Am 9. Juni 2024 trat Msgr. José Mario Scalon Angonese sein Amt als neuer Erzbischof von Cascavel in Brasilien an. Nun zeigt er sich dankbar und setzt zum Kampf gegen die traditionelle Form der Kommunionspendung an. Die Mundkommunion „macht keinen Sinn“, denn sie sei etwas „aus dem Mittelalter“, ließ der Erzbischof wissen.
Msgr. Angonese, Jahrgang 1960, stammt aus Rio Grande do Sul, dem südlichsten brasilianischen Bundesstaat, der sowohl an Uruguay als auch an Argentinien angrenzt. In dessen Hauptstadt Porto Alegre trat er in das erzbischöfliche Priesterseminar ein. 1989 wurde er zum Priester geweiht für seine Heimatdiözese Santa Maria, deren Bischof ein Suffragan des Erzbischofs von Porto Alegre ist. Die Weihe spendete ihm der Ortsbischof von Santa Maria, Dom José Ivo Lorscheiter, Cousin des bekannteren Kardinals Dom Aloisio Lorscheider (der gleiche Familienname wird unterschiedlich geschrieben). Beide Prälaten standen der Befreiungstheologie nahe, der Kardinal war sogar einer ihrer bekanntesten Exponenten, während Msgr. Lorscheiter sich bedeckter hielt, aber allerlei marxistischen und anders abweichenden „Befreiern“ in seiner Diözese Aufnahme gewährte und ihnen einen sicheren Rückzugsort vor römischen Sanktionen unter Johannes Paul II. verschaffte. Damit ist schon etwas über die Prägung von Msgr. Angonese ausgesagt und auch das große Problem der Kirche Brasiliens benannt: die Befreiungstheologie, die sie seit Jahrzehnten zersetzt.
Als eine seiner letzten Amtshandlungen ernannte Papst Benedikt XVI. Angonese, wenige Tage vor seinem Amtsverzicht, auf Wunsch von Msgr. Moacyr Vitti, Erzbischof von Curitiba, zu dessen Weihbischof. Msgr. Vitti wurde international bekannt, weil er die Erlaubnis erteilte, Traubensaft statt Wein für die Wandlung zu verwenden. Eine Maßnahme, die er aufgrund der Reaktionen dann wieder zurückzog.
Msgr. Angonese wurde 2017 von Papst Franziskus zum Bischof von Uruguaiana befördert. Im vergangenen Mai folgte schließlich die Ernennung zum Erzbischof von Cascavel im Staat Paraná.
Am vergangenen Sonntag, dem 3. November, spendete Erzbischof Angonese in der Pfarrei Nossa Senhora Consolata in Cafelândia die Firmung. Bei dieser Gelegenheit empörte er sich, daß so viele Menschen „noch immer“ die Mundkommunion wünschen. Laut dem durch die Pfarrei selbst erfolgten Videomitschnitt sagte der Erzbischof:
„Ich möchte darauf hinweisen, daß ich überrascht war, das ist nicht üblich, daß so viele Gefirmte die Mundkommunion verlangen, wünschen. Kommunionhelfer, die die Kommunion in den Mund empfangen: Das macht keinen Sinn.“
Erzbischof Angonese geriet ganz aus der Fassung:
„Die Menschen werden in den Prozessen respektiert, die Kirche stellt es frei, aber die Mundkommunion stammt aus dem Mittelalter, aus dem vorigen Jahrtausend.“
Der Kirchenfürst begann sich in Rage zu reden:
„Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, daß erwachsene Menschen mit ihren eigenen Händen essen. Die Eucharistie ist eine Nahrung. Daher wäre ich sehr enttäuscht, wenn ein Katechet die Katechese der Mundkommunion machen würde. Das ist ein Widerspruch. Es widerspricht allem, was die Kirche zu predigen versucht hat.“
Erzbischof Angonese behauptete dann, „die Kirche läßt es frei, ob Mund- oder Handkommunion, mit Blick auf die älteren Menschen, die ein Leben lang mit dem Mund kommuniziert haben“, aber junge Menschen, die mit dem Mund kommunizieren, „dann, ich gestehe, macht mich das nicht froh“.
Junge Menschen, die die Mundkommunion wollen, „sind ein Anachronismus, sind aus der Zeit gefallen. Das ist etwas aus dem Mittelalter.“
Der Erzbischof wurde energisch und wiederholt:
„Das ist aus der Zeit. Das ist eine Frage der Glaubensreife, es ist eine Frage der Vision der Kirche und der Vision der Welt.“
Und weiter:
„Die Menschen werden respektiert, ich verweigere niemandem die Kommunion, aber ich gestehe, daß ich, wenn ein Katechet oder ein Kommunionhelfer kommt, um die Kommunion mit dem Mund und mit den Händen hinter dem Rücken zu empfangen, enttäuscht bin.“
Polemisch interpretiert spendet der Erzbischof von Cascavel allen die Kommunion, so lange sie die Handkommunion akzeptieren. Nur gegenüber jenen, die die Mundkommunion wünschen, stößt die Toleranz des Oberhirten an ihre Grenzen. Msgr. Angonese stellte dann tadelnd die Frage, warum wir denn sonst gefirmt würden. Spöttisch fragte er:
„Wo steht denn in der Bibel, daß die Apostel die Mundkommunion wollten?“
Und zum dritten Mal:
„Die Mundkommunion ist etwas Mittelalterliches.“
Die Kirche lebe aber immer in ihrer Zeit:
„Wir leben in unserer Zeit und müssen in die Zukunft schauen.“
Es brauche ständige Weiterbildung. Die Kirche sei die Kirche „einer lebendigen Tradition, nicht einer toten“. Der Papst und die Bischöfe seien die lebendige Tradition und hätten eine „aktualisierte, korrekte“ Auslegung des Wortes Gottes gegeben.
Er schloß mit der Bitte an die Gläubigen, dies nicht als „Ohrfeigen“ zu interpretieren. Er habe damit versucht „ein Licht auf das zu werfen, was wirklich wichtig ist“.
„Unser aufrichtiger Wunsch ist es, einen sicheren Weg zum Himmel zu zeigen. Wenn die Menschen anfangen, sich zu sehr mit diesen äußeren Merkmalen zu befassen, laufen sie Gefahr, den Blick für das Wesentliche zu verlieren, nämlich die Erziehung zum Gebot der Liebe.“
Erzbischof Angonese folgte in seiner Argumentationsweise unüberhörbar Papst Franziskus, indem er anderen „Ideologie“ vorwarf, die er in Wirklichkeit an den Tag legte. Franziskus war es, der gegenüber den tschechischen Bischöfen Verständnis zeigte, wenn alte Menschen den überlieferten Ritus wünschen, aber junge Menschen, das sei nicht nachvollziehbar und müsse daher auf eine Pathologie verweisen, also irgendwie krankhaft sein. Und wie Franziskus verabreichte der Erzbischof Ohrfeigen mit dem Hinweis, daß diese aber nicht als Ohrfeigen verstanden werden sollten.
Die Mundkommunion ist die überlieferte und daher die einzige ordentliche Form des Kommunionempfangs. Die Handkommunion wurde erst von Papst Paul VI. auf Druck einiger Bischofskonferenzen, darunter der deutschen, als Ausnahme zugelassen. Er erlaubte den einzelnen Bischofskonferenzen die Handkommunion als außerordentliche Form neben der ordentlichen Form der Mundkommunion zu erlauben. Es geht also nicht nur darum, daß beide Formen in einer bestimmten Ortskirche erlaubt sind. Es gibt eine Hierarchie zwischen den beiden Formen. Die Mundkommunion ist die eigentliche Form, während die Handkommunion nur eine geduldete Ausnahme ist.
Erzbischof Angonese mußte am vergangenen Sonntag zuerst einen Gegensatz konstruieren, um seinen Angriff setzen zu können. Wer die offizielle Form des Kommunionempfangs wünscht, wie in in der Kirche seit dem Letzten Abendmahl immer praktiziert wurde – erst der Protestantismus brach mit dieser Tradition folgerichtig, da er die meisten Sakramente ablehnt, so auch das Priestertum – laufe „Gefahr, die Erziehung zum Gebot der Liebe zu verlieren“? Man staunt.
Der Erzbischof beschimpfte jene, die an der apostolischen Tradition festhalten, weil sie eine andere „Vision der Kirche“ und „Vision der Welt“ vertreten. Das schon „widerspricht allem“, was die Kirche immer gelehrt hat. Der Bischof bemerkte dabei den Widerspruch nicht, wie sehr er sich mit „äußerlichen Merkmalen“ befaßt, also genau das tut, was er den Gläubigen zum Vorwurf macht.
Die Pfarrei hatte die Zelebration auf Facebook übertragen und erntete zahlreiche negative Kommentare. Sie löschte darauf das Video und die Kommentare von ihrer Seite und folgte damit der Unsitte in der Kirche, daß auch noch so berechtigte Kritik nicht ertragen wird. Doch das Video hatte bereits den Weg in andere soziale Netze gefunden.
Erzbischof Angonese war gegenüber ACI Digital zu keiner Stellungnahme bereit und auch die weitere Reaktion war sehr klerikalistisch, also genau das, was Papst Franziskus zwar den Worten nach tadelt, aber in negativer Hinsicht vorlebt. Der Erzbischof schweigt, ließ aber „den Klerus“ der Erzdiözese Cascavel eine Stellungnahme veröffentlichen, in der dieser seine „öffentliche und bedingungslose Unterstützung“ für den Erzbischof beteuerte. Zudem setzte es in dieser Stellungnahme gleich noch eine Schelte für die Gläubigen, denn die ganze Sache sei „aus dem Zusammenhang gerissen“ worden. Es entbehrt nicht der Peinlichkeit, um es zurückhaltend zu sagen, daß sich „der Klerus“ in seiner Stellungnahme auf das Konzilsdekret Christus Dominus über „das bischöfliche Munus“ beruft und zur Rechtfertigung der erzbischöflichen Haltung in sehr freier Wiedergabe des Dokuments schreibt, dort stehe, daß „die Bischöfe als legitime Nachfolger der Apostel die christliche Lehre mit zeitgemäßen Mitteln erklären sollen, wobei sie sich bemühen, die verschiedenen Mittel zu nutzen, die uns zur Verfügung stehen“.
Ebenso heißt es entschuldigend: „Der Tenor der Rede von Don José Mário bringt deutlich seine katechetische und familiäre Art der Kommunikation zum Ausdruck.“ Tut er das?
Die Priester attestieren ihrem Bischof zudem, daß es durch dessen Wort „zu keinem Zeitpunkt einen Mangel an Respekt oder eine Pietätlosigkeit gegenüber dem Allerheiligsten Sakrament des Altars“ gegeben habe.
Schließlich bringen sich die Priester aber doch selbst ein wenig in Sicherheit, indem sie bekunden, daß ihre Unterstützungserklärung für den Erzbischof „weder ein theologisches Argument noch eine Entschuldigung für seine Rede sein will“, sondern darauf abziele, „die Schönheit der in der Erzdiözese Cascavel gelebten kirchlichen Erfahrung zu verkünden“. Na dann.
Prälaten wie Msgr. Angonese scheinen nicht zu sehen, oder sehen zu wollen, daß sie mit ihren Aussagen die gesamte Kirche bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil diskreditieren, ohne sich zu fragen, warum die Menschen dann, 1930 Jahre nach Tod und Auferstehung Jesu Christi, plötzlich der nachkonziliaren Kirche vertrauen sollten, die das authentische und ununterbrochene Erbe mißachtet. Oder was meint der Erzbischof, wenn er sagt, die Mundkommunion widerspreche allem, was die Kirche seit dem Konzil gepredigt habe?
Zum besseren Verständnis: Entgegen der Behauptung, die Mundkommunion sei erst unter den Karolingern kurz vor der ersten Jahrtausendwende aufgekommen, betont Don Nicola Bux, einer der renommiertesten Liturgiker, daß die Mundkommunion bereits in der Heiligen Schrift überliefert ist. Eine Beschreibung für das Letzte Abendmahl findet sich im Johannesevangelium, wird aber gerne überlesen.
Der persönliche Freund von Benedikt XVI., der ihn als Consultor an das Amt für die Liturgischen Feiern des Papstes berufen hatte, wurde nach der Wahl von Papst Franziskus von diesem sofort entlassen.
Die Erwähnung von Don Bux ist in doppelter Hinsicht interessant, denn er war es, der 2012 nach einem Besuch in Brasilien darauf aufmerksam machte, daß es eine geeignete Antwort auf die dortige massive Erosion der katholischen Kirche gibt, die zur millionenfachen Abwanderung von Katholiken zu evangelikalen und pfingstlerischen Gruppen führt: nämlich die Tradition. Die protestantischen Freikirchen seien nur die Nutznießer, aber weder der Grund noch die Ursache für die Erosion, so Don Bux. Der Grund sei die innere Zersetzung der Kirche durch die marxistische Befreiungstheologie, wodurch weitere Irrtümer Einzug halten konnten. Viele Katholiken fliehen daher die Kirche. Die Freikirchen würden sie auffangen. Die katholische Antwort darauf sei die Tradition.
Im Gegensatz zu den Freikirchen, die schnell und wendig reagieren können, da sie nur ihrem jeweiligen Prediger verpflichtet sind, kann die Tradition aber nicht ihre Wirkung entfalten, weil sie von dem befreiungstheologisch durchseuchten Kirchenapparat behindert und bekämpft wird. Erzbischof Angonese ist das jüngste Beispiel dafür. Auch die kommissarische Verwaltung der konservativen Herolde des Evangeliums ist in diesem Zusammenhang zu nennen, deren Gründer vor wenigen Tagen verstorben ist.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Facebook/Youtube/Instagram (Screenshots)
Die Frage ist, wem man glauben soll? Der jahrhundertelangen Lehre und Praxis der Kirche oder einem Bischof, der meint alles besser zu wissen und dabei die Menschen in die Irre führt? Wer die Tradition der Kirche bekämpft, der bekämpft die Kirche – und Christus. Um nichts weniger geht es. Und deshalb ist der Hass auf die Tradition etwas Anti-Christliches und sogar Teuflisches und sicher nichts „Bischöfliches“ – oder gar „Päpstliches!