
Kevin Duffy war ehemaliger Direktor und Berater des multinationalen Abtreibungskonzerns Marie Stopes International, jetzt umbenannt in MSI Reproductive Choices, mit Sitz in London und 13.000 Angestellten. Mit der Verhinderung und Tötung ungeborener Kinder läßt sich viel Geld machen. Im März 2019 verließ Duffy das Unternehmen und wurde ein überzeugter Lebensrechtsaktivist. Mehr noch: Er ist heute Geschäftsführer der Society for the Protection of Unborn Children (SPUC), der Gesellschaft zum Schutz der ungeborenen Kinder, im Bereich Forschung und Bildung. Dieser Seitenwechsel „ist nicht ganz wie die Geschichte im Film ‚Unplanned‘, aber nahe dran“, so der Psychologe, aktive Lebensschützer und Journalist Mauro Faverzani.
Kevin Duffy war sechs Jahre lang für den Aufbau von Abtreibungszentren in Afrika und Südasien verantwortlich:
„Ich wußte immer, daß es sich bei einer Abtreibung um die Tötung eines Menschenlebens handelt, aber damals ging ich davon aus, daß sich die Frauen ohnehin diesem Eingriff unterziehen würden und es daher besser sei, wenn er unter hygienischen und sicheren Bedingungen durchgeführt würde.“
Als das internationale Abtreibungsunternehmen, für das er arbeitete, zusätzlich zu den chirurgischen Abtreibungen auch pharmakologische Abtreibungen in Eigenregie durchführte, kamen in ihm die ersten Zweifel auf. Es gab keine Unterstützung für die Frauen, sodaß selbst deren Gesundheit nicht mehr sicher war, ganz zu schweigen von ihrem Wohlergehen und dem des Kindes. Als Insider weiß er:
„Immer mehr Frauen kommen mit unvollständigen Abtreibungen in die medizinischen Zentren, nachdem sie in der örtlichen Apotheke gekaufte Abtreibungspillen in Eigenregie eingenommen haben.“
Im Frühjahr 2020 wurde im Vereinigten Königreich bekanntgemacht, daß Abtreibungspillen auch auf dem Postweg bezogen werden können, aber es stellte sich bald heraus, daß sich diese Vorgehensweise jeglicher Kontrolle entzieht. Ein Anruf genügt, um Abtreibungsprodukte an fiktive Personen zu schicken. Wichtig ist nur, daß ein Frauenname angegeben wird:
„Und sie nannten dies einen fantastischen Fortschritt im Gesundheitswesen“, so Duffy.
Die ganze Entwicklung löste in Duffy einen Umdenkprozeß ein. Der einzige Grund, weshalb er mitgemacht hatte, war weggefallen.
„Ich habe beschlossen, mein Wissen und meine Erfahrung in den Dienst der Lebensrechtsbewegung zu stellen. Ich bin zuversichtlich, daß die falschen Narrative der Abtreibungsindustrie besiegt werden können und daß eine Kultur des Lebens wiederhergestellt werden kann, die sich wirklich um das Wohlergehen der Frauen und den Schutz der Menschenrechte kümmert. Die Arbeit bei dem Abtreibungsriesen hat mir gezeigt, wie gewalttätig diese Praxis ist und wie kalt und gefühllos die Frauen behandelt werden. Die Mitgliedschaft in der SPUC, der größten britischen Pro-Life-Gruppe, ist eine großartige Gelegenheit, meinen Beitrag dazu zu leisten, daß Abtreibung eines Tages undenkbar wird.“
Und noch eine gute Nachricht gibt es: In den letzten Tagen hat der Oberste Gerichtshof des Staates Georgia (USA) die Heartbeat Bill wieder in Kraft gesetzt, die von einem örtlichen Richter blockiert worden war. Das bedeutet, daß eine Abtreibung nach der sechsten Schwangerschaftswoche, wenn man den Herzschlag des Babys im Mutterleib hören kann, wieder verboten ist. Die große Wende brachte das Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA vom vergangenen Juni, mit dem das unsägliche Abtreibungsurteil Roe gegen Wade von 1973 aufgehoben und festgestellt wurde, daß Abtreibung kein verfassungsmäßiges Recht ist. Seither ist eine Heartbeat-Bill in vier Staaten der USA in Kraft getreten und in weiteren drei Staaten gerichtlich blockiert, was aber bald fallen dürfte. In sieben Staaten ist die Tötung ungeborener Kinder seither grundsätzlich verboten. In zwei weiteren Staaten gibt es keine Abtreiber mehr. Und im Staat New Mexico diskutierte das Parlament über die Einführung des Gesetzes.
Malta ist das einzige Land in der EU, in dem die Tötung ungeborener Kinder völlig verboten ist. Es wird damit gerechnet, daß sich das Parlament noch in diesem Winter mit einem Gesetzentwurf befassen wird, der Abtreibung für zulässig erklärt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Der Erzbischof von Malta, Msgr. Charles Scicluna, rief die Politiker des Landes auf, dem Druck der internationalen Abtreibungslobby standzuhalten, und sagte in einem Appell, die katholische Lehre über das Leben „ist weder käuflich noch verhandelbar“:
„Ich bitte im Namen Gottes, die Tür zur Abtreibung nicht mit einer Klausel aufzustoßen, die so entstellt werden kann, daß die Ausnahme zur Regel wird. Das Recht auf Leben ist eng mit der Verteidigung eines jeden anderen Menschenrechts verbunden.“
„Erhaltung des Planeten“ schließt Schutz von Menschenleben aus
Eine schlechte Nachricht kommt hingegen aus Frankreich. Die Nationalversammlung, das ist die erste Kammer des französischen Parlaments, hat den ersten Schritt unternommen, die Tötung eines ungeborenen Kindes als „Recht“ in der Verfassung zu verankern. Im Parlament verfügt nicht Staatspräsident Emmanuel Macron über eine Mehrheit, sondern die Opposition. Die Initiative zur Verfassungsänderung geht von der radikalen Linken La France insoumise (LFI) von Jean-Luc Mélenchon aus. Erstunterzeichnerin ist die Fraktionsvorsitzende Mathilde Panot, die vom Mainstream als Abgeordnete gelobt wird, die sich „am meisten für die Erhaltung des Planeten einsetzt“. Der Schutz von Menschenleben ist darin aber offensichtlich nicht enthalten.

Ihre Inititiative wird nicht nur von den 151 Abgeordneten der Linksradikalen, Grünen, Kommunisten und Sozialisten unterstützt, sondern auch von Macrons linksliberaler Partei Renaissance (110 Abgeordnete). Für eine Mehrheit hätte das noch nicht gereicht. Macron verfügt jedoch über eine Reihe von Unterstützerparteien. Für die Initiative stimmten 337 Abgeordnete, nur 32 dagegen. Auch zahlreiche Abgeordnete der rechtsbürgerlichen Républicains und die Mehrheit der Abgeordneten von Le Pens Rassemblement National stimmten dafür, was wieder einmal bestätigt, daß eine Rechte, die über keine soliden kulturellen und geistigen Grundlagen verfügt, wenn es darauf ankommt, wenig taugt und zur Linken mutiert. In der zentralen Lebensrechtsfrage positionierte sich Le Pens Partei im politisch korrekten linken Mainstream.
Ziel ist es, Artikel 66 der französischen Verfassung um einen Absatz zu ergänzen, der ganz in der Tradition des Anti-Sprech besagen soll, daß niemand „das Recht auf eine freiwillige Abtreibung verletzen“ darf. Übersetzt meint er: Niemand darf sich der Tötung eines ungeborenen Kindes in den Weg stellen, wenn die Mutter diese will. Dergleichen ist beispiellos in der an Grausamkeit nicht armen Menschheitsgeschichte. Beispiellos ist, den subjektiven Tötungswillen einer Einzelperson nicht nur rechtlich zu kodifizieren, sondern sogar als Verfassungsrecht festschreiben zu wollen. Nicht das brutalste Schreckensregime ist auf einen solchen Gedanken gekommen. Als Demokratisierung verbrämt, soll es durch eine tödliche Übersteigerung der Individualrechte möglich gemacht werden. Dafür ist jedoch die totale Ausblendung des Kindes und seiner Rechte notwendig. Das Kind muß völlig entmenschlicht und verdinglicht werden, um einen solchen Terror in einem Rechtsstaat denkbar zu machen. Dessen Prämissen müssen dafür in der Lebensrechtsfrage, der ersten aller Menschenrechtsfragen, bis zur Unkenntlichkeit verzerrt werden. In Frankreich scheint man 50 Jahre nach der Legalisierung der Abtreibung so weit zu sein. Das zugrundeliegende Denken rührt von noch weiter her.
Die Mehrheit in der Nationalversammlung reicht allerdings nicht aus, um die Verfassung zu ändern. Der Änderungsvorschlag muß wortgleich auch vom Senat gebilligt werden und dann entweder durch eine Volksabstimmung oder eine Dreifünftel-Mehrheit der in gemeinsamer Sitzung tagenden beiden Parlamentskammern angenommen werden. Frankreichs Lebensschützern steht ein langer, harter Weg bevor, um den freien Fall eines europäischen Kernlandes in die Barbarei abzuwenden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: msichoices.org/assemblee-nationale.fr (Screenshots)