Die liberale schwedische Tageszeitung Göteborgs-Posten berichtete am 28. Juli erstaunt, daß die katholische Kirche im lutherischen und liberalen Schweden wächst.
Im Gegensatz zum Trend im westlichen Europa wächst die katholische Kirche ausgerechnet im liberalen Schweden, in dem die evangelisch-lutherische Kirche bis vor kurzem Staatskirche war.
Schweden wurde von Bremen aus missioniert. Der heilige Ansgar begab sich auf Wunsch schwedischer Christen, die sich an Kaiser Ludwig den Frommen gewandt hatten, im Jahr 830 nach Skandinavien. 1060 wurde in Lund die erste Diözese errichtet, die 1104 zum Metropolitansitz wurde, wodurch der Prozeß zur Herausbildung einer eigenen Ortskirche vollendet wurde.
König Gustav I. (ab 1521 Regent, 1523–1560 König) nützte die Reformation, um die Vasa-Dynastie an die Macht zu bringen. Zur Absicherung seines Königtums verwies er den Erzbischof von Uppsala, der im schwedischen Reich die Funktion eines Kanzler ausübte, des Landes und wollte vom Papst die Einsetzung eines neuen, dem König genehmen Erzbischofs. Der Papst wollte jedoch den Grund für die Ausweisung wissen. Da diese politisch motiviert war, akzeptierte sie der Papst nicht und forderte die Wiedereinsetzung des rechtmäßigen Erzbischofs, was Gustav I. ablehnte. So hatte Uppsala mehrere Jahre de facto keinen Erzbischof, der sein Amt ausüben konnte, bis Gustav I. 1531 eigenmächtig seinen Kandidaten einsetzte und damit nach englischem Vorbild den Bruch mit Rom vollzog. Bereits 1527 hatte Gustav I. den gesamten Kirchenbesitz enteignet. So wurde Schweden lutherisch.
Die evangelisch-lutherische Kirche wurde zur Staatskirche erhoben und Gustav I. ließ sich vom schwedischen Parlament als selbsternanntes Oberhaupt der neuen Kirche anerkennen.
Die katholische Kirche aber wurde für illegal erklärt, jede katholische Aktivität verboten und die Bekehrung zum katholischen Glauben mit dem Verlust der bürgerlichen Rechte und der Ausweisung aus dem Land bestraft. Die katholischen Bestrebungen dauerten dennoch fort, da Schweden wieder zur katholischen Kirche konvertieren wollten und Priester entsandt wurden, um den verbliebenen Untergrundkatholiken geheim die Sakramente zu spenden. Der Jesuitenorden bildete in einem eigenen Kolleg im österreichischen Linz Priester für die lebensgefährliche Mission in Skandinavien aus, dem sogenannten Nordico (Nordisches Kolleg). Dort wurden junge Männer, die selbst aus Skandinavien stammten und katholisch wurden, zu Priestern ausgebildet und auf ihr schwieriges Wirken in ihrer Heimat vorbereitet.
1617 führte das lutherische Schweden deshalb die Todesstrafe für schwedische Katholiken ein. Nur Ausländer blieben von der Kapitalstrafe verschont.
Erst 1781 durften zumindest ausländische Katholiken wieder ihren Glauben praktizieren. Erst 1860 wurde die Kultfreiheit auch den schwedischen Untergrundkatholiken gewährt. Erst 1953 durfte, nach über 400 Jahren, mit dem Bistum Stockholm eine katholische Hierarchie wiedererrichtet werden.
Während in der kollektiven Wahrnehmung die katholische Kirche als angeblich „Schuldige“ an allerlei Schrecken verankert ist, wird die protestantische Verfolgung der katholischen Kirche meist ausgeblendet. Sie existiert gar nicht. Die menschliche Wahrnehmung ist manipulierbar durch jene, die den nötigen meinungsmachenden Einfluß besitzen. So werden die einen reingewaschen und die anderen angeschwärzt.
Erst seit 1953 existiert wieder ein schwedisches Bistum
Bischof von Stockholm ist seit 1998 der Karmelit Anders Arborelius, den Papst Franziskus 2017 als ersten Schweden überhaupt zum Kardinal kreierte.
Da es in ganz Schweden nur einen Bischof gibt, gehört Kardinal Arborelius der Nordischen Bischofskonferenz an, in der die Bischöfe der skandinavischen Länder zusammengeschlossen sind.
In den vergangenen zehn Jahren wuchs die katholische Kirche in Schweden um mehr als 20.000 Gläubige auf nunmehr 130.000 Katholiken, so die Göteborgs-Posten in einem langen Artikel, der inzwischen auch auf der Internetseite der Diözese Stockholm veröffentlicht wurde. Dabei wird die Dynamik der schwedischen Kirche jener der deutschen Kirche entgegengesetzt, die stark rückläufig ist. Anfang August wurde gemeldet, daß 2023 weitere 400.000 deutsche Katholiken aus der Kirche ausgetreten sind. Während die Kirche im deutschen Sprachraum schrumpft und damit auch auf ökonomischer Ebene und bei den Infrastrukturen abbaut, zeigt die Entwicklung in Schweden eine andere Richtung. Die dortige Ortskirche wächst sowohl durch Zuwanderung als auch durch Konversionen. Waren es in früheren Jahren vor allem erwachsene Lutheraner, die sich zum katholischen Glauben bekehrten, sind es heute vor allem jungen Menschen, die sehr oft keinen religiösen Hintergrund mehr haben. Kardinal Arborelius selbst gehört zum Kreis dieser schwedischen Konvertiten.
So nimmt auch der Bedarf an Räumlichkeiten zu. Die Zahl der Meßorte wächst.
Die Göteborgs-Posten ist nicht das erste schwedische Medium, das sich mit der katholischen Kirche des Landes und ihrem Bischof befaßt. Der Anstoß dazu kam aus Frankreich, wo die führende Tageszeitung Le Figaro vor einigen Monaten in einem Artikel Kardinal Anders Arborelius als möglichen Nachfolger von Papst Franziskus nannte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Radio Vatican (Screenshot)
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