Affenpocken, absurder Alarm, aber sie versuchen es wieder

Realer und virtueller Gesundheitsnotstand


Der neue "Gesundheitsnotstand" der WHO mit einer virtuellen Krankheit, so der Epidemiologe Paolo Gulisano
Der neue "Gesundheitsnotstand" der WHO mit einer virtuellen Krankheit, so der Epidemiologe Paolo Gulisano

Die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) hat wegen eines sel­te­nen, fast aus­schließ­lich in Afri­ka ver­brei­te­ten Virus einen glo­ba­len Gesund­heits­not­stand aus­ge­ru­fen. Und es brauch­te nur einen ein­zi­gen Fall in Schwe­den, um die media­le Panik­ma­che in Gang zu set­zen, die schon bei Covid zu beob­ach­ten war. Und natür­lich ist dage­gen bereits ein Impf­stoff fer­tig, mit einer inter­es­san­ten Vorgeschichte…

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Über die aktu­el­le Situa­ti­on klärt der Arzt Pao­lo Guli­sa­no auf, der auf Hygie­ne, Epi­de­mio­lo­gie und Prä­ven­tiv­me­di­zin spe­zia­li­siert ist. Guli­sa­no, auch Exper­te für Medi­zin­ge­schich­te, erzählt die „inter­es­san­te Vor­ge­schich­te“.
Neben sei­nem Beruf als Arzt übt er seit vie­len Jah­ren eine rege Publi­ka­ti­ons­tä­tig­keit aus und arbei­tet seit deren Anfän­gen mit der Inter­net-Tages­zei­tung La Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na sowie mit ande­ren Medi­en zusam­men. Guli­sa­no ist Autor von über 40 Büchern zu histo­ri­schen, bio­gra­phi­schen, reli­giö­sen und lite­ra­ri­schen The­men. Er gehört auch zu den füh­ren­den Ken­nern der soge­nann­ten phan­ta­sti­schen Lite­ra­tur und gab meh­re­re Bücher über Tol­ki­en, Che­ster­ton, Lewis und New­man heraus.

Guli­sa­no ver­weist in einem NBQ-Kom­men­tar auf eine in den ver­gan­ge­nen Tagen von der WHO in Genf aus­ge­hen­de neue Panik­ma­che. Es han­delt sich nicht, wie zu erwar­ten wäre, um einen Alarm, der sich auf die expo­nen­ti­el­le Zunah­me bös­ar­ti­ger und aggres­si­ver Tumo­re bezieht, die in letz­ter Zeit bei immer jün­ge­ren Men­schen zu beob­ach­ten ist, und auch nicht um einen Alarm, der sich auf die jüng­ste Zunah­me von Auto­im­mun­erkran­kun­gen oder Poly­neu­ro­pa­thien mit unbe­kann­ten Dia­gno­sen bezieht.

„Der neue Alarm, laut WHO ein welt­wei­ter, betrifft die Affen­pocken, die mit der Epi­de­mie zusam­men­hän­gen, die in den letz­ten Mona­ten in der Demo­kra­ti­schen Repu­blik Kon­go aus­ge­bro­chen ist. WHO-Gene­ral­di­rek­tor Tedros Adha­nom Ghe­brey­esus erklär­te, daß die Besorg­nis mit dem Aus­maß der Epi­de­mie selbst und der raschen Aus­brei­tung des neu­en Erre­ger­stam­mes in die Nach­bar­län­der zusam­men­hängt. Aus die­sem Grund hat die WHO beschlos­sen, einen inter­na­tio­na­len Gesund­heits­not­stand auszurufen.“

Als dann in den ver­gan­ge­nen Tagen die schwe­di­sche Gesund­heits­be­hör­de bekannt­gab, daß sie den ersten Fall der Cla­de1-Vari­an­te der Affen­pocken (mpox) außer­halb Afri­kas regi­striert hat, stürm­ten, so Guli­sa­no, die panik­ma­chen­den Berich­te in Main­stream-Medi­en in die Höhe wie 100-Meter-Fina­li­sten bei der Olympiade.

„Wir befin­den uns also in einem sur­rea­len Kli­ma, einer regel­rech­ten Medi­en­bla­se über die­se Krank­heit, die nur eine von Hun­der­ten bestehen­der Zoo­no­sen ist, d. h. Krank­hei­ten, die von Tie­ren auf Men­schen über­tra­gen wer­den. Unglaub­lich, daß sie zu einem neu­en Gesund­heits­not­fall wird. Unglaub­lich, weil es viel ern­ste­re und weit ver­brei­te­te Infek­ti­ons­krank­hei­ten gibt. Hepa­ti­tis C und Tuber­ku­lo­se ver­ur­sa­chen jedes Jahr welt­weit ein­ein­halb Mil­lio­nen Todes­fäl­le. Und das sind Krank­hei­ten, gegen die es kei­nen Impf­stoff gibt.“

Affen­pocken sei­en, so der Epi­de­mio­lo­ge und Medi­zin­hi­sto­ri­ker, eine sehr sel­te­ne Krank­heit, die beim Men­schen Fie­ber, Kopf­schmer­zen, Mus­kel­schmer­zen und Schwä­che ver­ur­sacht. Die­se Sym­pto­me ähneln denen einer Grip­pe oder der neue­sten Vari­an­te von Covid.

„Den­noch wird von einem Not­fall gespro­chen, von einer dro­hen­den Gefahr, von der näch­sten Pan­de­mie. Die ‚Exper­ten‘ sind wie­der da, um sich Gehör zu ver­schaf­fen, wobei sie von den selbst­ge­fäl­li­gen Medi­en über­pro­por­tio­nal ver­stärkt wer­den. Wie­der ein­mal wer­den emo­tio­na­le Ele­men­te ange­spro­chen: Wir müs­sen uns zuerst um die Schwa­chen und die Kin­der küm­mern. Es sind die­sel­ben Argu­men­te, die man schon bei Covid immer wie­der gese­hen hat, die aber pro­blem­los wie­der­ver­wen­det wer­den, weil man offen­sicht­lich auf eine ‚sen­si­bi­li­sier­te‘ öffent­li­che Mei­nung ver­traut. Das Pro­to­koll ist immer das­sel­be: Angst schü­ren, den ‚Feind vor den Toren‘ über jede epi­de­mio­lo­gi­sche Rea­li­tät stel­len und dann die Erwar­tung und For­de­rung nach einer Lösung des Pro­blems wecken. Doch die­ses Mal wird die ‚Befrei­ung vom Bösen‘ nicht lan­ge auf sich war­ten las­sen. Im Sep­tem­ber 2019, drei Mona­te vor dem Auf­tau­chen von Covid-19, hat die FDA, die US-ame­ri­ka­ni­sche Zulas­sungs­be­hör­de für Arz­nei­mit­tel, einen Impf­stoff gegen Pocken und Affen­pocken zugelassen.“

Die mensch­li­chen Pocken, so Guli­sa­no, waren 1980 von der WHO offi­zi­ell für aus­ge­rot­tet erklärt wor­den. „War­um ver­spür­te die Phar­ma­in­du­strie im Jahr 2019, vier­zig Jah­re nach dem Ver­schwin­den die­ser Krank­heit, das drin­gen­de Bedürf­nis, ein sol­ches Prä­pa­rat zu ent­wickeln, anstatt ihre Anstren­gun­gen weni­ger vir­tu­el­len Krank­hei­ten wie Hepa­ti­tis C, Tuber­ku­lo­se, Mala­ria oder ande­ren zu wid­men? Die Begrün­dung der FDA lau­te­te: ‚Als Ergeb­nis des Glo­ba­len Pocken­aus­rot­tungs­pro­gramms beschei­nig­te die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on im Jahr 1980 die Aus­rot­tung der natür­li­chen Krank­heit Pocken. Die rou­ti­ne­mä­ßi­ge Imp­fung der US-Bevöl­ke­rung wur­de 1972 ein­ge­stellt, nach­dem die Krank­heit in den USA aus­ge­rot­tet wor­den war, sodaß ein gro­ßer Pro­zent­satz der US-Bevöl­ke­rung wie auch der Welt­be­völ­ke­rung kei­ne Immu­ni­tät besitzt‘, sag­te Peter Marks, Direk­tor des FDA-Zen­trums für die Bewer­tung und Erfor­schung bio­lo­gi­scher Arz­nei­mit­tel. ‚Obwohl die natür­li­che Pocke­n­erkran­kung kei­ne glo­ba­le Bedro­hung mehr dar­stellt, könn­te die absicht­li­che Ver­brei­tung die­ses hoch­an­stecken­den Virus ver­hee­ren­de Aus­wir­kun­gen haben. Die heu­ti­ge Geneh­mi­gung spie­gelt das Enga­ge­ment der US-Regie­rung für die Bereit­schaft wider, die Ent­wick­lung siche­rer und wirk­sa­mer Impf­stof­fe, The­ra­pien und ande­rer medi­zi­ni­scher Gegen­maß­nah­men zu unter­stüt­zen.‘
Kurz gesagt, es wur­de ein Impf­stoff für eine aus­ge­stor­be­ne Krank­heit ent­wickelt, der theo­re­tisch nur dazu dient, die Bevöl­ke­rung im Fal­le einer ‚absicht­li­chen Aus­brei­tung‘, d. h. einer bio­lo­gi­schen Kriegs­füh­rung, zu schützen.“

Die Rede ist dabei natür­lich von den mensch­li­chen Pocken, aber inzwi­schen könn­ten auch die Affen­pocken für die Stra­te­gie des Ter­rors durch Mikro­or­ga­nis­men nütz­lich sein.

„Unter­des­sen hebt Bava­ri­an Nor­dic, der ein­zi­ge Her­stel­ler des Imvanex-Impf­stoffs gegen Affen­pocken, an der Bör­se ab. Die Akti­en des däni­schen Unter­neh­mens, das an der Nasdaq in Kopen­ha­gen notiert ist, sind seit Diens­tag, dem 13. August, um 50 Pro­zent gestie­gen. Am 16. August wur­de bei der Euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­agen­tur (EMA) ein Antrag auf Aus­wei­tung der Zulas­sung des Impf­stoffs auf Kin­der unter 18 Jah­ren ein­ge­reicht. Wol­len wir Kin­dern den lebens­ret­ten­den Impf­stoff vor­ent­hal­ten? Nie­mals, lau­tet die Ant­wort. Bava­ri­an Nor­dic hat sich bereit erklärt, bis zu 10 Mil­lio­nen Dosen des Impf­stoffs bis 2025 zu pro­du­zie­ren. Für wen sind sie bestimmt: für Afri­ka oder für die Euro­pä­er, die durch eine vir­tu­el­le Epi­de­mie ver­äng­stigt werden?“

Der hei­li­ge Pius XI., so Guli­sa­no, pfleg­te zu sagen, daß schlecht den­ken eine Sün­de ist, aber man damit gut errät. War­um wird die­ser Gesund­heits­not­stand für ein Virus geschaf­fen, das nur durch direk­ten Kon­takt mit Kör­per­flüs­sig­kei­ten über­tra­gen wer­den kann und eine weit­aus gerin­ge­re Aus­brei­tungs­ka­pa­zi­tät hat als Viren, die über die Luft über­tra­gen wer­den? Und war­um welt­weit? Es hand­le sich, so der Epi­de­mio­lo­ge, sicher­lich um eine nicht zu unter­schät­zen­de epi­de­mio­lo­gi­sche Situa­ti­on, aller­dings auf der Ebe­ne einer afri­ka­ni­schen Region.

„Auch wenn die Affen­pocken eben­so wie das Den­gue-Fie­ber, das in west­li­chen Staa­ten wie Ita­li­en seit Mona­ten eine lan­ge Rei­he von Fehl­alar­men aus­löst, lei­der nicht für inter­na­tio­na­le Mas­sen­ope­ra­tio­nen wie die von Covid geeig­net zu sein schei­nen, so ist der Bereich der Epi­de­mien doch einer der weni­gen, in denen die staat­li­che Gewalt struk­tu­rell auch in demo­kra­ti­schen Syste­men legi­ti­miert sind, im Namen des „Gemein­wohls“, des „best inte­rest“ – Begrif­fe, mit denen Mani­pu­la­tio­nen der Wahr­heit und des­po­ti­sche Auf­er­le­gun­gen gerecht­fer­tigt wur­den –, die Rech­te des ein­zel­nen außer Kraft zu set­zen oder zu beschneiden.

Bei die­sem Spiel geht es natür­lich nicht nur um die mög­li­chen wirt­schaft­li­chen Gewin­ne, son­dern auch um eine bestimm­te Sicht­wei­se von Gesund­heit und Medizin.

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: La Nuo­va Bus­so­la Quotidiana

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