
Seit heute ist die neue „Autobiographie“ von Papst Franziskus im Buchhandel erhältlich. Es handelt sich, um genau zu sein, weder um eine „Autobiographie“, noch ist es die erste Biographie über den regierenden Papst. Im Gegenteil. Davon gibt es im Bücherregal schon einen ganzen Laufmeter. Nun wurden weitere Details des Inhalts bekannt, darunter auch ein weiterer Frontalangriff gegen die Tradition und den überlieferten Ritus.
Franziskus legt jedoch großen Wert darauf, der Nachwelt in einer von ihm gewünschten Art und Weise in Erinnerung zu bleiben. Ist er von der Sorge getrieben, daß die Nachwelt sein Pontifikat vielleicht zerreißen könnte? Das neue Buch von Carlo Musso, einem italienischen Verleger, wurde in den vergangenen Wochen in allen wichtigen Ländern von führenden Mainstream-Medien durch Vorabdrucke beworben. Auch fehlt es nicht an Übersetzungen in andere Sprachen. Die deutsche Ausgabe wurde vom Kösel-Verlag vorgelegt.
In dem einen Vorabdruck wurde die päpstlichen Erzählung veröffentlicht, es habe bei seinem Irak-Besuch 2021 zwei Attentatsversuche auf ihn gegeben. In einem anderen wurde Franziskus als Papst voller Humor und Menschlichkeit präsentiert. Wie schön, wenn niemand widerspricht.
Nun, da das Buch erhältlich ist, werden auch ganz andere Seiten an ihm sichtbar. Über eine freute sich offensichtlich die Redaktion von Katholisch.de, der Nachrichtenplattform der Deutschen Bischofskonferenz, und ist bemüht, sie gleich weiterzuposaunen.
In dem neuen Buch läßt es Franziskus nämlich wieder so richtig krachen gegen die „erzkonservativen Kirchenvertreter“ (Katholisch.de), gegen jene, die am überlieferten Ritus und der Tradition festhalten. Katholisch.de ist redlich bemüht, das von Franziskus kritisierte „Böse“ auch richtig „böse“ darzustellen. Bekanntlich hat Franziskus die Sündenlehre auf den Kopf gestellt, indem er die traditionellen Sünden unerwähnt läßt und dafür „neue Sünden“ wie Mafia und Öko-Sünden eingeführt hat. Das intrinsisch Böse gibt es demnach nicht mehr, also Dinge, die von Natur aus schlecht sind. Zu den neuen Sünden gehört offenbar, geht es zumindest nach Katholisch.de, auch der überlieferte Ritus und vor allem jene, die ihm anhängen. So wird der überlieferte Ritus darauf reduziert, daß der Priester – oh Graus – „mit dem Rücken zum Kirchenvolk feiert“. Es ist ja wirklich skandalös, daß es im 21. Jahrhundert noch immer Priester gibt, die es wagen, dem „Kirchenvolk“ den Rücken zuzukehren, die es wagen, den demokratischen Souverän, recte den mündigen, aufrecht stehenden Christen so abschätzig zu behandeln.
Der Rest der päpstlichen Invektiven gegen die Tradition ist sattsam bekannt. Franziskus ließ kein Jahr seines Pontifikats vergehen, in dem er nicht vergiftete Pfeile gegen die Tradition und jene Priester und Gläubige abschoß, die am überlieferten Ritus festhalten. Hören wir die Wiedergabe von Katholisch.de:
„‘Sie ist schon kurios, diese Faszination vom Unverständlichen, vom geheimnisvollen Klang, der oft auch das Interesse der jüngeren Generationen erweckt’, so der Papst. ‚Und diese rigide Einstellung geht meist einher mit kostbaren, kostspieligen Gewändern, mit Stickerei, Spitzen und Stolen.‘ Dies sei keine Freude an der Tradition, sondern blanke Zurschaustellung von Klerikalismus, keine Rückkehr zum Heiligen, sondern sektiererische Modernität, kritisiert Franziskus.“
Und weiter:
„‘Manchmal verbergen sich hinter diesen Kostümierungen ernsthafte Unausgeglichenheit, Affektstörungen, Verhaltensprobleme oder ein persönliches Unwohlsein, das instrumentalisiert werden kann’, schreibt der Papst. Laut eigener Aussage mußte er sich mit dieser Problematik während seiner bisherigen Amtszeit in vier Fällen auseinandersetzen – drei davon in Italien, einer in Paraguay.
Dabei habe es sich immer um Bistümer gehandelt, die Priesteramtskandidaten aufgenommen hätten, die bereits von anderen Priesterseminaren abgelehnt worden seien. ‚Mit diesen Kandidaten stimmt meistens etwas nicht, etwas, das sie dazu treibt, ihre Persönlichkeit hinter starren und sektiererischen Konzepten zu verbergen‘, warnt der Papst.“
Ja, so ist das. Vor der Tradition und ihren Vertretern müsse dringend gewarnt werden. Sie seien verdächtig, mit ihnen stimme etwas nicht, sie hätten eine Vorliebe für Pomp, Spitzen und Gold, seien also ein abscheulicher Widerpart zur „Armen Kirche für die Armen“, jener unlöblichen Allianz von Sozialismus und Christentum, der bei manchen in der Kirche, auch in Santa Marta, die höchsten Freuden zu wecken vermag.
Doch Franziskus ist es, der immer als erster die ideologische Karte ausspielt. Er wirft den Vertretern der Tradition Ideologie vor und ruft dabei lautstark „Haltet den Dieb“, um von sich selbst abzulenken, denn den eigentlichen ideologischen Blickwinkel bringt er selbst ins Spiel, immer und überall. Er ist der Ideologe auf dem Papstthron, der genau weiß, warum er die Tradition und den überlieferten Ritus bekämpft, weil die Tradition sein größter Widerpart ist bei seinem Versuch, die Lehre der Kirche durch die von ihm ausgerufenen „irreversiblen Prozesse“ umzustürzen. Der überlieferte Ritus ist das unumstößliche göttliche Gnadeninstrument, das diese Versuche zunichte machen wird. Immer und überall.
Es ist ein ideologischer Kampf, ein alter Kampf, den bestimmte Kräfte in anderen Nuancen bereits seit dem 18. Jahrhundert gegen die Kirche führen. Kardinal Carlo Maria Martini, ein Jesuit wie Jorge Mario Bergoglio, sagte es unumwunden. Die Kirche sei 200 Jahre im Rückstand. Sie müsse den Brückenschlag zur Französischen Revolution schaffen. Franziskus ist es, der diesen Brückenschlag umzusetzen versucht. Und damit es auch der Letzte und Dümmste versteht, hat er das Motto der Französischen Revolution zur Zwischenüberschrift seiner Enzyklika Fratelli tutti (2020) gemacht.
Neu daran ist noch nicht einmal, daß dieser Kampf gegen die Kirche heute aus der Kirche heraus gekämpft wird, sondern daß es der Papst selbst ist, das sichtbare Haupt der streitenden Kirche, der diesen selbstzerstörerischen Kampf anführt.
Da ist es eine wenig verwunderliche Draufgabe, daß Franziskus in seinem neuen Buch jene der „Heuchelei“ bezichtigt, die Kritik an der von ihm eingeführten Homo-Segnung üben, die er mit der unsäglichen Erklärung Fiducia supplicans des Glaubensdikasteriums kurz vor Weihnachten 2023 verkünden ließ.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)