Eine unübliche Audienz – mit Blick auf Traditionis custodes?

Papst empfängt Spitze der Ordenskongregation


Kardinal Braz de Aviz und Erzbischof Carballo, die Führungsspitze der Ordenskongregation. Gestern wurden, ganz unüblich, beide gemeinsam von Papst Franziskus in Audienz empfangen.
Kardinal Braz de Aviz und Erzbischof Carballo, die Führungsspitze der Ordenskongregation. Gestern wurden, ganz unüblich, beide gemeinsam von Papst Franziskus in Audienz empfangen.

(Rom) Gestern wur­den Kar­di­nal João Braz de Aviz, der Prä­fekt der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, und Kuri­en­erz­bi­schof José Rodrí­guez Car­bal­lo OFM, der Sekre­tär die­ser Kon­gre­ga­ti­on, von Papst Fran­zis­kus in Audi­enz emp­fan­gen. Seit dem Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des ist die Ordens­kon­gre­ga­ti­on auch für die soge­nann­ten Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten zuständig.

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Die Audi­enz wur­de im Tages­bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes ver­zeich­net. Han­del­te es sich also um blo­ße Rou­ti­ne, die in regel­mä­ßi­gen Abstän­den Audi­en­zen mit den Lei­tern der römi­schen Dik­aste­ri­en vor­sieht? Nicht ganz.

Audi­en­zen für die Füh­rungs­spit­ze der Ordens­kon­gre­ga­ti­on gehö­ren zur Rou­ti­ne. Sie wer­den in der Regel vom Prä­fek­ten wahr­ge­nom­men und nur in begrün­de­ten Fäl­len, wenn die­ser ver­hin­dert ist, vom Sekre­tär. Es ist nicht üblich, daß bei­de, Prä­fekt und Sekre­tär, gleich­zei­tig beim Papst erschei­nen und von die­sem gemein­sam emp­fan­gen werden.

Über den Inhalt der Audi­enz wur­de wie gewohnt nichts bekannt­ge­ge­ben. Eben­so wenig ist bekannt, ob bei die­ser Gele­gen­heit dem Papst ein Doku­ment vor­ge­legt und von die­sem geneh­migt wur­de. Da es in Rom hart­näcki­ge Gerüch­te gibt, daß ein Schlag gegen die soge­nann­ten Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten vor­be­rei­tet wird, mög­li­cher­wei­se bereits für den Ascher­mitt­woch, macht die Dop­pel­au­di­enz hell­hö­rig. Seit dem Inkraft­tre­ten von Tra­di­tio­nis Cus­to­des sind die dem über­lie­fer­ten Ritus und der Tra­di­ti­on ver­pflich­te­ten Gemein­schaf­ten näm­lich von der Ordens­kon­gre­ga­ti­on abhängig.

Der Weg von Kar­di­nal Braz de Aviz und Erz­bi­schof Car­bal­lo an der Sei­te von Papst Fran­zis­kus ist gepfla­stert mit „erleg­ten“ Ordens­ge­mein­schaf­ten kon­ser­va­ti­ver oder tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Prä­gung. Zum Pro­to­typ für die Jagd auf eine sol­che Gemein­schaft wur­den ab dem Som­mer 2013 die Maß­nah­men gegen die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, deren Ordens­lei­tung abge­setzt, der Grün­der und Gene­ral­obe­re unter Haus­ar­re­ste und der Orden unter kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung gestellt wur­den sowie, als zen­tra­le Sofort­maß­nah­me, die Zele­bra­ti­on im über­lie­fer­ten Ritus allen Prie­stern unter­sagt wur­de. Offi­zi­el­le Grün­de für die­se Bekämp­fung wur­den bis heu­te nicht genannt. Inof­fi­zi­ell gab Kuri­en­erz­bi­schof Car­bal­lo jedoch zu ver­ste­hen, daß sie sich des „Tra­di­tio­na­lis­mus“ schul­dig gemacht hat­ten. Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta hät­ten Kri­tik am Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil geübt und sich Posi­tio­nen von Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re genä­hert. Eine Schuld, die im berg­o­glia­ni­schen Rom als beson­ders schwe­re, viel­leicht die schwer­ste „Sün­de“ über­haupt gilt.

Der fran­zö­si­sche Prie­ster Jean-Marie Per­rot arbei­te­te in einem Auf­satz die Sym­me­trie her­aus, die Tra­di­tio­nis cus­to­des und Respon­sa ad dubia zwi­schen dem über­lie­fer­ten Ritus und Lit­ur­gie­miß­bräu­chen im Novus Ordo her­stel­len. Dar­aus fol­gert der Prie­ster in sei­ner Ana­ly­se, daß Fran­zis­kus den über­lie­fer­ten Ritus auf die Ebe­ne eines „Miß­brauchs“ redu­ziert hat. Unter die­sem Blick­win­kel sei­en die römi­schen Schrit­te zu sehen.

Papst Fran­zis­kus weiß, in wel­che Hän­de er die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten durch Tra­di­tio­nis cus­to­des gelegt hat.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Youtube/​Ordenskongregation (Screen­shot)

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