Der überlieferte Ritus „überlebt trotz der Einschränkungen durch den Papst“

ABC-Bericht über die erste Zeit nach dem Reskript zu Traditionis custodes


Die spanische Tageszeitung ABC berichtete gestern, daß der überlieferte Ritus überlegt trotz der Restriktionen durch Papst Franziskus, die unverständlich sind.
Die spanische Tageszeitung ABC berichtete gestern, daß der überlieferte Ritus trotz der Restriktionen durch Papst Franziskus überlebt, die unverständlich sind.

(Madrid) In ihrer gest­ri­gen Sonn­tags­aus­ga­be berich­te­te die bür­ger­li­che spa­ni­sche Tages­zei­tung ABC, daß der über­lie­fer­te Ritus „in Spa­ni­en trotz der Ein­schrän­kun­gen durch den Papst überlebt“.

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Die Ein­schrän­kun­gen bezie­hen sich auf das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des, mit dem Fran­zis­kus die bedeu­tend­ste Maß­nah­me des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt XVI. zunich­te mach­te. Mit einem Reskript des römi­schen Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung wur­de es am ver­gan­ge­nen 21. Febru­ar noch verschärft.

ABC schil­dert die Stil­le, die an dem Meß­ort des über­lie­fer­ten Ritus herrscht:

„Man könn­te mei­nen, man befän­de sich in einer belie­bi­gen Pfar­rei, wären da nicht ein paar Details. Die Frau­en, eini­ge von ihnen, bedecken ihren Kopf mit einem Schlei­er; der Altar, sorg­fäl­tig in den Far­ben der lit­ur­gi­schen Jah­res­zeit gehal­ten, ist an dem Reta­bel befe­stigt, und vor­ne mar­kiert eine sicht­ba­re Knie­bank die Gren­ze zwi­schen dem Pres­by­te­ri­um und dem Kir­chen­schiff. Wir befin­den uns in der Kir­che Nue­stra Seño­ra de la Paz, der ein­zi­gen Kir­che in Madrid, in der die Mes­se nach dem triden­ti­ni­schen Ritus gefei­ert wird. Es ist Ascher­mitt­woch. Am Tag zuvor hat der Vati­kan ein Reskript des Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst ver­öf­fent­licht, das die Fei­er die­ser Mes­se in ihrer tra­di­tio­nel­len Form noch mehr einschränkt.“

Zum Ver­ständ­nis ist dar­an zu erin­nern, daß nach der Lit­ur­gie­re­form von 1969 in Spa­ni­en sechs­tau­send Prie­ster den Hei­li­gen Stuhl um Dis­pens baten, wei­ter­hin in der über­lie­fer­ten Form zele­brie­ren zu dür­fen. Ihre Bit­te wur­de von Paul VI. jedoch abge­wie­sen, und sie füg­ten sich. Im Kle­rus der süd­ro­ma­ni­schen Län­der ist eine offe­ne Auf­leh­nung gegen den Hei­li­gen Stuhl undenk­bar, wes­halb der über­lie­fer­te Ritus dort bis heu­te zwar auf intel­lek­tu­el­ler Ebe­ne stark prä­sent ist, weni­ger aber im gläu­bi­gen Volk, wie an der ver­gleichs­wei­se gerin­gen Anzahl von Meß­or­ten abzu­le­sen ist.

Päpstliche Einschränkungen „nicht zu verstehen“

José Ramón Navar­ro-Pare­ja von ABC berich­tet weiter:

„Das Alters­spek­trum ist erstaun­lich viel­fäl­tig. Von Kin­dern, die von ihren Eltern beglei­tet wer­den, bis hin zu älte­ren Men­schen, die nicht in der Mehr­heit sind. Es gibt vie­le jun­ge Leu­te, wie die bei­den, die von der Schu­le geflo­hen zu sein schei­nen und mit einem Ruck­sack auf dem Rücken kom­men, um sich die Asche auf das Haupt streu­en zu las­sen. Und Män­ner, Män­ner mitt­le­ren Alters. Sehr vie­le Män­ner. Um ehr­lich zu sein, etwa die Hälf­te von ihnen. Das ist ein über­ra­schen­der Pro­zent­satz, im Gegen­satz zur Über­zahl der älte­ren Frau­en in den mei­sten Pfarreien.“

„Abge­se­hen von der Aus­rich­tung des Prie­sters zum Altar – ‚ad ori­en­tem‘, nach Osten – und der Ver­wen­dung der latei­ni­schen Spra­che ist die Stil­le wäh­rend der Mes­se auf­fal­lend. Der triden­ti­ni­sche Ritus ist kei­ne ‚dia­lo­gi­sche Mes­se‘ wie im Meß­buch von Paul VI. An vie­len Stel­len betet der Prie­ster ‚im stil­len‘, wäh­rend er ‚die Gläu­bi­gen ein­lädt, durch inne­re Ein­kehr in das Geheim­nis des Glau­bens ein­zu­tre­ten‘, heißt es in einem am Ein­gang aus­lie­gen­den Falt­blatt, das ‚die latei­ni­sche Mes­se für Neu­lin­ge‘ erklärt.“

Die Pre­digt, „kurz und ein­fach, wie Papst Fran­zis­kus es mag, ist zusam­men mit der vor­an­ge­gan­ge­nen Evan­ge­li­ums­le­sung der erste Moment, in dem man wie­der Spa­nisch hört. Der jun­ge Prie­ster, der in den Drei­ßi­gern ist, nutzt die­se acht Minu­ten, um die Lesun­gen des Tages zu kom­men­tie­ren und den Anwe­sen­den die Bedeu­tung der Fasten­zeit zu erklären.“

Dar­aus fol­gert der ABC-Repor­ter, daß es „schwie­rig ist, das jüng­ste Dre­hen des Pap­stes an der ‚Schrau­be‘ bei der Fei­er der tra­di­tio­nel­len Mes­se zu verstehen“.

„Das Reskript vom Diens­tag ist das vier­te Mal in knapp andert­halb Jah­ren, daß Fran­zis­kus den Gebrauch die­ses Ritus ein­ge­schränkt hat.“

In den ersten acht Jah­ren sei­nes Pon­ti­fi­kats, so José Ramón Navar­ro-Pare­ja, „hat­te er den Sta­tus quo bei­be­hal­ten, den Bene­dikt XVI. 2007 mit dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum fest­ge­legt hat­te.“ Damit sei „ein lit­ur­gi­scher Frie­de“ erreicht wor­den, zitiert er Pablo Pomar, den Koor­di­na­tor der über­lie­fer­ten Mes­se in Jerez. Sum­morum Pon­ti­fi­cum hat­te den Prie­stern erlaubt, mit bei­den Meß­bü­chern zu zele­brie­ren, und die Bischö­fe auf­ge­for­dert, über­all dort, wo es eine sta­bi­le Grup­pe von Gläu­bi­gen gibt, die der Tra­di­ti­on nahe­ste­hen, „bereit­wil­lig die Bit­te anzu­neh­men, die Hei­li­ge Mes­se nach dem Ritus des 1962 ver­öf­fent­lich­ten Mis­sa­le Roma­num fei­ern“ zu dürfen.

„Mißbrauch und Verwirrung“ beseitigen?

José Ramón Navar­ro-Pare­ja läßt auch Juan Manu­el Sier­ra, Pro­fes­sor für Lit­ur­gie an der katho­li­schen Uni­ver­si­tät San Dáma­so (UESD) zu Wort kom­men, der erklärt, der ver­stor­be­ne Bene­dikt XVI. habe als Papst in der Absicht ein Pro­blem zu lösen, „am Ende ein wei­te­res geschaf­fen, wo es kei­nes gab“. Fran­zis­kus habe laut eige­nem Bekun­den „die Ver­wir­rung und den Miß­brauch“ ein­däm­men müs­sen, die „in eini­gen Pfar­rei­en“ began­gen wor­den sei­en, und habe ver­hin­dern müs­sen, daß „die Lit­ur­gie zu einem Schlacht­feld wird“. „Es geht nicht dar­um, die frü­he­re Mes­se zu ver­teu­feln. Es geht nicht um eine schlech­te und eine gute, son­dern um eine gute und eine bes­se­re“, so Juan Manu­el Sierra.

Man darf wei­ter­hin stau­nen über die päpst­li­che Begrün­dung der Restrik­tio­nen, die – wie der ABC-Repor­ter es andeu­tet – unver­ständ­lich sind. „Ver­wir­rung und Miß­brauch“ herr­schen im Novus Ordo en mas­se, ohne daß Fran­zis­kus bis auf harm­lo­se Wort­mel­dun­gen, die eine Äqui­di­stanz in sei­ner Behand­lung lit­ur­gi­scher Fra­gen simu­lie­ren sol­len, irgend­wel­che Maß­nah­men ergrif­fen hätte. 

Juan Manu­el Sier­ra legt damit wohl unge­wollt eine tie­fe­re Wahr­heit offen: Fran­zis­kus sieht im über­lie­fer­ten Ritus per se einen „Miß­brauch“, ein Feind­bild, ein zu bekämp­fen­des Kir­chen­ver­ständ­nis. Die­se Abnei­gung gegen­über der Tra­di­ti­on wird durch sein gene­rell gerin­ges Inter­es­se an der Lit­ur­gie nicht etwa abge­mil­dert, son­dern ver­stärkt. Die Anhäng­lich­keit gegen­über dem über­lie­fer­ten Ritus und der Tra­di­ti­on sind ihm völ­lig fremd und unverständlich.

„Im Juli 2021 erließ Fran­zis­kus ‚Tra­di­tio­nis cus­to­des‘, in dem er bekräf­tig­te, daß ‚die lit­ur­gi­schen Bücher, die von den hei­li­gen Päp­sten Paul VI. und Johan­nes Paul II. in Über­ein­stim­mung mit den Dekre­ten des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ver­kün­det wur­den, der ein­zi­ge Aus­druck der lex oran­di des Römi­schen Ritus sind‘, und beschränk­te die Ver­wen­dung des über­lie­fer­ten Meß­buchs auf die bestehen­den Grup­pen, wäh­rend er die Bischö­fe auf­for­der­te, kei­ne neu­en Grup­pen zuzu­las­sen. Die­se Ent­schei­dung hat Bene­dikt XVI. nach Anga­ben sei­nes Sekre­tärs mit ‚Schmerz und Trau­rig­keit des Her­zens‘ auf­ge­nom­men. Zu die­ser Norm kommt das jüng­ste Reskript hin­zu, ‚das kei­ne neue Ände­rung bringt, son­dern eini­ge Klar­stel­lun­gen vor­nimmt, wie zum Bei­spiel, daß Aus­nah­men von den fest­ge­leg­ten Nor­men dem Dik­aste­ri­um für den Got­tes­dienst vor­be­hal­ten sind‘, so Sierra.“

„Schmerzhaftes Unbehagen“

Pablo Pomar aus Jerez sagt dem ABC-Repor­ter, daß die Maß­nah­men von Fran­zis­kus bei den Gläu­bi­gen „Unbe­ha­gen“ hervorrufen:

„Letz­ten Endes ist der Papst der Hei­li­ge Vater, und zu sehen, daß er eini­ge sei­ner Kin­der nicht ganz ver­steht, ver­ur­sacht ein schmerz­haf­tes Unbehagen.“

Alle Sei­ten, so der Jour­na­list, wür­den jedoch bestrei­ten, daß es des­halb „zu einem Bruch mit Rom“ kom­men könnte:

„Im all­ge­mei­nen haben die Tra­di­tio­na­li­sten ein tief ver­wur­zel­tes Gefühl für die Hier­ar­chie, sie wol­len in Gemein­schaft mit ihrem Bischof und dem Papst sein“, so Pomar.

In Spa­ni­en gibt es 31 Meß­or­te des über­lie­fer­ten Ritus, die in der Ein­heit mit Rom ste­hen. „Die Gläu­bi­gen, die dar­an teil­neh­men, suchen vor allem die tie­fe Hei­lig­keit des Ritus, sei­nen Sinn für Anbe­tung, sei­ne Ehr­furcht, die Aus­führ­lich­keit all des­sen, was in den ein­zel­nen Gebe­ten und Rubri­ken aus­ge­drückt wird, und auch die Stil­le“, betont Una Voce Sevil­la.

ABC endet den Bericht mit den Worten:

„Heu­te, am ersten Sonn­tag der Fasten­zeit, wer­den sie zur Fei­er der triden­ti­ni­schen Mes­se zurück­keh­ren. Sie wol­len die ‚Schön­heit des Ritus‘, ‚den star­ken iden­ti­tä­ren Cha­rak­ter’ und die ‚Iden­ti­fi­ka­ti­on mit der Mes­se, die die Katho­li­ken seit Jahr­hun­der­ten fei­ern‘. Aller­dings sind sie sich nach dem jüng­sten Doku­ment bewußt, daß ihre Art zu zele­brie­ren mehr denn je beob­ach­tet und in Fra­ge gestellt wird, und daß Zwei­fel dar­an bestehen, ob der Ritus noch eini­ge Jahr­hun­der­te über­dau­ern oder schließ­lich aus­ster­ben wird.“

Letz­te­re Sor­ge besteht wohl kaum, denn die aktu­el­len Pro­ble­me sind dem amtie­ren­den Papst geschul­det, der den über­lie­fer­ten Ritus abwür­gen will.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: ABC (Screen­shot)

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