Jüdischer Extremist greift Geißelungskapelle in Jerusalem an

Franziskanerkustodie verurteilt antichristliche Gewalt


Die Geißelungskapelle an der Via Dolorosa in Jerusalem war am Donnerstag Schauplatz eines antichristlichen Angriffs.
Die Geißelungskapelle an der Via Dolorosa in Jerusalem war am Donnerstag Schauplatz eines antichristlichen Angriffs.

(Jeru­sa­lem) Ein jüdi­scher Extre­mist aus den USA beschä­dig­te am Don­ners­tag eine Chri­stus­sta­tue in der katho­li­schen Gei­ße­lungs­ka­pel­le in der Jeru­sa­le­mer Alt­stadt. Der Angriff wur­de von der Fran­zis­ka­ner­kus­to­die des Hei­li­gen Lan­des, die die hei­li­gen Stät­ten ver­wal­tet, scharf verurteilt.

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Auf einem in sozia­len Netz­wer­ken ver­brei­te­ten Video ist ein Mann zu sehen, der am Don­ners­tag­mor­gen die „Fla­gel­la­tio“ (Gei­ße­lungs­ka­pel­le) betritt, das ist die erste Sta­ti­on an der Via Dolo­ro­sa, und eine Jesus-Sta­tue umstößt und deren Gesicht ent­stellt. Der Mann wur­de an wei­te­ren Taten gehin­dert und bis zum Ein­tref­fen der Poli­zei festgehalten.

Die Fla­gel­la­tio-Kapel­le stammt aus der Kreuzritterzeit

Die Tat sorg­te umge­hend für poli­ti­sche Impli­ka­tio­nen. Eine erste Kurz­mel­dung der palä­sti­nen­si­schen Wafa News Agen­cy lautete:

„Der Jeru­sa­le­mer Bür­ger Majed al-Ras­heq wehrt sich gegen einen israe­li­schen Sied­ler, der ver­sucht hat, die Kir­che der Gei­ße­lung in der besetz­ten Alt­stadt von Jeru­sa­lem zu zer­stö­ren und in Brand zu setzen.“

Bei dem Angrei­fer han­delt es sich aber nicht um einen Sied­ler, son­dern offen­bar um einen US-ame­ri­ka­ni­schen Tou­ri­sten, der ver­haf­tet und zur Befra­gung mit­ge­nom­men wur­de. Die israe­li­sche Poli­zei, um Beru­hi­gung bemüht, teil­te über einen Poli­zei­spre­cher mit, daß der Mann „mög­li­cher­wei­se gei­stig behin­dert“ ist.

Es ist bereits der fünf­te Vor­fall gegen christ­li­che Stät­ten in Jeru­sa­lem seit Weih­nach­ten 2022. Eine Häu­fung, die bei den christ­li­chen Gemein­schaf­ten in der Stadt Besorg­nis auslöst.

„Wir ver­ur­tei­len aufs Schärf­ste die­se wach­sen­de Dyna­mik von schwe­ren Haß­de­lik­ten und Gewalt­ta­ten gegen die christ­li­che Gemein­schaft“, erklär­te die Kusto­die des Hei­li­gen Lan­des.

Die mei­sten der jüng­sten Über­grif­fe und Van­da­len­ak­te wur­den von jüdi­schen Extre­mi­sten verübt.

Nach Ansicht der Kusto­die, die von „Van­da­lis­mus“ und „Schän­dung“ spricht, könn­te eine wach­sen­de Legi­ti­mie­rung von „Dis­kri­mi­nie­rung und Gewalt in der öffent­li­chen Mei­nung“ in der aktu­el­len poli­ti­schen Land­schaft Isra­els zu die­ser Ent­wick­lung bei­tra­gen. Seit dem 29. Dezem­ber wird Isra­el von der rech­te­sten Regie­rung sei­ner Geschich­te geführt. Der 1948 aus­ge­ru­fe­ne Staat Isra­el war in den ersten Jahr­zehn­ten nach sei­ner Grün­dung durch­ge­hend von Links­re­gie­run­gen gelenkt wor­den. Erst 1977 setz­te eine schritt­wei­se Ach­sen­ver­schie­bung ein, zunächst mit wech­seln­den Regie­run­gen. Ein radi­ka­ler Ein­schnitt in die­sem Umbruch war 1995 die Ermor­dung des lin­ken Mini­ster­prä­si­den­ten Jitz­chak Rabin. Seit der Jahr­tau­send­wen­de gab es nur mehr Regie­run­gen rechts der Mitte.

„Wir erwar­ten und for­dern, daß die israe­li­sche Regie­rung und die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den ent­schlos­sen han­deln, um die Sicher­heit aller Gemein­schaf­ten zu gewähr­lei­sten, den Schutz reli­giö­ser Min­der­hei­ten zu garan­tie­ren und reli­giö­sen Fana­tis­mus aus­zu­rot­ten“, so die Fran­zis­ka­ner­kus­to­die in ihrer Stellungnahme.

Neben ande­ren Vor­fäl­len zer­stör­ten Anfang Janu­ar zwei Per­so­nen Dut­zen­de von Grab­stei­nen auf einem pro­te­stan­ti­schen Fried­hof in Jeru­sa­lem mit Grä­bern aus der Zeit der bri­ti­schen Man­dats­herr­schaft für den Völ­ker­bund (1922–1948).

Vor einer Woche ver­ur­teil­ten die christ­li­chen Kir­chen in Jeru­sa­lem einen Angriff jüdi­scher Sied­ler auf ein Restau­rant im christ­li­chen Vier­tel der Alt­stadt. Mit jüdi­schen Sied­lern sind Per­so­nen gemeint, die sich im Zuge einer jüdi­schen Sied­lungs­po­li­tik in den 1967 von Isra­el besetz­ten Palä­sti­nen­ser­ge­bie­ten ansie­deln, um das Land für Isra­el in Besitz zu nehmen.

Jeru­sa­lem soll­te laut dem Tei­lungs­plan der UNO einen inter­na­tio­na­len Sta­tus erhal­ten, wur­de aber im Zuge des soge­nann­ten israe­li­schen Unab­hän­gig­keits­krie­ges nach der Aus­ru­fung des Staa­tes Isra­el hart umkämpft und geteilt. West­je­ru­sa­lem wur­de von Isra­el besetzt und Ost­je­ru­sa­lem mit der Alt­stadt von Jor­da­ni­en. Im Sechs­ta­ge­krieg von 1967 besetz­te Isra­el auch den Ost­teil der Stadt und annek­tier­te ihn 1980. Der Vati­kan unter­stützt bis heu­te den UNO-Plan, daß Jeru­sa­lem einen inter­na­tio­na­len Sta­tus erhal­ten soll, um den frei­en Zugang zu den hei­li­gen Stät­ten zu garan­tie­ren. Aller­dings zeich­net sich unter Papst Fran­zis­kus mög­li­cher­wei­se eine Kurs­än­de­rung ab. 

Die Gei­ße­lungs­ka­pel­le wur­de im 12. Jahr­hun­dert von den Kreuz­rit­tern dort errich­tet, wo laut Über­lie­fe­rung die Fla­gel­la­tio (Gei­ße­lung) Jesu Chri­sti durch die römi­schen Sol­da­ten statt­ge­fun­den hat­te. Nach der isla­mi­schen Erobe­rung Jeru­sa­lems wur­de sie in einen Pfer­de­stall umge­wan­delt und stürz­te irgend­wann ein.

1836 wur­de die Rui­ne an die Fran­zis­ka­ner­kus­to­die des Hei­li­gen Lan­des zurück­ge­ge­ben. Her­zog Max Joseph in Bay­ern, der Vater von Kai­se­rin Sis­si (Eli­sa­beth) von Öster­reich, finan­zier­te die Instand­set­zung der Kir­che. Der Her­zog hat­te 1838 eine Rei­se ins Hei­li­ge Land unter­nom­men und war dabei vom Kustos in den Orden der Rit­ter vom Hei­li­gen Grab auf­ge­nom­men wor­den. Bei die­ser Gele­gen­heit wur­de er auf den trost­lo­sen Zustand der Gei­ße­lungs­ka­pel­le aufmerksam.

1929 wur­de die Kapel­le nach den Plä­nen des ita­lie­ni­schen Archi­tek­ten Anto­nio Bar­luz­zi durch Abtra­gung der Max-Josephs-Kapel­le auf den Fun­da­men­ten des hoch­mit­tel­al­ter­li­chen Baus im Stil der Kreuz­fah­rer­zeit wie­der auf­ge­baut. Bar­luz­zi ent­stamm­te einer Fami­lie, die über meh­re­re Gene­ra­tio­nen als Bau­mei­ster der Päp­ste diente.

Bei der Gei­ße­lungs­ka­pel­le befin­det sich der Sitz des Stu­di­um Bibli­cum Franciscanum.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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