Papua-Neuguinea erklärt sich zum „christlichen Staat“

Unverständlicher Widerstand der katholischen Kirche


Papua-Neuguinea definiert sich nach einer Verfassungsänderung als "unabhängiger und christlicher Staat"
Papua-Neuguinea definiert sich nach einer Verfassungsänderung als "unabhängiger und christlicher Staat"

Ver­gan­ge­ne Woche hat das Par­la­ment von Papua-Neu­gui­nea, 50 Jah­re nach der Unab­hän­gig­keit des Lan­des, eine Ver­fas­sungs­än­de­rung beschlos­sen, mit der der Insel­staat zu einem „unab­hän­gi­gen und christ­li­chen Staat“ erklärt wur­de – kurio­ser­wei­se gegen den erklär­ten Wil­len der katho­li­schen Kir­che des Landes.

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Mit der Ände­rung wur­de eine Erklä­rung in die Prä­am­bel der Ver­fas­sung auf­ge­nom­men, in der es heißt: „Wir aner­ken­nen und erklä­ren Gott, den Vater, Jesus Chri­stus, den Sohn, und den Hei­li­gen Geist als unse­ren Schöp­fer und Erhal­ter des gesam­ten Uni­ver­sums und die Quel­le unse­rer Kräf­te und Auto­ri­tä­ten, die an das Volk und alle Per­so­nen inner­halb der geo­gra­fi­schen Zustän­dig­keit von Papua-Neu­gui­nea dele­giert sind.“ In Papua-Neu­gui­nea beken­nen sich mehr als 95 Pro­zent der Ein­woh­ner zum Christentum.

Die­se Ände­rung, gegen die sich die katho­li­sche Kir­che seit Mona­ten wehr­te, wur­de mit 80 Ja-Stim­men und nur vier Gegen­stim­men beschlos­sen. Pre­mier­mi­ni­ster James Mara­pe, der evan­ge­li­ka­len Pfingst­lern nahe­steht, hat­te die Ver­fas­sungs­än­de­rung unter­stützt und zeig­te sich über das Ergeb­nis sehr zufrieden.

Papua-Neu­gui­nea erlang­te 1975 die Selb­stän­dig­keit und Unab­hän­gig­keit von Austra­li­en. Der Staat umfaßt die Ost­hälf­te von Neu­gui­nea. Der West­teil der Insel wur­de am Beginn der Neu­zeit Teil des nie­der­län­di­schen Kolo­ni­al­rei­ches. Der Ost­teil blieb dage­gen bis 1885 unbe­rührt, als sich das Deut­sche Reich und Groß­bri­tan­ni­en die­se Insel­hälf­te teil­ten. Ber­lin grün­de­te im Nor­den das Schutz­ge­biet Kai­ser-Wil­helms-Land, wäh­rend Groß­bri­tan­ni­en das Pro­tek­to­rat Bri­tisch-Neu­gui­nea schuf. Die­ser bri­ti­sche Teil wur­de 1902, als Austra­li­en unab­hän­gig wur­de, die­sem über­tra­gen und zur austra­li­schen Kolo­nie Papua umge­wan­delt.

Die deut­sche Kolo­ni­al­zeit blieb wie ins­ge­samt auch in die­ser Welt­ge­gend nur eine kur­ze Epi­so­de, da austra­li­sche Trup­pen mit dem Aus­bruch des Ersten Welt­krie­ges das deut­sche Schutz­ge­biet besetz­ten. Nach dem Krieg erhielt Austra­li­en das ehe­ma­li­ge Kai­ser-Wil­helms-Land als Man­dats­ge­biet des Völ­ker­bun­des und ver­wal­te­te die gesam­te Ost­hälf­te ab dem Zwei­ten Welt­krieg ein­heit­lich. 1975 erlang­te Papua-Neu­gui­nea die Selb­stän­dig­keit als Mit­glied des Com­mon­wealth of Nati­ons, wes­halb König Charles III. auch König von Papua-Neu­gui­nea ist.
Die Insel Bou­gain­ville im Pazi­fi­schen Oze­an mit eini­gen klei­ne­ren angren­zen­den Inseln, eine der 21 Pro­vin­zen von Papua-Neu­gui­nea, will am 1. Sep­tem­ber 2027 die Unab­hän­gig­keit von Papua-Neu­gui­nea erklä­ren. Bei einem ent­spre­chen­den Refe­ren­dum wur­de 2019 von 97 Pro­zent der Bevöl­ke­rung von Bou­gain­ville des­sen völ­li­ge Sepa­ra­ti­on von Papua-Neu­gui­nea gefor­dert. Bou­gain­ville wäre nach Papua-Neu­gui­nea der zwei­te mehr­heit­lich katho­li­sche Staat Ozea­ni­ens. Wäh­rend in Papua-Neu­gui­nea etwa ein Drit­tel der Bevöl­ke­rung katho­lisch ist, sind es auf Bou­gain­ville gut 70 Prozent.

Mit 80 gegen 4 Stim­men beschloß das Par­la­ment von Papua-Neu­gui­nea die Verfassungsänderung

Die Bischö­fe, allen vor­an auch die Cari­tas des Lan­des, sehen die Fra­ge aller­dings ver­engt auf sozi­al­po­li­ti­sche Aspek­te und stemm­ten sich daher gegen den Antrag, allen vor­an P. Gior­gio Lici­ni (PIME), ehe­ma­li­ger Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­kon­fe­renz von Papua-Neu­gui­nea und jet­zi­ger Cari­tas-Direk­tor. Anstatt den Vor­stoß zu unter­stüt­zen, der sich auf die Ver­fas­sung bezieht und somit eine grund­sätz­li­che Aus­sa­ge trifft, beklag­ten die kirch­li­chen Ver­tre­ter die man­gel­haf­te Umset­zung eines christ­li­chen Anspru­ches in sozi­al­po­li­ti­scher Hinsicht.

Die Kir­che trom­mel­te, daß die Ver­fas­sungs­än­de­rung an den „Bedürf­nis­sen der Gesell­schaft“ vor­bei­ge­he, ja eine fik­ti­ve Fra­ge auf­wer­fe, die von den Men­schen des Lan­des nicht als „Not­wen­dig­keit“ emp­fun­den wer­de. Anders aus­ge­drückt: Solan­ge es im Land Arme gibt oder Men­schen eine Woh­nung brau­chen, habe der Staat sich nicht als christ­lich zu defi­nie­ren. Wer hier mehr an der Rea­li­tät vor­bei­schrammt, die Poli­tik oder die Kir­che, scheint offen­sicht­lich. Der Herr selbst sagt, daß es immer Arme geben wird. Die Lösung sozia­ler Fra­gen stellt kei­nen Gegen­satz zu einer Ver­fas­sungs­än­de­rung dar. Es geht dabei um unter­schied­li­che Ebe­nen. Den Befrei­ungs­theo­lo­gen leuch­tet das aber nicht ein. Sie sehen den Staat gefor­dert, wenn es sozia­le Pro­ble­me gibt, doch der Staat hat nur geeig­ne­te Rah­men­be­din­gun­gen zu schaf­fen, was kon­kret vor allem Ruhe, Ord­nung und Sicher­heit meint, ins­be­son­de­re die Rechtssicherheit.

So wur­de Papua-Neu­gui­nea durch west­lich gepräg­te Kir­chen­män­ner zum Schau­platz eines wenig rühm­li­chen Wider­stan­des der Kir­che aus­ge­rech­net gegen eine Ver­fas­sungs­än­de­rung, wie sie heu­te nur mehr höchst sel­ten auf der Tages­ord­nung steht: Ein Staat erklärt sich zum christ­li­chen Staat, doch die Kir­che pole­mi­siert dagegen.

Die Kir­chen­ver­tre­ter, öku­me­nisch durch­tränkt und durch mar­xi­sti­sche Dia­lek­tik in Sack­gas­sen gelenkt, schei­nen einen christ­li­chen Staat gar nicht mehr anzu­stre­ben. Viel­leicht wis­sen sie nicht ein­mal mehr, was dar­un­ter zu ver­ste­hen ist, wenn der Staat erklärt, sei­ne Poli­tik auf eine christ­li­che Grund­la­ge zu stel­len. Die kirch­li­che Sozi­al­leh­re wür­de dazu die nöti­gen Hilfs­mit­tel lie­fern, doch wur­den sie in Tei­len der Kir­che durch befrei­ungs­theo­lo­gi­sche oder öko­so­zia­li­sti­sche Ver­satz­stücke ersetzt.

Die Ver­fas­sungs­än­de­rung soll die Iden­ti­tät des Lan­des defi­nie­ren, da die­se in der Umge­bung ein Allein­stel­lungs­merk­mal hat. Das benach­bar­te Indo­ne­si­en, das in den 60er Jah­ren den West­teil von Neu­gui­nea annek­tier­te, ist mus­li­misch, Austra­li­en und Neu­see­land sind säku­la­re Staaten.

Pre­mier­mi­ni­ster James Mara­pe gilt als zutiefst reli­giö­ser und got­tes­fürch­ti­ger Mensch, der den Sie­ben­ten-Tags-Adven­ti­sten ange­hört. Er unter­stütz­te die Ver­fas­sungs­än­de­rung, weil er über­zeugt ist, daß Papua-Neu­gui­nea damit sei­ne inne­re Ein­heit fin­den wer­de und durch Got­tes­furcht „zur reich­sten schwar­zen christ­li­chen Nati­on auf dem Pla­ne­ten“ wer­de. Die Haut­far­be ist auf den Inseln so aus­ge­prägt und vari­an­ten­reich, daß sich an ihr die Her­kunft der Men­schen weit­ge­hend nach Pro­vin­zen bestim­men läßt.

Die katho­li­sche Kir­che, die in Euro­pa schmerz­lich die gewalt­sa­me Tren­nung von Thron und Altar erleb­te, warnt in Papua-Neu­gui­nea vor einer „Schein­ehe“ zwi­schen Staat und Kir­che. Wird damit aber nicht auch heu­te wie damals ver­sucht, das west­li­che Den­ken zu implementieren?

P. Gior­gio Lici­ni kri­ti­sier­te die Ver­fas­sungs­än­de­rung, weil sich, sinn­ge­mäß, die Men­schen davon nichts kau­fen könn­ten, und wenn die Lebens­hal­tungs­ko­sten stei­gen und die Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten schwin­den, wer­den sich die Men­schen „noch des­il­lu­sio­nier­ter, wüten­der und hung­ri­ger füh­len“, so der PIME-Missionar.

Das Land brau­che eine neue Füh­rungs­schicht, die geprägt sei durch „per­sön­li­che Ehr­lich­keit, Altru­is­mus und Sinn für das Gemein­wohl“, so P. Lici­ni. Dar­aus müß­ten Inve­sti­tio­nen in Bil­dung und Infra­struk­tur fol­gen.

For­de­run­gen nach Aus­bau des Bil­dungs­we­sens und der Infra­struk­tur sind durch­aus berech­tigt. Die Ver­fas­sungs­än­de­rung auf­grund einer als man­gel­haft betrach­te­ten mate­ri­el­len Absi­che­rung zu bekämp­fen, wie es die katho­li­sche Kir­che des Lan­des getan hat, ist bedau­er­lich und steht auf einem ande­ren Blatt geschrieben.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: VaticanNews/​Papua New Gui­nea Par­lia­ment (Screen­shots)

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3 Kommentare

  1. Die­ses trau­ri­ge Bei­spiel zeigt unzwei­deu­tig, dass die Ver­tre­ter aller Vari­an­ten von Befrei­ungs­theo­lo­gie und Sozia­lis­mus genau gegen Chri­stus sind und arbei­ten … Welch trau­ri­ge Rol­le spie­len die­se armen Ver­führ­ten und Verführer!

  2. Der Apo­stel Pau­lus zitier­te in sei­ner Areo­pag-Rede im Neu­en Testa­ment der Bibel auf dem Areo­pag in Athen die bei­den stoi­schen Dich­ter und Phi­lo­so­phen Ara­tos (zum höch­sten Gott) und Klean­thes (zum gött­li­chen LOGOS, bei ihm die „Welt­see­le“ und „Welt­ver­nunft“). Die­ser Logos der Stoi­ker war bei ihnen das natür­li­che ver­nünf­ti­ge gött­li­che Welt­ge­setz und die all­ge­mei­ne natür­li­che ver­nünf­ti­ge har­mo­ni­sche gött­li­che Schöp­fungs­ord­nung des Kosmos.

    https://​sta​tic​.uni​-graz​.at/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​k​a​t​h​-​i​n​s​t​i​t​u​t​e​/​N​e​u​e​s​-​T​e​s​t​a​m​e​n​t​/​A​p​g​1​7​_​2​8​.​pdf

    Die Apo­stel­ge­schich­te, Kapi­tel 17

    https://​www​.uibk​.ac​.at/​t​h​e​o​l​/​l​e​s​e​r​a​u​m​/​b​i​b​e​l​/​a​p​g​1​7​.​h​tml

    Apg 17,28 „Denn in ihm leben wir, bewe­gen wir uns und sind wir, wie auch eini­ge von euren Dich­tern gesagt haben: Wir sind von sei­ner Art.“

    Justin der Mär­ty­rer knüpf­te mit sei­ner Logos-Theo­lo­gie an die­ses Zitat des Apo­stels Pau­lus (neben dem Logos-Begriff des Johan­nes-Evan­ge­li­ums im NT und der „Weis­heits­li­te­ra­tur“ des alten Testa­men­tes) an, der Hei­li­ge Ire­nae­us von Lyon über­nahm des­sen Logos-Theo­lo­gie von ihm und erwei­ter­te sie noch. Der Hei­li­ge Ire­nae­us von Lyon zähl­te auch noch den 1. Cle­mens­brief und den Hir­ten­brief des Her­mas zum Bibel-Kanon des Neu­en Testa­men­tes der Bibel hin­zu. Erwäh­nens­wert wäre auch noch der jüdi­sche Theo­lo­ge Philo(n) von Alex­an­dria. Cle­mens von Alex­an­dria nimmt in den Stromat­eis sehr aus­führ­lich auf ihn Bezug. Euse­bi­us erör­tert die Fra­ge nach den The­ra­peu­ten in Phi­lons Vita Con­tem­pla­ti­va und zitiert aus ver­lo­re­nen Schrif­ten Phi­lons in der Prae­pa­ra­tio Evan­ge­li­ca. Auch Orig­e­nes, Gre­gor von Nys­sa, Ambro­si­us von Mai­land, Hie­ro­ny­mus und Augu­sti­nus hat­ten ihm vie­les zu ver­dan­ken, beson­ders die alle­go­ri­sche Bibelauslegung.

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