
Dieser Artikel ist die geringfügig überarbeitete Version eines in der aktuellen Nummer des Attersee Reports, Nr. 33, Juni 2022, unter demselben Titel erschienenen Beitrags. Die Wiederverwendung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion. Der Attersee Report ist das Publikationsorgan des Atterseekreises, einer Denkwerkstatt innerhalb der Freiheitlichen Partei Österreichs. Vorsitzender ist ParlR Mag. Norbert Nemeth, Direktor des freiheitlichen Parlamentsklubs. (WS)
Gott, die Politik und der Teufel
Von Wolfram Schrems*
Manche Zeitgenossen fragen sich wohl schon länger, warum westliche Politiker, vom derzeitigen US-Präsidenten und der Brüsseler Bürokratie über die nationalen Regierungschefs bis zu den Ministern Österreichs, so häufig den Eindruck vermitteln, Karikaturen ihrer selbst zu sein. Hier ist eine geradezu schmerzliche Skurrilität am Werk. Wir haben sie ja alle vor unserem geistigen Auge: den in aller Öffentlichkeit betrunkenen Kommissionspräsidenten; die nachfolgende Kommissionspräsidentin, die als deutsche Verteidigungsministerin die Armee in die Wehrunfähigkeit führte, aber jetzt glaubt, Europa, die Ukraine und – selbstverständlich – den Planeten retten zu können; einen österreichischen Bundeskanzler, der als inhaltslose Kunstfigur wirkte, einen anderen, der wohlfeile Worthülsen mit martialischer Rhetorik verschärft und mit der „Flex“ Infektionsketten durchschneiden will, u. s. w. Gleichzeitig trat in den letzten zwei Jahren zum Lachhaften und Skurrilen auch das unerwartet Fanatische und Diktatorische. Symbol dieser Kombination negativer Qualitäten war derjenige Gesundheitsminister, der lächerliche Taferl zeigte und gleichzeitig so drakonische wie epidemiologisch sinnlose und gleichzeitig absurde Freiheitseinschränkungen verhängte. Wir erinnern uns übrigens, daß er schon wenige Tage nach Verhängung des ersten Lockdowns im März 2020 darüber sinnierte, dieses Mittel auch zu Planetenrettungszwecken einzusetzen. Das Böse und das Lächerliche – eine unheilige Kombination.
Woher kommt dieser Verfall? Daß dieser nicht zwangsläufig und unvermeidbar ist, wird jedem einleuchten, der in die Geschichte blickt. Allerdings betrachten geschichtsvergessene Zeitgenossen die ideologischen Vorgaben unserer Zeit als normativ und stellen daher keine kritischen Fragen.
Die These, die hier vertreten werden soll, ist diese:
Politik als durch keine Verpflichtung gegenüber der höchsten und ewigen Instanz sich verantwortende Machtausübung wird böse, schädlich und gleichzeitig skurril und lächerlich. Denn die Autorität kommt von Gott. Ihre Ausübung ist eine strenger Rechenschaftspflicht unterworfene Aufgabe. Jeder Herrscher, der das leugnet oder sich auf eine gottlose volonté générale beruft, fischt im Trüben. Er verschleiert seine eigene Machtanmaßung. Diese zeigt, weil sie nicht durch den Logos geformt ist, früher oder später Anzeichen des Unrealen, des Wahnsinnigen und des Lächerlichen, also des Anti-Logos. Dieser ist die Domäne des Teufels.
Der Plan der folgenden Ausführungen ist dieser:
Wir werfen einen Blick auf einen der wichtigsten und weitsichtigsten, heute meist als „reaktionär“ punzierten politischen Denker des 19. Jahrhunderts. Da dieser einen Auftritt in S. Coell, Hartmut gegen Ahrimann (2018), hat, wird er dem Leser schon bekannt sein. Sodann schauen wir auf ein etwa dreißig Jahre nach Donosos Tod promulgiertes Dokument des kirchlichen Lehramtes, das unter dem Eindruck eines Königsmordes geschrieben wurde. Der damals regierende Papst war scharfsinnig und verantwortungsbewußt und verdient auch nach fast eineinhalb Jahrhunderten unsere Aufmerksamkeit. Immerhin war das ihm zugeschriebene Dictum Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht, oft sogar mit Nennung seines Autors, bei zahlreichen COVID-Maßnahmen-kritischen Kundgebungen der letzten zwei Jahre in Wien zu lesen. Ein grundsätzliches Resümee schließt die Gedankenführung ab.
Donoso Cortés – Staatsmann und Visionär
Juan Francisco María de la Salud Donoso Cortés (1809–1853) war ein spanischer Diplomat und Staatsmann. Er war Gesandter in Berlin und in Paris. Er war zunächst „liberal“. Er erkannte dann, wohin die gottlose Politik hinführen mußte. Erst 1847, also spät in seinem nicht langen Leben, nahm er eine radikal katholische Position ein: Der Liberalismus werde in den Totalitarismus kippen, er bereite Blutbäder und die Ankunft des Antichristen vor. Die Abkoppelung von Gott werde die Herrschaft des Teufels nach sich ziehen. Wir müssen dem widerstehen, auch wenn wir es auf dieser Welt nicht aufhalten können. Aber diese Welt hat nicht das letzte Wort.
Man macht sich heutzutage vermutlich keine Vorstellungen, wie sehr Europa zu Donosos Zeit am Ast sägte, auf dem es saß. Sein eigenes Heimatland war durch Napoleons Revolutionsarmee verwüstet worden und blieb instabil. Über Rußland war Donoso sehr in Sorge. Er schlug vor, mit Hilfe einer gemäßigten, konservativen und gottesfürchtigen Diktatur die revolutionären Tendenzen zu stoppen. (Denn die liberale bürgerliche Indifferenz sei in ihrer Dekadenz und Entschlußlosigkeit gar nicht dazu in der Lage. Bekannt ist in diesem Zusammenhang das Bonmot Donosos, ein bürgerliches Parlament würde, wenn es sich zwischen Christus und Barabbas entscheiden müßte, einen parlamentarischen Vertagungsantrag stellen.)
Wie wir wissen, haben etwa ein Menschenalter nach Donosos Tod zwei iberische Staatsmänner genau das erfolgreich durchgeführt.
Donoso wurde von katholischen und nicht-katholischen Denkern und vom kirchlichen Lehramt rezipiert. Weihbischof Athanasius Schneider von Astana, einer der wenigen wirklichen Gottesmänner unserer Zeit, zitierte bei einem Vortrag in Wien im September 2020 ausgiebig und zustimmend aus Donosos Werk – und aus dem unseres nächsten Gewährsmannes:
Papst Leo XIII.: für das Gemeinwohl – gegen Machtanmaßung und gegen die Revolution
Achtundzwanzig Jahre nach Donosos Tod wurde Zar Alexander II. von Anarchisten ermordet. Die Attentäter gehörten zu einer Gruppe namens „Volkswille“. Hier haben wir wieder die volonté générale. Dieser „Wille des Volkes“ bekam dem Herrscher, der – wie unvollkommen auch immer – um das Wohl seines Volkes bemüht war, nicht gut – und dem Volk mittelfristig auch nicht. Auf diesen Mord nahm Papst Leo XIII. (1810–1903, reg. ab 1878) in seinem Rundschreiben Diuturnum illud, „über die höchste Würde im Bereich des Staatswesens“ (1881), Bezug:
„Jener anhaltende und zu verabscheuende Kampf, der gegen die göttliche Autorität der Kirche unternommen wurde, ist naturgemäß das geworden, wozu er angelegt war, nämlich eine allgemeine Gefahr für die menschliche Gesellschaft und besonders für die bürgerliche Gewalt, auf der hauptsächlich das öffentliche Wohl gründet. (…) Von Schauder wurde unlängst ganz Europa erfasst bei dem unerhörten Mord eines mächtigen Kaisers, und während ob der Größe des Verbrechens noch alle Gemüter wie betäubt sind, scheuen sich diese verdorbenen Menschen nicht, gegen die übrigen Fürsten Europas öffentlich erschreckende Drohungen zu verbreiten.“
Leo analysiert die Vorläufer der mörderischen revolutionären Gesinnung: die „unselige Sucht nach neuen Meinungen“ im 16. Jahrhundert („Reformation“) und die philosophes des 18. Jahrhunderts, die „alle Gewalt vom Volk ausgehen“ lassen. Sicher könne nach Leo der Inhaber der staatlichen Gewalt vom Volk bezeichnet werden, „aber die obrigkeitlichen Rechte werden hiermit nicht verliehen; auch wird die Befehlsgewalt nicht übertragen, sondern es wird nur bestimmt, wer dieselbe auszuüben hat.“
Leo betont daher, daß jede Regierungsform legitim ist, „wenn diese nur gerecht ist und durch sie das allgemeine Wohl besorgt wird.“
Sehr wichtig für unseren Zusammenhang ist, daß, wenn die Machthaber schon Gehorsam einfordern müssen, sie nicht „in sich oder aus sich“ die Macht haben, „durch die Bande der Befehlsgewalt in solcher Weise den freien Willen anderer zu binden“. Keinem Menschen steht es als solchem zu, in seinem eigenen Namen zu regieren:
„Gott allein, dem Schöpfer aller Dinge und Gesetzgeber, kommt diese Gewalt zu; wer sie darum ausübt, kann sie notwendigerweise nur als eine von Gott ihm übertragene ausüben.“
Die Kirche lehnt die Tyrannei ab, was angesichts von COVID-Diktatur und Great Reset heute wieder relevant wird:
„Nur einen Grund haben die Menschen, nicht zu gehorchen, wenn nämlich etwas von ihnen gefordert werden sollte, was dem natürlichen oder göttlichen Gesetz offenbar widerspricht; denn nichts von allem, wodurch das Naturgesetz oder der Wille Gottes verletzt wird, ist zu gebieten oder zu tun erlaubt.“
Denn:
„Wenn der Wille der Staatsoberhäupter Gottes Willen und Gesetzen widerspricht, dann überschreiten sie ihre Machtbefugnis und verletzen die Gerechtigkeit; dann kann eben ihre Autorität keine Anwendung finden, denn wo keine Gerechtigkeit, da keine Autorität.“
Das eingangs erwähnte Zitat bzw. dessen Paraphrase findet sich übrigens in der späteren Enzyklika von Papst Leo Sapientiae Christianae (1890) und lautet vollständig:
„Wenn aber die Gesetze des Staates mit dem göttlichen Recht in offenbarem Widerspruch stehen, wenn sie der Kirche Unrecht zufügen oder den religiösen Verpflichtungen widerstreiten oder die Autorität Jesu Christi in seinem Hohenpriester verletzen, dann ist Widerstand Pflicht und Gehorsam Frevel, und das selbst im Interesse des Staates, zu dessen Nachteil alles ausschlägt, was der Religion Abbruch tut.“
Papst Leo betont schließlich die Verantwortung der Machthaber vor Gott und deren Pflicht, das Staatswesen zum Besten der ihnen anvertrauten Menschen zu lenken. Wenn das gut gemacht wird, „ist jeder Ursache zu Aufruhr und allem Verlangen dazu der Boden entzogen, da sind Ehre und Sicherheit der Staatsoberhäupter, Ruhe und Wohl der Staaten gewahrt. Auch für das Ansehen der Bürger wird in bester Weise Sorge getragen, da, selbst wenn sie gehorchen, sie jene Würde bewahren können, die der bevorzugten Stellung des Menschen entspricht.“ –
Heute klingt das alles antiquiert, so es überhaupt noch verständlich ist, weil auch die Kirchenführung ihre eigene Lehre aufgeweicht hat und daher seit etwa fünfeinhalb Jahrzehnten die Gesellschaft nicht mehr prägen konnte und wollte. Streng genommen hat das II. Vaticanum trotz seiner Tendenz zur Verwirrung die ältere und immer gültige Lehre nicht formell aufgehoben – und hätte es auch nicht können. Aber klar ist, daß die Kirchenführer die Tradition de facto unterdrückten und somit die Individuen und Völker von den Wurzeln abschnitten. Daher hat auch hier die Skurrilität Einzug gehalten.
Macht als Dienst, Selbstermächtigung als luziferisches Werk
Die Gott gegenüber verantwortliche Herrschaft ist anti-tyrannisch und anti-skurril. Sie ist auch anti-utopisch (Utopie und Dystopie sind Themen, die im Attersee Report immer wieder behandelt wurden: siehe etwa Nr. 18, 19, 32). Sie weiß, daß es auf dieser Welt kein Paradies geben kann.
Machtausübung im Dienst des gemeinsamen Gutes ist nüchtern und realistisch. Sie ist harte Arbeit. Sie ist nicht gleißnerisch – ganz im Gegensatz zur stolzen Selbstermächtigung, mit oder ohne Berufung auf die volonté générale. Zur Selbstermächtigung der Machthaber bot übrigens Wladimir Solowjows Kurze Erzählung vom Antichrist (1900) ein eindrucksvolles Bild: Demjenigen „genialen Menschen“, der zum Weltkaiser und Antichrist werden soll, flüstert der Teufel beim „Berufungserlebnis“ ein: „Ich liebe dich. Ich fordere nichts von dir. Du bist groß und mächtig. Tu, was du willst.“
Das macht wohl das Wesen der satanischen Macht aus: Wer als Machthaber ausschließlich sein Ego erhöht, tut bereits das Werk des Bösen. Übrigens gehört es zur Logik dieser Machtausübung, daß deren Strukturen und Befehlsketten meist im Dunklen bleiben. Schon der Weise des Alten Testamentes wußte:
„Ein Mächtiger deckt den anderen, hinter beiden stehen noch Mächtigere“ (Koh 5,7).
Um also auf die eingangs gemachten Beobachtungen zurückzukommen: Die gottlosen und selbstermächtigten Politiker zeichnet das Skurrile und Karikaturenhafte aus, wie auch das Leere, das Unpersönliche, das Zombiehafte, in manchen Fällen auch das Satanische. Uns kommt eine Darstellung des Teufels durch den Bildhauer Josef Stammel im Stift Admont in den Sinn: Dort dreht er dem Gegenüber eine lange Nase. Der malevolente Geist erfreut sich am Schaden des Menschen und verspottet ihn noch.
Das Schlimme ist, daß breite Massen das nicht nur nicht erkennen, sondern auch gerne mitmachen.
*Wolfram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., kirchlich gesendeter Katechist, Pro Lifer, politisch interessiert, metapolitisch aktiv, langjähriger Gedankenaustausch mit Repräsentanten des freiheitlichen und patriotischen Lagers.
Bild: Giuseppe Nardi
Ich muß immer an die Voraussage denken „Gott schickt dann einen großen Irrwahn
Zb muss man sich Wundern , das es noch eine Bischofskonverenz in der Gottlosen EU gibt.
Die Kirche lehnt die Tyrannei ab, was angesichts von COVID-Diktatur und Great Reset heute wieder relevant wird. Schön wäre es, er herrscht aber eine Massenpsychose. Das Volk lebt in der Medien-Narrativ-Blase und erkennt die Realität nicht. Die Realität bezeichnen sie als Verschwoerungstheorie. Sex, denn Liebe kennen sie nicht mehr, Fernsehen, Konsum und Reisen – das ist das Leben der meisten Deutschen auch vieler sich katholisch nennenden.