Die Kriege, die die Welt mit Blut tränken

Der tiefere Sinn, die Gründe und der Ausweg


Was bedeuten die Kriege wirklich?
Was bedeuten die Kriege wirklich?

Von Rober­to de Mattei*

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Im ver­gan­ge­nen Jahr­hun­dert, nach den bei­den Welt­krie­gen von 1914–1918 und 1939–1945, haben Krie­ge, Revo­lu­tio­nen und sozia­le Umwäl­zun­gen aller Art die Geschich­te der Mensch­heit beglei­tet und das dra­ma­ti­sche Sze­na­rio bestä­tigt, das die Got­tes­mut­ter 1917 in Fati­ma vor­aus­ge­sagt hat­te, falls die Welt Gott wei­ter­hin mit ihren Sün­den belei­di­gen würde.

Papst Fran­zis­kus hat wie­der­holt von einem „Welt­krieg auf Raten“ gespro­chen, um die­se glo­ba­len Tur­bu­len­zen zu beschrei­ben, aber es ist nicht zu leug­nen, daß zwi­schen der Aggres­si­on Ruß­lands gegen die Ukrai­ne am 22. Febru­ar 2022 und der Aggres­si­on der Hamas gegen Isra­el am 7. Okto­ber 2023 die mas­si­ven Flam­men einer neu­en Ver­schär­fung auf­ge­lo­dert sind und die öst­li­chen Gren­zen Euro­pas von der Ost­see bis zum Roten Meer betref­fen. Wei­ter im Osten wirft das kom­mu­ni­sti­sche Chi­na sei­nen bedroh­li­chen Schat­ten auf den inter­na­tio­na­len Hori­zont. Es ist nur natür­lich, daß Euro­pa sei­nen Blick nach Westen rich­tet, zu den Ver­ei­nig­ten Staa­ten, die die ein­zi­ge Welt­macht zu sein schei­nen, die ihm mili­tä­ri­schen Schutz bie­ten kann. Bis zum Amts­an­tritt von Joe Bidens Nach­fol­ger im Wei­ßen Haus im Janu­ar 2025 befin­den sich die USA jedoch in einer äußerst schwa­chen Posi­ti­on. Dar­über hin­aus ist zwi­schen den bei­den Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten Har­ris und Trump und vor allem unter ihren Wäh­lern eine Pola­ri­sie­rung ent­stan­den, die auf die Mög­lich­keit star­ker Span­nun­gen inner­halb des ame­ri­ka­ni­schen Kolos­ses hindeutet.

Die ein­dring­li­chen Frie­dens­auf­ru­fe von Papst Fran­zis­kus wer­den hin­ge­gen auf tau­be Ohren sto­ßen, solan­ge die Ursa­chen der inter­na­tio­na­len Unru­hen, die in der Fati­ma-Bot­schaft vom 13. Juli 1917 so klar benannt sind, nicht besei­tigt wer­den. Krieg und alle damit ver­bun­de­nen Kata­stro­phen sind eine Fol­ge der Sün­den der Men­schen: „Gott ist im Begriff, die Welt durch Krieg, Hun­gers­not und Ver­fol­gung der Kir­che und des Hei­li­gen Vaters zu stra­fen.

Aber auch ohne eine solch ein­dring­li­che gött­li­che War­nung kann jeder Mensch allein mit dem Licht sei­ner Ver­nunft begrei­fen, daß eine Stra­fe über der Mensch­heit schwebt. Eines der bedeu­tend­sten Wer­ke der Anti­ke, das im 19. Jahr­hun­dert von Joseph Graf de Maist­re mit „Sur les délais de la justi­ce divi­ne“ wie­der­be­lebt wur­de, ist Plut­archs Abhand­lung „De sera numi­nis vin­dic­ta“ („Über die spä­te Stra­fe durch die Gott­heit“). Aus­ge­hend von der natür­li­chen Wahr­heit eines Got­tes, der alles im Him­mel und auf Erden belohnt, behan­delt der Phi­lo­soph aus Chai­ro­neia das Pro­blem der Lang­sam­keit, mit der Gott die Bösen zu bestra­fen scheint. Plut­arch erklärt, daß die mensch­li­che Justiz nur zu bestra­fen weiß, wäh­rend Gott ver­sucht, die See­len zur Umkehr zu bewe­gen, und ihnen einen manch­mal lan­gen Auf­schub gewährt, damit sie sich bes­sern. Gott befürch­tet ja nicht, daß ihm die Schul­di­gen mit der Zeit ent­ge­hen könn­ten. Außer­dem, fügt er hin­zu, wenn die Stra­fe sofort und unfehl­bar auf die Schuld fol­gen wür­de, gäbe es weder Laster noch Tugend, denn man wür­de sich des Bösen ent­hal­ten, wie man sich ent­hält, sich ins Feu­er zu wer­fen. „Ganz anders ist das Gesetz, das das Leben der See­len regiert: Die Stra­fe wird auf­ge­scho­ben, weil Gott gut ist, aber sie ist sicher, weil Gott gerecht ist.

Alle Völ­ker, alle Zivi­li­sa­tio­nen haben geglaubt, daß Krie­ge und Natur­ka­ta­stro­phen, wie Hun­gers­nö­te und Seu­chen, eine Fol­ge der Sün­den der Men­schen sind. Von den drei Kata­stro­phen, die Gott zur Bestra­fung der Men­schen ein­setzt, ist jedoch nach Pater Euse­bi­us Nier­em­berg (1595–1658) der Krieg die schlimm­ste, weil ihm die bei­den ande­ren fol­gen und weil der Krieg grö­ße­re Stra­fen mit sich bringt und, was noch schlim­mer ist, auch zu grö­ße­rer Schuld führt, da er die Gewalt der mensch­li­chen Lei­den­schaf­ten stär­ker ent­fes­selt als Epi­de­mien und Hungersnöte.

Zwei­ein­halb Jah­re nach dem Aus­bruch des rus­sisch-ukrai­ni­schen Kon­flikts schätzt das Wall Street Jour­nal die Zahl der Toten und Ver­wun­de­ten auf ins­ge­samt eine Mil­li­on, wäh­rend der Krieg im Nahen Osten Zehn­tau­sen­de von Opfern for­der­te. Aber sind das die wirk­li­chen Krie­ge, die die Welt heu­te blu­tig machen?

Die Men­schen wei­nen über das Schick­sal der Kin­der, die unter den Bom­ben in Gaza begra­ben sind, aber es wer­den kei­ne Trä­nen über den größ­ten Völ­ker­mord des 20. und 21. Jahr­hun­derts ver­gos­sen, näm­lich den der Abtrei­bung: Mil­lio­nen von Kin­dern wer­den im Mut­ter­leib zer­stückelt und zer­quetscht, und all das wird als „Recht“ behaup­tet. Wie kann man bestrei­ten, daß ein bös­ar­ti­ger, welt­wei­ter Krieg gegen das Lebens­recht die­ser unschul­di­gen klei­nen Men­schen exi­stiert? Und wie kann man leug­nen, daß Staats­ober­häup­ter in die­sen Krieg ver­wickelt sind, wie der fran­zö­si­sche Prä­si­dent Emma­nu­el Macron, der die Abtrei­bung in die euro­päi­sche Ver­fas­sung auf­neh­men möch­te, und der bel­gi­sche Pre­mier­mi­ni­ster Alex­an­der De Croo, der ver­hin­dern möch­te, daß der Papst sich zu die­sem sehr ern­sten mora­li­schen The­ma äußert? Sind sie nicht auch „Auf­trags­kil­ler“ wie die Ärz­te, die im Ope­ra­ti­ons­saal morden?

Das Gespenst des Atom­kriegs erschreckt die Men­schen auf der Stra­ße, die sich an die erschüt­tern­den Bil­der von Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki erin­nern, aber heu­te wird ein Krieg gegen die Fami­lie geführt, des­sen Aus­wir­kun­gen auf gei­sti­ger und mora­li­scher Ebe­ne ver­hee­ren­der sind als ein ato­ma­res Gemet­zel. Die­ser Krieg wur­de sorg­fäl­tig geplant und hat gan­ze Fami­li­en dem Erd­bo­den gleich­ge­macht, die väter­li­che Auto­ri­tät ent­haup­tet, das radio­ak­ti­ve Gift der Anar­chie und des Pan­se­xua­lis­mus ver­brei­tet und die sozia­len Bin­dun­gen pul­ve­ri­siert. Wenn man die Aus­wir­kun­gen die­ser mora­li­schen Revo­lu­ti­on sicht­bar machen könn­te, wür­de man das Aus­maß des Kra­ters, der die Fami­lie ver­schlingt, und die Schwe­re der Ver­bren­nun­gen und Ver­stüm­me­lun­gen, die Män­ner, Frau­en und Kin­der heu­te mora­lisch pla­gen, verstehen.

Und was kön­nen wir über den äuße­ren Krieg gegen die Kir­che und die christ­li­che Zivi­li­sa­ti­on und den noch schwer­wie­gen­de­ren Krieg inner­halb der Kir­che sagen? Das einst glor­rei­che abend­län­di­sche Chri­sten­tum erscheint wie ein Trüm­mer­hau­fen, um den die Gei­er krei­sen und die Scha­ka­le ihr Unwe­sen trei­ben. Könn­te dies nicht die Rui­nen­stadt sein, von der das Drit­te Geheim­nis von Fati­ma spricht, wenn es beschreibt, daß der Hei­li­ge Vater einen Berg hin­auf­steigt, wo er den Tod fin­den wird, aber „bevor er dort ankam, durch­quer­te er eine gro­ße Stadt, die halb in Trüm­mern lag und halb zit­ternd und mit zögern­den Schrit­ten, geplagt von Trau­er und Schmerz, für die See­len der Lei­chen bete­te, denen er auf sei­nem Weg begeg­ne­te“?

In der zer­stör­ten Stadt erin­nert eine ent­stell­te Kathe­dra­le an die ver­gan­ge­ne Pracht. Es ist das über­na­tür­li­che Leben des Aller­hei­lig­sten Sakra­ments, das nicht auf­hört, sei­ne Wir­kung zu ent­fal­ten und sich den zer­stö­re­ri­schen Kräf­ten der Fein­de ent­ge­gen­zu­stel­len, wäh­rend eini­ge weni­ge Krie­ger die Stei­ne und Erin­ne­run­gen der Stadt ver­tei­di­gen, im Ver­trau­en auf einen Sieg, den nur noch der Him­mel geben kann.

Die­ser Sieg wird nicht nur das Chri­sten­tum in neu­em Glanz erstrah­len las­sen, son­dern auch die Welt vor dem Cha­os bewah­ren, dem Leben wie­der einen Sinn geben, die Fami­lie, die Kir­che und die Gesell­schaft als Gan­zes wie­der­her­stel­len. Nur Gott kann dies tun, aber die Got­tes­mut­ter ist fähig, die­se Gna­de für die Welt zu erlangen.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.

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Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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