Eduard Habsburg-Lothringen, Sprechen Sie Habsburgisch? Eine Orientierung in unsicheren Zeiten

Profund, selbstbewußt und humorvoll


Sprechen sie Habsburgisch? Ein Programm.
Sprechen sie Habsburgisch? Ein Programm.

Von Wolf­ram Schrems*

Der äußerst pro­duk­ti­ve Reno­va­men-Ver­lag hat­te wie­der­um eine sehr gute Publi­ka­ti­ons­idee. Er brach­te das im Jahr 2023 erschie­ne­ne Buch The Habs­burg Way vor weni­gen Mona­ten in einer schö­nen deut­schen Über­set­zung her­aus und gab ihm einen aus dem Schluß­wort ent­nom­me­nen Titel, der ori­gi­nel­ler als der ursprüng­li­che ist. Der Autor, Dr. Edu­ard Habs­burg-Loth­rin­gen, ist Bot­schaf­ter der Repu­blik Ungarn am Hei­li­gen Stuhl. Er wur­de mit einer Dis­ser­ta­ti­on über Das Ende des Neu­tho­mis­mus – Die 68er, das Kon­zil und die Domi­ni­ka­ner promoviert.

Bot­schaf­ter Habs­burg gab dem Wie­ner Jour­na­li­sten und Pod­ca­ster Andre­as Wail­zer (Life​si​tenews​.com, Kon­tra­punkt) vor kur­zem ein Inter­view, zur eng­li­schen Ori­gi­nal­aus­ga­be sprach er bereits vor etwa zwei Jah­ren mit Ray­mond Arro­yo von EWTN.

Vorwort von Ministerpräsident Viktor Orbán

Es ist eine gro­ße Ehre, wenn der Regie­rungs­chef eines Lan­des für die Publi­ka­ti­on eines sei­ner Bot­schaf­ter ein Vor­wort beisteuert.

Mini­ster­prä­si­dent Orbán beleuch­tet zunächst das frucht­ba­re, aber auch schwie­ri­ge Ver­hält­nis von Ungarn und Habsburgern.

Über die Her­aus­for­de­run­gen der Gegen­wart schreibt er, für Chri­sten und Patrio­ten sehr erfreulich:

„Edu­ard Habs­burg zeigt in sei­nem Buch, wie ähn­lich wir [Ungarn und Habs­bur­ger] den­ken. Wir sind uns dar­über einig, daß der Mensch die Fami­lie braucht, um glück­lich zu wer­den. Wir glau­ben fest dar­an, daß das Chri­sten­tum unse­re wah­re Iden­ti­tät erhal­ten wird. Und wir sind davon über­zeugt, daß eine euro­päi­sche Inte­gra­ti­on, die den Wün­schen der Völ­ker zuwi­der­läuft, absurd ist.“

Er schließt mit sehr per­sön­li­chen und ermu­ti­gen­den Worten:

„Also wun­dern Sie sich nicht dar­über, daß das Vor­wort zu die­sem herr­li­chen Buch von einem unga­ri­schen Frei­heits­kämp­fer (mit eini­gen Nar­ben) stammt. Wie­der ein­mal ste­hen wir auf der­sel­ben Sei­te, wie­der ein­mal zie­hen wir gemein­sam in die Schlacht, wie einst, vor 800 Jah­ren. Unse­re gemein­sa­me Geschich­te war­tet nur dar­auf, fort­ge­setzt zu werden.“

Reicher Inhalt mit wertvollen Einsichten und wichtigen Imperativen

Edu­ard Habs­burg unter­teilt sein Buch in eine Ein­lei­tung (Als Habs­bur­ger auf­wach­sen), einen kur­zen Abriß der Fami­li­en­ge­schich­te, sodann in sie­ben Hauptabschnitte:

Hei­ra­te und habe vie­le Kin­der; Sei katho­lisch und nimm dei­nen Glau­ben ernst; Glau­be an die Reichs­idee und an die Sub­si­dia­ri­tät; Tritt für Recht und Gesetz ein und für dei­ne Unter­ge­be­nen; Ken­ne dich selbst und ver­bie­ge dich nicht für ande­re; Sei ein muti­ger Kämp­fer oder lei­ste dir einen tüch­ti­gen Gene­ral; Beden­ke, daß du sterb­lich bist und pla­ne dei­ne Beer­di­gung gut

und fügt ein Schluß­wort an (Die Habs­bur­ger heu­te).

Habsburgische Geschichte und Selbstverständnis

Edu­ard Habs­burg, aus der unga­ri­schen Linie der Habs­bur­ger stam­mend, erklärt, daß sein Ziel ist, die wich­tig­sten Prin­zi­pi­en dar­zu­stel­len, nach denen die Habs­bur­ger – immer­hin schon 800 Jah­re – gelebt und gewirkt haben. Die­se Prin­zi­pi­en kön­nen und sol­len auch auf unser Leben ange­wen­det wer­den. Das wür­de unser Leben und unse­re Poli­tik bes­ser machen.

Edu­ard von Habs­burg-Loth­rin­gen, unga­ri­scher Bot­schaf­ter beim Hei­li­gen Stuhl

Stark kom­pri­miert ist der Über­blick der Habs­bur­ger­ge­schich­te, die mit Gun­tram dem Rei­chen um das Jahr 950 beginnt. Des­sen Enkel Rad­bot (985‑1045) bau­te sich ein Schloß im Kan­ton Aar­gau. Von die­sem Schloß lei­tet sich der Fami­li­en­na­me der Habs­bur­ger her, wobei das „Habs“ ent­we­der von Habicht oder vom Wort habl/​hap (Fluß­furt) stammt.

Mit der Krö­nung von Rudolf von Habs­burg 1273 zum König des Hei­li­gen Römi­schen Rei­ches und dem Sieg in der Schlacht von Dürn­krut gegen König Otto­kar von Böh­men (1278) tre­ten die Habs­bur­ger in das vol­le Licht der Geschichte.

Der Autor legt sei­ne Axio­me dar und zeigt erfri­schen­des – und ange­sichts von acht­hun­dert Jah­ren Gestal­tung Euro­pas durch die Habs­bur­ger gerecht­fer­tig­tes – Selbstbewußtsein:

„[Die­se sie­ben Regeln sind] nicht irgend­wel­chen kai­ser­li­chen Dekre­ten oder ‚Offi­zi­el­ler Habs­burg­kun­de‘ ent­nom­men […]. Es ist eine Liste mei­ner eige­nen Prin­zi­pi­en (wenn auch durch viel Rück­spra­che und mit Unter­stüt­zung von ande­ren zusam­men­ge­stellt), und die­ses Buch ist ein Lie­bes­brief an mei­ne Fami­lie. Wäh­rend ich zeit­wei­se eini­ge mei­ner Vor­fah­ren kri­ti­sie­ren wer­de – vor allem, wenn sie nicht nach ihren eige­nen Prin­zi­pi­en leb­ten – ist es nicht mein Ziel, so vie­le nega­ti­ve Punk­te wie mög­lich auf­zu­li­sten, nur um den Ein­druck zu ver­mit­teln, mein Buch sei ‚aus­ge­wo­gen‘. Es gibt genü­gend Autoren – ganz beson­ders in Öster­reich und Deutsch­land –, die in den letz­ten 50 Jah­ren ver­sucht haben, die Fami­lie Habs­burg durch den Schmutz zu zie­hen (obwohl die ‚Durch­schnitts­be­völ­ke­rung‘ mei­ne Fami­lie immer noch zu bewun­dern scheint); ihre Wer­ke sol­len allen die­nen, die eine Gegen­per­spek­ti­ve suchen. Ich hin­ge­gen möch­te zei­gen, wie mei­ne Fami­lie trotz all ihrer Feh­ler fast ein Jahr­tau­send lang wuchs und gedieh. Ich wer­de erklä­ren, war­um ich mei­ne Fami­lie lie­be und war­um sie mir Hoff­nung gibt. Und womög­lich wer­den auch Sie sich ermu­tigt füh­len, nach­dem Sie die­ses Buch gele­sen haben“ (29).

Das The­ma Ehe und Fami­lie spielt bei Habs­burg natur­ge­mäß eine gro­ße Rol­le (Bel­la ger­ant alii, tu felix Austria nube, 34) und ist gleich­sam ein Leit­mo­tiv im gan­zen Buch.

Edu­ard Habs­burg rückt ein all­fäl­li­ges Miß­ver­ständ­nis zurecht und stellt fest, daß vie­le der arran­gier­ten Ehen inner­halb der Groß­fa­mi­lie glück­lich gewe­sen sind. Die Hei­rats­po­li­tik zwi­schen der öster­rei­chi­schen und der spa­ni­schen Linie dien­te zudem der poli­ti­schen Sta­bi­li­tät in Euro­pa. Kri­tisch wird man natür­lich die zu nahen Ver­wandt­schafts­ehen betrach­ten (das soll­te „nicht wie­der­holt wer­den“, 42). Habs­burg emp­fiehlt katho­li­sche Ehen und katho­li­sche Dating-Sei­ten (44).

Großartige Apologie des katholischen Herrschers

Die Aus­füh­run­gen über den Glau­ben und das Selbst­ver­ständ­nis des katho­li­schen Herr­schers sind beson­ders wert­voll und memo­rie­rungs­wür­dig. Sol­che Weis­heit wür­de man ger­ne von unse­ren Hir­ten hören. Habs­burg beleuch­tet die wirk­lich seel­sorg­li­che Dimen­si­on der katho­li­schen Aus­übung von Staatsgewalt:

„In ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten ein katho­li­scher Herr­scher zu sein bedeu­te­te oft­mals, Din­ge zu tun, die heu­te sehr unchrist­lich erschei­nen, wie zum Bei­spiel, ande­re Reli­gio­nen bru­tal zu behan­deln. Doch damals glaub­te man wirk­lich, daß man nur in den Him­mel kom­men konn­te, indem man den katho­li­schen Glau­ben prak­ti­zier­te. Sei­ne Unter­ta­nen nicht nur zu ermu­ti­gen, son­dern zu ver­pflich­ten, katho­lisch zu sein, war also nicht nur eine Pflicht des Kai­sers, es war ein Akt der Näch­sten­lie­be, weil man dadurch ande­ren dazu ver­half, ihre See­le zu ret­ten“ (57).

Eine wich­ti­ge Ein­sicht ist ange­sichts ungläu­bi­ger, kalt­schnäu­zi­ger und zyni­scher Poli­ti­ker und Büro­kra­ten in Wien und Brüs­sel zwei­fel­los diese:

„Wenn ich die reli­giö­se Ein­stel­lung eines Poli­ti­kers ken­ne, weiß ich auch, was ich zu erwar­ten habe, und kann die­sen Poli­ti­ker gege­be­nen­falls auch zur Rechen­schaft zie­hen. From­me christ­li­che Poli­ti­ker haben stets vor Augen, daß sie eines Tages vor Gott ste­hen und für ihre Ent­schei­dun­gen Rechen­schaft able­gen müs­sen“ (58).

Habs­burg weiß ganz genau um die revo­lu­tio­nä­re und destruk­ti­ve Qua­li­tät des Pro­te­stan­tis­mus Bescheid und wider­spricht einer Glo­ri­fi­zie­rung Mar­tin Luthers und der falsch so genann­ten, räu­be­risch auf­tre­ten­den „Refor­ma­ti­on“ mit guten Grün­den (60).

Habs­burg erin­nert an Mit­glie­der der Herr­scher­fa­mi­lie von gro­ßer Vor­bild­lich­keit im Glau­ben. Eine Schwe­ster von Kai­ser Maxi­mi­li­an II., die ehr­wür­di­ge Die­ne­rin Got­tes Erz­her­zo­gin Mag­da­le­na, war an der Reka­tho­li­sie­rung Öster­reichs maß­geb­lich betei­ligt. Sie grün­de­te das Anbe­tungs­klo­ster in Hall in Tirol. Kai­ser Fer­di­nand II. spiel­te eben­falls eine wich­ti­ge Rol­le. Die Regie­rungs­zeit Leo­polds I. „bil­de­te den Höhe­punkt des katho­li­schen Glau­bens im Habs­bur­ger­reich.“ Leo­pold woll­te ursprüng­lich Prie­ster wer­den, muß­te aber dann als Herr­scher ein­sprin­gen, was sich für Reli­gi­on und Staat als gro­ßer Segen erwei­sen soll­te (68).

Weni­ger glück­lich ist der Autor mit Kai­ser Joseph II., der sich Preu­ßen­kö­nig Fried­rich (den Feind sei­ner Mut­ter) zum Vor­bild nahm und sich stark von Vol­taire und ande­ren Frei­mau­rern beein­flus­sen ließ. Der Autor kri­ti­siert Kai­ser Joseph über­dies für die Zen­tra­li­sie­rung und die Auf­he­bung der Rech­te Ungarns und Böh­mens (88).

Der Autor geht dann auf das hei­lig­mä­ßi­ge Leben und Ster­ben des seli­gen Kai­sers Karl ein und bekämpft heu­te kur­sie­ren­de Irr­tü­mer und Verleumdungen.

Subsidiarität, beschränkte Machtausübung und Wohlwollen

In bezug auf die Euro­päi­sche Uni­on ist der Autor für einen Diplo­ma­ten erfreu­lich kri­tisch. Nach­dem er fest­ge­stellt hat, daß die Sub­si­dia­ri­tät der „Schlüs­sel“ sei, „um das Hei­li­ge Römi­sche Reich und die Öster­reich-Unga­ri­sche Mon­ar­chie zu ver­ste­hen“, fügt er an:

„Auch in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ist sie [die Sub­si­dia­ri­tät] ein Grund­prin­zip; in der EU soll­te sie zumin­dest eines sein […] Die EU soll­te sich nicht in Ange­le­gen­hei­ten von Staa­ten ein­mi­schen, wenn sie auf natio­na­ler Ebe­ne geklärt wer­den kön­nen“ (83).

Kai­ser Karl V. bei­spiels­wei­se „woll­te die Rea­li­tät der jewei­li­gen Län­der so gut wie mög­lich ver­ste­hen, und er war stets in engem Kon­takt mit den loka­len Ver­tre­tun­gen, um die Idee zu ver­kör­pern, daß zwi­schen dem Mon­ar­chen und sei­nen Unter­ta­nen ein Ver­trag bestand, und daß die Macht des Herr­schers nicht unbe­grenzt war“ (87).

Habs­burg stellt fest, daß die „Grund­idee des Mon­ar­chen war, für Recht, Gerech­tig­keit und Frie­den sei­ner Unter­ta­nen ein­zu­ste­hen. Natür­lich haben nicht alle Herr­scher das zustan­de gebracht, aber das war, wie gesagt, die ursprüng­li­che Idee und Abma­chung“ und kon­tra­stiert das mit dem typi­schen moder­nen Poli­ti­ker (98).

Wozu das Ganze? Das Ziel des Herrschens und des Lebens

Edu­ard Habs­burg teilt gegen Ende sei­ner Aus­füh­run­gen noch ein­mal wich­ti­ge Ein­sich­ten und stellt dem Leser ernst­haf­te Fragen:

„Franz II. wuß­te, wer er war und woher er kam. Kön­nen wir wirk­lich das­sel­be über unse­re heu­ti­gen Poli­ti­ker sagen? Wis­sen sie, woher sie und ihre Län­der kom­men? Ste­hen sie für tra­di­tio­nel­le Wer­te wie die Fami­lie und den Glau­ben ein, hal­ten sie die Kul­tur und Geschich­te ihres Lan­des hoch? Oder sind sie manch­mal viel eher damit beschäf­tigt, ihren Natio­nen glo­ba­li­sti­sche Ideen über­zu­stül­pen, auch wenn die­se gegen die eigent­li­chen Wer­te ihres Lan­des gehen? Und zu guter Letzt: Wie steht es mit Ihnen? Wis­sen Sie, wer Sie sind? Leben Sie auch dem­entspre­chend? Ich wür­de es Ihnen wün­schen. Zu wis­sen, wer man ist, gibt dem eige­nen Leben Sou­ve­rä­ni­tät. Es gibt einem das Selbst­be­wußt­sein, nicht immer mit der Zeit gehen zu müs­sen, son­dern der Wahr­heit fol­gen zu kön­nen. Die Alter­na­ti­ve ist die lee­re Ziel­lo­sig­keit, unter der unse­re Zeit lei­det“ (119). (Her­vor­he­bung WS)

Wor­auf das mensch­li­che Leben hin­aus­läuft, ist das Escha­ton. Edu­ard Habs­burg betont die Ernst­haf­tig­keit der Letz­ten Din­ge auf eine pro­fun­de Wei­se, wie man es heut­zu­ta­ge von kei­nem Bischof der deutsch­spra­chi­gen Län­der und auch nicht vom Papst hört:

„In unse­rer heu­ti­gen Welt gerät die Rea­li­tät des Todes gern in Ver­ges­sen­heit und wird in Spi­tä­lern oder hin­ter Euphe­mis­men ver­steckt. Für die Habs­bur­ger hin­ge­gen war sowohl das Leben als auch das Ster­ben stets eine öffent­li­che Ange­le­gen­heit. Die Todes­stun­de war für sie, als Katho­li­ken, der ent­schei­dend­ste Moment ihres Lebens; ein Augen­blick, auf den man sich seit der Kind­heit vor­be­rei­te­te. Egal, was man für ein Leben geführt hat­te – die Art und Wei­se, wie man starb, konn­te ent­schei­den, wo man die Ewig­keit ver­brin­gen wür­de“ (142).

Edu­ard Habs­burg zieht eine wich­ti­ge Leh­re, die sich alle hin­ter die Ohren schrei­ben soll­ten, man kann das gar nicht oft genug betonen:

„Die mei­sten Men­schen sind sich nicht ein­mal dar­über im kla­ren, daß sie mög­li­cher­wei­se in die Höl­le kom­men kön­nen. Es über­rascht mich oft, wie selbst­ver­ständ­lich Prie­ster die Hin­ter­blie­be­nen bei Begräb­nis­sen damit trö­sten, daß der Ver­stor­be­ne ‚ganz sicher bei Gott‘ ist. Das Feg­feu­er wird dabei nur sel­ten erwähnt und die Höl­le prak­tisch nie“ (143).

Und am Schluß des Buches wird ein wich­ti­ger Appell formuliert:

„Kämp­fen Sie täg­lich dar­um, den Glau­ben an erste Stel­le zu set­zen. Vie­le mei­ner Vor­fah­ren haben das auch getan. Ein tie­fes Glau­bens­le­ben macht glück­lich und hilft einem, alle Schwie­rig­kei­ten zu mei­stern, die das Leben einem in den Weg legt […]. Der Glau­be gibt einem einen guten Kom­paß, um jeden Tag die rich­ti­gen Ent­schei­dun­gen zu tref­fen und mit den Pro­ble­men umzu­ge­hen, die es unwei­ger­lich in jeder Gesell­schaft gibt. Und er hilft einem, sich auf die eine Sicher­heit des Lebens vor­zu­be­rei­ten: den Tod. Ver­ges­sen Sie nicht, jeden Tag auf die Ewig­keit hin zu leben und dar­um zu beten, daß Sie bis zum Schluß durch­hal­ten. Mit Got­tes Hil­fe wird es Ihnen gelin­gen, die­se letz­te Prü­fung zu bestehen“ (159f).

Resü­mee

Es ist sehr schön und für man­che viel­leicht über­ra­schend, daß sich ein Ange­hö­ri­ger des Hau­ses Öster­reich mit einer unzwei­deu­tig katho­li­schen Publi­ka­ti­on zu Wort mel­det. Sie ist pro­fund, selbst­be­wußt und humor­voll. Für die Poli­tik pro­pa­giert der Autor Ver­ant­wor­tung vor Gott, Geschichts­be­wußt­sein, Sou­ve­rä­ni­tät und Subsidiarität.

Beim Kampf gegen Ruß­land macht er nicht mit. Lei­der hör­te man näm­lich von den öster­rei­chi­schen Habs­bur­gern in den letz­ten drei­ßig Jah­ren all­zu viel Rela­ti­vis­mus, EU-Pro­pa­gan­da und mehr oder weni­ger offen Kriegs­trei­be­rei gegen die rus­si­sche Führung.

Hier ist auch um der Wahr­heit wil­len ein Kri­tik­punkt am Buch anzumerken:

Erz­her­zog Otto von Habs­burg (1912–2011) wird vom Autor eini­ge Male genannt, so auch als Prä­si­dent der Inter­na­tio­na­len Pan­eu­ro­pa-Bewe­gung (155). Der Voll­stän­dig­keit hal­ber wäre es gut gewe­sen zu erwäh­nen, daß Erz­her­zog Otto dem Erbe sei­nes Vaters, des seli­gen Kai­sers Karl, nicht gerecht gewor­den ist: Die Pan­eu­ro­pa­be­we­gung und die Euro­päi­sche Gemein­schaft, in deren Par­la­ment Erz­her­zog Otto für die CSU Abge­ord­ne­ter war, sind bekannt­lich frei­mau­re­risch inspi­riert. Pro­ble­ma­tisch ist auch die Ver­zichts­er­klä­rung von 1961. Er hielt es auch für not­wen­dig, schon bald nach dem Desa­ster der Jel­zin-Regie­rung gegen Prä­si­dent Putin zu agi­tie­ren und damit nolens volens die Kriegs­trei­be­rei der „glo­ba­len Kriegs­par­tei“ zu befeu­ern. Die­ses ideo­lo­gi­sche Erbe hat lei­der sein Sohn Karl, der jetzt Ober­haupt des Hau­ses Habs­burg ist, über­nom­men. Inso­fern ist es sicher erfreu­lich, daß Edu­ard Habs­burg selbst weder „Paneuropa“-Ideologie noch Kriegs­pro­pa­gan­da betreibt. Viel­leicht ist das schon der deut­lich­ste Pro­test, den der Autor unter Berück­sich­ti­gung aller Umstän­de äußern kann. Auch Fuß­no­te 3 auf S. 92 ist mög­li­cher­wei­se als Kri­tik an jeder „pan­eu­ro­päi­schen“ EU-Illu­si­on beab­sich­tigt. – Damit und mit „Ver­schwö­rungs­theo­rien“ zum Tod von Kron­prinz Rudolf (52) im Zusam­men­hang ste­hend hät­te man zur Exi­lie­rung von Kai­ser Karl und sei­ner Fami­lie (80) noch ger­ne gewußt, wer denn die­se Exi­lie­rung betrie­ben hat­te.1

Daß Edu­ard Habs­burg es ernst meint mit der Dienst­be­reit­schaft, erkennt man an sei­nem Posten als Bot­schaf­ter (der in der Ein­schät­zung des Rezen­sen­ten an sich schon eine Art wei­ßes Mar­ty­ri­um dar­stellt): Er ist unga­ri­scher Bot­schaf­ter und nicht König, das Land ist kei­ne Mon­ar­chie, son­dern Repu­blik, der Regie­rungs­chef ist kein Katho­lik, son­dern Cal­vi­nist, das Land ist in einen moder­nen Völ­ker­ker­ker gera­ten. Der Posten muß an einem Hei­li­gen Stuhl aus­ge­übt wer­den, des­sen Inha­ber mehr als Usur­pa­tor als ein Hei­li­ger Vater erscheint. Das ist kei­ne leich­te Sache. Man muß das Beste aus der Lage machen, in die Gott einen gestellt hat. Bewußt­sein um eine min­de­stens acht­hun­dert­jäh­ri­ge Beru­fung der Fami­lie und Demut („Mut zum Dienst“) gehö­ren hier eng zusam­men. Edu­ard Habs­burg pre­digt das nicht nur, son­dern macht es vor.

Dank und Aner­ken­nung dem Autor und dem Ver­le­ger für die wert­vol­le Publikation.

Edu­ard Habs­burg-Loth­rin­gen, Spre­chen Sie Habs­bur­gisch? Eine Ori­en­tie­rung in unsi­che­ren Zei­ten, aus dem Eng­li­schen über­tra­gen von Anna-Caro­li­na Habs­burg, mit einem Vor­wort von Mini­ster­prä­si­dent Vik­tor Orbán, Reno­va­men-Ver­lag, Bad Schmie­de­berg 2024, 162 S.

*Wolf­ram Schrems, Mag. theol., Mag. phil., Kate­chist, Pro-Lifer. Bemerk­te im Jahr 1988 im öffent­li­chen Raum einen Auf­kle­ber mit dem Motiv schwar­zer Dop­pel­ad­ler auf gel­bem Grund mit der Auf­schrift „1918 – 1988, sieb­zig Jah­re Inter­re­gnum sind genug“ und fand das durch­aus beherzigenswert.

Bild: Verlag/​Wikicommons


1 Nur in Fuß­no­te eini­ge Dubia und Cor­rigen­da: Der Autor schreibt über sei­ne Her­kunft: „Die­se unga­ri­sche Linie, von der auch ich abstam­me, ist die jüng­ste Linie. Noch dazu bin ich der Sohn eines Jüng­sten – hät­te ich also das Ziel, Kai­ser zu wer­den, so müß­te ich zuerst Dut­zen­de Habs­bur­ger ‚besei­ti­gen‘“ (49). Die­se For­mu­lie­rung klingt all­zu sehr nach Thron­fol­ge im Kali­fat. Viel­leicht wäre „über­sprin­gen“ o. a. bes­ser gewe­sen (viel­leicht ist es aber auch eine unglück­li­che Übersetzung).

Der Autor ver­wen­det den Aus­druck „Ver­schwö­rungs­theo­rie“ (52) im Zusam­men­hang mit dem myste­riö­sen und tra­gi­schen Tod von Kron­prinz Rudolf. Die­ser Aus­druck, ohne­hin schon eine Nebel­gra­na­te aus dem Arse­nal der Mani­pu­la­ti­on und somit zu ver­mei­den, ist gera­de in die­sem Zusam­men­hang kaum ange­bracht, da die jah­re­lan­gen Kon­spi­ra­tio­nen von Geheim­ge­sell­schaf­ten gegen das Kai­ser­haus (und gegen den Zaren) Gegen­stand vie­ler histo­ri­scher Unter­su­chun­gen sind.

Böh­men war, soweit zu erhe­ben, nicht unter osma­ni­scher Besat­zung (61). Die See­schlacht von Lepan­to war nicht 1572 (62), son­dern 1571 (wie 125 u. a.).

Zu Hen­ry Kis­sin­ger, der ohne wei­te­re Qua­li­fi­ka­tio­nen genannt wird (67), wären noch eini­ge Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen von Inter­es­se gewe­sen. Sein Wir­ken war wohl nicht segens­reich für die Welt.

Nicht klar ist dem Rezen­sen­ten die Ver­wen­dung des Wor­tes „Jan­se­nis­mus“ im Zusam­men­hang mit Kai­ser Joseph II. (72). Inwie­weit hat­te die von Bischof Jan­sen inter­pre­tier­te augu­sti­ni­sche Prä­de­sti­na­ti­ons­leh­re und die düste­re „jan­se­ni­sti­sche“ Fröm­mig­keit eine Aus­wir­kung auf den Kai­ser (und die „Auf­klä­rung“ insgesamt)?

Inter­es­sant wäre gewe­sen, von wel­cher Wort­fol­ge nun EUCHARISTIA ein Akro­sti­chon (69) ist.

Das Grab­mal von Kai­ser Maxi­mi­li­an I. ist nicht im Inns­brucker Dom (144), son­dern in der nahe­ge­le­ge­nen Hof­kir­che (im Volks­mund „Schwarz­man­der­kir­che“).

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2 Kommentare

  1. Haben Sie nach den Deutsch­land­wah­len und den geplatz­ten Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen in Öster­reich ÖVP, FPÖ wirk­lich kei­ne ande­ren The­men als diese?

  2. Der Rezen­sent kri­ti­siert zurecht die Ver­wen­dung des Aus­drucks „Ver­schwö­rungs­theo­rie“ als „Nebel­gra­na­te aus dem Arse­nal der Mani­pu­la­ti­on“. Dies trifft jedoch eben­so auf die für einen Rezen­sen­ten unge­bühr­li­che Ver­wen­dung des Aus­drucks „Kriegs­trei­ber“ zu, das allen als Mei­nungs­de­likt „umge­hängt“ wird, sobald sie Putin oder die rus­si­sche Poli­tik irgend­wie kri­ti­sie­ren, ohne auf deren Argu­men­te ein­zu­ge­hen. Inter­es­sant für den Leser bezüg­lich Russ­land wäre viel­mehr gewe­sen, ob in dem Buch über­haupt auf den Ukrai­ne­krieg ein­ge­gan­gen wird, und wenn ja, mit wel­chen Wor­ten Habs­burg das tut.
    „Kriegs­trei­be­rei“ ist nach katho­li­scher Moral eine Sün­de. Ande­ren öffent­lich sün­di­ges Ver­hal­ten zu unter­stel­len, soll­te von Katho­li­ken nicht prak­ti­ziert wer­den. In punc­to Men­schen­kennt­nis Otto v. Habs­burgs in bezug auf die (sehr frü­he) Ein­schät­zung der Per­son Putins kann sich jeder selbst ein Urteil bil­den und sich auch dabei eine gro­ße Schei­be der Weis­heit eines jahr­hun­der­te­al­ten Herr­scher­ge­schlechts abschneiden.

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