
Ein liturgischer Kommentar von Don Michael Gurtner*
Einen besonders schwerwiegenden Eingriff der Liturgiereform stellen die Gabengebete dar. Die einstigen Opfergebete wurden dabei nicht geändert, sondern vollkommen abgeschafft und durch völlig neue Gebete, eben die sogenannten Gabengebete ersetzt, welche auch inhaltlich eine vollkommene Neuausrichtung erfahren haben. Freilich hat sich die gesamte Opferung nach Wort und Ritus geändert, wozu es viel zu sagen gäbe. In diesem Beitrag wollen wir uns jedoch vorerst auf einen ganz bestimmten Aspekt der Opfer- bzw. Gabengebete beschränken
Die theologische Tragweite der vorgenommenen Akzentverschiebung wird uns in ihrem Ausmaß erst bewußt, wenn wir einen Blick in das Buch Genesis, viertes Kapitel, werfen, in welchem es um die Opfer von Kain und Abel geht.
Der Unterschied der Opfer von Kain und Abel
Kain war der Erstgeborene und wurde Ackerbauer, sein jüngerer Bruder Abel hingegen Viehhirt. Beide brachten dem Herrn ein Opfer dar, jeder aus seinem Werkbereich: Kain „von den Früchten der Erde“ (Gen 4,3), Abel hingegen brachte dem Herrn gleichfalls ein Opfer dar, „von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fette“ (Gen 4,4).
Dieser Hinweis, daß Abel die Erstlingsgabe darbrachte, Kain jedoch nicht die Erstlingsfrucht, sondern lediglich „etwas von den Früchten der Erde“ ist keinesfalls nebensächlich oder belanglos, sondern steht in Zusammenhang mit den nachfolgenden Versen. Denn die Erstlingsgabe steht für zwei Dinge. Sie steht zunächst einmal für das Ganze: Indem das Erste Gott gegeben wird (und nicht einfach irgendein Teil), wird Gott zumindest symbolisch auch das Ganze dargebracht. Freilich darf auch der Mensch seinen Teil haben und für sich zurückbehalten, sogar den weitaus größeren Teil, denn es ist ja auch eine Gottesgabe an ihn und für ihn gedacht, aber indem er ihm einen ganz bestimmten Teil opfert, nämlich den ersten, sagt er aus: Eigentlich gebe ich Gott das Ganze, und antwortet damit im Rahmen des ihm Möglichen seinerseits mit derselben Großgiebigkeit auf die Großgiebigkeit Gottes, die zuvor an ihn ergangen ist. Alles habe ich real empfangen, deshalb gebe ich auch alles, zumindest ideell, wenn es mir schon nicht real möglich ist. Was Gott real möglich ist, tut der Mensch zumindest ideell. Damit ist auch schon die zweite Implikation angedeutet: Die Darbringung des ersten Teiles (und nicht einfach eines Teiles) ist auch eine Anerkennung des Menschen, daß alles in seiner Gesamtheit letztlich von Gott kommt und ihm allein zu verdanken ist. Somit ergeben sich aus der Erstlingsgabe zwei wichtige Implikationen: Alles, was wir haben, kommt ganz und ausschließlich von Gott, und ebenso wie er uns alles schenkt, wollen auch wir ihm alles opfern und geben, zumindest ideell.
In Abel ist diese Haltung also vorhanden, in Kain fehlt sie. Deshalb sieht Gott auch mit Wohlgefallen auf das Opfer des zweitgeborenen Abel und nimmt es an, aber nicht auf jenes von Kain. Indem Abel Gott das Erste gab, hat er in sein Opfer nämlich das mit hineingelegt, was Gott am allermeisten gefällt: Glaube. Der Apostel Paulus bestätigt dies, wenn er in seinem Hebräerbrief sagt: „Durch Glauben brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain… Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen“ (Heb 11,4.6).
Auch die zahlreichen Kritiken an den Opfern, die wir im Alten Testament häufig finden und die davon sprechen, daß Gott diese Opfer nicht annimmt, besagen nicht, daß Gott an sich keine Opfer will, sondern daß sie nicht mit der rechten, gläubigen Gesinnung der Ganz- und Vollhingabe vollzogen wurden – und solche Opfer sind Gott ein Greuel, er nimmt sie nicht an und verachtet sie (vgl. z.B.: Hos 6,6; 9,4 Ps 50, 18f., Spr 21,3.27; Jes 1,11ff.; 6,20; 1Sam 15,22; Am 5,22; Ps 39,7; etc.).
Kain ist autoreferentiell
Kain ist letztlich lau gegenüber Gott, er tut sich schwer damit, ihn vollkommen anzuerkennen und zu akzeptieren, worin sich die Urschuld seines leiblichen Vaters Adam als Kains persönliche Schuld fortsetzt: Auch Adam war der Versuchung der Paradiesesschlange erlegen, mit Gott in Konkurrenz zu treten und „wie Götter zu sein“ (Gen 3,5). Kains Opfergesinnung ist nicht jene des Abel, Gott von dem zu opfern, was er von Gott erhalten hat, sondern indem er nicht die Erstlingsfrucht opfert, sondern lediglich „von den Früchten der Erde“, entzieht er gleichsam Gott sein Eigentum, macht es zu seinem eigenen Werk und opfert Gott das, was er sein Eigen wähnt, was er selbst hervorgebracht hat, gleichsam „wie ein Gott“ – er erkennt nicht an, daß es nicht „seine Frucht“ ist, sondern allein die Frucht Gottes bleibt, die er von ihm erhalten hat.
Diese autoreferentielle Haltung des Kain ist eine verfestigte, sie findet sich nochmals wieder: Kains Frau gebar ihm einen Sohn und er nannte ihn Henoch. Und Kain „baute eine Stadt und nannte sie nach dem Namen seines Sohnes, Henoch“ (Gen 4,17). Er nannte die (erste) Stadt also nicht nach etwas, das sich auf Gott bezog, sondern nach seiner eigenen Lendenfrucht – nach etwas von ihm, anstatt sich auf Gott zu beziehen, was ohne Zweifel angemessener gewesen wäre, erst recht, wenn man Kains vorangegangene Verfehlung betrachtet. Das „Ich“ des Kain stellt er abermals deutlich in den Vordergrund und verpaßt so deutlich die Gelegenheit zur Verbesserung seines Fehlers vor Gott.
Es gibt natürliche Erkenntnisse im Menschen
Nun könnte man zu Kains Verteidigung einwenden, er hätte es nicht besser wissen können, da die verschiedenen Opferregelungen erst später verschriftlicht wurden. Doch gilt dieser Einwand nicht, da es auch eine Art „natürliche Erkenntnis der Dinge“ gibt, welche im Menschen als solchem von der Schöpfung Gottes her angelegt ist. Auch das Tötungsverbot von Unschuldigen beispielsweise wurde erst später direkt geoffenbart, ebenso wie das Gebot, Gott (und nur ihn!) zu verehren. Mit derselben Argumentation könnte man beispielsweise Kain auch von seinem Brudermord freisprechen: Er konnte doch nicht wissen, daß die Tötung ein Sündenfrevel ist, kam Moses doch erst wesentlich später. Und dennoch bestraft ihn Gott, denn es handelt sich um ein dem Menschen eingeborenes (Ge-)Wissen. Ebenso erkannten beide, daß es inwendig richtig und gebührlich ist, Gott ein Opfer darzubringen: Kain und Abel brachten beide eines dar. Doch genügt Gott der rein formale Akt des Opferns nicht, es muß äußerer Ausdruck der rechten Opfergesinnung sein, damit es ihm wohlgefällt und er es annimmt. Denn auch das Wissen darum, wie das Opfer sein muß, damit es recht sein kann, ist eine natürliche Erkenntnis, die dem Menschen eingegeben ist. Das wird einerseits dadurch deutlich, daß Abel diese Erkenntnis offenbar hatte, und bestätigt sich zusätzlich durch die Annahme bzw. die Nichtannahme Gottes.
Die Opferung in der Hl. Messe ist ein Voropfer und entspricht dem Alten Testament
Die vielen Opfer des Alten Testamentes nehmen das eigentliche, einzig wahre und wirksame Opfer vorweg, welches das Kreuzesopfer des „Lammes Gottes“ ist – Jesu Christi, des Heilands.
In dieser Perspektive der uneigentlichen Vorwegnahme des eigentlichen Opfers ist auch die Opferung von Brot und Wein in der Heiligen Messe zu sehen: Sie ist ein Voropfer, dadurch auch eine Aussonderung, welche auf eine uneigentliche und vorläufige Weise das Eigentliche andeutet, das sich sogleich real vollziehen wird. Sie steht gleichsam noch im Alten Testament, das durch Christus in den neuen und ewigen Bund übergeleitet wird, auf den sie bereits hinzielt. Deshalb gibt es auch hier die Unterscheidung in Gott wohlgefällig oder nicht. Die Kriterien sind in ihrem innersten Kerne dieselben: Es gibt auch hier ein Richtig und ein Falsch, es genügt nicht, wie Kain einfach „irgendwas für den lieben Gott zu machen“, sondern auch an sie ergeht der Anspruch der Erstlingsgabe: Sie muß ganz, und ganz auf Gott bezogen sein, um Gott wohlgefällig sein zu können.
Das Problem der Gabengebete
Und genau darin tritt das Problem der Gabengebete des neuen Ritus der Heiligen Messe zu Tage.
Die alten Opfergebete lauten verdolmetscht:
„Nimm an, heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott, diese makellose Opfergabe, die ich, Dein unwürdiger Diener, Dir, meinem lebendigen und wahren Gott, darbringe für meine unzähligen Sünden, Fehler und Nachlässigkeiten, für alle Umstehenden und auch für alle lebenden und verstorbenen Christgläubigen, damit sie mir und ihnen zum Heil gereiche, zum ewigen Leben.“
Die „makellose Opfergabe“ ist die Opfergabe des Alten Testamentes. Sie ist ein Rückgriff auf die Opfergabe wie jene Erstlingsgabe des Abel, die makellos sein muß (vgl. Dtn 15,21). (Deshalb kontrolliert der Priester auch, bevor er zur Darbringung des eucharistischen Opfers schreitet und den Kelch in der Sakristei bereitet, die große Opferhostie noch einmal auf Bruchstellen und Ausbrüche, bevor er sie auf die Patene legt und verhüllt!).
Die Hostie, in ihrer rein materiellen Eigenschaft, ist also eine makellose Erstlingsgabe – sie steht für das Beste, das Ganze und das ganz von Gott her Empfangene. Dies wird später, nach der Wandlung, im Unde et memores nochmals expliziert: Hier wird die eben gewandelte Hostie, und damit das eigentliche Opfer Christi des Neuen Testamentes als Vollendung des „Voropfers“ der alttestamentlichen Opferung von Brot und Wein dargestellt. Der nunmehrige Leib Christi wird mit dem vorher geopferten Brot in Zusammenhang gebracht und gleichsam identifiziert, wenn die Kirche betet:
„… So bringen wir aus den Gaben, die du uns geschenkt hast (de tuis donis, ac datis), dir, dem erhabenen Gott, die reine, heilige und makellose Opfergabe (hostiam puram, hostiam sanctam, hostiam immaculatam) dar: das Brot des Lebens und den Kelch des ewigen Heiles. Blicke versöhnt und gütig darauf nieder und nimm sie an wie einst die Gaben deines gerechten Dieners Abel….“
Das eigentliche und wahre Opfer des Altares kommt also aus den Gaben, die Gott uns geschenkt hat. Es stellt sich in das Erbe des (Erstlings-)Opfers Abels. Ganz von Gott – ganz für ihn.
Die neuen Gabengebete hingegen, welche die alten Opfergebete komplett neu ersetzen, stellen sich mehr in das Kainsopfer, sie begehen seinen selben Fehler, der dazu führte, daß Gott sein Opfer nicht annahm. In ihnen heißt es:
„Gepriesen bist du, Herr unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde.“
Davon abgesehen, daß die deutsche Übersetzung das lateinische offerimus, das korrekt mit „opfern“ zu übersetzen gewesen wäre, sinnentstellend mit „wir bringen vor Dein Angesicht“ wiedergibt, und davon abgesehen, daß das „Brot des Lebens“ kein geeigneter Ausdruck ist, der auf die wirkliche Wesensverwandlung hinweist, und mit dem auch das protestantische Abendmahl gut leben könnte, ist der Hinweis auf die „makellose Opfergabe“ – das Gott wohlgefällige Abelsopfer, das er angenommen hat – völlig getilgt worden. Zwar ist erwähnt, daß das Brot ein Geschenk Gottes ist – aber auch Kain hat dies nicht bestritten und wohl auch so gesehen. Aber dieses „Geschenk Gottes“ wird nun nicht mehr wie das Abelsopfer als „Geschenk allein von Gott“ gedacht, sondern genau wie das Kainsopfer als (irgend-)ein Opfer aus der „Frucht der Erde“ (vgl. Gen 4,3) definiert, das nicht mehr, wie ein Erstlingsopfer und das Gebet aus dem unde et memores, ganz von Gott stammt, sondern es wird, wie Kains Opfer von der „Frucht der Erde“, dieses Aspektes beraubt: Es ist nicht mehr dargestellt als ganz und allein von Gott kommend, sondern so, als würde auch die Erde und der Mensch diese Gaben mitschaffen – „als wäre er wie Götter“ (Gen 3,5). Wie Kain betonen die neuen Gabengebete (selbiges gilt nämlich auch für das Gabengebet des Weines) den eigenen Anteil, als ob Erde und Arbeit nicht ebenso und allein „Gaben Gottes“ wären, und auch diese allein von ihm her kommen. Sie werden nicht mehr als Gottesgaben gesehen, sondern treten gleichsam neben ihn: wie Kain, der auch seiner Erstlingsstatt einen Namen gab, der mehr die Frucht seiner eigenen Lenden betonte, als daß er sie auf Gott bezogen hätte (Gen 4,17).
Dies erinnert stark an die Autoreferentialität des Kain und steht ganz in der Logik der unheilvollen Anthropozentrik, welche die neue Liturgie charakterisiert.
Auch die Änderung der „makellosen Opfergabe“, die sich ganz klar in die Tradition des Gott wohlgefälligen Abelsopfers stellt, in die Formulierung „Frucht der Erde“, die terminologisch ebenso ganz klar das Kainsopfer (Gen 4,3) aufgreift, das Gott nicht angenommen hat, läßt eine Perplexität zurück: Was hat das für einen Sinn oder Gewinn gebracht? Was wollten diejenigen damit bezwecken, auf welche die Gabengebete zurückgehen? Allein schon, um keinen Verdacht und Zweifel aufkommen zu lassen, hätte man gerade diesen Ausdruck unbedingt vermeiden müssen. Es ist wie ein Spiel mit Gift. Irgendwann passiert der Unfall, und es dringt lähmend in das Nervensystem des Glaubens ein. Und wenn wir das allgemeine Liturgie- und Eucharistieverständnis der heutigen Gläubigen, aber auch der Priester, Bischöfe und Kardinäle betrachten, so müssen wir feststellen, daß es schon lange in die Seelen eingedrungen ist und längst dabei ist, den katholischen Glaubenssinn zu lähmen.
Was bedeutet dies nun konkret?
Nun, die allermeisten Priester werden wohl kaum wirklich ein Kainsopfer darbringen wollen. Und die Gläubigen werden auch ihr Opfer nicht mit einem solchen vereinen wollen. Sie sind sich meist wohl nicht einmal dieser Änderung oder dieser unseligen Verschiebung der Perspektive bewußt. Sie sind im guten Glauben und haben wohl nicht wirklich diese Intention, welche die neuen Gabengebete haben. Die meisten wollen durch die (neue) Messe wohl nicht bewußt ein Opfer darbringen, das Gott nicht gefällt und welches er nicht annehmen will. Deshalb wäre es überzogen, zu behaupten, die Messen wären nicht gültig. Solange die allgemeinen Voraussetzungen gewährleistet sind, sind die Sakramente gültig.
Aber es bedeutet, daß der neue Meßritus auch darin mangelhaft und ungeeignet ist. Es bedeutet, daß dies einer der vielen Gründe ist, die alte Messe zu suchen, sie zu verteidigen, sie zu erhalten und sich notfalls auch privat so zu organisieren, daß sie an möglichst vielen Orten, am besten flächendeckend, fortbesteht und immer mehr Katholiken auch eine wirkliche Möglichkeit haben, der „alten Messe“ beizuwohnen. Priester müssen so großzügig wie möglich den Anfragen der Gläubigen nachkommen – aber die Anfragen der Gläubigen müssen auch kommen! Aber nicht nur aus negativen Motivationen, d. h., weil die neue Messe nicht gut genug ist, nicht nur weil sie nicht deutlich genug ist, nicht nur weil sie Mängel und Fehler hat! Sondern aus positiven Gründen: Weil die alte Messe theologisch extrem präzise ist, weil sie in sich gut und richtig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Die alte Messe wird deshalb so bekämpft, weil sie eben nicht nur eine andere Form derselben Sache ist, sondern sie ist Ausdruck einer anderen Theologie, die hinter ihr steht. Ihr Glaube ist letztlich eben doch anders.
*Mag. Don Michael Gurtner ist ein aus Österreich stammender Diözesanpriester, der in der Zeit des öffentlichen (Corona-) Meßverbots diesem widerstanden und sich große Verdienste um den Zugang der Gläubigen zu den Sakramenten erworben hat. Er veröffentlichte hier auch die Kolumne „Zur Lage der Kirche“.
Bild: MiL
Ich möchte alle Mitbrüder zum Pragmatismus aufrufen. Betet diese schrecklichen „Gabengebete“ nicht, sondern das alte Offertorium – und basta!
Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Konzeption der Liturgie nach dem Novus Ordo Papst Pauls VI der (diffusen) Ökumene-Auffassung des II. Vatikanischen Konzils Rechnung trägt.
Oder mit anderen Worten: Die Liturgie nach dem Novus Ordo (= der neuen Messsordnung seit 1969) ist schwerpunktmäßig eher eine Gedächtnisfeier des letzten Abendmahls als die unblutige Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers, obwohl letzteres zumindest in den vorgeschriebenen Texten des Missales durchaus noch erkennbar ist. Doch dies steht nicht mehr im Vordergrund, wie es bei der traditionellen lateinischen Liturgie bis 1965 gemäß der Vorgaben des Konzils von Trient stets der Fall war.
Deshalb heißt es beispielsweise auch nicht mehr „Wandlungsworte“, sondern „Einsetzungsbericht“, was nicht dasselbe ist.
Im traditionellen lateinischen Ritus wandelt der Ewige Hohepriester des Neuen Bundes, der Messias Jesus Christus, durch seinen geweihten Diener (dem Priester) die dargebrachten Opfergaben von Brot und Wein in Sein eigenes Fleisch und Blut. Dies geschieht immer dann, wenn der zelebrierende Priester, der in persona Jesu Christi handelt, die nämlichen Worte spricht, die der Messias selbst im Abendmahlssaal gesprochen und dies künftig genau so zu tun seinen Aposteln aufgetragen hat.
Die Einsetzungsworte Christi sind buchstäblich zu verstehen. Jesus machte zu den Worten „Das ist mein Leib“ den Zusatz: „der für euch hingegeben wird“, und zu den Worten: „Das ist mein Blut“ den Zusatz: „das für euch und für viele wird vergossen werden“. Nun hat aber Jesus seinen wirklichen Leib für uns hingegeben und sein wirkliches Blut für uns vergossen; also war auch das, was er seinen Jüngern (= den 11 Aposteln) darreichte, sein wirklicher Leib und sein wirkliches Blut. (Großer Katholischer Katechismus, 1948, S. 109, Pkt. 53)
Hinzu kommt noch die Besonderheit, dass die Gestalten von Brot und Wein, unter denen Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch vollkommen gegenwärtig ist, von Seinem Diener, dem zelebrierenden Priester, Gott wiederum als vollkommene Opfergabe dargebracht wird als Bitt‑, Dank- und Sühneopfer für die Sünden.
Das alles ist in der modernen Ökumene eben nicht mehr populär.
Deshalb wurde der Ausdruck dieser Glaubenswahrheit im Novus Ordo zugunsten eines „Mahlcharakters“ zurückgenommen.
Insgesamt und auch im Detail rückt die Liturgie nach dem Novus Ordo tatsächlich deutlich von den Vorgaben des Konzils von Trient ab und begründet ein neues Glaubensverständnis (obgleich die Messe nach dem Novus Ordo sakramental durchaus gültig ist, genau wie die übrigen veränderten Sakramentspendungen).
Aber es geht eben um den Ausdruck des wahren katholischen Glaubens, wie er sich unter dem Beistand des Hl. Geistes in der katholischen Kirche manifestiert hat.
Der Novus Ordo hat an die Stelle der Entwicklung unter dem Beistand des Hl. Geistes leider eine von Menschen gemachte Konzeption gesetzt.
Als Manifestation (von lateinisch manifestare ‚handgreiflich machen‘) wird das Sichtbarwerden oder Sich-offenbaren von Dingen aller Art bezeichnet, die vorher unsichtbar bzw. gestaltlos oder gar nicht-existent waren.
Eine Konzeption (lateinisch conceptio von concipere ‚auffassen, erfassen, begreifen, empfangen‘) ist eine umfassende Zusammenstellung der Ziele und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren und deshalb strategisch zu planenden Vorhabens.