
(Rom) Bei der Messe am Palmsonntag auf dem Petersplatz, an der Papst Franziskus teilnahm, aber nicht zelebrierte, fehlte das Kreuz auf dem Altar. Das führt zur Frage, wann sich zuletzt auf einem Altar, auf dem Franziskus zelebrierte, ein Kruzifix befand. Eine Spurensuche.
Papst Franziskus kehrte am Samstag aus der Gemelli-Klinik zurück. Über seinen Gesundheitszustand ist offiziell kaum etwas bekannt, nur soviel, daß der Vatikan diesen verschleiert.
Die Aufregung um den kruzifixlosen Altar am Palmsonntag ist insofern unbegründet, als auf dem Petersplatz wie auch im Petersdom ad orientem zelebriert wird. Bedauerlicherweise gibt es wegen der Liturgiereform von 1969 auch hier keine gemeinsame Gebetsrichtung von Zelebrant und Volk. Dies war auch der Grund, weshalb Papst Benedikt XVI. das Kruzifix auf dem Altar stehen hatte.
Die eingangs gestellte Frage ist allerdings von Bedeutung und ist, soweit bisher bekannt, mit einem Datum zu beantworten, dem vergangenen 22. Januar, was also schon eine ganze Weile zurückliegt. Die traditionsverbundene Seite Messa in Latino machte darauf aufmerksam.
Bei der Spurensuche tauchte zudem eine Bilderserie auf, die Secretum meum mihi auffiel. Sie zeigt eine Messe am Sitz der Apostolischen Nuntiatur in Juba im Südsudan, die dort am 4. Februar 2023 gefeiert wurde. Vom 31. Januar bis 5. Februar besuchte Papst Franziskus zuerst die Demokratische Republik Kongo, dann den Südsudan.
Auf den Bildern ist die Anwesenheit des Papstes zu sehen, der am 4. Februar die Bischöfe, Priester, Diakone, Ordensleute und Seminaristen des Landes traf, gesondert auch die Jesuiten, eine Obdachlosen-Unterkunft besuchte und einen Moment des „Ökumenisches Gebets“ hielt, aber öffentlich keine Messe zelebrierte. Dies bedeutet, daß Franziskus bei der Messe in der Nuntiatur konzelebrierte und präsidierte oder präsidierte, ohne zu konzelebrieren, was zumindest sehr ungewöhnlich wäre. Der Novus Ordo macht diese Palette an „Beteiligungen“ an einer Meßzelebration möglich. Es wurde dabei ad orientem zelebriert, wohl deshalb, weil die Kapelle winzig ist. Was jedoch auffällt, ist vielmehr, daß Franziskus nur eine Stola trägt, aber sonst keine liturgischen Gewänder, wie sie für eine Zelebration vorgeschrieben sind.



Vor einem Jahr, am 12. März 2022, kam es schon einmal zu einem solchen Vorfall. Papst Franziskus begab sich zum 400. Jahrestag der Heiligsprechung seines Ordensgründers Ignatius von Loyola in die Mutterkirche des Jesuitenordens in Rom. Franziskus nahm dort an einer Messe teil, ohne irgendein für die Liturgie vorgeschriebenes Gewand, konzelebrierte aber. Die Szene irritierte. Ursprünglich war er nicht nur als Prediger, sondern als Hauptzelebrant vorgesehen. Es kam aber anders. Die Messe zelebrierte der Jesuitengeneral Arturo Sosa.


Der US-Kirchenrechtler Gerald E. Murray, heute Pfarrer in New York, formulierte wenige Tage später eine schwerwiegende Anklage und sprach von einem „päpstlichen Mißbrauch des liturgischen Rechts“. Die Natur der Liturgie besagt, daß der Papst als Pontifex der höchste Liturg ist, der das Meßopfer darbringt. Die Bischöfe tun dies in Einheit mit ihm, während die Priester mit ihrem Bischof darin vereint sind.
Papst Franziskus zelebrierte aber nicht, sondern stand wie ein Gläubiger da, der einer Messe beiwohnt. Beim Hochgebet, obwohl ohne Stola, ohne Albe, ohne Kasel erhob er die rechte Hand und sprach die Einsetzungsworte mit wie der Zelebrant am Altar und die anderen anwesenden Jesuiten. Dieses Verhalten, so der Kirchenrechtler Murray, war ein eindeutiger Verstoß gegen die liturgischen Vorschriften, wie sie zuletzt mit der Instruktion Redemptionis Sacramentum von 2004 bekräftigt wurden. Darin heißt es im Paragraph 126:
„Zu verwerfen ist der Mißbrauch, daß geistliche Amtsträger entgegen den Vorschriften der liturgischen Bücher die heilige Messe, auch wenn nur ein Amtsträger daran teilnimmt, ohne sakrale Gewänder feiern oder nur die Stola über der monastischen Kukulle oder dem allgemeinen Ordensgewand oder der gewöhnlichen Kleidung tragen.“
Iesuita nec cantat nec rubricat?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshots)