Ob Ehe oder andere Formen des Zusammenlebens: Für Franziskus kein Unterschied?

Die Zerrüttung der kirchlichen Ehe- und Morallehre


Papst Franziskus empfing am 25. November die akademische Gemeinschaft des Päpstlichen Theologischen Instituts Johannes Paul II. für Ehe- und Familienwissenschaften und sagte dabei Dinge, die Widerspruch hervorrufen
Papst Franziskus empfing am 25. November die akademische Gemeinschaft des Päpstlichen Theologischen Instituts Johannes Paul II. für Ehe- und Familienwissenschaften und sagte dabei Dinge, die Widerspruch hervorrufen

Mar­co Tosat­ti ver­öf­fent­lich­te die Zuschrift von Mon­si­gno­re X. Tosat­ti gehört zu den bekann­te­sten Jour­na­li­sten Ita­li­ens. Vie­le Jah­re war er Vati­kan-Kor­re­spon­dent der Tages­zei­tung La Stam­pa und schrieb auch für deren Online-Platt­form Vati­can Insi­der, aber auch für ande­re füh­ren­de Medi­en wie die Tages­zei­tung Il Giorn­a­le. Seit 2011 betreibt er den Blog Stilum Curiae, auf dem er Kom­men­ta­re zur katho­li­schen Kir­che ver­öf­fent­licht und das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch begleitet.

Die Iden­ti­tät von Mon­si­gno­re X ist in der Öffent­lich­keit nicht bekannt. Es wird jedoch ange­nom­men, daß es sich um einen hoch­ran­gi­gen Prie­ster oder sogar Bischof han­delt, der tief­ge­hen­de Ein­blicke in die katho­li­sche Kir­che hat und mög­li­cher­wei­se in der römi­schen Hier­ar­chie tätig ist. Die Anony­mi­tät bie­tet die Mög­lich­keit, auf kri­ti­sche Aspek­te hin­zu­wei­sen, und schützt vor per­sön­li­chen Repres­sa­li­en. Hier nun die jüng­ste Zuschrift von Mon­si­gno­re X an Mar­co Tosatti:

Lie­ber Tosatti,

gestern habe ich mich gefragt, wes­halb eine See­le, die nach Hei­lig­keit strebt, sich einer ande­ren ‚über­le­gen‘ füh­len soll­te und damit das Risi­ko des ‚Pha­ri­sä­er­tums‘ ein­geht. Wäre dies der Fall, wür­den wir nicht von einer See­le spre­chen, die nach Hei­lig­keit strebt, son­dern eher von einer See­le, die sich dar­in täuscht, die Hei­lig­keit anzustreben.

Wo aber begeg­net man sol­chen See­len jemals? Viel­leicht in den Roma­nen jener, die die Reli­gi­on has­sen und die Gläu­bi­gen lächer­lich machen wollen?

Wel­che Roma­ne mag also lesen, wer sich davon über­zeugt hat, daß es in der Katho­li­zi­tät See­len gibt, die sich über­le­gen füh­len, weil sie Gutes tun? Immer Er? Er, Er, Er?

Der Avve­ni­re schrieb am 28. Novem­ber über die Audi­enz für die Aka­de­mi­sche Gemein­schaft des Päpst­li­chen Insti­tuts Johan­nes Paul II. [die am 25.11. statt­fand]. Der Papst sag­te [den Anwe­sen­den, die kräf­tig applaudierten]:

‚Geschie­den, wie­der­ver­hei­ra­tet, zusam­men­le­bend, die Kir­che öff­net ihre Türen weit für alle, alle, alle.‘

Zugleich for­der­te er die ‚regu­lä­ren‘ Paa­re auf, sich ’nicht über­le­gen zu füh­len‘, denn es besteht ‚die Gefahr des Pha­ri­sä­er­tums‘ (d. h. sich als Heuch­ler, For­ma­li­sten, Schön­fär­ber zu erweisen).

Lie­ber Tosat­ti, ich erwar­te, daß er beim näch­sten Mal nor­ma­le (und katho­li­sche) Paa­re mit einer gefähr­li­chen Ten­denz zum ‚Pha­ri­sä­er­tum‘ auf­for­dern wird, sich zu tren­nen, sich schei­den zu las­sen und zusam­men­zu­le­ben, um mit ihrem Ver­hal­ten nicht die ande­ren zu demü­ti­gen, die der Papst so liebt.

Ich nut­ze die­se Gele­gen­heit, um eine Über­le­gung zu dem sehr lang­wie­ri­gen und ewi­gen Streit über die Legi­ti­mi­tät oder Nicht­le­gi­ti­mi­tät die­ses Pon­ti­fex anzustellen.

Ich beja­he, daß er Papst ist, gewiß, ich bin mir des­sen sicher.

Aber er ist der Papst einer ande­ren Kirche.

Viel­leicht ist das der ent­schei­den­de Punkt.

Er ist der Papst einer Kir­che, in der man durch die päpst­li­che Leh­re nicht geret­tet, son­dern ver­dammt wird. Alle, alle, alle …

Es ist nicht die Kir­che des Vater­un­sers von ‚Dein Reich kom­me‘, von ‚Dein Wil­le gesche­he‘, von ‚erlö­se uns von dem Bösen‘. Nein, nein, nein.“

Der Bischof rechts im Bild oben, der mit beson­de­rer Geste sei­ne Begei­ste­rung für Papst Fran­zis­kus zum Aus­druck brach­te, ist Msgr. Vin­cen­zo Paglia, jener Papst­ver­trau­te, der ab dem Som­mer 2016 im Auf­trag von Fran­zis­kus das von Johan­nes Paul II. zur Ver­tei­di­gung von Ehe und Moral gegrün­de­te Päpst­li­che Insti­tut Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie zer­trüm­mer­te und als Neu­grün­dung von Fran­zis­kus und unter einem ande­ren Namen neu erste­hen ließ – mit neu­er Ausrichtung.

Mit der päpst­li­chen Wort­mel­dung stand die erschüt­tern­de Fra­ge im Raum, war­um dann Paa­re, die im Sakra­ment der Ehe leben, sich an die Gebo­te hal­ten, dies über­haupt tun (sol­len), wenn der Papst jede ande­re Form zwi­schen­mensch­li­cher Bezie­hun­gen fak­tisch für gleich­wer­tig erklärt.

Der Avve­ni­re, die Tages­zei­tung der ita­lie­ni­schen Bischö­fe, sah sich genö­tigt, gleich am näch­sten Tag, dem 29. Novem­ber, einen Kom­men­tar von Lucia­no Moia, dem Res­sort­lei­ter „Fami­lie und Leben“ nach­zu­schie­ben, mit dem erklärt wer­den soll­te, daß Fran­zis­kus schon das Ehe­sa­kra­ment hoch­hal­te und die­ses wei­ter­hin die Grund­la­ge der kirch­li­chen Ehe- und Fami­li­en­leh­re sei, weil es schon einen Unter­schied zwi­schen „regu­lä­ren“ und „irre­gu­lä­ren“ Paa­ren gebe.

Die­ses Ritu­al ist bekannt, seit Fran­zis­kus auf dem Stuhl Petri sitzt. Die Kir­che sehnt sich jedoch nach einem Papst, der kla­re Wor­te spricht, ohne daß es nach­träg­li­che Zusät­ze, Fuß­no­ten, Rich­tig­stel­lun­gen und ellen­lan­ge Inter­pre­ta­tio­nen Drit­ter braucht. Tat­sa­che ist, daß die­se Aus­le­gun­gen zudem in den mei­sten Fäl­len über kei­ner­lei Auto­ri­tät ver­fü­gen, wie auch der genann­te Kom­men­tar im Avve­ni­re.

Fran­zis­kus hat am 25. Novem­ber wie­der ein­mal einen Stein in den Teich gewor­fen, wie er es so ger­ne tut, und läßt ihn nun Krei­se zie­hen. Es sind Krei­se der Auf­lö­sung und der Zer­set­zung. In der Tat setz­ten die ersten kon­kre­ten Maß­nah­men von Fran­zis­kus 2013 bei der Auf­lö­sung der kirch­li­chen Ehe- und Moral­leh­re an, als er die Fami­li­en­syn­ode ein­be­rief. In dem nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia von 2016 fin­det sich die fak­ti­sche Gleich­stel­lung regu­lä­rer und irre­gu­lä­rer Situa­tio­nen, nicht nur hete­ro­se­xu­el­ler, son­dern auch homosexueller.

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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2 Kommentare

  1. Die Kir­che öff­net ihre Türen weit für alle, alle, alle? – Für Geschie­de­ne, Wie­der­ver­hei­ra­te­te, Zusammenlebende?

    Das gilt aber nicht für nor­ma­le Katho­li­ken, die ihr Leben nach der tra­di­tio­nel­len Leh­re und Lit­ur­gie ausrichten:

    https://​de​.catho​lic​news​a​gen​cy​.com/​n​e​w​s​/​8​0​9​7​/​w​i​e​-​e​i​n​-​m​u​s​e​u​m​-​t​o​t​e​n​s​t​i​l​l​e​-​i​m​-​p​e​t​e​r​s​d​o​m​-​n​a​c​h​-​v​e​r​b​o​t​-​h​e​i​l​i​g​e​r​-​m​e​s​s​e​n​-​d​u​r​c​h​-​v​a​t​i​kan

    Was wür­de Theo Lin­gen sagen? „Das ist trau­rig, trau­rig, traurig!“

  2. Lei­der ist es nur all­zu wahr: Die­sem Papst ist im Grun­de nichts hei­lig, weil im alles eben alles ist. Doch all­mäh­lich wird das so ega­li­tär, dass es sich immer mehr selbst ent­larvt. Am Ende steht ein Pon­ti­fi­kat, das von der Frei­mau­re­rei eben­so geprägt ist wie von Apo­sta­sie. Eine ziem­li­che Plei­te, wür­de ich sagen.

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