Ist Jorge Bergoglio ein Stratege? (III)

Eine Antwort an Caminante Wanderer


Ist Jorge Bergoglio ein Stratege

Von Vigi­li­us*

Die Revolution der De-Zäsuralisierung

Anzei­ge

Gegen die­se – von mir nur sehr skiz­zen­haft beschrie­be­ne – Theo­lo­gie hat sich nun ein mäch­ti­ger Wider­stand erho­ben. Ich den­ke, dass sich die­ser Wider­stand haupt­säch­lich aus zwei zusam­men­hän­gen­den Moti­ven speist. Zum einen wird im Lau­fe der Neu­zeit die Idee einer von der all­täg­li­chen Erfah­rungs­welt unter­schie­de­nen über­na­tür­li­chen Welt auch dem reli­giö­sen Bewußt­sein immer unplau­si­bler. Dies arti­ku­liert sich vor allem in der Debat­te, ob der Gedan­ke des über­na­tür­li­chen Got­tes­rei­ches, wenn­gleich es als die Umge­stal­tung der Schöp­fungs­rea­li­tät sel­ber begrif­fen wird, nicht eine ver­ächt­li­che Distanz zur Welt, Welt­pes­si­mis­mus, per­sön­li­chen „Heil­s­ego­is­mus“ und eine her­me­tisch abge­zir­kel­te kirch­li­che Son­der­welt erzeu­ge. Die­se Debat­te wird ab dem 19. Jahr­hun­dert fak­tisch mit der lei­den­schaft­lich umstrit­te­nen Fra­ge iden­tisch, wie sich die Kir­che zur säku­la­ren Moder­ne mit deren Leit­prin­zi­pi­en der wis­sen­schaft­li­chen Ratio­na­li­tät, sitt­li­chen Auto­no­mie und indi­vi­du­el­len Selbst­be­stim­mung ver­hal­ten soll.

Die Beant­wor­tung all die­ser Fra­gen hängt wesent­lich davon ab, wie die grund­sätz­li­che Ver­hält­nis­be­stim­mung von Natur und Gna­de bzw. Schöp­fung, Inkar­na­ti­on und Begna­dung vor­ge­nom­men wird. Deren Neu­ju­stie­rung gehört zu den zen­tra­len Anlie­gen der über­aus ein­fluss­reich gewor­de­nen fran­zö­si­schen Nou­vel­le Théo­lo­gie und der Theo­lo­gie Karl Rah­ners. Gene­rell kann man sagen, dass es das Grund­an­lie­gen der moder­nen Theo­lo­gie ist, Natur und Gna­de, Anthro­po­lo­gie und Chri­sto­lo­gie, Welt- und Heils­ge­schich­te in ein zäsur­lo­ses Kon­ti­nu­um zu brin­gen. Das geschieht in den theo­lo­gi­schen Ent­wür­fen auf unter­schied­li­che Wei­se, aber das Bedürf­nis nach einer De-Zäsu­ra­li­sie­rung ist immer vor­han­den. Das letz­te Kon­zil ist durch die­se Bestre­bung mas­siv geprägt worden.

Das klingt bis­lang alles wenig auf­re­gend. So ist es aber nicht. Denn mit dem soeben genann­ten Anlie­gen der Welt­be­ja­hung und Anschluss­fä­hig­keit an die moder­ne Gesell­schaft ist ein wei­te­res Motiv inwen­dig ver­bun­den, das ich sogar für das Haupt­mo­tiv der Neu­ju­stie­rung des Ver­hält­nis­ses von Natur und Gna­de hal­te: Es müs­sen immer schon und in Ewig­keit alle dazu­ge­hö­ren. Die Kri­tik etwa der Nou­vel­le Théo­lo­gie und Karl Rah­ners an der Nei­gung der Neu­scho­la­stik, Natur und Über­na­tur zu sehr aus­ein­an­der­zu­rei­ßen und nur wie zwei ein­an­der äußer­li­che Blöcke zusam­men­zu­fü­gen, ist zwar nicht ganz unbe­rech­tigt. Gleich­wohl ist für den Haupt­strang der moder­nen Theo­lo­gie das uni­ver­sal­in­te­gra­ti­ve Poten­ti­al des klas­si­schen Ansat­zes über­haupt zu gering. Es ist für die­se Theo­lo­gie ein zuneh­mend uner­träg­li­cher Gedan­ke gewor­den, dass es weder ein uni­ver­sal immer schon exi­stie­ren­des anony­mes Christ­sein noch eine garan­tier­te apo­ka­ta­sta­sis pan­ton gibt. Des­we­gen ist die­se Theo­lo­gie bestrebt, um der Uni­ver­salin­k­lu­si­on wil­len die Dif­fe­renz zwi­schen dem Schöpfungs‑, Inkar­na­ti­ons- und Begna­dungs­vor­gang sowie die heils­theo­lo­gi­sche Bedeu­tung des kirch­lich-sakra­men­ta­len Gesche­hens und – bis in die Escha­to­lo­gie hin­ein – der per­sön­li­chen Frei­heits­ver­ant­wor­tung abzu­schwä­chen. Die gro­ße Sym­pa­thie der Nou­vel­le Théo­lo­gie und Rah­ners für die uni­ver­sal­in­te­gra­ti­ve Kos­mo­lo­gie Teil­hard de Chard­ins besitzt einen hohen Signifikanzcharakter.

„An ihren Früch­ten wer­det ihr sie erken­nen.“ So ist es auch hier. Die theo­lo­gi­sche Ach­se in der Ver­hält­nis­be­stim­mung von Natur und Gna­de, Welt und Got­tes­reich hat sich im 20. Jahr­hun­dert schließ­lich der­art ver­scho­ben, dass der Gedan­ke der Über­na­tür­lich­keit mitt­ler­wei­le ganz ver­schwun­den ist. Er wur­de durch eine Spi­ri­tua­li­tät der „vol­len Zeit­ge­nos­sen­schaft“ und des Enga­ge­ments für eine „gerech­te Welt“ ersetzt. Die­se welt­op­ti­mi­sti­sche und auf den inner­ge­schicht­li­chen Fort­schritt ver­trau­en­de Bewe­gung hat der mar­xi­sti­sche Phi­lo­soph Theo­dor W. Ador­no mit der Bemer­kung bedau­ernd regi­striert, es sei ein gro­ßer Ver­lust, dass die Kir­che die Rede vom „Jam­mer­tal“ preis­ge­ge­ben habe. Wäh­rend in der Phi­lo­so­phie bereits seit den 1940er Jah­ren, wenn man etwa an Ador­nos und Hork­hei­mers „Dia­lek­tik der Auf­klä­rung“ oder Mar­tin Heid­eg­gers „Zeit des Welt­bil­des“ denkt, die kri­ti­sche Dis­kus­si­on der Auf­klä­rungs­mo­der­ne und der neu­zeit­li­chen Ratio­na­li­tät immer inten­si­ver wur­de, stimm­te die Kir­che auf dem letz­ten Kon­zil ihre Wert­schät­zungs­hym­nen auf die moder­ne Welt an. Sie woll­te ihre Moder­ne­skep­sis end­lich abstrei­fen und auch dazu­ge­hö­ren. Im Pro­gramm des deut­schen Syn­oda­len Weges kommt die­ser paus­bäcki­ge Welt­op­ti­mis­mus ganz zu sich. Hier ist die Kir­che mit der Welt iden­tisch gewor­den. Den nach­kon­zi­lia­ren Ver­falls­pro­zeß hat einer der Stars der Nou­vel­le Théo­lo­gie, näm­lich der von Johan­nes Paul II. zum Kar­di­nal erho­be­ne Pater Hen­ri de Lubac SJ, vor eini­gen Jahr­zehn­ten zwar scharf kri­ti­siert.1 Aber Lubac hat nie the­ma­ti­siert, dass es an durch­aus maß­geb­li­cher Stel­le die „neue Theo­lo­gie“ sel­ber war, die die Flucht­bahn zu die­sem Schrecken eröff­net hat, des­sen berühm­te­stes Gesicht gegen­wär­tig Jor­ge Berg­o­glio ist.

Das zen­tra­le Pro­blem der moder­nen De-Zäsu­ra­li­sie­rungs­theo­lo­gie besteht dar­in, dass sie immer die Chri­sto­lo­gie angreift. Dies gilt vor allem für die bei­den von mir her­aus­ge­ho­be­nen Punk­te der onto­lo­gi­schen Unab­leit­bar­keit der neu­en Schöp­fung in Chri­stus sowie des indi­vi­du­el­len Begna­dungs­vor­gan­ges als eines wech­sel­sei­ti­gen Frei­heits­ge­sche­hens, in dem das Erwäh­lungs­han­deln Chri­sti immer den Pri­mat besitzt. Bei­de Aspek­te bil­den ja die größ­te Gefähr­dung des Uni­ver­salin­k­lu­si­vis­mus. Des­we­gen haben die moder­nen theo­lo­gi­schen Theo­rien einen eigen­tüm­lich mecha­ni­sti­schen, leb­lo­sen Cha­rak­ter. Das haben sie mit der neu­zeit­li­chen Meta­phy­sik gemein­sam, in der es eben­falls pri­mär um Ver­ein­heit­li­chung, Bere­chen­bar­keit, Gewiss­heit und Sicher­stel­lung geht. In den ver­ein­heit­li­chen­den Gefü­gen der moder­nen Theo­lo­gie ver­schwin­det die Frei­heit, das Unab­leit­ba­re. Es ereig­net sich nichts mehr, weil sich nichts mehr ereig­nen darf. Die pro­mi­nen­te­ste Phra­se lau­tet „immer schon“. Aus sol­chen theo­lo­gi­schen Zusam­men­hän­gen ver­schwin­det das Hei­li­ge, damit auch die Hei­lig­keit und der Hei­li­ge, der der leben­di­ge Chri­stus sel­ber ist, der sei­nen Erwähl­ten Anteil an sei­ner Hei­lig­keit gewährt. Des­we­gen gilt vor­züg­lich für die moder­ne Theo­lo­gie, die sich der Gott­heit bemäch­tigt und sie zum anthro­po­zen­tri­schen Prin­zip der Uni­ver­sa­l­ak­zep­tanz von allem und jedem gemacht hat, der Satz Mar­tin Heid­eg­gers: „Zu die­sem Gott kann der Mensch weder beten, noch kann er ihm opfern“. Vor die­sem Gott kann der Mensch nicht mehr „aus Scheu ins Knie fal­len“.2

Die tran­szen­den­tal­theo­lo­gi­sche Theo­rie Karl Rah­ners, die die Chri­sto­lo­gie in die evo­lu­tio­nä­re Welt­an­schau­ung inte­griert und eine gedank­li­che Total­syn­the­se anstrebt, stellt den anspruchs­voll­sten Ver­such der inklu­si­vi­sti­schen Theo­lo­gie dar. Eine theo­re­tisch zwar schlich­te­re, poli­tisch aber eben­so wirk­sa­me Vari­an­te des inklu­si­vi­sti­schen Uni­ver­sa­lis­mus ist von Karol Woj­ty­la for­mu­liert wor­den. Auf sei­ne Wei­se kommt Woj­ty­la eben­falls zum „anony­men Chri­sten“. Woj­ty­las Posi­ti­on geht, wie vor­hin bereits ange­deu­tet, zen­tral vom Inkar­na­ti­ons­ge­dan­ken aus, den sie so inter­pre­tiert, dass alle Men­schen immer schon zu Chri­stus gehö­ren, weil Gott sich in sei­ner Fleisch­wer­dung mit jedem Men­schen ver­bun­den hat. Hier fal­len Inkar­na­ti­on und Begna­dung streng ineins. Dies ist nach Woj­ty­la die „aprio­ri­sche Offen­ba­rung“. Sie ist die theo­lo­gi­sche Legi­ti­mie­rung des Assi­si-Tref­fens, bei dem, aus der Per­spek­ti­ve Woj­ty­las, nicht ein­fach Hei­den auf Chri­sten, son­dern unbe­wuss­te Chri­sten auf bewuss­te Chri­sten getrof­fen sind. Das Spe­zi­fi­kum der selbst­be­wusst gewor­de­nen Chri­sten besteht näm­lich nur dar­in, dass sie von der „apo­ste­rio­ri­schen Offen­ba­rung“ berührt wor­den sind, also von jener histo­ri­schen Offen­ba­rungs­re­de und Ver­kün­di­gung, in der das aus­drück­lich arti­ku­liert und akzep­tiert wird, was allen Men­schen auf­grund der aprio­ri­schen Offen­ba­rung immer schon zuteil gewor­den ist. Alle gehö­ren seins­mä­ßig zu Chri­stus und bil­den des­we­gen auch immer schon die eine uni­ver­sa­le Kir­che, die sowohl die über sich auf­ge­klär­ten als auch die noch nicht über sich auf­ge­klär­ten Men­schen als ihre Mit­glie­der umfasst. Das ist Woj­ty­las Begriff der „Katho­li­zi­tät“. Und nur von hier­her wird neben dem fana­ti­schen Öku­me­nis­mus auch der anson­sten ganz wider­sin­ni­ge Satz Woj­ty­las ver­steh­bar, dass der Weg der Kir­che der Mensch sei. Für den Papst ist die­ser Satz streng sach­iden­tisch mit der Aus­sa­ge, der Weg der Kir­che sei Christus.

Jor­ge Berg­o­glio trans­por­tiert hin­ge­gen den Inklu­si­vis­mus auf die aller­schlich­te­ste Art. Zwar zitiert er gele­gent­lich, vor allem bei Weih­nachts­an­spra­chen, Karol Woj­ty­las Lieb­lings­satz aus Gau­di­um et Spes, aber erör­tert ihn nie anhand der kom­pli­zier­ten Distink­ti­on zwi­schen aprio­ri­scher und apo­ste­rio­ri­scher Offen­ba­rung. Das heißt: Er bemüht sich erst gar nicht, den theo­lo­gi­schen Inklu­si­vis­mus chri­sto­lo­gisch zu begrün­den. Statt des­sen behaup­tet Fran­zis­kus per­ma­nent, alle Men­schen sei­en als Men­schen bereits „Kin­der Got­tes“ und bil­de­ten des­we­gen die „Fami­lie Got­tes“, also jene uni­ver­sa­le Gemein­schaft, die, wie er in sei­ner dies­jäh­ri­gen Fasten­bot­schaft zum Besten gab, das „gelob­te Land“ sei, auf das es Gott ein­zig und allein abge­se­hen habe. Den Gedan­ken, dass wir erst in Chri­stus „Söh­ne im Sohn“ wer­den, weil wir in die ewi­ge Vater­be­zie­hung des mensch­ge­wor­de­nen Logos von die­sem auch noch gna­den­voll auf­ge­nom­men wer­den müs­sen, kennt das berg­o­glia­ni­schen Pon­ti­fi­kat sub­stan­ti­ell nicht mehr. Die Rede von der allein rele­van­ten über­na­tür­li­chen Got­tes­kind­schaft ist in einen rein schöp­fungs­theo­lo­gi­schen Kon­text zurück­ge­nom­men worden.

Die Nähe zu Rah­ner und Woj­ty­la ist frei­lich unver­kenn­bar. Denn zum einen wird es nicht nur für Rah­ner, son­dern selbst für Woj­ty­la kaum mehr mög­lich sein, etwa das 17. Kapi­tel des Johan­nes­evan­ge­li­ums zu inte­grie­ren, in dem Jesus im Blick auf sei­ne Jün­ger zum Vater spricht: „Für sie bit­te ich; nicht für die Welt bit­te ich, son­dern für alle, die du mir gege­ben hast; denn sie gehö­ren dir.“ Der hier auf­schei­nen­de Exklu­si­vis­mus, der im uner­gründ­li­chen Erwäh­lungs­wil­len Got­tes wur­zelt, ist in die­sen Theo­rien aber nicht nur fak­tisch nicht mehr abbild­bar, er soll gera­de über­wun­den wer­den. Zum ande­ren ste­hen die Offen­ba­rungs­re­de und die Mis­si­on der Kir­che stets nur im Dienst der Bewusst­ma­chung und Ver­tei­di­gung des „alle, alle, alle“ immer schon umfas­sen­den gelob­ten Lan­des – gleich­gül­tig ob die­ses Land im Kon­text der „mit der Welt­ge­schich­te koexi­sten­ten und koex­ten­si­ven Selbst­mit­tei­lung Got­tes“ (Rah­ner), der aprio­ri­schen Offen­ba­rung Woj­ty­las oder des berg­o­glia­ni­schen Ver­ständ­nis­ses der natür­li­chen Mensch­lich­keit begrif­fen wird, die mit der Got­tes­kind­schaft ein­fach­hin iden­tisch sein soll.

Jor­ge Berg­o­glio benö­tigt für sein Modell der uni­ver­sa­len natür­li­chen Geschwi­ster­lich­keit den Chri­stus über­haupt nicht mehr. Und tat­säch­lich ist das mei­nes Erach­tens die gehei­me Flucht­li­nie der gesam­ten De-Zäsu­ra­li­sie­rungs­tra­di­ti­on. Berg­o­glio bringt es auf den Punkt: Wen­det man sich von der klas­si­schen kirch­li­chen Posi­ti­on mit deren schrof­fen Zumu­tun­gen ab und ver­legt sich auf die Erar­bei­tung har­mo­ni­sie­ren­der Syn­the­sen, kann man es gleich so machen wie Jor­ge Berg­o­glio. Man redu­zie­re doch ein­fach die christ­li­che Rede auf eini­ge simp­le schöp­fungs­theo­lo­gi­sche Aus­sa­gen und damit die Chri­sto­lo­gie auf eine blo­ße Jesu­lo­gie, in der der Jesus der Zärt­lich­keit sicht­bar macht, was ohne­hin bereits der Fall ist, dass näm­lich „alle, alle, alle“ immer schon von Gott bedin­gungs­los ange­nom­men sind. Gott liebt dich, und er geht alle Wege mit. Alle Wege – sei­en sie bud­dhi­sti­scher, hin­du­isti­scher, ama­zo­nisch-mytho­lo­gi­scher, isla­mi­scher, christ­li­cher oder sogar rein säku­la­rer Art – sind glei­cher­ma­ßen Wege des Heils, weil sie von dem iden­ti­schen Zen­trum der aprio­ri­schen uni­ver­sa­len Got­tes­kind­schaft aus­ge­hen und zu ihm zurück­füh­ren. Die ent­schei­den­de Wahr­heit ist allein die­se Geschwi­ster­lich­keit, und des­we­gen sind die diver­sen reli­giö­sen Tra­di­tio­nen zwar nach des Pap­stes Ein­schät­zung „Reich­tü­mer“, haben aber doch nur sekun­dä­ren Cha­rak­ter. Es ist egal, auf wel­chem kon­kre­ten Weg man geht. Nur einen Weg soll­te man auf kei­nen Fall beschrei­ten, denn der führt ins Unheil. Das ist der Weg der spal­ten­den Indiet­ri­sti, also unser Weg.

*Vigi­li­us, deut­scher Phi­lo­soph und Blog­ger: www.einsprueche.substack. com

Bild: Youtube/​Das Video vom Papst


1 Hen­ri Kar­di­nal de Lubac, Zwan­zig Jah­re danach. Ein Gespräch über Buch­sta­be und Geist des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils, Mün­chen 1985

2 Mar­tin Heid­eg­ger, die onto-theo­lo­gi­sche Ver­fas­sung der Meta­phy­sik, in: Iden­ti­tät und Dif­fe­renz, GA Bd. 11, Frank­furt am Main 2006, 77

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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1 Kommentar

  1. Die Zeit der Schwär­me­rei und des welt­li­chen Phi­lo­so­phie­rens und Theo­lo­gi­sie­rens ist vorbei. 

    Die Zeit der Unkennt­nis über das Über­na­tür­li­che ist vor­bei. Des­halb 1 Petrus 1. Petrus sagt, die Pro­phe­ten haben eine Zeit vor­aus­ge­kün­digt, in der die leben wür­den, die ein ganz neu­es Niveau im Glau­ben haben wer­den. Dafür haben sie geschrie­ben. Auch die Apo­stel haben für die­se Zeit geschrie­ben. Sie wuß­ten auch um die dunk­len Jah­re, die dazwi­schen lie­gen würden. 

    Das welt­li­che philosophieren/​theologisieren ist ent­stan­den aus einer Not. Die hell­se­he­ri­sche Wahr­neh­mung des­sen, was wir glau­ben, war etwa mit Ende des Mit­tel­al­ters ver­lo­ren gegan­gen. Was bis­her klar wahr­nehm­ba­re Rea­li­tät war, die Trans­sub­sta­ti­on am Altar, alles, was die Dimen­si­on einer Wir­kung hat­te, ist damals aus der Wahr­neh­mung der Men­schen ver­schwun­den. Dimen­si­on einer Wir­kung heißt, dem Teil­neh­mer am Got­tes­dienst geht es nach­her anders, weil ein imma­te­ri­el­ler Pro­zess an ihm voll­zo­gen wur­de. Der Tief­punkt der Spi­ri­tua­li­tät des Men­schen war etwa um 1900. Das Feh­len des direk­ten Zugangs mach­te den rein den­ke­ri­schen Zugang zum Glau­ben der­zeit ersatz­los. Kon­zep­te muß­ten die lan­ge Zeit des spi­ri­tu­el­len Schla­fes des Men­schen über­brücken. Seit­her geht es wie­der lang­sam los mit der Spiritualität. 

    Es war immer eini­gen weni­gen Men­schen bekannt, dass es wie­der los­ge­hen wür­de. Die Mensch­heit wuß­te von nichts, nur ein­zel­ne wuß­ten zu ver­schie­de­nen Zei­ten Bescheid. Man kann sogar sagen, es ist genau die letz­te Jahr­wo­che vor der Wie­der­kunft des Herrn, in der der Mensch zurück­kommt in die Rea­li­tät des Glau­bens, die über­haupt nicht mehr an theo­lo­gi­sche Kon­zep­te gebun­den ist. Was braucht der Mensch Kon­zep­te, wenn er freu­dig und erfüllt ist? Kon­zep­te sind Metho­den, die eige­ne Unzu­läng­lich­keit zu überbrücken. 

    Die Lit­ur­gie ist zurück. In dem Moment, wo die Men­schen wie­der Zugang zu dem haben, was mit ihnen im Got­tes­dienst pas­siert und wie es pas­siert. Eine Theo­lo­gie über die Lit­ur­gie ist dann qua­si über­flüs­sig. Der plötz­li­che Zuspruch des alten triden­ti­ni­schen Ritus liegt nicht an päpst­li­chen Ver­laut­ba­run­gen, der Pius­bru­der­schaft oder an Erz­bi­schof Vig­a­no. Es liegt ein­zig dar­an, daß got­tes­fürch­ti­ge Men­schen im Got­tes­dienst wie­der ein Erle­ben haben. Sie neh­men einen Wir­kungs­un­ter­schied wahr, wäh­rend sie sich im Got­tes­dienst auf eine höhe­re gei­sti­ge und see­li­sche Stu­fe erhe­ben. Es pas­siert in der Mes­se stu­fen­wei­se. Im alten Ritus ist die Wir­kung quan­ti­ta­tiv stär­ker und auch qua­li­ta­tiv etwas ver­schie­den. Im neu­en Ritus fehlt ver­gleichs­wei­se etwas an Inten­si­tät oder es ist erst gar nicht da. 

    Wo auf christ­li­chen Inter­net­sei­ten noch vor fünf Jah­ren Dis­kus­sio­nen und Dis­pu­te vor­herrsch­ten, gibt es jetzt eine neue Kohä­renz in den Mei­nun­gen. Alle, die echt Glau­ben, ver­tre­ten die glei­chen Über­zeu­gun­gen. Das liegt dar­an, daß Wahr­heit nicht mehr ein Kon­zept ist. Wahr­heit wird nicht mehr in Gedan­ken­gän­gen und Schluss­fol­ge­run­gen gefun­den. Wahr­heit ist auch nicht mehr vom aktu­el­len Gefühls­zu­stand abhän­gig. Wahr­heit ist für dem gläu­bi­gen Men­schen eine Rea­li­tät gewor­den, die man weiß. Der man unver­rück­bar gegenübersteht. 

    Man kann sogar sagen, das Chri­sten­tum mach­te etwas ähn­li­ches durch, was den Juden seit dem letz­ten Pro­phe­ten Mala­chi­as pas­siert ist. Es gab kei­nen Pro­phe­ten mehr. Eli­as kam nicht. Der 2. Tem­pel wur­de zer­stört. Statt dem hohen Dienst im zen­tra­len Tem­pel in Jeru­sa­lem wur­den die Jahr­hun­der­te mit Syn­ago­gen­got­tes­dien­sten über­brückt. Auch das Sprich­wort 2‑Ju­den-3-Mei­nun­gen zeigt das Dilem­ma des Theo­lo­gi­sie­rens in einer Zeit wo der direk­te Zugang zm Glau­ben fehlt. Es fehlt die direk­te Wahr­neh­mung. Und gera­de in den letz­ten Mona­ten gibt es im Juden­tum ein uner­klär­ba­res Zuneh­men der Über­zeu­gung: Der Moshiach ist irgend­wo schon da. Vie­le Juden spü­ren das und spre­chen öffent­lich über ihr Gespür. Ein sagen­haf­tes Glücks­ge­fühl, das viel­leicht sogar wesens­gleich ist mit der umfas­sen­den Lie­be, die Chri­sten im Aus­ge­rich­tet­sein auf Chri­stus ver­spü­ren. Es ist wich­tig, zu wis­sen, daß der geleb­te und erleb­te Glau­be nicht auf eine Reli­gi­on beschränkt ist. 

    Auch das Juden­tum lebt in der Zeit der letz­ten 7‑Jahrwoche wie­der auf. Zum Bir­kat Koh­anim an der Tem­pel­mau­er kom­men wie­der Tau­sen­de zwei­mal im Jahr. Und die Koha­nin, die Prie­ster aus Abstam­mung von Aaron, spen­den dort wie­der den Segen. Wenn die Koha­nin den Segen spen­den, sind sie mit einem Schlei­er ver­deckt, der ande­re vor ihrem inne­ren Glanz schüt­zen soll. Ganz in der Tra­di­ti­on von Aaron und Mose, die soviel Glanz hat­ten, daß die ande­ren Men­schen es nicht aus­hal­ten konn­ten. Wir kön­nen an dar­an erken­nen, wie stark damals Wir­kung war, oder wie stark die Men­schen sie in sich gespürt haben. Das Alter­tum war reich an Spi­ri­tua­li­tät. Es bedurf­te noch kei­ner Phi­lo­so­phie, die erst im klas­si­schen Grie­chend­land begann.

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