Gibt Papst Franziskus Ende August seinen Rücktritt bekannt?

Führende Medien spekulieren über eine Abdankung Ende August


Der "einsame Papst" könnte, geht es nach einigen führenden Medien, Ende August einen Rücktritt bekanntgeben. Dem wird aber nicht so sein.
Der "einsame Papst" könnte, geht es nach einigen führenden Medien, Ende August seinen Rücktritt bekanntgeben. Dem wird aber nicht so sein.

(Rom) Die Washing­ton Post, Le Figa­ro und ANSA, drei füh­ren­de Medi­en in den USA, Frank­reich und Ita­li­en, berich­ten von Gerüch­ten über einen Rück­tritt von Papst Fran­zis­kus. Sol­che Gerüch­te machen bei „ver­schie­de­nen Bischofs­kon­fe­ren­zen“ die Run­de, so die staat­li­che ita­lie­ni­sche Pres­se­agen­tur ANSA.

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Le Figa­ro Maga­zi­ne berich­te­te am 13. Mai über den „ein­sa­men Papst“. Die Washing­ton Post sekun­dier­te am 8. Juni mit „Spe­ku­la­tio­nen“ zu „Fran­zis­kus’ Zukunft“. ANSA leg­te am sel­ben Tag nach.

Es ist der inzwi­schen 85jährige Fran­zis­kus selbst, der im Lau­fe sei­nes Pon­ti­fi­kats mehr­fach Gerüch­te in die­se Rich­tung nähr­te, zuletzt am 23. Mai gegen­über den ita­lie­ni­schen Bischö­fen. Glaub­wür­dig­keit erhal­ten sie wegen des Amts­ver­zichts sei­nes Vor­gän­gers Bene­dikt XVI. Bis Febru­ar 2013 galt der Rück­tritt eines Pap­stes als über­flüs­si­ges Gedan­ken­spiel, da ein sol­cher prak­tisch undenk­bar war. In der Tat stellt die Abdan­kung von Bene­dikt XVI. einen bei­spiel­lo­sen Schritt in der Kir­chen­ge­schich­te dar. Mehr oder weni­ger frei­wil­li­ge Rück­trit­te hat­te es zwar gege­ben, aller­dings genügt eine Hand, um sie abzu­zäh­len. Jeder hat­te einen trif­ti­gen, wenn nicht sogar schwer­wie­gen­den Grund. Bene­dikt XVI. ist der erste Papst, der sei­nen Amts­ver­zicht damit begrün­de­te, in den Ruhe­stand tre­ten zu wollen.

Seit neun Jah­ren ist er des­halb gezwun­gen, mit­an­se­hen zu müs­sen, wel­che weit­rei­chen­den und nega­ti­ven Kon­se­quen­zen sein Schritt hat­te. Er muß Zeu­ge sein, wie sein Nach­fol­ger ihn für aus­rei­chend hand­lungs­un­fä­hig erach­tet, um sogar die Eli­mi­nie­rung des bedeu­tend­sten Erbes sei­nes Pon­ti­fi­kats, des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum, vor Bene­dikts Augen zu vollziehen.

Wird in Rom von nicht-berg­o­glia­ni­schen Krei­sen dar­auf hin­ge­wie­sen, ist schnell von einer „Qual“ die Rede, die der gewe­se­ne Papst ertra­gen müs­se. Muti­ge spra­chen im per­sön­li­chen Gespräch auch schon von einem „Fege­feu­er“.

Washing­ton Post am 8. Juni

Franziskus befeuert seit 2014 die Spekulationen

Bereits 2014 war es Fran­zis­kus, der kryp­tisch andeu­te­te, in Zukunft kön­ne es sein, daß Bene­dikt XVI. mit sei­nem Amts­ver­zicht „kein Ein­zel­fall“ blei­be. Seit­her wech­sel­ten sich sol­che Hin­wei­se, vati­ka­ni­sche Demen­tis und Rück­tritts­for­de­run­gen ab. Die rele­van­te­ste Rück­tritts­for­de­rung kam im Som­mer 2018 von Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, dem ehe­ma­li­gen Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in den USA, im Zusam­men­hang mit dem McCar­ri­ck-Skan­dal. Sie ver­an­laß­te Kar­di­nal Wal­ter Kas­per gar von einem „Kom­plott“ zum Sturz von Fran­zis­kus zu spre­chen. „Ein erzwun­ge­ner Rück­tritt wäre nicht gül­tig“, warn­te der deut­sche Kar­di­nal zu einem Zeit­punkt, als noch nicht ein­mal alle Tei­le der Kir­che davon über­zeugt waren, daß Fran­zis­kus wirk­lich recht­mä­ßig gewähl­ter Papst ist. Die Dis­kus­si­on wird zudem von der Fra­ge über­schat­tet, ob Fran­zis­kus „nur“ ein schlech­ter Papst oder gar ein fal­scher Pro­phet sei, von denen in der Hei­li­gen Schrift die Rede ist.

Ande­re blicken längst auf das kom­men­de Kon­kla­ve. Genau das wird auch Fran­zis­kus nach­ge­sagt, der seit 2014 neue Kar­di­nä­le kre­iert, um, wie es heißt, sei­ne Nach­fol­ge selbst zu ent­schei­den.

Am 23. Mai „scherz­te“ Fran­zis­kus, wie es nach­träg­lich hieß, daß er sich kei­ner Ope­ra­ti­on mehr mit Nar­ko­se unter­zie­hen wer­de: „Lie­ber tre­te ich zurück“. Im Som­mer 2021 war es im Zuge eines Ein­griffs, dem sich der Papst in der römi­schen Gemel­li-Kli­nik, der Uni­ver­si­täts­kli­nik der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät Sacro Cuo­re von Mai­land, unter­zo­gen hat­te, zu Kom­pli­ka­tio­nen gekom­men. Der Öffent­lich­keit wur­de dar­über nichts mit­ge­teilt, es gab nur ver­ein­zel­te Gerüch­te. Fran­zis­kus befürch­tet seit­her, durch eine Nar­ko­se irrever­si­bel hand­lungs­un­fä­hig zu wer­den, ein Risi­ko, das er ver­mei­den will. Zu sehr scheint er vom Gedan­ken getrie­ben, sei­nen Nach­fol­ger direkt und unmit­tel­bar aus­wäh­len und ein­set­zen zu wollen.

Befeu­ert wer­den die Rück­tritts­ge­rüch­te, weil Fran­zis­kus am 28. August die süd­ita­lie­ni­sche Kai­ser­stadt L’Aquila besu­chen wird. Es wer­den Erin­ne­run­gen wach, als Bene­dikt XVI. 2009 das Grab von Cöle­stin V. auf­such­te, dem ersten und bis dahin ein­zi­gen Papst, der 1294 tat­säch­lich aus frei­en Stücken abge­dankt hat­te. Sein Grab­mal befin­det sich in der Kathe­dra­le von L’Aquila in den Abruzzen. 

Will Fran­zis­kus, indem er es sei­nem Vor­gän­ger gleich­tut und das Grab Cölestins auf­sucht, auch sei­nen beab­sich­tig­ten Rück­tritt signalisieren?

Der bevor­ste­hen­de Besuch von Fran­zis­kus ist im päpst­li­chen Kalen­der genau zwi­schen dem Kon­si­sto­ri­um zur Kre­ierung der neu­en Kar­di­nä­le am 27. August und dem Kon­si­sto­ri­um über die Kuri­en­re­form am 30. August ein­ge­bet­tet. Grund genug, um ent­spre­chen­de Spe­ku­la­tio­nen auszulösen.

Die sterb­li­chen Über­re­ste von Cöle­stin V., des­sen Rück­tritt sich aller­dings mit jenem von Bene­dikt XVI. nicht ver­glei­chen läßt.

Papstvertraute wiegeln ab

Aus dem Vati­kan kom­men die übli­chen Demen­tis. Als Fran­zis­kus gegen­über den ita­lie­ni­schen Bischö­fen „scherz­te“, war es der päpst­li­che Ghost­wri­ter Msgr. Vic­tor Manu­el Fernán­dez, Erz­bi­schof von La Pla­ta, der in die Öffent­lich­keit ging, um zu erklä­ren, daß der Papst in „opti­ma­ler Ver­fas­sung“ sei.

Ver­gleich­ba­res tat gestern ein ande­rer Papst­ver­trau­ter, Kar­di­nal Oscar Rodrí­guez Mara­dia­ga, Erz­bi­schof von Tegu­ci­gal­pa und Koor­di­na­tor des Kar­di­nals­ra­tes, der Fran­zis­kus berät. Im Gegen­satz zu ande­ren äußer­te sich Mara­dia­ga gewohnt „vor­nehm“, indem er gegen­über der spa­ni­schen Pres­se­agen­tur EFE pol­ter­te, das Gere­de von einem „Rück­tritt des Pap­stes ist eine bil­li­ge Sei­fen­oper“. Die gan­ze „Auf­re­gung“ sei­en „Fake News“, so der hon­du­ra­ni­sche Sale­sia­ner, die aus Län­dern wie den USA kom­men, wo es einen „star­ken Wider­stand“ gegen Fran­zis­kus gebe. Der argen­ti­ni­sche Papst habe „nie dar­über nach­ge­dacht“ zurück­zu­tre­ten, so der Pri­mas von Hon­du­ras, der zumin­dest dar­in irrt. Fran­zis­kus selbst äußer­te sich sogar mehr­fach in die­se Rich­tung, wenn­gleich jeweils unklar blieb, wie ernst er es mei­nen könn­te. Kar­di­nal Mara­dia­ga hin­ge­gen ist dazu eindeutig:

„Er wird weder zurück­tre­ten noch ist er krank. Es geht ihm voll­kom­men gut. Er hat nur ein Mobi­li­täts­pro­blem auf­grund von Knie­schmer­zen. Aber er ist groß­ar­tig und wird die Kir­che wei­ter regieren.“

EFE insi­stier­te und frag­te den Kar­di­nal und Papst-Ver­trau­ten, ob der Ter­min Ende August nicht völ­lig unge­wöhn­lich sei, um an die 200 Kar­di­nä­le aus aller Welt zusam­men­zu­ru­fen. Im August war es üblich, daß die Päp­ste die Stadt Rom wegen der gro­ßen Hit­ze ver­lie­ßen und sich nach Castel Gan­dol­fo oder einen höher­ge­le­ge­nen Som­mer­frisch­ort zurück­zo­gen. In der Ewi­gen Stadt herrsch­ten dann inof­fi­zi­ell Ferien. 

Kar­di­nal Mara­dia­ga hat­te auch dafür, wie von ihm nicht anders gewohnt, „eine ein­fa­che Erklä­rung“. Wegen der Coro­na-Pan­de­mie, die es bis­her ver­hin­dert habe, wer­de Fran­zis­kus im Juli und Sep­tem­ber meh­re­re Aus­lands­rei­sen unter­neh­men, und über­haupt wür­den auch die Kar­di­nä­le im Herbst „sehr beschäf­tigt“ sein, wes­halb man beschlos­sen habe, das Kon­si­sto­ri­um „vor­zu­zie­hen“. Auch sei­en die Flug­prei­se dann „gün­sti­ger“. Man darf stau­nen, denn Flug­prei­se hat­ten bis­her noch kei­ne Rol­le gespielt. 

Fürch­tet der Vati­kan die Teue­rungs­wel­le, die seit Jah­res­be­ginn rollt und immer mehr an Fahrt gewinnt, so sehr, daß er so rele­van­te Ter­mi­ne danach aus­rich­tet? Oder befürch­tet man hin­ter den Leo­ni­ni­schen Mau­ern (oder weiß schon etwas?), daß im Herbst die Pseu­do­pan­de­mie von den Regie­run­gen wei­ter­ge­trie­ben und erneut Rei­se­be­schrän­kun­gen ver­hängt wer­den? Kar­di­nal Mara­dia­ga äußer­te sich dazu nicht, wie die Kir­chen­füh­rung unter Fran­zis­kus ins­ge­samt seit mehr als zwei Jah­ren zum Mario­net­ten­thea­ter im Inter­es­se eini­ger Phar­ma­kon­zer­ne und ihrer glo­ba­li­sti­schen Her­ren schweigt.

Der Kar­di­nal füg­te gegen­über EFE aber hin­zu, daß die Kir­chen­män­ner, die Ende August mit dem Pur­pur bedacht wer­den, die reprä­sen­ta­ti­ve Ver­tre­tung der Katho­li­ken in einem zukünf­ti­gen Kon­kla­ve stär­ken wer­den. Beim ver­gan­ge­nen Kon­kla­ve hat­ten Asi­en und Ozea­ni­en elf Papst­wäh­ler, nun wer­den es 24 sein. Afri­ka hat­te damals eben­falls elf Wäh­ler, ab dem 27. August wer­den es 17 sein.

Wie Erz­bi­schof Fernán­dez und Kar­di­nal Mara­dia­ga äußer­te sich auch Gerard O’Connell, Rom-Kor­re­spon­dent der US-Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca. Der Papst habe Knie­schmer­zen, „aber er hat kei­ne Pro­ble­me, wei­ter­hin die Kir­che zu regie­ren“. Es gebe „kei­ne Bele­ge dafür, daß er zurück­tre­ten will“. Auch O’Connell und Ame­ri­ca füh­len sich dem der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat eng ver­bun­den. Der aus Irland stam­men­de Jour­na­list wid­me­te Fran­zis­kus ein Buch mit dem Unter­ti­tel: „Ein inti­mer Bericht über das Kon­kla­ve, das die Geschich­te veränderte“.

„Kei­ne soli­de Grund­la­ge“ haben die Rück­tritts­ge­rüch­te auch für Gio­van­ni Triden­te, den Lei­ter der Pres­se­stel­le der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät San­ta Cro­ce in Rom und dort Lehr­be­auf­trag­ter für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ethik. Die Gerüch­te sei­en nur „Klatsch“. Bei Fran­zis­kus sei kei­ne „Resi­gna­ti­on“ festzustellen.

So sieht es auch Mas­si­mo Fag­gio­li, Pro­fes­sor für die Geschich­te des Chri­sten­tums an der Uni­ver­si­tät Vil­lano­va in den USA. Das Kon­si­sto­ri­um für die Kre­ierung neu­er Kar­di­nä­le sei not­wen­dig gewor­den, um die vor­ge­se­he­ne Zahl von 120 Papst­wäh­lern zu errei­chen. Daß deren Gesamt­zahl durch die Neu­er­nen­nun­gen weit über­schrit­ten wird, erwähn­te der Berg­o­glia­ner nicht.

Aller­dings haben all die genann­ten Stim­men aus dem päpst­li­chen Umfeld dahin­ge­hend recht, daß es nicht die gering­sten Anzei­chen einer Rück­tritts­ab­sicht von Fran­zis­kus gibt. Und soll­te er sol­che Absich­ten hegen, wür­de er sie wie Bene­dikt XVI. ohne­hin bis zuletzt geheim­hal­ten. Der argen­ti­ni­sche Papst ist in meh­rer­lei Hin­sicht seit sei­ner Wahl per­sön­lich „auf­ge­blüht“ – wenn­gleich es schwer­fällt, dar­in einen Nut­zen für die Kir­che zu erkennen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Le Figa­ro Magazine/​Wikicommons (Screen­shot)

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