Anmerkungen von Giuseppe Nardi
Der Heilige Stuhl gab gestern eine Erklärung zum deutschen Synodalen Weg ab, der von einigen katholischen Medien wohlmeinend als „Distanzierung“ begrüßt wurde. Die Sache ist allerdings ambivalent wie so manches im derzeitigen Pontifikat.
Ambivalent ist vor allem die Art der „Erklärung“. Was genau ist eine „Erklärung des Heiligen Stuhls“? Jeder scheint zu verstehen, was damit gemeint ist. In der Vergangenheit waren entsprechende Erklärungen stets unterzeichnet – und sei es nur durch das vatikanische Presseamt.
Von wem aber stammt die gestrige Erklärung, die in einer so heiklen Angelegenheit interveniert? In der „Erklärung des Heiligen Stuhls“ wird weder eine Behörde genannt, die „erklärt“, noch ist die Erklärung unterschrieben. Es übernimmt also niemand die Verantwortung dafür. Gilt bei Unangenehmem das große Abtauchen? Damit ist die Erklärung aber faktisch wertlos, zumindest formal betrachtet.
„Klimatisch“ kann sie innerkirchlich dennoch eine Bedeutung entfalten. Sie kann, muß aber nicht. Eine Wirkung wird ihr nur dann zuteil werden, wenn die maßgeblichen schismatisierenden Entscheidungsträger in der Bundesrepublik Deutschland, das ist die Mehrheitsfraktion der Bischöfe, in Erfahrung bringen, daß hinter der Erklärung Papst Franziskus steht. Ist dem aber so? Der Öffentlichkeit wurde dieses entscheidende Detail jedenfalls vorenthalten.
Die „Distanzierung“ des „Heiligen Stuhls“ kann auf Wunsch von Santa Marta durch irgendeine Behörde der Römischen Kurie erfolgt sein, von der sich Santa Marta ebenso schnell wieder distanzieren könnte, wie es 2021 bei der „Erläuternden Note“ der Glaubenskongregation gegen den – auch damals deutschen – Vorstoß für „Homo-Segnungen“ der Fall war.
Damals wußte die Öffentlichkeit, daß die Note gegen den deutschen Neuerungsrausch von der Glaubenskongregation stammte. Heute weiß sie das nicht. Daraus läßt sich mutmaßen, daß die gestrige Erklärung tatsächlich von Santa Marta stammt – gerade weil sie nicht unterzeichnet ist. Papst Franziskus mag es nicht, wenn ihm die Hände gebunden sind. Er wünscht sich maximalen taktischen Spielraum. Wird sich Santa Marta demnächst möglicherweise von sich selbst distanzieren?
In der Vergangenheit stellte sich Franziskus im Konfliktfall regelmäßig auf die deutsche Seite. Von dort stammten schließlich wesentliche Organisatoren seiner Wahl.
Kurzum, die im Vatikan gewählten Voraussetzungen sind denkbar ungünstig, um der gestrigen Erklärung die gewünschte schismaverhindernde Wirkung zu verschaffen. Sollte das der Wunsch sein, wird Santa Marta erstmals Bekanntschaft mit dem deutschen Hochmut und seinem starrsinnigen Dogmatismus machen. Dem antidogmatischen Dogmatismus.
Die Kultur‑, besser noch die Zivilisationsgeschichte beschreibt die Deutschen zurecht als Volk der Dichter und Denker. Es hat großartige Leistungen und wunderbare Seiten hervorgebracht, die alle Standardwerke der Kultur‑, Wissenschafts‑, Technik- und Sozialgeschichte füllen, obwohl viele Deutsche selbst kaum mehr davon wissen. Die Kehrseite dieser Gabe ist ein Dogmatismus, wie ihn andere Völker so nicht kennen, vielen sogar fremd ist. Diese Kehrseite machte den schwerwiegenden und selbstzerstörerischen Bruch der protestantischen Reformation möglich, von dem einige deutsche Kirchenvertreter zu glauben schienen, ihn vervollständigen zu müssen.
Geschmeidigkeit, Kompromißbereitschaft, Höflichkeit und Diplomatie, wie sie wiederum anderen Völkern eigen sind, vor allem den romanischen, zeigen sich bei den Deutschen anders. Wenn es um Grundsatzfragen geht, oder auch nur um solche, die man dafür hält, wird der Kampf um einen hohen Preis bis zum Ende ausgefochten. Dieser Hang zum Grundsätzlichen zwang nach Reformation und Religionskriegen zur Selbstdisziplinierung: Es wird ein Grundsatzstreit möglichst nicht leichtfertig begonnen. Die Verzerrungen dieser Prädisposition des deutschen Volkes im Zeitalter der Massenmedien müssen an dieser Stelle nicht erörtert werden.
In das Muster passen hingegen die ersten Reaktionen, vor allem die Stellungnahme der Vorsitzenden des Synodalen Wegs, des DBK-Vorsitzenden Msgr. Georg Bätzing und der ZdK-Vorsitzenden Irme Stetter-Karp, die nicht erkennen lassen, daß die vom „Heiligen Stuhl“ ergriffene Maßnahme zur Verhinderung eines Schismas die gewünschte Wirkung zeitigt. Rom wird also wieder abwarten, beobachten, sich verborgen halten (um sich notfalls von der eigenen Erklärung zu distanzieren?), während sich die „Macher“ des deutschen Schismas, das längst auf den (synodalen) Weg gebracht ist, dogmatisch verbeißen.
Jüngst von Kardinal Walter Kasper an den Synoden-Theologen geübte Kritik liefert allerdings einen Hinweis, daß sich der Progressismus selbst uneins scheint, was noch zu überraschenden Wenden führen könnte.
Bild: Youtube/Vatican.va (Screenshots)
Die Erklärung ist nicht unterschrieben?
Das ist nichts Neues.
Das scheint heute eine verbreitete Masche der Täuschung zu sein.
Traurig!
Nicht unterschriebe Dokumente sind nach wie vor generell ungültig.
Auch wenn das Schreiben ungültig sein sollte,
bitte ich doch, Frau Stetter-Karp und
Herrn Bischof Bätzing
eine andere Kirche zu gründen.
Der ZdK gehört schon längst aufgelöst.
Die Bezeichung gab es schon in den DDR-Zeiten!