
Von Wolfram Schrems*
Der äußerst produktive Renovamen-Verlag hatte wiederum eine sehr gute Publikationsidee. Er brachte das im Jahr 2023 erschienene Buch The Habsburg Way vor wenigen Monaten in einer schönen deutschen Übersetzung heraus und gab ihm einen aus dem Schlußwort entnommenen Titel, der origineller als der ursprüngliche ist. Der Autor, Dr. Eduard Habsburg-Lothringen, ist Botschafter der Republik Ungarn am Heiligen Stuhl. Er wurde mit einer Dissertation über Das Ende des Neuthomismus – Die 68er, das Konzil und die Dominikaner promoviert.
Botschafter Habsburg gab dem Wiener Journalisten und Podcaster Andreas Wailzer (Lifesitenews.com, Kontrapunkt) vor kurzem ein Interview, zur englischen Originalausgabe sprach er bereits vor etwa zwei Jahren mit Raymond Arroyo von EWTN.
Vorwort von Ministerpräsident Viktor Orbán
Es ist eine große Ehre, wenn der Regierungschef eines Landes für die Publikation eines seiner Botschafter ein Vorwort beisteuert.
Ministerpräsident Orbán beleuchtet zunächst das fruchtbare, aber auch schwierige Verhältnis von Ungarn und Habsburgern.
Über die Herausforderungen der Gegenwart schreibt er, für Christen und Patrioten sehr erfreulich:
„Eduard Habsburg zeigt in seinem Buch, wie ähnlich wir [Ungarn und Habsburger] denken. Wir sind uns darüber einig, daß der Mensch die Familie braucht, um glücklich zu werden. Wir glauben fest daran, daß das Christentum unsere wahre Identität erhalten wird. Und wir sind davon überzeugt, daß eine europäische Integration, die den Wünschen der Völker zuwiderläuft, absurd ist.“
Er schließt mit sehr persönlichen und ermutigenden Worten:
„Also wundern Sie sich nicht darüber, daß das Vorwort zu diesem herrlichen Buch von einem ungarischen Freiheitskämpfer (mit einigen Narben) stammt. Wieder einmal stehen wir auf derselben Seite, wieder einmal ziehen wir gemeinsam in die Schlacht, wie einst, vor 800 Jahren. Unsere gemeinsame Geschichte wartet nur darauf, fortgesetzt zu werden.“
Reicher Inhalt mit wertvollen Einsichten und wichtigen Imperativen
Eduard Habsburg unterteilt sein Buch in eine Einleitung (Als Habsburger aufwachsen), einen kurzen Abriß der Familiengeschichte, sodann in sieben Hauptabschnitte:
Heirate und habe viele Kinder; Sei katholisch und nimm deinen Glauben ernst; Glaube an die Reichsidee und an die Subsidiarität; Tritt für Recht und Gesetz ein und für deine Untergebenen; Kenne dich selbst und verbiege dich nicht für andere; Sei ein mutiger Kämpfer oder leiste dir einen tüchtigen General; Bedenke, daß du sterblich bist und plane deine Beerdigung gut
und fügt ein Schlußwort an (Die Habsburger heute).
Habsburgische Geschichte und Selbstverständnis
Eduard Habsburg, aus der ungarischen Linie der Habsburger stammend, erklärt, daß sein Ziel ist, die wichtigsten Prinzipien darzustellen, nach denen die Habsburger – immerhin schon 800 Jahre – gelebt und gewirkt haben. Diese Prinzipien können und sollen auch auf unser Leben angewendet werden. Das würde unser Leben und unsere Politik besser machen.

Stark komprimiert ist der Überblick der Habsburgergeschichte, die mit Guntram dem Reichen um das Jahr 950 beginnt. Dessen Enkel Radbot (985‑1045) baute sich ein Schloß im Kanton Aargau. Von diesem Schloß leitet sich der Familienname der Habsburger her, wobei das „Habs“ entweder von Habicht oder vom Wort habl/hap (Flußfurt) stammt.
Mit der Krönung von Rudolf von Habsburg 1273 zum König des Heiligen Römischen Reiches und dem Sieg in der Schlacht von Dürnkrut gegen König Ottokar von Böhmen (1278) treten die Habsburger in das volle Licht der Geschichte.
Der Autor legt seine Axiome dar und zeigt erfrischendes – und angesichts von achthundert Jahren Gestaltung Europas durch die Habsburger gerechtfertigtes – Selbstbewußtsein:
„[Diese sieben Regeln sind] nicht irgendwelchen kaiserlichen Dekreten oder ‚Offizieller Habsburgkunde‘ entnommen […]. Es ist eine Liste meiner eigenen Prinzipien (wenn auch durch viel Rücksprache und mit Unterstützung von anderen zusammengestellt), und dieses Buch ist ein Liebesbrief an meine Familie. Während ich zeitweise einige meiner Vorfahren kritisieren werde – vor allem, wenn sie nicht nach ihren eigenen Prinzipien lebten – ist es nicht mein Ziel, so viele negative Punkte wie möglich aufzulisten, nur um den Eindruck zu vermitteln, mein Buch sei ‚ausgewogen‘. Es gibt genügend Autoren – ganz besonders in Österreich und Deutschland –, die in den letzten 50 Jahren versucht haben, die Familie Habsburg durch den Schmutz zu ziehen (obwohl die ‚Durchschnittsbevölkerung‘ meine Familie immer noch zu bewundern scheint); ihre Werke sollen allen dienen, die eine Gegenperspektive suchen. Ich hingegen möchte zeigen, wie meine Familie trotz all ihrer Fehler fast ein Jahrtausend lang wuchs und gedieh. Ich werde erklären, warum ich meine Familie liebe und warum sie mir Hoffnung gibt. Und womöglich werden auch Sie sich ermutigt fühlen, nachdem Sie dieses Buch gelesen haben“ (29).
Das Thema Ehe und Familie spielt bei Habsburg naturgemäß eine große Rolle (Bella gerant alii, tu felix Austria nube, 34) und ist gleichsam ein Leitmotiv im ganzen Buch.
Eduard Habsburg rückt ein allfälliges Mißverständnis zurecht und stellt fest, daß viele der arrangierten Ehen innerhalb der Großfamilie glücklich gewesen sind. Die Heiratspolitik zwischen der österreichischen und der spanischen Linie diente zudem der politischen Stabilität in Europa. Kritisch wird man natürlich die zu nahen Verwandtschaftsehen betrachten (das sollte „nicht wiederholt werden“, 42). Habsburg empfiehlt katholische Ehen und katholische Dating-Seiten (44).
Großartige Apologie des katholischen Herrschers
Die Ausführungen über den Glauben und das Selbstverständnis des katholischen Herrschers sind besonders wertvoll und memorierungswürdig. Solche Weisheit würde man gerne von unseren Hirten hören. Habsburg beleuchtet die wirklich seelsorgliche Dimension der katholischen Ausübung von Staatsgewalt:
„In vergangenen Jahrhunderten ein katholischer Herrscher zu sein bedeutete oftmals, Dinge zu tun, die heute sehr unchristlich erscheinen, wie zum Beispiel, andere Religionen brutal zu behandeln. Doch damals glaubte man wirklich, daß man nur in den Himmel kommen konnte, indem man den katholischen Glauben praktizierte. Seine Untertanen nicht nur zu ermutigen, sondern zu verpflichten, katholisch zu sein, war also nicht nur eine Pflicht des Kaisers, es war ein Akt der Nächstenliebe, weil man dadurch anderen dazu verhalf, ihre Seele zu retten“ (57).
Eine wichtige Einsicht ist angesichts ungläubiger, kaltschnäuziger und zynischer Politiker und Bürokraten in Wien und Brüssel zweifellos diese:
„Wenn ich die religiöse Einstellung eines Politikers kenne, weiß ich auch, was ich zu erwarten habe, und kann diesen Politiker gegebenenfalls auch zur Rechenschaft ziehen. Fromme christliche Politiker haben stets vor Augen, daß sie eines Tages vor Gott stehen und für ihre Entscheidungen Rechenschaft ablegen müssen“ (58).
Habsburg weiß ganz genau um die revolutionäre und destruktive Qualität des Protestantismus Bescheid und widerspricht einer Glorifizierung Martin Luthers und der falsch so genannten, räuberisch auftretenden „Reformation“ mit guten Gründen (60).
Habsburg erinnert an Mitglieder der Herrscherfamilie von großer Vorbildlichkeit im Glauben. Eine Schwester von Kaiser Maximilian II., die ehrwürdige Dienerin Gottes Erzherzogin Magdalena, war an der Rekatholisierung Österreichs maßgeblich beteiligt. Sie gründete das Anbetungskloster in Hall in Tirol. Kaiser Ferdinand II. spielte ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Regierungszeit Leopolds I. „bildete den Höhepunkt des katholischen Glaubens im Habsburgerreich.“ Leopold wollte ursprünglich Priester werden, mußte aber dann als Herrscher einspringen, was sich für Religion und Staat als großer Segen erweisen sollte (68).
Weniger glücklich ist der Autor mit Kaiser Joseph II., der sich Preußenkönig Friedrich (den Feind seiner Mutter) zum Vorbild nahm und sich stark von Voltaire und anderen Freimaurern beeinflussen ließ. Der Autor kritisiert Kaiser Joseph überdies für die Zentralisierung und die Aufhebung der Rechte Ungarns und Böhmens (88).
Der Autor geht dann auf das heiligmäßige Leben und Sterben des seligen Kaisers Karl ein und bekämpft heute kursierende Irrtümer und Verleumdungen.
Subsidiarität, beschränkte Machtausübung und Wohlwollen
In bezug auf die Europäische Union ist der Autor für einen Diplomaten erfreulich kritisch. Nachdem er festgestellt hat, daß die Subsidiarität der „Schlüssel“ sei, „um das Heilige Römische Reich und die Österreich-Ungarische Monarchie zu verstehen“, fügt er an:
„Auch in den Vereinigten Staaten ist sie [die Subsidiarität] ein Grundprinzip; in der EU sollte sie zumindest eines sein […] Die EU sollte sich nicht in Angelegenheiten von Staaten einmischen, wenn sie auf nationaler Ebene geklärt werden können“ (83).
Kaiser Karl V. beispielsweise „wollte die Realität der jeweiligen Länder so gut wie möglich verstehen, und er war stets in engem Kontakt mit den lokalen Vertretungen, um die Idee zu verkörpern, daß zwischen dem Monarchen und seinen Untertanen ein Vertrag bestand, und daß die Macht des Herrschers nicht unbegrenzt war“ (87).
Habsburg stellt fest, daß die „Grundidee des Monarchen war, für Recht, Gerechtigkeit und Frieden seiner Untertanen einzustehen. Natürlich haben nicht alle Herrscher das zustande gebracht, aber das war, wie gesagt, die ursprüngliche Idee und Abmachung“ und kontrastiert das mit dem typischen modernen Politiker (98).
Wozu das Ganze? Das Ziel des Herrschens und des Lebens
Eduard Habsburg teilt gegen Ende seiner Ausführungen noch einmal wichtige Einsichten und stellt dem Leser ernsthafte Fragen:
„Franz II. wußte, wer er war und woher er kam. Können wir wirklich dasselbe über unsere heutigen Politiker sagen? Wissen sie, woher sie und ihre Länder kommen? Stehen sie für traditionelle Werte wie die Familie und den Glauben ein, halten sie die Kultur und Geschichte ihres Landes hoch? Oder sind sie manchmal viel eher damit beschäftigt, ihren Nationen globalistische Ideen überzustülpen, auch wenn diese gegen die eigentlichen Werte ihres Landes gehen? Und zu guter Letzt: Wie steht es mit Ihnen? Wissen Sie, wer Sie sind? Leben Sie auch dementsprechend? Ich würde es Ihnen wünschen. Zu wissen, wer man ist, gibt dem eigenen Leben Souveränität. Es gibt einem das Selbstbewußtsein, nicht immer mit der Zeit gehen zu müssen, sondern der Wahrheit folgen zu können. Die Alternative ist die leere Ziellosigkeit, unter der unsere Zeit leidet“ (119). (Hervorhebung WS)
Worauf das menschliche Leben hinausläuft, ist das Eschaton. Eduard Habsburg betont die Ernsthaftigkeit der Letzten Dinge auf eine profunde Weise, wie man es heutzutage von keinem Bischof der deutschsprachigen Länder und auch nicht vom Papst hört:
„In unserer heutigen Welt gerät die Realität des Todes gern in Vergessenheit und wird in Spitälern oder hinter Euphemismen versteckt. Für die Habsburger hingegen war sowohl das Leben als auch das Sterben stets eine öffentliche Angelegenheit. Die Todesstunde war für sie, als Katholiken, der entscheidendste Moment ihres Lebens; ein Augenblick, auf den man sich seit der Kindheit vorbereitete. Egal, was man für ein Leben geführt hatte – die Art und Weise, wie man starb, konnte entscheiden, wo man die Ewigkeit verbringen würde“ (142).
Eduard Habsburg zieht eine wichtige Lehre, die sich alle hinter die Ohren schreiben sollten, man kann das gar nicht oft genug betonen:
„Die meisten Menschen sind sich nicht einmal darüber im klaren, daß sie möglicherweise in die Hölle kommen können. Es überrascht mich oft, wie selbstverständlich Priester die Hinterbliebenen bei Begräbnissen damit trösten, daß der Verstorbene ‚ganz sicher bei Gott‘ ist. Das Fegfeuer wird dabei nur selten erwähnt und die Hölle praktisch nie“ (143).
Und am Schluß des Buches wird ein wichtiger Appell formuliert:
„Kämpfen Sie täglich darum, den Glauben an erste Stelle zu setzen. Viele meiner Vorfahren haben das auch getan. Ein tiefes Glaubensleben macht glücklich und hilft einem, alle Schwierigkeiten zu meistern, die das Leben einem in den Weg legt […]. Der Glaube gibt einem einen guten Kompaß, um jeden Tag die richtigen Entscheidungen zu treffen und mit den Problemen umzugehen, die es unweigerlich in jeder Gesellschaft gibt. Und er hilft einem, sich auf die eine Sicherheit des Lebens vorzubereiten: den Tod. Vergessen Sie nicht, jeden Tag auf die Ewigkeit hin zu leben und darum zu beten, daß Sie bis zum Schluß durchhalten. Mit Gottes Hilfe wird es Ihnen gelingen, diese letzte Prüfung zu bestehen“ (159f).
Resümee
Es ist sehr schön und für manche vielleicht überraschend, daß sich ein Angehöriger des Hauses Österreich mit einer unzweideutig katholischen Publikation zu Wort meldet. Sie ist profund, selbstbewußt und humorvoll. Für die Politik propagiert der Autor Verantwortung vor Gott, Geschichtsbewußtsein, Souveränität und Subsidiarität.
Beim Kampf gegen Rußland macht er nicht mit. Leider hörte man nämlich von den österreichischen Habsburgern in den letzten dreißig Jahren allzu viel Relativismus, EU-Propaganda und mehr oder weniger offen Kriegstreiberei gegen die russische Führung.
Hier ist auch um der Wahrheit willen ein Kritikpunkt am Buch anzumerken:
Erzherzog Otto von Habsburg (1912–2011) wird vom Autor einige Male genannt, so auch als Präsident der Internationalen Paneuropa-Bewegung (155). Der Vollständigkeit halber wäre es gut gewesen zu erwähnen, daß Erzherzog Otto dem Erbe seines Vaters, des seligen Kaisers Karl, nicht gerecht geworden ist: Die Paneuropabewegung und die Europäische Gemeinschaft, in deren Parlament Erzherzog Otto für die CSU Abgeordneter war, sind bekanntlich freimaurerisch inspiriert. Problematisch ist auch die Verzichtserklärung von 1961. Er hielt es auch für notwendig, schon bald nach dem Desaster der Jelzin-Regierung gegen Präsident Putin zu agitieren und damit nolens volens die Kriegstreiberei der „globalen Kriegspartei“ zu befeuern. Dieses ideologische Erbe hat leider sein Sohn Karl, der jetzt Oberhaupt des Hauses Habsburg ist, übernommen. Insofern ist es sicher erfreulich, daß Eduard Habsburg selbst weder „Paneuropa“-Ideologie noch Kriegspropaganda betreibt. Vielleicht ist das schon der deutlichste Protest, den der Autor unter Berücksichtigung aller Umstände äußern kann. Auch Fußnote 3 auf S. 92 ist möglicherweise als Kritik an jeder „paneuropäischen“ EU-Illusion beabsichtigt. – Damit und mit „Verschwörungstheorien“ zum Tod von Kronprinz Rudolf (52) im Zusammenhang stehend hätte man zur Exilierung von Kaiser Karl und seiner Familie (80) noch gerne gewußt, wer denn diese Exilierung betrieben hatte.1 –
Daß Eduard Habsburg es ernst meint mit der Dienstbereitschaft, erkennt man an seinem Posten als Botschafter (der in der Einschätzung des Rezensenten an sich schon eine Art weißes Martyrium darstellt): Er ist ungarischer Botschafter und nicht König, das Land ist keine Monarchie, sondern Republik, der Regierungschef ist kein Katholik, sondern Calvinist, das Land ist in einen modernen Völkerkerker geraten. Der Posten muß an einem Heiligen Stuhl ausgeübt werden, dessen Inhaber mehr als Usurpator als ein Heiliger Vater erscheint. Das ist keine leichte Sache. Man muß das Beste aus der Lage machen, in die Gott einen gestellt hat. Bewußtsein um eine mindestens achthundertjährige Berufung der Familie und Demut („Mut zum Dienst“) gehören hier eng zusammen. Eduard Habsburg predigt das nicht nur, sondern macht es vor.
Dank und Anerkennung dem Autor und dem Verleger für die wertvolle Publikation.
Eduard Habsburg-Lothringen, Sprechen Sie Habsburgisch? Eine Orientierung in unsicheren Zeiten, aus dem Englischen übertragen von Anna-Carolina Habsburg, mit einem Vorwort von Ministerpräsident Viktor Orbán, Renovamen-Verlag, Bad Schmiedeberg 2024, 162 S.
*Wolfram Schrems, Mag. theol., Mag. phil., Katechist, Pro-Lifer. Bemerkte im Jahr 1988 im öffentlichen Raum einen Aufkleber mit dem Motiv schwarzer Doppeladler auf gelbem Grund mit der Aufschrift „1918 – 1988, siebzig Jahre Interregnum sind genug“ und fand das durchaus beherzigenswert.
Bild: Verlag/Wikicommons
1 Nur in Fußnote einige Dubia und Corrigenda: Der Autor schreibt über seine Herkunft: „Diese ungarische Linie, von der auch ich abstamme, ist die jüngste Linie. Noch dazu bin ich der Sohn eines Jüngsten – hätte ich also das Ziel, Kaiser zu werden, so müßte ich zuerst Dutzende Habsburger ‚beseitigen‘“ (49). Diese Formulierung klingt allzu sehr nach Thronfolge im Kalifat. Vielleicht wäre „überspringen“ o. a. besser gewesen (vielleicht ist es aber auch eine unglückliche Übersetzung).
Der Autor verwendet den Ausdruck „Verschwörungstheorie“ (52) im Zusammenhang mit dem mysteriösen und tragischen Tod von Kronprinz Rudolf. Dieser Ausdruck, ohnehin schon eine Nebelgranate aus dem Arsenal der Manipulation und somit zu vermeiden, ist gerade in diesem Zusammenhang kaum angebracht, da die jahrelangen Konspirationen von Geheimgesellschaften gegen das Kaiserhaus (und gegen den Zaren) Gegenstand vieler historischer Untersuchungen sind.
Böhmen war, soweit zu erheben, nicht unter osmanischer Besatzung (61). Die Seeschlacht von Lepanto war nicht 1572 (62), sondern 1571 (wie 125 u. a.).
Zu Henry Kissinger, der ohne weitere Qualifikationen genannt wird (67), wären noch einige Hintergrundinformationen von Interesse gewesen. Sein Wirken war wohl nicht segensreich für die Welt.
Nicht klar ist dem Rezensenten die Verwendung des Wortes „Jansenismus“ im Zusammenhang mit Kaiser Joseph II. (72). Inwieweit hatte die von Bischof Jansen interpretierte augustinische Prädestinationslehre und die düstere „jansenistische“ Frömmigkeit eine Auswirkung auf den Kaiser (und die „Aufklärung“ insgesamt)?
Interessant wäre gewesen, von welcher Wortfolge nun EUCHARISTIA ein Akrostichon (69) ist.
Das Grabmal von Kaiser Maximilian I. ist nicht im Innsbrucker Dom (144), sondern in der nahegelegenen Hofkirche (im Volksmund „Schwarzmanderkirche“).
Haben Sie nach den Deutschlandwahlen und den geplatzten Koalitionsverhandlungen in Österreich ÖVP, FPÖ wirklich keine anderen Themen als diese?
Der Rezensent kritisiert zurecht die Verwendung des Ausdrucks „Verschwörungstheorie“ als „Nebelgranate aus dem Arsenal der Manipulation“. Dies trifft jedoch ebenso auf die für einen Rezensenten ungebührliche Verwendung des Ausdrucks „Kriegstreiber“ zu, das allen als Meinungsdelikt „umgehängt“ wird, sobald sie Putin oder die russische Politik irgendwie kritisieren, ohne auf deren Argumente einzugehen. Interessant für den Leser bezüglich Russland wäre vielmehr gewesen, ob in dem Buch überhaupt auf den Ukrainekrieg eingegangen wird, und wenn ja, mit welchen Worten Habsburg das tut.
„Kriegstreiberei“ ist nach katholischer Moral eine Sünde. Anderen öffentlich sündiges Verhalten zu unterstellen, sollte von Katholiken nicht praktiziert werden. In puncto Menschenkenntnis Otto v. Habsburgs in bezug auf die (sehr frühe) Einschätzung der Person Putins kann sich jeder selbst ein Urteil bilden und sich auch dabei eine große Scheibe der Weisheit eines jahrhundertealten Herrschergeschlechts abschneiden.