gera­de durch Festig­keit, Stand­haf­tig­keit, Beharr­lich­keit im Glau­ben und Unnach­gie­big­keit gegen­über welt­li­chen Ein­flüs­sen geschmückt. Papst Pius XII. erklärt, dass die­je­ni­gen, die die Gläu­bi­gen wegen ihrer Starr­heit angrei­fen, in Wirk­lich­keit Chri­stus angrei­fen: „Wenn man die Wor­te Chri­sti und des Apo­stels [Pau­lus] als stren­ge Regel nimmt, müss­te man dann nicht sagen, dass die Kir­che von heu­te mehr zum Ablass als zur Stren­ge neigt? So kommt es, dass der Vor­wurf der unter­drücken­den Starr­heit, den die ’neue Moral‘ gegen die Kir­che erhebt, in Wirk­lich­keit vor allem die wun­der­ba­re Per­son Chri­sti selbst angreift.“11 Berg­o­glio sagt, dass es „gewiss unse­re Auf­ga­be ist, zu erken­nen, zu ver­ste­hen, was der heu­ti­ge Tag von uns ver­langt“, aber Chri­stus hat die katho­li­sche Kir­che nicht dazu ein­ge­setzt, auf das zu hören, was die Welt ver­langt, son­dern umge­kehrt, um ein Licht für die Welt zu sein (vgl. Mt 5,14). Denn Jesus hat den Apo­steln nicht gesagt, dass sie hin­ge­hen und hören sol­len, was die Welt ver­langt, was die Welt braucht, son­dern im Gegen­teil: „Des­halb geht hin­aus in die gan­ze Welt und ruft alle Men­schen dazu auf, mei­ne Jün­ger zu wer­den! Tauft sie auf den Namen des Vaters, des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes! Lehrt sie, alles zu befol­gen, was ich euch auf­ge­tra­gen habe“ (Mt 28,19–20). Wir soll­ten uns nicht wun­dern, dass die Kir­che in Unord­nung ist, wenn wir einen Papst haben, der wie ein Pro­te­stant denkt. Berg­o­glio hört genau zu, wonach die Welt sucht, und so ist es nicht ver­wun­der­lich, dass er sich unter ande­rem dar­um bemüht, Sodo­mie zu normalisieren.

Um sei­ne Behaup­tung zu unter­mau­ern, dass alles geän­dert wer­den müs­se, ver­dreht Berg­o­glio die Wor­te des hei­li­gen Vin­zenz Lérins noch ein­mal und behaup­tet, dass „Fort­schritt Ver­än­de­rung bedeu­tet… Es liegt in unse­rer Ver­ant­wor­tung, in unse­rer eige­nen Zeit zu rei­sen, wei­ter zu wach­sen in der Kunst der Befrie­di­gung und Erfül­lung von Bedürf­nis­sen mit der Krea­ti­vi­tät des Gei­stes, die immer Unter­schei­dung in Akti­on ist… Mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ist die Kir­che zu einem Zei­chen und Werk­zeug der Ein­heit der gan­zen Mensch­heit gewor­den.“12 Es sind eher blas­phe­mi­sche Wor­te, in denen Berg­o­gli­os Wunsch nach einer Welt­re­li­gi­on ohne Chri­stus deut­lich wird. Beson­ders bös­wil­lig ist, dass Berg­o­glio die Wor­te des hei­li­gen Vin­zenz Lérins ver­dreht und genau das Gegen­teil von dem behaup­tet, was der hei­li­ge Vin­zenz eigent­lich gesagt hat: „Es muss wirk­lich eine Ent­wick­lung des Glau­bens geben, nicht eine Ver­än­de­rung des Glau­bens. Ent­wick­lung bedeu­tet, dass sich jedes Ding zu sei­nem eige­nen aus­dehnt, wäh­rend Ver­än­de­rung bedeu­tet, dass sich ein Ding von einem Ding zum ande­ren ver­än­dert. Das Ver­ständ­nis, die Erkennt­nis und die Weis­heit eines ein­zel­nen, sowohl der ein­zel­nen als auch der gan­zen Kir­che, müs­sen dann im Lau­fe der Jahr­hun­der­te stark vor­an­schrei­ten, aber nur auf ihrer eige­nen Ent­wick­lungs­li­nie mit der glei­chen Leh­re, dem glei­chen Sinn“.13 „Denn die von Gott geof­fen­bar­te Glau­bens­leh­re ist nicht als phi­lo­so­phi­sche Erfin­dung dem mensch­li­chen Ver­stand zur Ver­voll­komm­nung über­lie­fert, son­dern sie ist als gött­li­ches Erbe der Braut Chri­sti [der Kir­che] anver­traut, damit sie treu bewahrt und unfehl­bar aus­ge­legt wer­de.“ (Dei Fili­us, 4)14

In der Tat kann sich ein Dog­ma ent­wickeln, aber nur im Sin­ne eines immer bes­se­ren Ver­ständ­nis­ses des Grund­aus­gangs­punk­tes, aber nie­mals so, dass es in sein Gegen­teil hin­ein­wächst. Das Doku­ment „Inter­pre­ta­ti­on des Dog­mas“ des Vati­kans bestä­tigt die­se Regel: „Auch im Neu­en Testa­ment gibt es Bewei­se dafür, dass es Etap­pen gab, um zur Wahr­heit zu gelan­gen: Die­se Aus­drücke der Wahr­heit ver­stär­ken sich gegen­sei­tig, gehen von Tie­fe zu Tie­fe, wider­spre­chen sich aber nie“.15 In dem­sel­ben Doku­ment heißt es aus­drück­lich: „Die Ent­wick­lung [des Dog­mas] wird zur Kor­rup­ti­on, wenn sie der ursprüng­li­chen Dok­trin oder frü­he­ren Ent­wick­lun­gen wider­spricht. Ech­te Ent­wick­lung bewahrt und schützt die Ent­wick­lung und die For­mu­lie­rung, die vor­her exi­stier­ten.“ 16

Todos, todos, todos

Es ist sehr bezeich­nend, dass Berg­o­glio sich gegen die Tra­di­ti­on inner­halb der katho­li­schen Kir­che stellt, wäh­rend er gleich­zei­tig die Tra­di­tio­nen ande­rer Reli­gio­nen mit vol­lem Mund lobt. So emp­fing er kürz­lich Bud­dhi­sten aus der Mon­go­lei und lob­te sie: „Durch die Wie­der­be­le­bung tra­di­tio­nel­ler spi­ri­tu­el­ler Prak­ti­ken und deren Inte­gra­ti­on in die Ent­wick­lung der Nati­on hat die Mon­go­lei ihr rei­ches reli­giö­ses Erbe wie­der­erlangt“.17 Alle ande­ren sind super gesund, nur wir sind krank. Alle Tra­di­tio­nen sind wun­der­schön, nur die katho­li­sche Tra­di­ti­on ist rückständig.

Berg­o­glio ist der größ­te För­de­rer der uni­ver­sel­len Inklu­si­vi­tät, sein Slo­gan ist bekannt: todos, todos, todos (auf Deutsch: alle, alle, alle) – alle sind will­kom­men, außer ech­ten Katho­li­ken.
Sodo­mi­sten, Trans­ve­sti­ten, Bud­dhi­sten, Pro­te­stan­ten, Mus­li­me, Hin­dus, sie alle sind groß­ar­tig, nur Katho­li­ken sind „rück­schritt­lich“. In sei­ner „Hoff­nung“ stellt er immer wie­der die The­se: „Gott Vater liebt sie [die Sodo­mi­sten] mit der­sel­ben bedin­gungs­lo­sen Lie­be, er liebt sie, wie sie sind. Er beglei­tet sie auf die glei­che Wei­se wie uns alle, denn er ist nah, barm­her­zig und sanft­mü­tig.“18 Dass Gott die Sodo­mi­sten so liebt, wie sie sind, impli­ziert, dass er die Sün­de der Sodo­mie akzep­tiert und gut­heißt, was natür­lich nichts mit dem katho­li­schen Glau­ben zu tun hat. Wie üblich unter­schei­det Berg­o­glio absicht­lich (oder ver­se­hent­lich) nicht zwi­schen denen, die unter gleich­ge­schlecht­li­chen Nei­gun­gen lei­den, und denen, die Sodo­mie för­dern, und behaup­tet damit, dass in mehr als sech­zig Län­dern auf der gan­zen Welt gleich­ge­schlecht­li­che Men­schen wie Kri­mi­nel­le behan­delt und in eini­gen sogar zum Tode ver­ur­teilt wer­den. Das stimmt natür­lich nicht, denn nie­mand wird ver­ur­teilt, nur weil er sich zum glei­chen Geschlecht hin­ge­zo­gen fühlt. Aller­dings wird die öffent­li­che För­de­rung und Aus­übung von Sodo­mie in eini­gen Län­dern tat­säch­lich als Straf­tat behan­delt, und das zu Recht. So ist Berg­o­glio ent­setzt, weil angeb­lich „die Gleich­ge­schlecht­lich­keit kein Ver­bre­chen ist, son­dern eine mensch­li­che Tat­sa­che, und die Kir­che und die Chri­sten kön­nen die­ser kri­mi­nel­len Unge­rech­tig­keit nicht gleich­gül­tig gegen­über­ste­hen, noch dür­fen sie ent­mu­tigt reagie­ren“.19 Wenn wir über mensch­li­che Tat­sa­chen spre­chen, dann schließt dies auch Mord, Pädo­phi­lie, Ver­ge­wal­ti­gung, Unzucht, Dieb­stahl usw. ein. Sol­len wir Pädo­phi­len, Unzüch­ti­gen, Ver­ge­wal­ti­gern und der­glei­chen sagen, dass Gott sie so liebt, wie sie sind, weil es nur eine mensch­li­che Tat­sa­che ist? War­um ist es so schwie­rig, eine so ein­fa­che Glau­bens­wahr­heit zu sagen: Gleich­ge­schlecht­li­che Anzie­hung ist eine psy­chi­sche Stö­rung, das Gefühl der gleich­ge­schlecht­li­chen Anzie­hung ist kei­ne Sün­de, aber eine gleich­ge­schlecht­li­che Hand­lung ist eine schwe­re Sün­de. Und die öffent­li­che För­de­rung von Sodo­mie ist auch ein Ver­bre­chen, weil sie die gesam­te Gesell­schaft und das Gemein­wohl zer­stört. Natür­lich ist das für die­je­ni­gen, die nicht dar­an glau­ben, schwer zu sagen.

Abschluss

In sei­ner Auto­bio­gra­fie erwähnt Berg­o­glio die Armen auf fast jeder Sei­te, was an sich schon lobens­wert ist. Aber wenn jemand den Armen hilft, macht ihn das nicht zum Katho­li­ken. Athe­isten könnn auch den Armen hel­fen. Die gan­ze Lek­tü­re läuft dar­auf hin­aus, abge­se­hen von den erzähl­ten Aben­teu­ern, den Armen zu hel­fen, den Krieg zu been­den und ein „Para­dies“ auf Erden zu schaf­fen. Berg­o­gli­os Hoff­nung ist eine uto­pi­sche Hoff­nung, die auf dem Mar­xis­mus (Pro­le­ta­ri­er aller Län­der, ver­ei­nigt euch), der uni­ver­sel­len Brü­der­lich­keit (frei­mau­re­ri­sches Prin­zip) und der Befrei­ungs­theo­lo­gie (Häre­sie20) basiert. Das ist kei­ne christ­li­che Hoff­nung, Jesus ist nicht gekom­men, um das Para­dies auf die Erde zu brin­gen: „Meint nur nicht, ich sei gekom­men, um Frie­den auf die Erde zu brin­gen. Nein, ich brin­ge Kampf!“ (Mt 10,34). Berg­o­gli­os „Hoff­nung“ ist Hoff­nung ohne Glau­ben, und Hoff­nung ohne Glau­ben ist kei­ne christ­li­che Hoff­nung. Das ist nicht unse­re Hoff­nung. „Die theo­lo­gi­sche Tugend der Hoff­nung kann ohne Lie­be, aber nicht ohne Glau­ben bestehen“.21 Ohne wah­ren Glau­ben hört sie auf, christ­li­che Hoff­nung zu sein, denn christ­li­che Hoff­nung ist eine theo­lo­gi­sche Tugend, die uns an unser letz­tes Ziel erin­nert, die Gemein­schaft mit Gott in der Ewig­keit. Und dafür braucht man den katho­li­schen Glau­ben, denn außer­halb der Kir­che gibt es kein Heil (extra Eccle­si­am catho­li­cam nulla salus). „Die Hoff­nung ist jene gött­li­che Tugend, durch die wir uns nach dem Him­mel­reich und dem ewi­gen Leben als unse­rem Glück seh­nen, indem wir auf die Ver­hei­ßun­gen Chri­sti ver­trau­en und uns nicht auf unse­re Kräf­te, son­dern auf die Gna­den­hil­fe des Hei­li­gen Gei­stes ver­las­sen“ (KKK, 1817). Unse­re Hoff­nung grün­det sich daher auf die Ver­hei­ßung Chri­sti und die Gna­de des Hei­li­gen Gei­stes, der die Kir­che seit zwei Jahr­tau­sen­den in der Wahr­heit lei­tet, und nicht auf die „Bewe­gung des Welt­gei­stes“, den Berg­o­glio anbetet.

*Ivan Pol­ja­ko­vić, gebo­ren 1956 in Subo­ti­ca, stu­dier­te Angli­stik und Ger­ma­ni­stik an den Uni­ver­si­tä­ten Inns­bruck, Cam­bridge, Zagreb, Rostock und Auck­land, wo er meh­re­re Jah­re leb­te und an einer katho­li­schen Schu­le unter­rich­te­te, er ist aus­ge­bil­de­ter Reli­gi­ons­leh­rer und war bis 2021 Assi­stenz­pro­fes­sor und Lei­ter des Fremd­spra­chen­zen­trums an der Uni­ver­si­tät Zadar.

Bild: MiL


1 Papst Fran­zis­kus, Hoff­nung, Die Auto­bio­gra­phie. New York: Pen­gu­in Ran­dom Hou­se LLC, 2025.

2 Micha­el Davies, Eine kur­ze Geschich­te der römi­schen Mes­se, Die Geschich­te der Mes­se (12.02.2025)

3 https://​www​.myca​tho​lic​sour​ce​.com/​m​c​s​/​p​c​/​l​a​t​i​n​_​m​a​s​s​_​a​n​d​_​t​r​a​d​i​t​i​o​n​/​l​a​t​i​n​_​m​a​s​s​_​h​i​s​t​o​r​y​.​htm (12.02.2025)

4 Ibid.

5 Bene­dikt brach­te mit „Sum­morum Pon­ti­fi­cum“ Frie­den in die Kir­che (2.12.2025)

6 Fuß­no­te Nr. 1, S. 201.

7 Fuß­no­te Nr. 1, S. 201–202.

8 Dem Bischof Atha­na­si­us Schnei­der wur­de bei unse­rer Kon­fe­renz im Jahr 2021 ver­bo­ten, eine latei­ni­sche Mes­se in der Orts­kir­che in Zagreb zu hal­ten, so muss­te er die Mes­se im Hotel zelebrieren.

9 Die hei­li­ge Lit­ur­gie als Monu­ment oder Zeug­nis der Tra­di­ti­on – Homi­le­tic & Pasto­ral Review (14.2.2025)

10 Fuß­no­te Nr. 1, S. 288.

11 RORATE CAELI: Pius XII. ver­ur­teilt die Situa­ti­ons­ethik: „Der Vor­wurf der Rigi­di­tät greift zuerst die anbe­tungs­wür­di­ge Per­son Chri­sti an“ (14.2.2025)

12 Fuß­no­te Nr. 1, S. 202–204.

13 Ent­wick­lung der Leh­re – Vin­zenz von Lérins – Cross­roads Initia­ti­ve (14.2.2025)

14 Dog­ma­ti­sche Kon­sti­tu­ti­on „Dei Fili­us“ | Inters​.org (14.2.2025)

15 https://​www​.vati​can​.va/​r​o​m​a​n​_​c​u​r​i​a​/​c​o​n​g​r​e​g​a​t​i​o​n​s​/​c​f​a​i​t​h​/​c​t​i​_​d​o​c​u​m​e​n​t​s​/​r​c​_​c​t​i​_​1​9​8​9​_​i​n​t​e​r​p​r​e​t​a​z​i​o​n​e​-​d​o​g​m​i​_​e​n​.​h​tml I. 3. (14.2.2025)

16 Ibid.

17 https://​www​.life​si​tenews​.com/​n​e​w​s​/​p​o​p​e​-​f​r​a​n​c​i​s​-​p​r​a​i​s​e​s​-​p​r​o​f​o​u​n​d​-​b​u​d​d​h​i​s​t​-​r​e​l​i​g​i​o​u​s​-​r​e​v​i​v​a​l​-​i​n​-​m​o​n​g​o​l​i​a​-​w​i​t​h​o​u​t​-​m​e​n​t​i​o​n​i​n​g​-​c​h​r​i​s​t​/​?​u​t​m​_​s​o​u​r​c​e​=​f​e​a​t​u​r​e​d​-​n​e​w​s​&​u​t​m​_​c​a​m​p​a​i​g​n​=​usa (14.02.2025)

18 Fuß­no­te Nr. 1, S. 199.

19 Ibid.

20 Befrei­ungs­theo­lo­gie | Catho­lic Ans­wers Q&A (16.2.2025)

21 Lud­wig Ott: Grund­la­gen des katho­li­schen Dog­mas. TAN Books, Illi­nois, 1974. S. 263.

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!