
(New York) Das kirchliche Kuriositätenkabinett ist um ein Kapitel reicher. Shane Bernard hörte immer wieder ein Gerücht. Fast zwei Jahre stieß der Haushistoriker und Kurator der McIlhenny Company, des Herstellers von Tabasco-Markenprodukten, wiederholt auf seltsame Hinweise, daß es in Louisiana in den USA eine katholische Kirche gebe mit einer ganz speziellen Darstellung des Letzten Abendmahls.
Das Gemälde zeige auf dem Tisch, an dem Jesus mit den Aposteln dargestellt ist, vier davon sind zu sehen, ein Fläschchen Tabasco-Sauce. Shane Bernard wollte die Erzählung nicht glauben. Die Sache machte ihn dennoch neugierig.
„Jedes Mal, wenn ich durch Parks fuhr, hielt ich an der katholischen Kirche St. Joseph an, um sie mir anzusehen, aber die Kirche war immer geschlossen. Also schrieb ich schließlich im Februar einen Brief an den dortigen Priester, Pfarrer Nicholas DuPré, und fragte ihn danach“, sagte Bernard gegenüber Donna Price von American Press, die darüber berichtete.
Parks ist ein kleiner Ort mit nicht ganz 700 Einwohnern und gehört zur St. Martin Parish. Lousiana ist heute der einzige Staat in den USA, dessen Verwaltungsgliederung nicht nach Countys (Grafschaften), sondern Parishes (Pfarreien, Kirchspielen) erfolgt. Parks liegt rund 15 Kilometer östlich von Lafayette. Die katholische Kirche St. Joseph gehört zur Diözese Lafayette.
Die Sache sei ihm sehr unangenehm gewesen, denn wie fragt man respektvoll einen Priester, ob es in seiner Kirche eine Darstellung des Letzten Abendmahls mit einer Tabasco-Flasche gibt. Er formulierte also, daß er das Gerücht gehört hatte, es aber nicht glaube, aber deshalb nachfragen möchte.
Im Mai erhielt Bernard Antwort von Pfarrer DuPré. Der Priester rief Bernard telefonisch an, um ihm mitzuteilen, daß er auf dessen Nachfrage mit einer Leiter zu dem Bild hinaufgestiegen sei, um sich die Sache aus der Nähe anzuschauen und überprüfen zu können. Das Gemälde hängt sechs Meter über dem Boden am linken Rand eines Bogens, der das Kirchenschiff vom Altarraum trennt. Vom Boden aus konnte der Priester nicht wirklich erkennen, wonach er in der kuriosen Anfrage gefragt wurde.
Als er das Bild aus der Nähe betrachten konnte, erkannte er zu seiner Verblüffung tatsächlich eine kleine rot-grüne Flasche ohne Aufschrift, die aber einer Tabasco-Flasche sehr ähnelt und auf einer Darstellung des Letzten Abendsmahls eigentlich nichts zu suchen hätte.
Das Gemälde war 2005 unter DuPrés Vorgänger Pfarrer Bryce Sibley angebracht worden. Es handelt sich um das Geschenk eines Gläubigen im Gedenken an seine verstorbene Frau. Der jetzige Pfarrer ließ das Bild genau fotografieren und übermittelte Bernard die entsprechenden Auszüge. Zudem machte er sich kundig und tatsächlich wurde ihm auf Nachfrage mitgeteilt, Pfarrer Sibley habe die Idee gehabt, dem Gemälde die Tabasco-Flasche hinzuzufügen. Ein Grund dafür konnte ihm allerdings nichts genannt werden. Für den Betrachter ist das Detail nicht zu erkennen. Er sieht eine gewohnte Darstellung des Letzten Abendmahls. Das Fläschchen trägt keine Aufschrift, könnte also irgendetwas sein. Pfarrer Sibley wollte offenbar kein Ärgernis geben. War es klerikaler Humor?
Nachdem sich das Gerücht bestätigt hatte, erstellte Bernard eine digitale Datei der Informationen, um sie für die Nachwelt aufzubewahren.
Bernard ist seit 29 Jahren in seiner Position bei der McIlhenny Company tätig. Er wurde 1993 zum 125jährigen Firmenjubiläum für drei bis sechs Monate eingestellt. Daraus wurde dann aber eine Vollzeitanstellung bis zum heutigen Tag.
Donna Price spricht von einem „urbanen Mythos“, der Wirklichkeit wurde – oder was man dafür halten will.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: SMM