
Die Fastenzeit steht bevor und damit auch die Frage für Christen, die ihren Glauben ernstnehmen, welche Opfer sie bringen wollen, um sich auf Ostern, das Fest der Auferstehung, die den Tod überwindet und das Tor zur ewigen Glückseligkeit öffnet, vorzubereiten. Dazu eine Erinnerung aus dem Leben von Papst Johannes Paul II.
Die Kirche kennt offiziell zwei Fastenzeiten, die kleine und die große Fastenzeit. Die kleine Fastenzeit ist der Advent, der allerdings aus dem Bußbewußtsein vieler Gläubiger verschwunden ist. Die große Fastenzeit, die am Aschermittwoch beginnt, ist noch deutlich präsenter.
Im überlieferten Römischen Ritus gibt es vor dem Aschermittwoch bereits eine Vorfastenzeit. Sie dauert zweieinhalb Wochen und beginnt mit dem Sonntag von Septuagesima, in diesem Jahr also mit dem 16. Februar. Diese Vorfastenzeit dient der Vorbereitung auf die Fastenzeit, also gerade auch dazu, sich einen festen Vorsatz zu nehmen, welche Opfer, Buße und Verzichte man in der Faszenzeit üben will.
Die gesamte Fastenzeit im überlieferten Ritus umfaßt demnach insgesamt 70 Tage, wobei die eigentliche Fastenzeit wie im Novus Ordo 40 Tage ab dem Aschermittwoch zählt. Der Unterschied ergibt sich aus der verschiedenen Zählweise. Bei den 70 Tagen wird ab dem ersten Sonntag gezählt, der innerhalb der 70 Tage vor Ostern liegt. Es können also, je nach Jahr, auch weniger als 70 Tage sein. Bei den 40 Tagen werden hingegen ab dem Aschermittwoch nur die tatsächlichen Fasttage gezählt. Die Sonntage in der Fastenzeit sind davon ausgenommen, weil sie als Herrentage immer Ausdruck der Auferstehung sind.
Nach dem Sonntag Quinquagesima und dem Aschermittwoch folgen vier Sonntage der Fastenzeit, die als solche gezählt werden, dann der Sonntag Laetare, der Passionssonntag und schließlich der Palmsonntag. Auf diesen folgt die Karwoche.
Papst Johannes Paul II., wie erst nach seinem Tod bekannt wurde, erlegte sich selbst strenge Fasten- und Bußübungen auf, darunter auch Formen der körperlichen Kasteiung. Dies berichtete der Postulator Msgr. Slawomir Oder im Seligsprechungsprozeß für den Papst aus Polen. Msgr. Oder enthüllte, daß Johannes Paul II. einen speziellen Gürtel als Geißel gebrauchte, um sich selbst zu züchtigen.
Msgr. Oders Zeugnis zufolge suchte der Papst, der von 1978 bis 2005 die Kirche regierte, die Erfahrung des Schmerzes, wenn ihn nicht die Folgen des Attentats und später Krankheiten ihn diese Erfahrung nicht ohnehin machen ließen.
Diese Form der Bußübungen spiegelt die Leidensgeschichte Jesu wider, den Pontius Pilatus grausam geißeln ließ. Die Gläubigen versuchen dem Herrn auch darin nachzufolgen, indem sie das Leiden aufopfern für andere und zur Selbstheiligung.
Johannes Paul II. befolgte in der Fastenzeit ein strenges Fasten, aber auch vor wichtigen Ereignissen, so besonders auch vor Bischofs- oder Priesterweihen. Er erfüllte dabei nicht nur die von der Kirche für alle Gläubigen vorgeschriebenen Gebote, sondern ging darüber hinaus, sowohl in der Enthaltsamkeit, dem Fasten als auch der physischen Züchtigung.
Wie Msgr. Oder berichtete, geißelte sich Johannes Paul II. im Verborgenen. Seinen engsten Mitarbeitern und Hausangestellten blieb es allerdings nicht verborgen. Die Öffentlichkeit erfuhr erst nach seinem Tod davon. Damit tat er es einer Reihe von Vorgängern gleich, von denen man weiß, daß sie sich kasteiten.
Zu den Päpsten, von denen strenge Askese und physische Bußübungen überliefert sind, gehören der heilige Leo der Große, der heilige Gregor der Große und ebenso Urban II., der die Christenheit zum ersten Kreuzzug rief, um nur einige zu nennen.
Zu diesen Bußübungen, die Johannes Paul II. pflegte, gehörte es auch, daß er wiederholt nicht im Bett, sondern auf dem harten Boden schlief. Er tat dies bereits als Erzbischof von Krakau so und behielt diese Praxis auch als Papst in Rom bei.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Apokalype des Elias 23,3: „Wer aber fastet, ohne rein zu sein, erzürnt den Herrn und auch die Engel und fügt so seiner Seele Schmerzen zu“
Dies widerspricht physischen Bußübungen wie Johannes Paul II sie praktiziert hat. Da der Elias-Text nicht Teil des Bibelkanons ist, kann er nur unter Vorbehalt angenommen werden.