Straft Gott die Erde?

Der katholische Glaube und das Geheimnis des Bösen


"Der große Tag seines Zorns" von John Martin, 1853
"Der große Tag seines Zorns" von John Martin, 1853

Von Mad­da­le­na del­la Somaglia

Im März 2011 schlug Prof. Rober­to de Mat­tei in sei­ner monat­li­chen Kolum­ne auf Radio Maria eine Refle­xi­on über das „Geheim­nis des Bösen“ vor, die durch den Tsu­na­mi inspi­riert wur­de, der Japan zu die­ser Zeit heim­ge­sucht hat­te. Sei­ne Über­le­gun­gen lösten eine Flut von Kon­tro­ver­sen aus und führ­ten sogar zu einer Unter­schrif­ten­samm­lung, die sei­nen Rück­tritt von sei­nem dama­li­gen Amt als stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Natio­na­len For­schungs­rats (CNR) for­der­te (einer Regie­rungs­be­hör­de mit dem Auf­trag, For­schungs­ar­bei­ten in allen Wis­sen­schaf­ten zu för­dern und zu unter­stüt­zen. Der CNR nimmt dabei in Ita­li­en eine füh­ren­de Stel­lung im Bereich der Grund­la­gen­for­schung ein).

In den fol­gen­den Jah­ren häuf­ten sich Natur­ka­ta­stro­phen und kol­lek­ti­ve Unglücke, und Prof. de Mat­tei sprach oft über das Wir­ken Got­tes in der Geschich­te. Der Ver­lag Fede e Cul­tu­ra mit Sitz in Vero­na, der bereits ande­re Aus­füh­run­gen de Matt­eis auf Radio Maria ver­öf­fent­licht hat­te, hat sei­ne Anspra­che von damals nun in Buch­form erneut vor­ge­legt zusam­men mit denen, die er in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren zum The­ma gehal­ten hat (Bestraft Gott die Welt? Der Glau­be und das Geheim­nis des Bösen. Fede e Cul­tu­ra, Vero­na 2022, 240 Sei­ten, Euro 19,00).

Straft Gott die Welt?

Der Ein­sturz der Kathe­dra­le von Nur­sia, der Brand von Not­re Dame in Paris und vor allem die Covid-19-Pan­de­mie und der Krieg in der Ukrai­ne haben die Auf­merk­sam­keit wie­der auf das Pro­blem des Bösen und das Geheim­nis der Geschich­te gelenkt. Es scheint die Stun­de des­sen ein­zu­läu­ten, was Ste­fan Zweig die „Stern­stun­den der Mensch­heit“ nennt, die von dra­ma­ti­schem Poten­zi­al gesät­tig­ten und schick­sals­schwan­ge­ren Stun­den, in denen eine uner­meß­li­che Men­ge von Ereig­nis­sen in einem sehr kur­zen Zeit­raum kon­zen­triert wird, wie die Elek­tri­zi­tät der gesam­ten Atmo­sphä­re an der Spit­ze eines Blitzableiters.

Zu den Über­le­gun­gen des Autors kom­men in die­sem Buch die Über­le­gun­gen ande­rer maß­geb­li­cher Ver­tre­ter der katho­li­schen Kul­tur wie Pater Gio­van­ni Caval­co­li OP, Pater Ser­a­fi­no M. Lan­zet­ta (Fami­lie der Unbe­fleck­ten Jung­frau und des hei­li­gen Fran­zis­kus), Cri­sti­na Sic­car­di und Cor­ra­do Gner­re hin­zu, die sich fun­diert mit einer grund­sätz­li­chen Fra­ge aus­ein­an­der­set­zen: Kön­nen die Unglücke, die den Men­schen wider­fah­ren, auch als Stra­fe gedeu­tet wer­den, die Gott den Men­schen für ihre Schlech­tig­keit vor­be­hält? Es gab eine Zeit, in der die Men­schen in der Lage waren, in allen Ereig­nis­sen, die sich ihrem Wil­len ent­zo­gen, die Bot­schaf­ten Got­tes zu lesen. Heu­te ist es so, daß vie­le Katho­li­ken dar­auf behar­ren, nur die Hand des Men­schen zu sehen, aber die Vor­stel­lung eines Ein­grei­fens Got­tes in die Geschich­te ablehnen. 

Schon Papst Pius XII. hat in sei­ner Radio­bot­schaft vom 29. Juni 1941 fest­ge­stellt, daß die Men­schen „die Ereig­nis­se mit dem kur­zen Blick der Zeit beur­tei­len, die ver­geht, unwie­der­bring­lich ver­geht; Gott hin­ge­gen betrach­tet sie aus der Höhe und aus der unbe­weg­ten Mit­te der Ewig­keit. Sie haben das enge Pan­ora­ma eini­ger Jah­re vor Augen: Gott hin­ge­gen hat das uni­ver­sel­le Pan­ora­ma der Jahr­hun­der­te vor Augen.“

Es ist ein Dog­ma des katho­li­schen Glau­bens, das vom Ersten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ver­kün­det wur­de: Gott küm­mert sich um alles, auch um das klein­ste Ding, und führt es zu sei­nem Ziel. In der Geschich­te geschieht nichts, was nicht von der gött­li­chen Vor­se­hung gewollt ist, und Gott benutzt oft Natur­ka­ta­stro­phen, Krie­ge und Revo­lu­tio­nen, um die Sün­den von Völ­kern zu bestra­fen, die im Gegen­satz zu ein­zel­nen Men­schen im Hori­zont der Zeit leben und kein Schick­sal in der Ewig­keit haben. A fame, peste et bel­lo libe­ra nos, Domi­ne: Hun­gers­not, Pest und Krieg sind Gei­ßeln, die die Kir­che seit jeher zusam­men­ge­nom­men hat und als gött­li­che Stra­fen für die öffent­li­chen Sün­den der Völ­ker und ihrer Herr­scher bezeichnet.

Prof. de Mat­tei schreibt in der Ein­lei­tung zu die­sem Buch:

„Wie könn­te man leug­nen, daß die moder­ne Welt, die in Sün­de ver­sun­ken ist, eine gro­ße kol­lek­ti­ve Züch­ti­gung ver­dient. Ist es nicht wahr, daß die Got­tes­mut­ter 1917 in Fati­ma eine schreck­li­che Stra­fe für die Mensch­heit ankün­dig­te, wenn sie sich nicht bekehrt und zur Ach­tung des gött­li­chen Geset­zes zurück­kehrt? Die Bot­schaft von Fati­ma ist kei­ne apo­ka­lyp­ti­sche Erzäh­lung mensch­li­chen Ursprungs, son­dern eine gött­li­che Ver­kün­di­gung, die von der Kir­che aner­kannt wird.“

Doch „das Sze­na­rio, das die Got­tes­mut­ter mit ihrer Pro­phe­zei­ung eröff­net, erfüllt das Herz nicht nur mit Angst, son­dern auch mit Hoff­nung. Gott ist unend­lich gerecht, aber sein letz­tes Wort ist immer das der Barmherzigkeit“.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: John Mar­tin: Der gro­ße Tag sei­nes Zorns (1853)/Wikicommons

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1 Kommentar

  1. Die Mut­ter Got­tes hat gewarnt und Trüb­sa­le vor­aus­ge­sagt und vie­le Hei­li­ge wie auch Pater Pio u ande­re. Aber schon im alten Testa­ment kann man nach­le­sen. Wie Gott sagt 1000 Jah­re sind für ihn wie ein Tag
    Und alte Volks­weis­heit. „ Got­tes Müh­len mah­len langsam ….
    Ich habs nicht eilig . Viel­leicht hat Gott noch 10 Gerech­te gefunden

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