Ein Gastbeitrag von Hubert Hecker
Nach dem Ende der europäischen Kolonialepoche verbreiteten Kritiker die Meinung, die Kreuzfahrer seien die ersten abendländischen Imperialisten gewesen, die unter religiösem Vorwand Land und Beute gesucht und die Bevölkerung der eroberten Gebiete unterdrückt und ausgebeutet hätten. Im zweiten Teil dieser Kreuzzugsdarstellung werden bei der Geschichte der Kreuzfahrerstaaten weitere Richtigstellungen vorgenommen – orientiert an dem Buch des amerikanischen Religionssoziologen Rodney Stark: Gottes Krieger. Die Kreuzzüge im neuen Licht.
Als die Kreuzfahrer nach Osten aufbrachen, gingen Papst und Ritterschaft davon aus, dass das zurückeroberte Heilige Land wieder unter die Oberherrschaft der byzantinischen Krone käme. Aber während des vierjährigen Feldzuges hatte sich Kaiser Alexios Komnenos zu dem Kreuzfahrerheer mehrmals distanzierend und teilweise verräterisch aufgeführt. Insofern war nach der Eroberung von Jerusalem klar, dass die Kreuzfahrer mit einem eigenen Staat ihre Eroberungen und damit die heiligen Stätten dauerhaft sichern mussten. Das geschah 1099 mit der Gründung des Königreichs Jerusalem, französisch Outremer, also ‚Jenseits des Meeres’. Nach dem Tod des Gründers Gottfried von Bouillon wurde dessen Bruder Balduin der erste König von Jerusalem. Die weiteren Kreuzfahrerstaaten, das Fürstentum Antiochia sowie die Grafschaften Edessa und Tripolis, waren weniger bedeutend und wurden später Lehen vom Hauptgebiet am Jordan.
Die feudal verfassten Kreuzfahrerstaaten …
Das Königreich Jerusalem umfasste geographisch etwa das heutige Israel sowie Teile des Libanon. Außer der Hauptstadt waren die wichtigsten Städte Hafenorte. Gutes Ackerland fand man nur in einem schmalen Streifen im Hochland. Wegen der fortdauernden muslimischen Bedrohung war das Königreich als wehrhafter Garnisonsstaat aufgebaut. Doch der chronische Mangel an militärischem Personal war zugleich das Hauptproblem des neuen Staates. Die meisten Kreuzfahrer waren nach der Eroberung Jerusalems in ihre Heimat zurückgekehrt. Übrig blieben kaum mehr als 300 Ritter und ebenso wenig Fußvolk, wie der Chronist Fulcher von Chartres berichtete.
Die adlige Ritterschaft war sozio-ökonomisch wie in Europa organisiert: zu Hause in großen Hausgemeinschaften mit Gefolgschaft und Gesinde, im Lande nach dem Feudalsystem. Der König belehnte seine schutzbefohlenen Ritter mit Dörfern, Ländern oder bestimmten Einkommensrechten. Die Vasallen waren dafür zu militärischen Dienstleistungen verpflichtet. Da es aber im damaligen Palästina nur wenig fruchtbares Land gab, saßen die Ritter gewöhnlich nicht auf Herrengütern oder Landsitzen. Sie waren zumeist bezahlte Krieger, die in den Städten lebten. Die Städte Jerusalem, Antiochia und Edessa waren damals größer als London oder Rom, die anderen Orte wie Akko, Jaffa, Sidon, Gaza und Tyros auch noch vergleichsweise Großstädte.
In den ersten Jahren und Jahrzehnten war die Ritterschaft in Outremer noch vielfach auf die finanzielle Unterstützung aus ihren europäischen Besitztümern angewiesen. Die wichtigste Einnahmequelle im Königreich selbst bildeten die Bezahlungen und Spenden der Pilger. Dazu kamen Steuern auf den städtischen Gewürzhandel sowie die Karawanenzüge. Man errichtete an der Karawanenstraße große Burgen.
… waren keine Kolonialstaaten
Zu den Kreuzfahrern, ihren Familien und Gefolgschaften kam zwar ein Rinnsal von Zuwanderern, aber die Christen blieben eine kleine herrschende Minderheit im Heiligen Land. Die Mehrheit waren muslimische Bauern und Stadtbevölkerung. Islamische Schriftsteller bestätigen, dass die christlichen Franken ihre muslimischen Untertanen bei Steuern und Abgaben sowie in der Rechtssprechung fair behandelten und sie bei der Religionsausübung keine Auflagen zu befürchten hatten, wie sie der Dhimmi-Status der Christen in islamischen Ländern nach sich zog. Damit ist der Vorwurf gegenstandslos, die Kreuzfahrer wären ausbeuterische und repressive Kolonialisten gewesen. Die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe waren die orientalischen Christen verschiedener Konfessionen. Schließlich lebten weiterhin Juden in Palästina.
Schutz der Pilger – das vorrangige Anliegen der neuen Ritterorden
Die Situation der Pilger auf den Strecken von den Hafenstädten bis nach Jerusalem blieb prekär. In den ersten beiden Jahrzehnten nach 1099 blieb es bei Klagen über Ausplünderungen, Überfälle bis hin zu Tötungen, bedingt durch den akuten Mangel an wehrfähigen Männern im Königreich. 1119 überfielen Muslime aus Tyrus eine große Pilgergruppe. Dabei ermordeten sie 300 Personen, 60 wurden versklavt. Dieser feige Überfall war das Signal für die Gründung eines Ordens zum Schutz der Pilger. 20 bis 30 fränkische Ritter unter der Führung von zwei Kreuzfahrern hatten sich geschworen, im Dienste König Balduins II. gemeinschaftlich Angriffe auf Pilger abzuwehren. Der König überließ ihnen als Unterkunft einen Teil seines Palastes, der auf dem Platz des ehemaligen Tempels Salomons stand. Von Anfang an konnten die Templer auf ritterliche Schenkungen und Beihilfe rechnen. Die wichtigste geistliche Unterstützung kam von dem Gründer des Zisterzienserordens Bernhard von Clairvaux, der selbst aus einer burgundischen Ritterfamilie stammte. Er entwarf für die Templer eine detaillierte Ordensregel, mit dem das Institut kirchlich anerkannt wurde. In der Regel wird ein christlich-tugendhaftes Ritterideal entworfen, das durchaus auch Einfluss auf die Zivilisierung der weltlichen Ritter hatte. Eintreten in den Orden durften nur lebenserfahrene Ritter, aber auch Bürgerliche, die zu Fuß- und Kavalleriesoldaten ausgebildet wurden. Dazu kamen Knappen als Hilfssoldaten und dienende Brüder als Handwerker. Zu der Kerntruppe der Templer gesellten sich Ritter, Armbrustschützen und Fußsoldaten, die aus Europa zeitweise und gegen Bezahlung ins Heilige Land kamen. Der Orden verfügte schließlich über etwa 300 Ritter und einige Tausend Sergeanten-Kämpfer in seinen Stützpunkten und Burgen. So konnten sie die Pilgerströme deutlich besser schützen als früher.
Bedeutend größer war die Zahl der Ordensritter in Europa. Die Templer bekamen sehr rasch Tausende von Ländereien und Häuser gestiftet und bauten selbst Hunderte von Häusern und Burgen. Sie wurden schließlich Fachleute für Güter- und Geldverwaltung sowie für Finanzdienstleistungen aller Art. Wegen ihres großen Reichtums hatten die Templer viele weltliche Neider. Als dann der letzte Stützpunkt in Palästina 1291 fiel, verblassten Mandat und öffentliches Ansehen der Templer-Ritter. Gut 20 Jahre später ließ der französische König mit Hilfe kirchlicher Stellen die Templer zu Häretikern erklären und anschließend ihr riesiges Vermögen einziehen.
Die Nachfahren der Johanniter-Ritter helfen als Malteser bis heute
Ein zweiter Ritterorden waren die Johanniter mit offiziellem Namen Ritterlicher Orden Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem. Wie der Name andeutet, entstand dieser Orden aus einem großen Spital, dessen Anfänge schon vor der Eroberung Jerusalems lagen. Aus dem Beweggrund, die Pilgerwege zu schützen, übernahmen die Hospitaliter Burgen und bauten Stützpunkte aus. Schließlich legten sie sich eine Ordensregel und das Ordenskleid zu: ein schwarzer Umhang mit einem weißen Kreuz auf der Brust. Die Johanniter konnten sich im 12. Jahrhundert an Größe und Bedeutung mit den Templern messen und wiesen ebenso viele Gefallene auf. Nach der Aufgabe des Heiligen Landes verlegten sie ihren Hauptsitz nach Rhodos und von dort nach Malta. Während der folgenden Jahrhunderte wehrten sie mehrfach muslimische Angriffe ab. Da die Johanniter weiterhin militärischen Widerstand gegen die muslimischen Aggressoren leisteten, war ihr Status und Ansehen weiterhin legitimiert. Das schützte sie vor Verschwörungen und Verboten, obwohl sie auch in Europa beträchtliche Vermögen angehäuft hatten. Die Johanniter gibt es bis heute unter der Bezeichnung Malteser.
Helfen – Wehren – Heilen heißt der Wahlspruch des Deutschen Ordens
Der dritte Ritterorden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem hatte seinen Ursprung ebenfalls in einem Hospital, nämlich dem Feldhospital bremischer und lübischer Kaufleute während des Dritten Kreuzzuges um 1190 bei der Belagerung der Stadt Akkon. Nach der Erhebung der Spitalgemeinschaft zum geistlichen Ritterorden um 1198 engagierten sich die Mitglieder, Ordensritter und Brüder, auch als Kämpfer an den Schutzmaßnahmen im Heiligen Land. Ähnlich wie die anderen Ritterorden bauten sie in ihrer Heimat, dem Heiligen Römischen Reich, ein Netzwerk von Niederlassungen auf. Nach dem Rückzug aus dem Heiligen Lande beteiligten sie sich am Schutz der deutschen Ostkolonisation in Siebenbürgen. Eine zentrale Rolle spielte ab dem Ende des 13. Jahrhunderts der im Baltikum begründete Deutschordensstaat.
Friede herrschte in den Kreuzfahrerstaaten nie. Ständig wurden von den muslimischen Stützpunkten innerhalb der Kreuzfahrerstaaten Überfälle auf Pilger sowie auf Orte und Städte unternommen. Auch von den Außengrenzen unternahmen muslimische Herrscher immer wieder sporadische Angriffe gegen sie. 40 Jahre lang wurden diese Angriffe von den Rittern und Ritterorden abgewehrt.
Der zweite Kreuzzug war ein Desaster schon im Anmarsch
Zu Weihnachten 1144 eroberte ein seldschukisches Heer die Stadt Edessa. Alle Einwohner, die nicht bei der Einnahme umkamen, wurden versklavt. Die Nachricht vom Fall Edessas wurde in Europa als schrecklicher Schlag wahrgenommen. Papst Eugen III. rief zu einem neuen Kreuzzug auf. Aber erst die Predigten des Bernhard von Clairvaux brachten die Ritterschaft in Bewegung. Im Mai 1147 zog ein Heer von 30.000 deutschen Rittern und Fußsoldaten unter der Leitung von Kaiser Konrad III. über die Landroute nach Konstantinopel. Im Juni zogen die Franzosen los unter ihrem König Ludwig VII.
Das deutsche Kreuzfahrerheer zog wie der erste Kreuzzug quer durch Kleinasien Richtung Antiochia. Es wurde ausgehungert und halb verdurstet an einem Fluss von dem seldschukischen Heer überrascht und bis auf 2000 Mann aufgerieben. Neben eigener Unvorsichtigkeit gaben die Chronisten wieder den Oströmern als perfiden Griechen eine Teilschuld an dem Desaster. Ein Großteil des französischen Heeres wurde ebenfalls vernichtet. König Ludwig konnte mit einem Teil der Ritter per Schiff nach Jerusalem segeln. Die Verluste zwei großer Heere gaben der Kreuzzugsbegeisterung in Europa einen schweren Schlag, während das muslimische Selbstbewusstsein stieg.
Das Königreich Jerusalem war von diesen Rückschlägen nicht betroffen. Es ließ neue Burgen und befestigte Stützpunkte bauen. Zwischen 1150 und 1180 zogen christliche Heere mehrmals nach Süden, eroberten Askalon und belagerten ägyptische Städte wie Kairo, Damiette und Alexandria, wo sie jeweils mit viel Tributen wieder abzogen. Diese Eroberungszüge verweigerten die Templer, da sie nicht zu ihrer Mission gehörten.
Die Niederlage des Kreuzfahrerheeres 1187 löste den 3. Kreuzzug aus
Mit dem kurdisch-sunnitischen Herrscher Saladin erwuchs dem Kreuzfahrerstaat ein ebenbürtiger Gegner. Der hatte um 1180 die Herrschaft über Syrien und Ägypten übernommen. Bei der Schlacht von Hattin vernichtete er das Heer des Königreichs mit 1.200 Rittern und 20.000 Fußsoldaten nach deren taktischen Fehlleistungen. Bei Saladins Belagerung Jerusalems stimmte die Stadtführung einer Übergabe zu, so dass etwa die Hälfte der Bewohner gegen Lösegeld freikamen. Er verhielt sich nach den damaligen Kriegsgepflogenheiten. Nach Kämpfen und bei wehrhaften Städten wie Jaffa ließ Saladin die christlichen Gegner enthaupten oder die überlebende Bevölkerung versklaven.
Den Christen blieben die befestigten Hafenstädte Tyros, Antiochia und Tripolis. Konrad von Montferrat organisierte mit seinen Rittern die erfolgreiche Verteidigung von Tyros gegen Saladins Land- und Seebelagerung. Eine normannische Flotte brachte Verstärkung an Rittern und Proviant nach Tripolis und Antiochia. Man schickte Emissäre nach Europa, die für einen dritten Kreuzzug werben sollten.
1189 zog der deutsche Kaiser Barbarossa mit einem großen Heer Richtung Konstantinopel. Der Hass der Byzantiner auf die lateinischen Christen war inzwischen so groß, dass Kaiser Isaak mit Saladin einen Vertrag gemacht hatte, seine Armeen gegen die Kreuzfahrerheere einzusetzen. Erst nach der Drohung mit der Belagerung Konstantinopels lenkte der Kaiser ein und gewährte freien Durchzug durch Kleinasien. Beim Überqueren des Flusses Saleph fiel Kaiser Barbarossa vom Pferd und ertrank. Der Tod des Anführers erschütterte das Kreuzfahrerheer. Es löste sich praktisch auf.
König Richard Löwenherz schlug Saladins Truppen in die Flucht
1190 stach eine große englisch-französische Kreuzfahrerflotte in See – unter ihren Anführern Richard Löwenherz und Philipp II. August. Der englische König eroberte mit seinen Truppen zunächst Zypern. Mit seinem Ankommen in Akko wurde die Stadt von Saladin zurückerobert. Dann zog er mit 4000 Rittern und 14.000 Fußsoldaten Richtung Jerusalem. In der Schlacht bei Arsuf griff Saladin mit seinem großen Heer an. Diesmal hielten die Schlachtreihen der Gepanzerten stand und Saladins Truppen verließen fluchtartig den Kampfort. Auch bei der Schlacht um Jaffa zogen die Muslime den Kürzeren. In den anschließenden Verträgen sicherte Saladin zu, christlichen Pilgern den Zugang nach Jerusalem zu gestatten.
1204: Der Tiefpunkt west-östlicher Zerstrittenheit
Der vierte Kreuzzug hatte zum Ziel, die Hauptbedrohung vom Heiligen Land, die ägyptische Armee, zu besiegen. Nach den schlechten Erfahrungen mit dem Landweg bevorzugte man den Seeweg. Venedig, die Hauptmacht im Mittelmeer, erklärte sich bereit, Schiffe für mehr als 30.000 Kreuzfahrer samt Pferden auszurüsten. Die Kosten zahlten die Teilnehmer, die Restsumme sollte mit der venezianischen Beteiligung und der Niederschlagung einer Rebellion in der Küstenstadt Zara (Zadar) einfließen.
Im Winterlager auf Korfu machte ein exilierter byzantinischer Prinz den Kreuzfahrern Vorschläge für eine dauerhafte Allianz zwischen West und Ost zur Sicherung der Heiligen Landes, wenn sie ihm zum Kaiserthron verhülfen. Daraufhin belagerte das Heer Konstantinopel, der amtierende Kaiser floh und der Prinz Alexios wurde auf den Thron gehoben. Das Kreuzfahrerheer zog sich zurück, ebenso die venezianischen Galeeren. Da drehte sich der politische Wind. Der byzantinische Adel stürzte den neuen Kaiser und bekämpfte nun die Lateiner zu Wasser und zu Land. Die Kreuzfahrer fühlten sich verraten – wie schon vielfach in den drei Kreuzzügen zuvor. In dieser Situation entschlossen sich Venezianer und Kreuzfahrer, die Stadt zu erobern und zu plündern. Der Papst sprach dazu in einem Eilschreiben ein Verbot aus und protestierte anschließend energisch gegen die Plünderung. Mit der gemeinsamen Beute sollten die Schulden der Kreuzfahrt getilgt, dann zu gleichen Teilen an die beteiligten Parteien sowie den neuen Kaiser verteilt werden. Die Plünderung dauerte drei Tage. Anschließend setzten die Kreuzfahrer einen lateinischen Kaiser auf den oströmischen Thron. Zur Sicherung seiner Herrschaft blieben die Kreuzfahrer bis 1205 in der Stadt. Damit war das Kreuzzugsziel abgeschrieben. Die Plünderung der Stadt wird vielfach als schändlich gewertet. Aus dem Kontext der west-östlichen Vorgeschichte findet man auch verständliche Argumente: Für die vielen feindlichen Aktionen und Verrätereien der oströmischen Kaiser seit dem 1. Kreuzzug, die vielen Tausenden Kreuzfahrern das Leben kosteten, war der organisierte Beutezug gewissermaßen ein Gericht über die byzantinische Hauptstadt. Bei einer fairen Beurteilung der Ereignisse muss der Schuldanteil der Byzantiner an dieser Entwicklung jedenfalls in Rechnung gestellt werden. Historiker gehen davon aus, dass die Venezianer die Haupttriebkraft für den Plan zur Eroberung und Plünderung der Stadt waren – auch um einen Konkurrenten im Levante-Handel auszuschalten. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass die Vertreter der christlichen Ritter dem Plan zustimmten. Doch die Entscheidung und Tat der Plünderung Konstantinopels entsprach nicht dem Konzept der christlichen Ritterschaft. Daher hatte der Papst auch einen Bann gegen die Eroberer ausgesprochen. Fatal waren die strategischen Folgen – nämlich eine Schwächung des oströmischen Reichs gegenüber den Seldschuken.
Misslungene Kreuzzüge nach Ägypten …
Der fünfte Kreuzzug hatte wieder zum Ziel, die Herrschaft der Saladin-Nachfolger in Ägypten zu bekämpfen und zu schwächen, um dauerhaft Sicherheit für das Heilige Land zu erreichen. Die Aktionen in Ägypten wurden letztlich durch einen spanischen Kardinal vermasselt, der, vom Papst geschickt, den Oberbefehl über das Kreuzfahrerheer hatte. Der päpstliche Legat hatte bei Widerspruch und Opposition gegen seine Entscheidungen mit kirchlicher Exkommunikation gedroht. Hier zeitigte die theologisch fehlerhafte Vermischung von kirchlicher und weltlicher Macht auch ihren praktischen Fehlschlag.
Acht Jahre später landete Kaiser Friedrich II. mit einem kleinen Heer in Akko. Er konnte immerhin durch Verhandlungen mit dem ägyptischen Sultan erreichen, dass Jerusalem wieder für 15 Jahre unter christliche Herrschaft kam. Doch 1244 überrannte das Turkvolk der Choresmier Jerusalem und vernichtete das Aufgebot der Ritter im Heiligen Land.
Diese Katastrophe regte in Europa den nächsten Kreuzzug an. Er stand unter der Führung des französischen Königs Ludwig IX. Auch dieser Feldzug nach Ägypten endete nach anfänglichen Erfolgen mit der Zersetzung und Gefangennahme des Kreuzfahrerheeres.
… und als Folge zerschlagen Mameluckenheere die letzten Kreuzfahrerfestungen
Inzwischen hatten in Ägypten die Anführer des muslimischen Sklavenheeres, Mamelucken genannt, die Herrschaft übernommen. Ab 1266 wüteten die Truppen Baibars im Heiligen Land, töteten und versklavten alle Christengemeinden auf dem Land und eroberten viele Ritterburgen. Auch die beiden großen Hafenfestungsstädte Jaffa und Antiochia fielen. Baibar hielt selten Übergabeversprechen ein. Er selbst rühmte sich in Briefen genau der Grausamkeiten an den Christen, die Papst Urban 170 Jahren vorher vor Augen gestellt hatte. In den Jahren um 1290 eroberten Mameluckenheere die letzten christlichen Festungsstädte an der Küste.
Der ‚Kreuzzug‘ gegen südfranzösische Ketzer diskreditiert die ursprüngliche Kreuzzugsidee
Die fehlgeschlagenen Kreuzzüge im 13. Jahrhundert bestärkten Zweifler an weiteren Unternehmen. Dazu kam eine Opposition gegen die neuen Kreuzzugssteuern, die die französischen und englischen Könige vor allem für Adel und Klerus eingeführt hatten. Man wies auch auf die Vergeblichkeit des Kampfes gegen die Überzahl der Muslime hin. Auch theologische Gründe wurden laut: Wegen der Sünden der Kreuzfahrer hätte Gott die Niederlagen zugelassen. Schließlich bestritten Albingenser, Waldenser und Katharer überhaupt die moralische Berechtigung eines gerechten Krieges. Dass diese Gruppen in Südfrankreich selbst mit einem Kreuzzug bekämpft wurden, brachte den christlichen Kreuzzugsgedanken dann endgültig in Verruf. Diese Kriege des nordfranzösischen Adels gegen die nicht-fränkischen Süd-Franzosen hatten mit dem ursprünglichen Kreuzzugsideal des ritterlichen Kampfes im Dienste der Kirche zum Schutz der Pilger, Schwachen und Wehrlosen nichts mehr gemein.
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