Das Vermächtnis von Kardinal Pell: Eine vernichtende Kritik am Pontifikat von Papst Franziskus und der Blick auf das nächste Konklave

Die Enthüllung rückt ein Dokument in den Mittelpunkt


Kardinal George Pell mit Papst Franziskus, an dessen Pontifikat er vernichtende Kritik übte; vor allem aber schaute er auf das nächste Konklave.
Kardinal George Pell mit Papst Franziskus, an dessen Pontifikat er vernichtende Kritik übte; vor allem aber schaute er auf das nächste Konklave.

(Rom) Der am Diens­tag­abend, dem 10. Janu­ar, über­ra­schend ver­stor­be­ne austra­li­sche Kar­di­nal Geor­ge Pell, der durch Ver­leum­dung in sei­nen letz­ten Lebens­jah­ren durch die Höl­le gehen muß­te, hat­te noch zu Leb­zei­ten vor­ge­sorgt: Er hin­ter­läßt der Kir­che, ins­be­son­de­re dem Kar­di­nals­kol­le­gi­um, ein Ver­mächt­nis, das nun noch mehr Gewicht bekommt. Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster ent­hüll­te, daß Kar­di­nal Pell der Autor jener Denk­schrift ist, die im Früh­jahr 2022 unter einem Pseud­onym an alle Kar­di­nä­le ver­teilt wur­de. Der Vati­kan hüllt sich in Schweigen.

Anzei­ge

Fünf Tage vor sei­nem Able­ben hat­te Kar­di­nal Pell noch an der Toten­mes­se für Bene­dikt XVI. teil­ge­nom­men. Am 6. und 7. Janu­ar hielt er Exer­zi­ti­en in San Gio­van­ni Roton­do, wo der hei­li­ge Pater Pio vie­le Jah­re gewirkt hat­te und auch bestat­tet ist. Am 10. Janu­ar unter­zog er sich, laut Mit­tei­lung des Vati­kans, einer an sich harm­lo­sen Hüft­ope­ra­ti­on. Er sei aus der Nar­ko­se erwacht und habe mit den behan­deln­den Ärz­ten gespro­chen, erlitt dann aber einen Herz­in­farkt und starb im 82. Lebensjahr.

In dem gestern erschie­ne­nen Buch von Kuri­en­erz­bi­schof Georg Gäns­wein ent­hüllt der per­sön­li­che Sekre­tär von Bene­dikt XVI., daß die­ser sich in der letz­ten Pha­se sei­nes Lebens nach der Ves­per ger­ne etwas laut vor­le­sen ließ. Unter den Büchern, die er dabei bevor­zug­te, war das Haft­ta­ge­buch von Kar­di­nal Pell. Pell, eme­ri­tier­ter Erz­bi­schof von Syd­ney, ehe­ma­li­ges Mit­glied des Kar­di­nals­ra­tes und ehe­ma­li­ger Prä­fekt des vati­ka­ni­schen Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats, hat­te 2019/​2020 ein gan­zes Jahr unschul­dig im Gefäng­nis ver­brin­gen müssen.

Der groß­ge­wach­se­ne Austra­li­er mit nüch­ter­nem, durch­drin­gen­dem Ver­stand stand dem Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus kri­tisch gegen­über. Er erkann­te bald Fehl­ent­wick­lun­gen, vor denen er warn­te, wo es ihm mög­lich war. 2015 gehör­te er zu den Kar­di­nä­len, die am Beginn der zwei­ten Fami­li­en­s­syn­ode in einem Brief an Fran­zis­kus vor „vor­ge­fer­tig­ten Ergeb­nis­sen“ warn­ten. Sie spra­chen damit der Syn­oden­re­gie offen ihr Miß­trau­en aus.

Nun ent­hüll­te der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster, daß Kar­di­nal Pell auch der Autor der Denk­schrift war, die unter dem Pseud­onym „Demos“ (das Volk) am Beginn der Fasten­zeit 2022 unter den Kar­di­nä­len ver­brei­tet wur­de und für erheb­li­ches Auf­se­hen sorg­te. Anonym offen­sicht­lich des­halb, um eine Hexen­jagd und vor allem eine Ablen­kung vom Inhalt der Denk­schrift zu ver­mei­den. Damals blieb der Urhe­ber unbe­kannt. Klar war nur, daß es sich um einen engen Mit­ar­bei­ter eines Kar­di­nals han­deln muß­te, denn zu detail­liert waren die Kennt­nis­se, oder um einen Kar­di­nal selbst. Der Ver­dacht stand bereits damals im Raum.

Wegen des Todes und der Ent­hül­lung, daß Kar­di­nal Pell der Autor der Denk­schrift ist, soll die Denk­schrift mit dem Titel „Der Vati­kan heu­te“ erneut in den Mit­tel­punkt der Auf­merk­sam­keit gerückt werden.

Das eigent­li­che Anlie­gen ist aber nicht eine Bestands­auf­nah­me, die den ersten Teil umfaßt, son­dern der Aus­blick auf das kom­men­de Kon­kla­ve. Durch Pells Tod konn­te der anony­me Autor ent­hüllt wer­den, der sei­ne Denk­schrift mit ver­nich­ten­den Wor­ten über das Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus beginnt:

„Die Kom­men­ta­to­ren aller Schu­len, wenn auch aus unter­schied­li­chen Grün­den, mit der mög­li­chen Aus­nah­me von Pater Spa­da­ro SJ, sind sich einig, daß die­ses Pon­ti­fi­kat in vie­ler­lei Hin­sicht ein Desa­ster, eine Kata­stro­phe ist.“

In sechs knap­pen Punk­ten wird das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat einer scho­nungs­lo­sen Kri­tik unterzogen.

1

Obwohl die Kir­che auf dem hei­li­gen Petrus, dem Fel­sen, errich­tet ist und dem Papst eine ein­zig­ar­ti­ge Rol­le und Auf­ga­be zukommt, die apo­sto­li­sche Tra­di­ti­on zu bewah­ren und zu garan­tie­ren, daß in den Kir­chen wei­ter­hin gelehrt wird, was Chri­stus und die Apo­stel gelehrt haben, sei genau das gefährdet:

„Zuvor lau­te­te das Mot­to ‚Roma locu­ta. Cau­sa fini­ta est‘ [Rom hat gespro­chen, die Sache ist erle­digt]. Heu­te heißt es: ‚Roma loqui­tur. Con­fu­sio augetur‘ [Rom spricht, die Ver­wir­rung wächst].“

Als Bei­spie­le zur Unter­maue­rung der schwer­wie­gen­den Aus­sa­ge führ­te „Demos“ den deut­schen „Syn­oda­len Weg“ an, der die Homo­se­xua­li­tät aner­ken­nen, das Frau­en­prie­ster­tum und die Kom­mu­ni­on für Geschie­de­ne ein­füh­ren will. „Und der Papst schweigt.“

Nament­lich kri­ti­siert wird Kar­di­nal Jean-Clau­de Hol­le­rich, der Erz­bi­schof von Luxem­burg, selbst ein Jesu­it wie Papst Fran­zis­kus und Vor­sit­zen­der des Rats der Bischofs­kon­fe­ren­zen in der EU. Die­ser leug­ne die christ­li­che Leh­re über die Sexua­li­tät. „Und der Papst schweigt.“

Kar­di­nal Pell pran­ger­te unter die­sem Punkt auch die „akti­ve Ver­fol­gung der Tra­di­tio­na­li­sten und der kon­tem­pla­ti­ven Klö­ster“ an.

2

Die zwei­te Ankla­ge kommt einem direk­ten Häre­sie­vor­wurf gleich:

„Die zen­tra­le Stel­lung Chri­sti in der Leh­re wird geschwächt; Chri­stus wird aus dem Zen­trum ent­fernt. Manch­mal scheint Rom sogar die Bedeu­tung des stren­gen Mono­the­is­mus zu ver­ken­nen und spielt auf ein brei­te­res Kon­zept der Gott­heit an; nicht ganz Pan­the­is­mus, aber als eine Vari­an­te des hin­du­isti­schen Pantheismus.“

Zum Beleg wur­den angeführt:

Die „göt­zen­die­ne­ri­sche Pacha­ma­ma“, auch wenn „viel­leicht“ anfangs nicht eine sol­che Absicht bestan­den habe.

Die kon­tem­pla­ti­ven Frau­en­klö­ster wer­den ver­folgt und es gibt Ver­su­che, die Cha­ris­men zu ändern.

Die „syste­ma­ti­schen Angrif­fe“ gegen das „chri­sto­zen­tri­sche Erbe des hei­li­gen Johan­nes Paul II. im Glau­ben und in der Moral“ (die Ent­fer­nung zahl­rei­cher Dozen­ten aus dem päpst­li­chen Insti­tut für Ehe und Fami­lie, die Ver­wü­stung der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben, die Päpst­li­chen Aka­de­mien der Wis­sen­schaf­ten und der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, bei denen Abtrei­bungs­ver­fech­ter zu Mit­glie­dern oder als Red­ner ein­ge­la­den werden.

3

Der drit­te Ankla­ge­punkt bezieht sich auf die Unter­mi­nie­rung der Rechts­staat­lich­keit durch Franziskus:

„Die Nicht­ein­hal­tung der Geset­ze im Vati­kan droht zu einem inter­na­tio­na­len Skan­dal zu wer­den. Die­se Pro­ble­me wur­den in dem lau­fen­den Pro­zeß im Vati­kan gegen zehn Per­so­nen, die der finan­zi­el­len Fahr­läs­sig­keit beschul­digt wer­den, deut­lich, aber das Pro­blem ist älter und umfassender.“

Im lau­fen­den Ver­fah­ren wur­de von Fran­zis­kus vier­mal durch gehei­me Dekre­te das gel­ten­de Recht geän­dert, um die Ankla­ge zu unter­stüt­zen. Das wider­spricht ele­men­ta­ren Rechtsstandards.

Er garan­tie­re kei­ne ordent­li­chen Gerichts­ver­fah­ren (Kar­di­nal Ange­lo Becciu), regie­re bevor­zugt mit päpst­li­chen Dekre­ten motu pro­prio und eli­mi­nie­re das Recht der betrof­fe­nen Per­so­nen, Ein­spruch gegen Ent­schei­dun­gen ein­le­gen zu können.

Beklagt wer­den auch unor­tho­do­xe Über­wa­chungs­me­tho­den. Es gebe im Vati­kan „regel­mä­ßi­ge“ Tele­fon- und Inter­net­über­wa­chung, wobei nicht klar sei, was davon tat­säch­lich geneh­migt ist.

Es ste­he zudem der Ver­dacht im Raum, daß Maß­nah­men der Ein­schüch­te­rung die­nen und Bela­stungs­ma­te­ri­al fabri­ziert wur­de (im Fall des vati­ka­ni­schen Gene­ral­re­vi­sors Libe­ro Milone).

4

Der vier­te Punkt betrifft die Finan­zen des Vati­kans. Kar­di­nal Pell war 2014 von Fran­zis­kus als Prä­fekt des soeben neu­errich­te­ten Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats nach Rom beru­fen wor­den (wenn auch pri­mär, um ihn aus Austra­li­en zu ent­fer­nen und mög­lichst an San­ta Mar­ta zu bin­den). Noch bevor die neue Ein­rich­tung wirk­lich ope­ra­tiv war, ent­zog ihr Fran­zis­kus auch schon wie­der wich­ti­ge Zustän­dig­kei­ten, sobald sich zeig­te, daß Kar­di­nal Pell sei­ne Auf­ga­be ernst nahm, was ande­ren Insti­tu­tio­nen sehr mißfiel.

Der Vati­kan erwirt­schaf­tet ein jähr­li­ches Defi­zit, das wäh­rend Coro­na auf 30–35 Mil­lio­nen Euro im Jahr anwuchs.

Vor allem die Pen­si­ons­kas­se für die vati­ka­ni­schen Ange­stell­ten wies bereits vor Coro­na ein Defi­zit von rund 800 Mil­lio­nen Euro auf.

Der Vati­kan habe in den Lon­do­ner Immo­bi­li­en­spe­ku­la­tio­nen geschätz­te 217 Mil­lio­nen Euro verloren.

„Auf­grund von Inef­fi­zi­enz und Kor­rup­ti­on hat der Vati­kan in den ver­gan­ge­nen 25–30 Jah­ren min­de­stens wei­te­re 100 Mil­lio­nen, wahr­schein­lich um eini­ges mehr, viel­leicht 150–200 Mil­lio­nen Euro verloren.“

Der bereits genann­te Gene­ral­re­vi­sor Libe­ro Milo­ne wur­de 2017 mit „erfun­de­nen Anschul­di­gun­gen“ zum Rück­tritt gezwun­gen. „Er näher­te sich zu sehr der Kor­rup­ti­on im Staatssekretariat.“

5

Der fünf­te Ankla­ge­punkt gegen Fran­zis­kus betrifft des­sen poli­ti­sches Agieren.

„Der poli­ti­sche Ein­fluß von Papst Fran­zis­kus und des Vati­kans ist ver­nach­läs­sig­bar. In intel­lek­tu­el­ler Hin­sicht sind die päpst­li­chen Schrif­ten gegen­über dem Niveau von Johan­nes Paul II. und Papst Bene­dikt zurück­ge­gan­gen. Ent­schei­dun­gen und poli­ti­sche Maß­nah­men sind oft ‚poli­tisch kor­rekt‘, aber in Vene­zue­la, Hong­kong, Fest­land­chi­na und nun auch bei der rus­si­schen Inva­si­on gab es schwer­wie­gen­de Ver­säum­nis­se bei der Wah­rung der Menschenrechte.“

Das poli­ti­sche Pre­sti­ge des Vati­kans sei „auf gerin­gem Niveau“, wes­halb eine Rei­he von Posi­tio­nie­run­gen einer Revi­si­on zu unter­zie­hen seien.

6

In einem letz­ten Punkt wer­den ver­schie­de­ne The­men zusam­men­ge­faßt, dar­un­ter eine Aner­ken­nung der „triden­ti­ni­schen Tra­di­tio­na­li­sten“; die Wie­der­zu­las­sung von Ein­zelz­ele­bra­tio­nen im Peters­dom außer­halb des engen Kor­setts der neu­en Got­tes­dienst­ord­nung, die am 22. März 2021 in Kraft gesetzt wurde. 

„Der­zeit ist die­se gro­ße Basi­li­ka am frü­hen Mor­gen wie verlassen.“

Es wird zudem gesagt, die Coro­na-Kri­se habe den star­ken Rück­gang der Pil­ger, die an den Gene­ral­au­di­en­zen und Papst­mes­sen teil­neh­men, „zuge­deckt“, womit unter­stellt wird, Fran­zis­kus habe eini­ge sei­ner unver­hält­nis­mä­ßi­gen Radi­kal­maß­nah­men absicht­lich erlas­sen, um die­se Situa­ti­on auszunützen.

Schwe­rer wiegt eine wei­te­re Aussage:

„Der Hei­li­ge Vater hat wenig Rück­halt bei Semi­na­ri­sten und jun­gen Prie­stern, und in der vati­ka­ni­schen Kurie herrscht gro­ße Unzufriedenheit.“

Damit endet die Bestands­auf­nah­me und beginnt der zwei­te Teil, der sich mit dem näch­sten Kon­kla­ve befaßt. Die­ser Teil soll voll­in­halt­lich in Erin­ne­rung geru­fen werden:

Das nächste Konklave

1. Das Kar­di­nals­kol­le­gi­um ist durch exzen­tri­sche Ernen­nun­gen geschwächt und wur­de seit der Ableh­nung der Posi­tio­nen von Kar­di­nal Kas­per im Kon­si­sto­ri­um 2014 nicht wie­der ein­be­ru­fen. Vie­le Kar­di­nä­le sind ein­an­der unbe­kannt, was dem bevor­ste­hen­den Kon­kla­ve eine neue Dimen­si­on der Unvor­her­seh­bar­keit verleiht.

2. Seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil haben die katho­li­schen Auto­ri­tä­ten oft die feind­li­che Macht der Säku­la­ri­sie­rung, der Welt, des Flei­sches und des Teu­fels unter­schätzt, vor allem in der west­li­chen Welt, und den Ein­fluß und die Stär­ke der katho­li­schen Kir­che über­schätzt.
Wir sind [im Westen] schwä­cher als vor 50 Jah­ren, und vie­le Fak­to­ren ent­zie­hen sich zumin­dest kurz­fri­stig unse­rer Kon­trol­le, z. B. der Rück­gang der Zahl der Gläu­bi­gen, der Häu­fig­keit des Got­tes­dienst­be­suchs, das Ver­schwin­den oder Aus­ster­ben vie­ler Orden.

3. Der Papst muß weder der beste Evan­ge­list der Welt noch eine poli­ti­sche Kraft sein. Der Nach­fol­ger Petri hat als Ober­haupt des Bischofs­kol­le­gi­ums, das auch Nach­fol­ger der Apo­stel ist, eine grund­le­gen­de Rol­le für die Ein­heit und die Leh­re. Der neue Papst muß ver­ste­hen, daß das Geheim­nis der christ­li­chen und katho­li­schen Vita­li­tät in der Treue zu den Leh­ren Chri­sti und der katho­li­schen Pra­xis liegt. Sie ent­steht nicht durch Anpas­sung an die Welt oder durch Geld.

4. Die ersten Auf­ga­ben des neu­en Pap­stes wer­den die Wie­der­her­stel­lung der Nor­ma­li­tät sein, die Wie­der­her­stel­lung der lehr­mä­ßi­gen Klar­heit im Glau­ben und in der Moral, die Wie­der­her­stel­lung der gebüh­ren­den Ach­tung vor dem Gesetz und die Ver­si­che­rung, daß das erste Kri­te­ri­um für die Ernen­nung von Bischö­fen die Annah­me der apo­sto­li­schen Tra­di­ti­on ist. Theo­lo­gi­sche Kom­pe­tenz und Kul­tur sind für alle Bischö­fe und ins­be­son­de­re für Erz­bi­schö­fe ein Vor­teil und kein Hin­der­nis.
Dies sind die not­wen­di­gen Grund­la­gen für das Leben und die Ver­kün­di­gung des Evangeliums.

5. Wenn Syn­oden­ver­samm­lun­gen in der gan­zen Welt fort­ge­setzt wer­den, wer­den sie viel Zeit und Geld ver­schlin­gen und wahr­schein­lich Ener­gien von der Evan­ge­li­sie­rung und dem Dienst abzie­hen, anstatt die­se wesent­li­chen Akti­vi­tä­ten zu vertiefen.

Wenn natio­na­le oder kon­ti­nen­ta­le Syn­oden mit Lehr­be­fug­nis­sen aus­ge­stat­tet wer­den, haben wir eine neue Gefahr für die Ein­heit der Welt­kir­che, wobei z. B. die deut­sche Kir­che schon jetzt Lehr­po­si­tio­nen ver­tritt, die von ande­ren Kir­chen nicht geteilt wer­den und nicht mit der apo­sto­li­schen Tra­di­ti­on ver­ein­bar sind.

Wenn es kei­ne römi­sche Kor­rek­tur sol­cher Irr­leh­ren gibt, wür­de die Kir­che auf eine vage Föde­ra­ti­on von Orts­kir­chen mit unter­schied­li­chen Ansich­ten redu­ziert wer­den, die wahr­schein­lich eher einem angli­ka­ni­schen oder pro­te­stan­ti­schen Modell als einem ortho­do­xen ähnelt.

Eine unmit­tel­ba­re Prio­ri­tät für den näch­sten Papst muß es sein, eine sol­che gefähr­li­che Ent­wick­lung zu besei­ti­gen und zu ver­hin­dern, indem er die Ein­heit im Wesent­li­chen for­dert und kei­ne inak­zep­ta­blen Unter­schie­de in der Leh­re zuläßt. Die Moral homo­se­xu­el­ler Hand­lun­gen wird einer die­ser kri­ti­schen Punk­te sein.

6. Wäh­rend die jun­gen Kle­ri­ker und Semi­na­ri­sten fast durch­weg ortho­dox, manch­mal sogar eher kon­ser­va­tiv sind, muß sich der neue Papst der erheb­li­chen Ver­än­de­run­gen in der Kir­chen­füh­rung seit 2013 bewußt sein, viel­leicht beson­ders in Süd- und Mit­tel­ame­ri­ka. Der Vor­marsch der „lin­ken“ Pro­te­stan­ten in der katho­li­schen Kir­che hat einen neu­en Höhe­punkt erreicht.

Ein Schis­ma auf der Lin­ken ist unwahr­schein­lich, da sie in der Regel kei­ne Dra­men in Lehr­fra­gen ver­an­stal­ten. Ein Schis­ma kommt eher von rechts und ist immer mög­lich, wenn die lit­ur­gi­schen Span­nun­gen ange­heizt und nicht gedämpft werden.

Ein­heit im Wesent­li­chen. Viel­falt bei den nicht lebens­not­wen­di­gen Gütern. Näch­sten­lie­be in allem.

7. Trotz ihres gefähr­li­chen Nie­der­gangs im Westen und ihrer inhä­ren­ten Zer­brech­lich­keit und Insta­bi­li­tät an vie­len Orten soll­te ernst­haft über die Mög­lich­keit einer apo­sto­li­schen Visi­ta­ti­on bei der Gesell­schaft Jesu [Jesui­ten­or­den] nach­ge­dacht wer­den. Ihre Mit­glie­der­zahl ist kata­stro­phal gesun­ken, von 36.000 wäh­rend des Kon­zils auf weni­ger als 16.000 im Jahr 2017 (wobei wahr­schein­lich 20 bis 25 Pro­zent von ihnen über 75 Jah­re alt sind). Man­cher­orts ist auch ein kata­stro­pha­ler mora­li­scher Ver­fall festzustellen.

Der Orden ist stark zen­tra­li­siert und anfäl­lig für Refor­men oder den Ruin von oben. Das Cha­ris­ma und der Bei­trag der Jesui­ten waren und sind so wich­tig für die Kir­che, daß man nicht zulas­sen darf, daß sie unge­stört aus der Geschich­te ver­schwin­den oder ein­fach auf eine afro-asia­ti­sche Gemein­schaft redu­ziert werden.

8. Der kata­stro­pha­le Rück­gang der Zahl der Katho­li­ken und die Aus­brei­tung der Pro­te­stan­ten in Süd­ame­ri­ka müs­sen ange­gan­gen wer­den. Dies wur­de auf der Ama­zo­nas­syn­ode nur sehr wenig erwähnt.

9. Natür­lich muß im Vati­kan noch viel an den Finanz­re­for­men gear­bei­tet wer­den, aber das soll­te nicht das wich­tig­ste Kri­te­ri­um bei der Aus­wahl des näch­sten Pap­stes sein.

Der Vati­kan hat kei­ne gro­ßen Schul­den, aber die stän­di­gen jähr­li­chen Defi­zi­te wer­den schließ­lich zum Bank­rott füh­ren. Selbst­ver­ständ­lich wer­den Maß­nah­men ergrif­fen, um hier Abhil­fe zu schaf­fen, den Vati­kan von kri­mi­nel­len Kom­pli­zen zu tren­nen und Ein­nah­men und Aus­ga­ben aus­zu­glei­chen. Der Vati­kan muß sei­ne Kom­pe­tenz und Inte­gri­tät unter Beweis stel­len, um umfang­rei­che Spen­den zur Lösung die­ses Pro­blems zu erhalten.

Trotz ver­bes­ser­ter Ver­fah­ren und grö­ße­rer Trans­pa­renz stel­len die anhal­ten­den finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten eine gro­ße Her­aus­for­de­rung dar, aber sie sind weit weni­ger wich­tig als die geist­li­chen und lehr­mä­ßi­gen Gefah­ren, denen die Kir­che ins­be­son­de­re in der Ersten Welt aus­ge­setzt ist.

Demos

Fasten­zeit 2022

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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