
Bischof Richard Williamson ist in den Nachtstunden verstorben. Er gehörte bis 2012 der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) und zuletzt der St.-Marcel-Initiative an, besser bekannt als „Der Widerstand“, deren Gründer und Generaloberer er war.
Vom Anglikaner zum Katholiken
Richard Williamson wurde 1940 als Sohn einer anglikanischen Akademikerfamilie in Buckinghamshire geboren. Der Vater war Engländer, die Mutter US-Amerikanerin. Er absolvierte das Winchester College, und studierte anschließend Literaturwissenschaften an der Universität Cambridge. Williamson sprach neben seiner Muttersprache Englisch auch fließend Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch.
Durch einen irischen Priester kam er mit dem katholischen Glauben in Kontakt und konvertierte 1971 zur katholischen Kirche. Nach einer kurzen Zeit bei den Oratorianern in London trat er 1972 in Écône in der Schweiz in das Priesterseminar der kurz zuvor gegründeten Piusbruderschaft von Erzbischof Marcel Lefebvre ein, die am überlieferten Römischen Ritus festhält und Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, die einen Bruch mit der kirchlichen Tradition darstellen, ablehnt.
1976 wurde Williamson von Erzbischof Lefebvre zum Priester geweiht und wirkte in den folgenden Jahren in den USA, insbesondere als Regens des dortigen Priesterseminars der Piusbruderschaft – zunächst in Ridgefield, dann in Winona.
Die Bischofsweihe
1988 war Williamson einer der vier Priester der Piusbruderschaft, die Erzbischof Lefebvre ohne Erlaubnis von Papst Johannes Paul II., aber gültig zu Bischöfen weihte, um den Fortbestand seines Werkes sicherzustellen. Das brachte sowohl Msgr. Lefebvre als auch den neugeweihten Bischöfen die Exkommunikation latae sententiae ein.
Die Piusbruderschaft lehnte die Exkommunikationen ab und berief sich auf einen Notstand, der wegen der herrschenden Kirchenkrise die Bischofsweihen notwendig gemacht habe.
Williamson blieb Regens des Priesterseminars in den USA und übte zusätzlich die Aufgaben eines Bischofs aus. So wirkte er 1991 an der Bischofsweihe von Msgr. Licinio Rangel, dem neuen Oberen der traditionalistischen Priestervereinigung St. Johannes Maria Vianney (SSJV), in der brasilianischen Diözese Campos mit.
2003 wurde Williamson Regens des Priesterseminars der Piusbruderschaft in La Reja in Argentinien.
Verurteilung wegen Holocaustleugnung
Im Januar 2009 hob Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der vier im Jahr 1988 geweihten Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Erzbischof Lefebvre war bereits 1991 gestorben. Dieser Schritt Benedikts stieß auf heftige Ablehnung durch jüdische Organisationen und den medialen Mainstream. Medien überboten sich mit negativen Darstellungen der Piusbruderschaft, wollten dabei aber vor allem Benedikt XVI. treffen und sein Pontifikat schwächen. Dabei konzentrierte sich die Kritik vor allem auf Williamson, dem vorgeworfen wurde, in einem kurz zuvor aufgenommenen Interview des schwedischen Fernsehens den Holocaust geleugnet zu haben. Williamson hatte gesagt: „Ich denke, daß 200.000 bis 300.000 Juden in den Nazi-Konzentrationslagern ums Leben kamen, aber keiner von ihnen in Gaskammern.“ Die deutsche Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein und erhob Anklage gegen ihn. Das Verfahren zog sich bis 2019 hin. Williamson wurde in allen Instanzen wegen Holocaust-Leugnung für schuldig befunden, lediglich die Höhe der Geldstrafe, zu der man ihn verurteilt hatte, reduzierte sich sukzessive. 2019 lehnte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Instanz seinen Antrag ab, daß seine Aussage durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt gewesen sei.
Ausschluß aus der Piusbruderschaft
2012 wurde Williamson wegen Ungehorsams aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen. Er hatte in einer altrituellen Benediktinerabteil in Brasilien ohne Erlaubnis der Oberen die Firmung gespendet. Dagegen wurde vom Distriktoberen der Bruderschaft in Lateinamerika Beschwerde eingebracht. Als die Generalleitung der Bruderschaft Williamson aufforderte, sich zu rechtfertigten, veröffentlichte dieser stattdessen einen offenen Brief, in dem er den Rücktritt des damaligen Generaloberen Bischof Bernard Fellay forderte. Wegen Verweigerung des nötigen Respekts und Gehorsams gegenüber seinen rechtmäßigen Oberen wurde er daraufhin aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Dem Ausschluß waren interne Konflikte über die Ausrichtung der Bruderschaft vorausgegangen, vor allem die Einigungsbestrebungen mit Rom, die Williamson unter den gegebenen Umständen ablehnte.
Gründung der St.-Marcel-Initiative
Nach seinem Ausschluß stellte sich Williamson an die Spitze des sogenannten „Katholischen Widerstandes“ und gründete die St.-Marcel-Initiative als neue Priesterbruderschaft. Deren Priesterseminar befindet sich in La Reja in Argentinien, wo Williamson zuvor bereits Regens des dortigen Priesterseminars der Piusbruderschaft war. Eine große Bewegung ist bisher nicht daraus geworden.
Für die St.-Marcel-Initiative spendete er nicht nur Priesterweihen, sondern auch mehrere Bischofsweihen. Insgesamt sind fünf solche Bischofsweihen bekannt. Williamson weihte 2015 den Franzosen Jean-Michel Faure, 2016 den Brasilianer Tomas de Aquino Ferreira da Costa, 2017 den Mexikaner Gerardo Zendejas, 2022 den Italiener Giacomo Bellini und ebenfalls 2022 den Polen Michal Stobnicki zu Bischöfen. Alle Genannten gehörten zuvor der Piusbruderschaft an.
Die Bischofsweihen führte Williamson ohne Erlaubnis von Papst Franziskus durch. Bereits die erste Weihe, jene von Jean-Michel Faure, brachte ihm daher erneut die Exkommunikation ein, die erst 2009 aufgehoben worden war.
Wöchentlich veröffentliche Williamson schon vor seinem Ausschluß aus der Piusbruderschaft seine „Eleison Kommentare“. Daran hielt er bis zu seinem Tod fest. Die Kommentare wurden gesammelt und teilweise auch in Buchform herausgegeben. Sowohl die Internetseite seiner Kommentare als auch jene der St.-Marcel-Initiative ist derzeit nicht erreichbar.
Wie 1991 Erzbischof Lefebvre, so starb auch Bischof Williamson im Stand der Exkommunikation. Am 25. Januar war bekannt geworden, daß der Bischof eine Hirnblutung erlitten hatte. Am späten Abend des 29. Januar (Greenwich-Zeit) ist er, wie jene auf sozialen Netzwerken berichten, die an seinem Krankenbett wachten, friedlich entschlafen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Jens Falk
Ich habe das Gefühl, daß diesem Mann sehr viel Unrecht getan worden ist. Dieses Gefühl ist überaus stark. Die Zeit wird zeigen, wie wichtig es war, daß Williamson fünf geweihte Bischöfe hinterlassen hat.
Am 3. Sonntag nach Erscheinung (26.01.2025 nach dem Messkalender von 1962) verkündete Pater Franz Schmidberger, Richard Williamson sei am 25.01. verstorben und rief zum Gebet auf.
Jetzt heißt es, er sei in den Nachtstunden zum 30.01. verstorben. Was stimmt denn nun?
In Williamsons letztem Artikel auf seiner – inzwischen piätetlos abgeschalteten Website – gab er die Zahl seiner Bischöfe mit 7 an.
Verwirrendes Detail am Rande: Er schrieb, Weihbischof Jean-Michel Fauré stünde einer eigenen Kommunität mit dem Namen „Gesellschaft der Apostel Jesu und Mariens“ vor.
Persönlich war er aber zweifellos sehr fromm und ein Vorbild im Gebetsleben.
Möge er in Frieden ruhen. R.I.P
Ich werde auch für ihn beten.