Am Samstag, dem 22. Juni, wurde ein neuer Ordinarius des Personalordinariats Unserer Lieben Frau von Walsingham geweiht. Die Weihe spendete kein Geringerer als der hochumstrittene Präfekt der römischen Glaubenskongregation Kardinal Victor Manuel Fernández. Eine Geste, die in Rom als „Chaosmaximierung“ beschrieben wird.
Das Personalordinariat Unserer Lieben Frau von Walsingham ist das älteste seiner Art, das Papst Benedikt XVI. 2011 für die Anglikaner errichtete, die in die volle Einheit mit Rom zurückkehren wollen. Insgesamt schuf Benedikt XVI. drei solcher Ordinariate. Walsingham, benannt nach einem englischen Marienwallfahrtsort, an dem 1061 die Gottesmutter erschienen ist, umfaßt als territoriale Jurisdiktion England, Wales und Schottland. Es handelt sich dabei um eine Paralleljurisdiktion zu jener der römisch-katholischen Hierarchie. Das Ordinariat zählt heute rund 100 Priester und wird in der Regel von einem Bischof geleitet. Seit der Errichtung bis zum vergangenen 29. April war Keith Newton Ordinarius, aber kein Bischof.
Newton war vor seiner Konversion Bischof der anglikanischen Kirche, deren Weihen die katholische Kirche nicht anerkennt. Da er seit 1973 verheiratet und Vater mehrerer Kinder ist, konnte er durch Verpflichtung zur Zölibatseinhaltung zwar 2011 zum katholischen Priester, nicht aber zum katholischen Bischof geweiht werden, weshalb er das Personalordinariat zwar leiten, aber nicht alle Aufgaben, etwa die Spendung von Priesterweihen, wahrnehmen konnte.
Das änderte sich nun. Am 29. April nahm Papst Franziskus den vorzeitigen Rücktritt von Keith Newton an und ernannte den bisherigen Generalvikar des Personalordinariats David Waller zum neuen Ordinarius. Da Waller zölibatär lebt, konnte er die Bischofsweihe empfangen. Am gestrigen Sonntag, einen Tag nach seiner Weihe, erfolgte seine Amtseinführung als Ordinarius. Dieses Amt wird nun erstmals in vollem Umfang ausgeübt. Der Ordinarius ist seit 2011 Mitglied der Bischofskonferenz von England und Wales.
Auf die Frage, ob der Weg von Anglikanern wie ihm zur katholischen Kirche schwer gewesen sei, antwortete er im vergangenen Frühjahr dem Catholic Herald: „Ja, dieser Weg war manchmal hart. Aber man muß durch das Fegefeuer oder Leiden gehen, um in den Himmel zu kommen.“
Der neugeweihte Bischof David Waller wurde 1961 in London geboren. Er studierte an der Universität Leeds, arbeitete mehrere Jahre als Sozialarbeiter und nahm dann das Theologiestudium an einem anglikanischen College auf. 1992 wurde er zum anglikanischen Priester bestellt. Von 2005 bis 2010 gehörte er der Generalsynode der Church of England an. 2011 konvertierte er zur katholischen Kirche und wurde zum katholischen Priester des Personalordinariats ULF von Walsingham geweiht. Er leitete als Pfarrer die zum Ordinariat gehörende Pfarrei Ilford, dann Chingford. In den vergangenen vier Jahren war er Generalvikar des Personalordinariats.
Für Irritationen sorgte, daß David Waller am vergangenen Samstag von Kardinal Victor Manuel Fernández zum Bischof geweiht wurde. Der Kardinal gilt erheblichen Teilen der katholischen Kirche als rotes Tuch. Der Umstand, daß ausgerechnet er am Samstag Hauptkonsekrator in der Kathedrale von Westminster war, wird in Rom achselzuckend in der Sparte „Chaosmaximierung“ verbucht, hat allerdings seinen Grund.
Als Benedikt XVI. den Anglikanern Brücken baute, um ihren Wunsch nach der vollen Einheit mit Rom zu ermöglichen, beauftragte er die lange Zeit von ihm selbst geleitete Glaubenskongregation mit der Umsetzung. 2016 spendete Kardinal Gerhard Müller, damals Glaubenspräfekt in Rom, dem ersten aus den Personalordinariaten hervorgehenden Bischof die Weihe. Es handelte sich um Msgr. Steven Joseph Lopes, der seither das Personalordinariat St. Petrus leitet, das die USA und Kanada umfaßt. Bischof Lopes war am Samstag Co-Konsekrator.
An der Einschätzung als „Chaosmaximierung“ ändert dieser Umstand allerdings wenig, denn die spontanen Reaktionen sind häufig emotional, besonders die Wahrnehmung von Verwirrung. Keiner personifiziert das argentinische Pontifikat mehr als „Tucho“ Fernández, Kardinal und Lieblingsprotegé von Papst Franziskus, und das hat sich bereits den Platz in der Kirchengeschichte als Pontifikat der „Chaosmaximierung“ gesichert. Die Einführung von Tucho Fernández in die Genealogie der Apostolischen Sukzession machte Franziskus möglich, indem er ihn gleich am 13. Mai 2013, zwei Monate nach der Papstwahl, zum Titularerzbischof ernannte. Seither spendete er mit David Waller drei Bischöfen (zwei Weihbischöfen in La Plata) die Bischofsweihe und war bei zwei weiteren (auch Argentinier) Co-Konsekrator.
Kardinal Fernández selbst war es, der am Samstag auf X (vormals Twitter) bekanntgab: „Ich weihe Msgr. Waller zum Bischof.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: X/Victor Manuel Fernández/Flickr/Catholic Church of England and Wales (Screenshots)
Auch wenn eine Weihe, die „Tucho“ spendet sicher gültig ist – von ihm geweiht zu werden, ist eher einer Strafe oder wenigstens ein Bußakt. Wer möchte schon von einem Porno-Theologen geweiht werden und wer möchte, dass einem jemand die Hände auflegt, der selber nicht fest im wahren katholischen Glauben steht? Und: Wenn jemand eine derartige Fehlbesetzung im Amt und an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist, sollte er von sich aus darauf verzichten, als Weihespender aufzutreten. Aber: Takt und Anstand haben derzeit in Rom keine Konjunktur. Davon kann man sich so gut wie jeden Tag überzeugen und der Tweet des Kardinals beweist das ja nur einmal mehr. Auch eine Peinlichkeit, aber auf eine oder mehr kommt es bei Tucho nun wirklich nicht mehr an. Ich schreibe es immer wieder gern: Dieser Mann ist eine Schande in seinem Amt, und zwar eine beispiellose!
Kann ein Weihekandidat den zur Weihe vorgesehenen Bischof ablehnen?