Der Gesundheitszustand von Papst Franziskus ist stabil, doch habe man „Vorsichtsmaßnahmen“ getroffen. So hieß es am gestrigen Sonntag zur Begründung, weshalb Franziskus den Angelus nicht auf dem Petersplatz betete, sondern ohne Volksbeteiligung ganz allein in der Hauskapelle von Santa Marta, von wo aus Gebet und Ansprache auf den Petersplatz übertragen wurden.
Am vergangenen Freitag, dem 20. Dezember, hatte Franziskus selbst bei einer Audienz für den Italienischen Bocciaverband (FIB) gesagt, „erkältet“ zu sein.
Kurz darauf gab das vatikanische Presseamt auf seinem Telegram-Kanal bekannt, daß das Kirchenoberhaupt am Sonntag zum Angelusgebet nicht am Fenster des Apostolischen Palastes erscheinen werde. Vatikansprecher Matteo Bruni schrieb:
„Aufgrund der starken Kälte, verbunden mit den Erkältungssymptomen der letzten Tage, wird Papst Franziskus morgen, am Sonntag, dem 22. Dezember, das Angelusgebet in der Kapelle der Casa Santa Marta verrichten, auch mit Blick auf die Verpflichtungen der kommenden Woche.“
Die Erkältung hinderte Franziskus aber nicht, die zahlreichen für Samstag, den 21. Dezember, geplanten Termine wahrzunehmen, darunter auch die Weihnachtsgrüße sowohl an die Römische Kurie, in den ersten Jahren seines Pontifikats bekannt und gefürchtet wegen seiner „Weihnachtsschelten“, wie auch jene an die Mitarbeiter des Staates der Vatikanstadt. Dabei geschah Eigenwilliges, manche würden sagen, Symptomatisches.
Während seiner Ansprache an die Römische Kurie wich Franziskus plötzlich von seiner vorbereiteten Rede ab und nahm direkten Bezug auf ein Werk des umstrittenen und unter Mißbrauchsvorwurf angeklagten Priesterkünstlers und ehemaligen Jesuiten Marko Ivan Rupnik, das Franziskus in seinem Arbeitszimmer hängen hat.
Bereits in der Vergangenheit hatte Franziskus mindestens zwei Mal direkt auf dieses Werk angespielt, darunter einmal in einer kurzen Videobotschaft zum 16. Mariologischen Kongreß „Die Mariologie von Papst Franziskus“ im brasilianischen Aparecida.
Am Samstag sagte Franziskus zu den in der Aula della Benedizione versammelten Kurialen:
„Es gibt ein Gemälde, das ich in meinem Arbeitszimmer habe, das genau die Synkatabasis darstellt [„σύν“ (syn) = „zusammen“ und „κατάβασις“ (katábasis) = „Abstieg“, soviel wie „gemeinsames Herabsteigen“]. Da ist die Jungfrau mit ihren Händen wie eine kleine Leiter, und das Kind steigt die Leiter hinunter. Das Kind hält mit der einen Hand das Gesetz und mit der anderen Hand hält es sich an seiner Mutter fest, um nicht zu fallen. Das ist die Aufgabe der Jungfrau: das Kind zu bringen. Und das ist es, was sie in unseren Herzen tut.“
Rupnik wurde von Franziskus dabei nicht erwähnt, dennoch kann – da Franziskus die Politik der Gesten liebt – darin eine von vielen Solidarisierungs- und Unterstützungsgesten für seinen ehemaligen Ordensmitbruder sehen. Rupnik war von der Glaubenskongregation wegen Mißbrauchs bereits exkommuniziert worden, doch verschwand diese Exkommunikation wieder auf wundersame Weise, was nur dem Papst selbst möglich wäre. Später, als zu viele neue Mißbrauchsvorwürfe bekannt wurden, ordnete Franziskus plötzlich ein neues Verfahren an und präsentierte sich damit der Öffentlichkeit als tatkräftiger Mißbrauchsbekämpfer. Doch in Wirklichkeit wird das Verfahren gegen Rupnik seither verschleppt. Franziskus hält also weiterhin seine schützende Hand über den ehemaligen Jesuiten, der schon früher so mächtige Protektoren hatte, daß seine Kunst den bedeutendsten Heiligtümern weltweit „verpaßt“ wurde. Die Folge ist ein erhebliches Imageproblem, das die Kirche heute damit hat. Franziskus scheint dies allerdings nicht zu bekümmern.
Am gestrigen vierten Adventssonntag erfolgte im Zuge des Angelus auch die traditionelle Segnung der „Bambinelli“, der Figuren des Jesuskindes für die Krippen. Diese steht normalerweise am dritten Adventssonntag auf dem Programm, war aber wegen des Korsika-Besuchs von Franziskus verschoben worden.
Franziskus hielt dann tatsächlich das sonntägliche Angelusgebet in der Hauskapelle von Santa Marta und wurde von dort aus auf Großbildschirme auf dem Petersplatz übertragen. Er zeigte sich sitzend und völlig allein. Dabei fiel auf, daß er, im Gegensatz zu ähnlichen Anlässen in der Vergangenheit, seine Ansprache selbst verlas und nicht einen Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats damit beauftragte.
Es konnte also festgestellt werden, daß es Franziskus gesundheitlich gut geht. In der Tat hieß es anschließend, sein Gesundheitszustand sei stabil, man habe aber sicherheitshalber Gebet, Ansprache und „Bambinelli“-Segnung ohne Volksbeteiligung in die Hauskapelle verlegt, um Franziskus nicht der Kälte am Fenster des Apostolischen Palastes auszusetzen. In Rom hatte es gestern um die Mittagszeit rund 12 Grad, aber bei wechselhaftem Wetter mit Regenschauern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshots)