Das Wasserapostolat von La Plata ist ins Wasser gefallen

Das Dilemma der "persönlichen" Bischofsernennung durch Papst Franziskus


Erzbischof Gabriel Antonio Mestre von La Plata wurde von Papst Franziskus heute zum Rücktritt gedrängt, nach nur acht Monaten im Amt. Die Hintergründe zeigen ein bedrückendes Bild.
Erzbischof Gabriel Antonio Mestre von La Plata wurde von Papst Franziskus heute zum Rücktritt gedrängt, nach nur acht Monaten im Amt. Die Hintergründe zeigen ein bedrückendes Bild.

(Bue­nos Aires) Nur acht Mona­te nach sei­ner Amts­ein­füh­rung erfolg­te bereits der Rück­tritt des neu­en Erz­bi­schofs von La Pla­ta, der heu­te von Papst Fran­zis­kus ange­nom­men wur­de. Die Hin­ter­grün­de offen­ba­ren nicht nur in meh­rer­lei Hin­sicht ein fata­les Durch­ein­an­der, son­dern auch For­men von Selbst­über­schät­zung und Versagen.

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Papst Fran­zis­kus beklag­te mehr­fach eine „Weg­werf­kul­tur“, eine „Kul­tur des Aus­son­derns“. Was die Bis­tü­mer sei­ner Hei­mat Argen­ti­ni­en anbe­langt, scheint Fran­zis­kus aller­dings sei­ne eige­ne „Weg­werf­kul­tur“ zu haben. Heu­te wur­de im Tages­bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes der Rück­tritt des Erz­bi­schofs von La Pla­ta in Argen­ti­ni­en bekannt­ge­ge­ben. Wört­lich heißt es im Tagesbulletin:

„Rück­tritt des Metro­po­li­tan-Erz­bi­schofs von La Pla­ta (Argen­ti­ni­en)

Der Hei­li­ge Vater hat den Rück­tritt von der pasto­ra­len Lei­tung des Metro­po­li­ta­nerz­bis­tums La Pla­ta (Argen­ti­ni­en) ange­nom­men, der von Sei­ner Exzel­lenz Hoch­wür­den Mon­si­gno­re Gabri­el Anto­nio Mest­re ein­ge­reicht wurde.“

Msgr. Mest­re war erst am 28. Juli 2023 von Papst Fran­zis­kus zum Erz­bi­schof von La Pla­ta ernannt wor­den, wo er die Nach­fol­ge von Vic­tor Manu­el „Tucho“ Fernán­dez antrat, den Fran­zis­kus zum Prä­fek­ten des römi­schen Glau­bens­dik­aste­ri­ums und Kar­di­nal ernannt hatte.

Am 16. Sep­tem­ber 2023 fand in La Pla­ta die Amts­ein­füh­rung von Msgr. Mest­re als Erz­bi­schof und Metro­po­lit statt. Dabei glänz­te der neue Erz­bi­schof mit dem intel­lek­tu­el­len Bon­mot, Jesus sei „der erste Femi­nist“ gewesen. 

Mest­re war 1997 zum Prie­ster der Diö­ze­se Mar del Pla­ta geweiht und 2017 von Fran­zis­kus zu deren Bischof ernannt wor­den. Der Bischof von Mar del Pla­ta ist ein Suf­fra­gan des Erz­bi­schofs von La Pla­ta. Bei sei­ner Ernen­nung zum Ober­hir­ten von Mar del Pla­ta war Mest­re noch ein Unbe­kann­ter. Sei­ne Beför­de­rung zum Erz­bi­schof von La Pla­ta über­rasch­te jedoch, da Mest­re bis dahin nur für sein „Was­se­r­apo­sto­lat“ bekannt gewor­den war, indem er sich ger­ne braun­ge­brannt, mit ent­blöß­tem Ober­kör­per und in Bade­ho­se an den Bade­strän­den nicht nur sei­ner Diö­ze­se ablich­ten ließ. Die berg­o­glia­ni­sche Pres­se fand sogleich die beschö­ni­gen­de Begrün­dung und erklär­te die­se epi­skopa­le Kör­per­kul­tur als ganz von Fran­zis­kus durch­drun­gen­de Pasto­ral unter den Armen und an den Rän­dern. Die­se wuß­ten nun zumin­dest, daß ihr Bischof schwim­men kann.

Kaum mehr als acht Mona­te spä­ter erfolg­te heu­te Mestres Eme­ri­tie­rung als Metro­po­li­ta­nerz­bi­schof von La Plata.

Es wird erwar­tet, daß der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in Argen­ti­ni­en in Kür­ze offi­zi­ell den Rück­tritt und zugleich den Namen des ernann­ten Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tors bekannt­ge­ben wird, der bis zur Ein­set­zung eines neu­en Erz­bi­schofs das Erz­bis­tum lei­ten wird.

Das Dilemma von Mar del Plata

Die plötz­li­che Eme­ri­tie­rung reiht sich ein in eine Rei­he wei­te­rer sol­cher Vor­fäl­le, zu denen es in Argen­ti­ni­en wäh­rend des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus gekom­men ist, so auch in dem bereits genann­ten Bis­tum Mar del Pla­ta, aus dem Msgr. Mest­re stammt.

Das Abschieds­schrei­ben an das Erz­bis­tum La Plata

Dort hat­te Fran­zis­kus als Nach­fol­ger Mestres im Novem­ber 2023 Msgr. José Maria Bali­ña ernannt, der seit 2015 Weih­bi­schof von Bue­nos Aires war. Als sol­cher hat­te Bali­ña auch die Richt­li­ni­en zur Umset­zung des umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia über die Zulas­sung irre­gu­lä­rer Paa­re zur Kom­mu­ni­on (wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne, Homo­se­xu­el­le usw.) der Kir­chen­pro­vinz Bue­nos Aires mit­zu­ver­ant­wor­ten, von denen Fran­zis­kus zufrie­den sag­te, sie sei­en „die ein­zi­ge mög­li­che Inter­pre­ta­ti­on“ sei­nes Schrei­bens. Bali­ña schaff­te es jedoch nicht ein­mal zur Amts­ein­füh­rung: Drei Wochen nach sei­ner Ernen­nung reich­te der 64jährige bereits sei­nen Rück­tritt ein, der von Fran­zis­kus am 13. Dezem­ber 2023 ange­nom­men wurde.

Noch am sel­ben Tag ernann­te Fran­zis­kus den 62 Jah­re alten Cla­re­ti­ner Gustavo Manu­el Laz­z­azá­bal zum neu­en Bischof von Mar del Pla­ta. Laz­z­azá­bal war im März 2022 von Fran­zis­kus zum Weih­bi­schof von San Juan de Cuyo ernannt und im Juni des­sel­ben Jah­res zum Bischof geweiht wor­den. Doch auch Laz­z­azá­bal schaff­te es nicht bis zur Amts­ein­füh­rung. Am 17. Janu­ar 2024 reich­te auch er sei­nen Rück­tritt ein, der von Fran­zis­kus ange­nom­men wur­de. Laz­z­azá­bal erhielt zugleich sein altes Titu­lar­bis­tum zurück. 

Die Ereig­nis­se lie­ßen sich auch mit den Wor­ten umschrei­ben: Wie fah­re ich eine Diö­ze­se an die Wand.

Ein neu­er Bischof von Mar del Pla­ta wur­de seit­her nicht mehr ernannt. Die­ses Bis­tum mit 70 Prie­stern ist seit bald einem Jahr ohne Bischof. Nun resi­gnier­te auch der erst 55 Jah­re alte Mest­re als Erz­bi­schof von La Pla­ta. Damit ist auch die Kir­chen­pro­vinz, zu der Mar del Mest­re gehört, ohne Oberhirten.

Das Problem der „persönlichen“ Personalpolitik von Papst Franziskus

Es zeigt sich offen­sicht­lich ein Pro­blem in der argen­ti­ni­schen Per­so­nal­po­li­tik von Papst Franziskus:

Fran­zis­kus ernennt die Bischö­fe in Argen­ti­ni­en per­sön­lich und im Allein­gang. Er tut dies, wie man hört, ohne die Berich­te der damit beauf­trag­ten zustän­di­gen Stel­len auch nur zu lesen, allen vor­an die Berich­te der apo­sto­li­schen Nun­tia­tur. Die Fol­gen lie­gen in der Kir­chen­pro­vinz La Pla­ta offen zuta­ge. Es kommt zu Ernen­nun­gen, wo die von Fran­zis­kus Ernann­ten nach nur weni­gen Wochen das Wei­te suchen. Der argen­ti­ni­sche Blog­ger Cami­nan­te Wan­de­rer nennt noch ein wei­te­res Pro­blem in die­sem Fall:

„Die Ernann­ten sind immer Leu­te, denen es an den Min­dest­vor­aus­set­zun­gen der Klug­heit, der Weis­heit, der Lei­tung und der Fröm­mig­keit fehlt. Und das Ergeb­nis kann nur Cha­os sein: Aus nichts kann nichts entstehen.“

Damit kom­men wir zum Grund des heu­te erfolg­ten Rück­tritts von Erz­bi­schof Mest­re. Die­ser geschah, soviel ist gesi­chert, nicht aus Eigen­in­itia­ti­ve, son­dern auf Drän­gen des Pap­stes. Dies gab Msgr. Mest­re in sei­nem Abschieds­schrei­ben an sein Erz­bis­tum selbst bekannt. Er sei in den ver­gan­ge­nen Tagen nach Rom geru­fen wor­den, um über eini­ge Ange­le­gen­hei­ten des Bis­tums Mar del Pla­ta zu spre­chen. Bei die­ser Gele­gen­heit wur­de er von Fran­zis­kus zum Rück­tritt auf­ge­for­dert. Mehr gibt er nicht bekannt.

Der­sel­be Fran­zis­kus, der Mest­re an allen vati­ka­ni­schen Insti­tu­tio­nen vor­bei per­sön­lich aus­ge­wählt und ernannt hat­te, dräng­te nun also sei­nen Wunsch­kan­di­da­ten nach nur acht Mona­ten, den Rück­tritt ein­zu­rei­chen, der von Fran­zis­kus dann sofort akzep­tiert wur­de. Grund dafür sind, folgt man den Aus­sa­gen des Kle­rus von La Pla­ta, die Ver­strickun­gen Mestres in Skan­da­le in sei­ner frü­he­ren Diö­ze­se Mar del Pla­ta. Die­se Skan­da­le ste­hen auch in direk­tem Zusam­men­hang mit den Pro­ble­men, für die­ses Bis­tum seit­her einen neu­en Bischof zu finden.

Die­se Skan­da­le sol­len in den näch­sten Tagen ans Licht kom­men. Weil dem so ist, war Feu­er am Dach und muß­te Mest­re schnell von der Spit­ze des Erz­bis­tums La Pla­ta abge­zo­gen werden.

Betrach­tet man die Ent­wick­lung in der Erz­diö­ze­se La Pla­ta, dem zweit­wich­tig­sten Bischofs­sitz Argen­ti­ni­ens, so zeigt sich ein regel­rech­ter Absturz. Bis zum 2. Juni 2018 wur­de die Erz­diö­ze­se von Msgr. Héc­tor Rubén Aguer, dem kon­ser­va­ti­ven Gegen­spie­ler von Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio im argen­ti­ni­schen Epi­sko­pat, gelei­tet, einem intel­lek­tu­ell bemer­kens­wer­ten und volks­na­hen Ober­hir­ten. Als Berg­o­glio Papst wur­de, übte er Ver­gel­tung an jenen, die sich ihm in Argen­ti­ni­en wider­setzt hat­ten. Der Rei­he nach ser­vier­te er die Bischö­fe der kon­ser­va­ti­ven Frak­ti­on ab. Ein­zig Erz­bi­schof Aguer beließ er im Amt, bis die­ser sein 75. Lebens­jahr voll­ende­te. Aber nur neun Tage län­ger, kei­nen Tag mehr, dabei war Aguer bei bester Gesund­heit und Fran­zis­kus selbst damals schon 82 Jah­re alt.

Um sei­nen Geg­ner noch mehr zu demü­ti­gen, ernann­te Fran­zis­kus sei­nen Lieb­lings­pro­te­gé Vic­tor Manu­el „Tucho“ Fernán­dez zum neu­en Erz­bi­schof von La Pla­ta. Das war mehr als nur eine Ohr­fei­ge für Aguer. Der Rück­schritt war offen­sicht­lich. Das betraf nicht nur die Aus­rich­tung, son­dern auch das intel­lek­tu­el­le Niveau. Auf den Rück­schritt folg­te im ver­gan­ge­nen Jahr der näch­ste Rück­schritt mit dem Wech­sel von Tucho Fernán­dez zu Gabri­el Anto­nio Mest­re – mit einem jähen Ende. Wenn Fran­zis­kus mit der Ernen­nung von Gabri­el Anto­nio Mest­re, wie auch in ande­ren Erz­bis­tü­mern, sein „Erbe“ lan­ge über sei­nen Tod hin­aus absi­chern woll­te, ist er damit, zumin­dest im kon­kre­ten Fall, offen­kun­dig gescheitert.

Cami­nan­te Wan­de­rer kom­men­tier­te die Ereig­nis­se in La Pla­ta mit den Worten:

„In der Tat ist die Kir­che von Papst Fran­zis­kus eine ‚Kir­che auf dem Weg hin­aus‘, also auf der Flucht.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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2 Kommentare

  1. La Salet­te 1846
    José María Bali­ña geb. 1959
    Víc­tor Manu­el Fernán­dez geb. 1962
    Gustavo Óscar Zan­chet­ta geb. 1964
    Jor­ge Igna­cio Gar­cía Cuer­va geb. 1968 

    Kann jemand das Rät­sel lösen?

  2. Giu­sep­pe Nar­di faßt das Agie­ren des Pap­stes im Fall des Bis­tums Mar del Pla­ta in dem Satz zusam­men: „Wie fah­re ich eine Diö­ze­se an die Wand.“

    Nimmt man die Gesamt­kir­che in den Blick, so las­sen sich drei Vari­an­ten unter­schei­den, wie Fran­zis­kus Diö­ze­sen durch Per­so­nal­po­li­tik an die Wand fährt:

    • Ernen­nung unge­eig­ne­ter Kan­di­da­ten, die über kurz oder lang abge­setzt wer­den (müs­sen).
    Bei­spiel: Mar del Plata.

    • Ernen­nung unge­eig­ne­ter Kan­di­da­ten, die nicht abge­setzt werden.
    Bei­spie­le: zahl­rei­che deut­sche Diö­ze­sen, etwa Hil­des­heim (Hei­ner Wil­mer), Lim­burg (Georg Bät­zing), Mainz (Peter Kohlgraf).

    • Abset­zung fähi­ger Bischö­fe, obwohl oder gera­de weil sie fähig sind.
    Bei­spie­le: Tyler, Texas (Joseph Strick­land); Are­ci­bo, Puer­to Rico (Dani­el Fernán­dez Torres).

    Eine Bilanz zum jet­zi­gen Zeit­punkt des gegen­wär­ti­gen Pon­ti­fi­kats könn­te den Titel tra­gen: Wie fah­re ich die katho­li­sche Welt­kir­che an die Wand.

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