Die Piusbruderschaft ist katholisch – und man kann dort hingehen

Gedanken eines Diözesanpriesters zu notwendigen Entscheidungen


Wie ich den überlieferten Ritus wiederentdeckt habe und Zeugnis gebe. Eine neue Initiative von Erzbischof Carlo Maria Viganò.
Wie ich den überlieferten Ritus wiederentdeckt habe und Zeugnis gebe. Eine neue Initiative von Erzbischof Carlo Maria Viganò.

Ein Kom­men­tar von Don Micha­el Gurt­ner, Diözesanpriester

Anzei­ge

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren ist ein zuneh­men­des Miss­trau­en vie­ler gläu­bi­ger und prak­ti­zie­ren­der Katho­li­ken gegen­über dem Kle­rus fest­zu­stel­len. Die­ses Miss­trau­en, das durch­aus berech­tigt ist, betrifft auch Bischö­fe und Kar­di­nä­le, Diö­ze­san- und Kuri­en­äm­ter und sogar den Papst selbst.

Wenn wir ehr­lich und auf­rich­tig sind, müs­sen wir zuge­ben: Die Mit­glie­der des Kle­rus sind, von eini­gen lobens­wer­ten Aus­nah­men abge­se­hen, nicht mehr die Guten – die Kle­ri­ker in ihrer Gesamt­heit sind inzwi­schen die Schlech­ten! Der Kle­rus steht beharr­lich auf der fal­schen Sei­te: Der klas­si­sche Prie­ster (und auch Bischof) von heu­te ist sini­ster (auch poli­tisch gese­hen), begün­stigt bewusst oder unbe­wusst frei­mau­re­ri­sches Gedan­ken­gut, das ihm bereits wäh­rend sei­ner Aus­bil­dung ver­mit­telt wur­de, gibt wenig oder gar kei­nen Glau­ben wei­ter, ist lau und ängst­lich, scheint mehr ein Poli­ti­ker als ein Die­ner Got­tes, folgt der Mei­nung des Augen­blicks, scheint nicht sehr über­zeugt vom katho­li­schen Glau­ben und ver­kauft sich bereit­wil­lig für ein But­ter­brot. Buch­stäb­lich. Er hand­habt sei­ne Arbeit wie ein Kon­kurs­ver­wal­ter, und die Hei­li­ge Lit­ur­gie scheint jene lästi­ge Unan­nehm­lich­keit zu sein, die es eben in jeder beruf­li­chen Tätig­keit zu ertra­gen gilt. Vie­le, wenn auch nicht alle, schei­nen Prie­ster gewor­den zu sein, um ein Gehalt und ein kosten­lo­ses Pfarr­haus zu erhal­ten. Die Zustim­mung der Öffent­lich­keit, ein­schließ­lich der Medi­en, ist wich­ti­ger für den durch­schnitt­li­chen Prie­ster von heu­te als die Wahr­heit Chri­sti und die Ret­tung der See­len, über die er nicht ein­mal spricht. Denn schon im Semi­nar lernt man: Das Schlimm­ste, was man tun kann, ist es, Ärger­nis zu geben, Zwie­tracht zu säen oder auf­zu­fal­len – vor allem den Zei­tun­gen. Letzt­lich: Gott spricht nicht – Klatsch­tan­ten und Jour­na­li­sten schon.

Es sind nicht nur Ein­zel­fäl­le, die vie­le Lai­en und auch vie­le Prie­ster ver­an­las­sen, sich die Fra­ge zu stel­len, inwie­weit der Kle­rus noch glaub­wür­dig ist, son­dern es ist viel­mehr die Sum­me vie­ler Ent­wick­lun­gen, Erklä­run­gen und Aktio­nen der letz­ten Jah­re und Jahr­zehn­te. Sie beob­ach­ten eine immer deut­li­cher wer­den­de Ver­än­de­rung, die sich auch auf die Sub­stanz des katho­li­schen Glau­bens in einem sol­chen Maße aus­wirkt, dass sich vie­le Prie­ster und Lai­en fra­gen: Lehrt, lebt und gibt die katho­li­sche Kir­che den katho­li­schen Glau­ben noch wei­ter? Ist sie wirk­lich noch katho­lisch in der Tat und im Glau­ben, und nicht nur dem Namen nach? Vie­le Katho­li­ken emp­fin­den eine rea­le und per­sön­li­che Bedro­hung, die vom Kle­rus aus­geht und auf ihre Ver­nich­tung abzielt: Men­schen wie sie, d. h. Gläu­bi­ge, die den­sel­ben Glau­ben wie ihre Groß­el­tern und Urgroß­el­tern haben, darf es nicht mehr geben. Sie haben end­gül­tig zu ver­schwin­den. Sie wer­den nicht mehr akzep­tiert und auch nicht mehr gedul­det und spü­ren einen wach­sen­den Druck, ihrem Glau­ben abzu­schwö­ren. Sie sind dazu bestimmt, von der Kir­che selbst aus­ge­löscht zu wer­den. Wer sich bemüht, katho­lisch zu sein und Chri­stus treu zu sein, fragt sich zuneh­mend, ob dies inner­halb der katho­li­schen Kir­che noch mög­lich ist. Eine alar­mie­ren­de Situa­ti­on, die drin­gend Ant­wor­ten vom Kle­rus verlangt!

Was den Kle­rus betrifft, so fra­gen sich vie­le (wenn auch „hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand“), ob sie nicht getäuscht wor­den sind, denn sie haben das Gefühl, sich in einer Situa­ti­on zu befin­den, in der sie all­mäh­lich, und ohne es zu mer­ken, an der Zer­stö­rung der Kir­che Chri­sti und des katho­li­schen Glau­bens mit­wir­ken, anstatt sie auf­zu­bau­en. Sie füh­len sich wie ein Poli­zist, der einst die­ser Ein­heit bei­trat, um zum Guten und zur Gerech­tig­keit bei­zu­tra­gen, und der eines Tages auf­wacht und fest­stellt, dass er in Wirk­lich­keit vie­le Jah­re lang für die Unter­welt gear­bei­tet hat, ohne es zu merken.

Immer mehr Prie­ster und Gläu­bi­ge haben das beun­ru­hi­gen­de Gefühl, dass die Kir­chen­füh­rung sie in Wirk­lich­keit von Chri­stus abbringt, anstatt sie ihm näher zu brin­gen. In die­sem Zusam­men­hang stel­len sich vie­le Fra­gen: Zu wem kön­nen wir noch gehen? Wo kön­nen wir noch ein katho­li­sches Umfeld fin­den, das den Glau­ben för­dert und uns Chri­stus näher bringt? War­um schei­nen Diö­ze­sen und ande­re kirch­li­che Struk­tu­ren für jene, die Chri­stus an die erste Stel­le set­zen, nicht mehr ver­läss­lich zu sein? Seit Jahr­zehn­ten leben wir täg­lich mit Kom­pro­mis­sen und geben in einer Fra­ge nach der ande­ren nach, immer nur das berühm­te „ein biss­chen“, bis der katho­li­sche Glau­be unse­rer Vor­vä­ter bis zur Unkennt­lich­keit ent­stellt ist. Manch­mal ist es schwer, die Leh­ren Chri­sti in den Leh­ren des Kle­rus, ob Prie­ster, Bischö­fe, Kar­di­nä­le und Päp­ste, und in den ver­schie­de­nen kirch­li­chen Doku­men­ten aller Rän­ge und Her­künf­te, zu erken­nen. Als Diö­ze­san­prie­ster bin ich immer wie­der mit sol­chen Fra­gen der Gläu­bi­gen kon­fron­tiert worden.

Die Ant­wort ist nicht ein­fach, aber sie ist not­wen­dig, und wir sind sie den Gläu­bi­gen schul­dig, die uns rich­ti­ger­wei­se und zu Recht dar­um bit­ten. Natür­lich gibt es in der Kir­che weder einen per­fek­ten Ort noch eine per­fek­te Gemein­schaft ohne mehr oder weni­ger gra­vie­ren­de Män­gel. Und selbst wenn es sie gäbe: Jedes Para­dies hat sei­ne Schlange.

Wenn man die ver­schie­de­nen Mög­lich­kei­ten abwägt, lan­det man immer wie­der bei der Emp­feh­lung, den Lai­en die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zu emp­feh­len. Die Pius­brü­der haben den gro­ßen Vor­teil, von allem und jedem unab­hän­gig zu sein: Eine Frei­heit, die es ihnen erlaubt, sich nicht den Ent­schei­dun­gen und Ver­än­de­run­gen zu beu­gen, die von einem unhei­li­gen Geist inspi­riert sind und auf die Aus­lö­schung des katho­li­schen Glau­bens abzie­len. Kein „syn­oda­ler Pro­zess“ und kei­ne kirch­li­che Ent­schei­dung, die dem katho­li­schen Glau­ben zuwi­der­läuft, wird den Glau­ben der Pius­bru­der­schaft ändern kön­nen, die gera­de des­halb gegrün­det wur­de, um bestimm­ten ver­hee­ren­den Pro­zes­sen zu wider­ste­hen, die wäh­rend des letz­ten Kon­zils aus­ge­löst wur­den, auch wenn sie schon lan­ge vor­her vor­be­rei­tet wor­den sind. Der rech­te Glau­be ist viel wich­ti­ger als eine juri­sti­sche Form, so wün­schens­wert die­se auch sein mag. Sie ist aber sicher­lich kein ent­schei­den­des Kri­te­ri­um und im Ver­gleich zur Bedeu­tung des Glau­bens bleibt sie eine blo­ße For­ma­li­tät. Es ist nicht eine Pla­ket­te, ein Stem­pel oder ein Titel, der eine Gemein­schaft katho­lisch macht, son­dern der Glau­ben und die Taten.

Und es sind genau die­se Taten, die unwi­der­leg­bar gezeigt haben, dass die FSSPX in jeder Hin­sicht eine wirk­lich katho­li­sche Gemein­schaft ist. Sie zeich­net sich durch ihren Eifer für die Ret­tung der See­len aus, betreut mit Sorg­falt und Hin­ga­be die Gläu­bi­gen, die es wün­schen, hat her­vor­ra­gen­de Schu­len geschaf­fen, ihre Unter­wei­sung ist nicht durch moder­ni­sti­sche und frei­mau­re­ri­sche Ten­den­zen kon­ta­mi­niert, son­dern unter­schie­den durch die Klar­heit des Den­kens, das in der Regel sehr aus­ge­wo­gen und tief­grün­dig ist. Ihr Enga­ge­ment für den katho­li­schen Glau­ben ist bewun­derns­wert, sie sind wirk­lich auf Chri­stus aus­ge­rich­tet und ver­mit­teln nicht die übli­che Mit­tel­mä­ßig­keit des „moder­nen Klerus“.

Natür­lich wird man, wenn man sich auf die Suche begibt, zwei­fel­los auch Schwä­chen fin­den, sowohl bei den Mit­glie­dern der Bru­der­schaft als auch bei ihren Gläu­bi­gen. Es gibt eini­ge per­sön­li­che Macken, eini­ge unaus­ge­wo­ge­ne Kom­men­ta­re oder frag­wür­di­ges per­sön­li­ches Ver­hal­ten, wie es in jeder Gemein­schaft und Per­son vor­kommt. Aber das ist, sta­ti­stisch gese­hen, in einer Gemein­schaft die­ser Grö­ße nor­mal und unver­meid­lich. Auch die Über­trei­bung in der per­sön­li­chen Stren­ge mag unan­ge­nehm schei­nen und man­che Men­schen sogar erschrecken, aber letzt­lich sehr akzep­ta­bel sein ange­sichts der Fül­le der Katho­li­zi­tät, die in der Bru­der­schaft zu fin­den ist. Alles in allem sind die Pius­brü­der über­zeu­gend für das, was seit dem letz­ten Kon­zil in fast allen ande­ren Berei­chen der Kir­che fehlt: Sie sind im besten Sin­ne des Wor­tes nor­mal und katho­lisch geblie­ben.

Des­halb soll­ten wir die Gläu­bi­gen an die Pius­bru­der­schaft oder an Prie­ster ver­wei­sen, die wie sie den­ken und han­deln, und sich wie sie ver­hal­ten, und wir haben den Gläu­bi­gen jeden Zwei­fel zu neh­men, dass sie nicht katho­lisch, son­dern schis­ma­tisch sei­en – ein alt­be­kann­tes Mär­chen, das man auch heu­te noch lesen und hören kann. Es geht nicht dar­um, dass es unbe­dingt oder aus­schließ­lich die Pius­bru­der­schaft sein muß, an die wir die Gläu­bi­gen ver­wei­sen. Es kann auch ein guter Prie­ster sein, der den Vetus Ordo zele­briert und kla­re Vor­stel­lun­gen hat. Aber bei ihnen sind wir zumin­dest sicher, dass die Gläu­bi­gen bei ihnen, trotz der Feh­ler, die immer und unver­meid­lich vor­han­den sein wer­den, den authen­ti­schen katho­li­schen Glau­ben und die Lit­ur­gie fin­den, die die­sem Glau­ben ent­spricht und Gott wohl­ge­fäl­lig ist.

Für Priester

  • Die Prie­ster soll­ten die Sakra­men­te spen­den und so oft wie mög­lich die Hei­li­ge Mes­se nach dem Vetus Ordo zele­brie­ren, wenn mög­lich auch in Pfarr­kir­chen – trotz der ver­schie­de­nen Ver­bo­te und ohne Skru­pel. Nach Mög­lich­keit mit den Gläu­bi­gen und, wo die­se feh­len soll­ten, auch in deren Abwe­sen­heit. Wir müs­sen auch in die­sem zen­tra­len Aspekt unse­res katho­li­schen Glau­bens groß­zü­gig und hilfs­be­reit sein und uns auf die Sei­te derer stel­len, die die hei­li­ge Lit­ur­gie in ihrer voll­stän­dig­sten und authen­tisch­sten Form wün­schen, trotz der Hin­der­nis­se, die in den Weg gelegt wur­den. Gera­de weil die Lit­ur­gie kein Selbst­zweck ist, son­dern das Opfer Got­tes, die zen­tra­le Hand­lung der Kir­che und ein Mit­tel, um die mensch­li­che See­le zu dem Einen zu erhe­ben, der sich opfert, kön­nen wir nicht zulas­sen, dass die über­lie­fer­te Lit­ur­gie abge­schafft wird, denn es ist gera­de die­se Lit­ur­gie, die die ver­schie­de­nen Aspek­te der hei­li­gen Mes­se am voll­stän­dig­sten und unmiss­ver­ständ­lich­sten ver­wirk­licht. Sie ist nicht gül­ti­ger, aber ihre Form ent­spricht mehr ihrer Sub­stanz als der Novus Ordo Mis­sae. Schließ­lich: Der Papst selbst ermahnt uns, groß­zü­gig und kei­ne „star­ren Lega­li­sten“ zu sein, son­dern die gött­li­chen Geset­ze mit Groß­her­zig­keit und Barm­her­zig­keit anzu­wen­den! Es ist also nur anzu­wen­den, was der Papst uns wie­der­holt sagt.
  • Die alten Vor­ur­tei­le und Denk­sche­ma­ta gegen­über Msgr. Lefeb­v­re und der Pius­bru­der­schaft sind zu über­win­den, die – oft bewusst – kon­stru­iert wur­den, um die Gläu­bi­gen und die Prie­ster zu ver­wir­ren. Jahr­zehn­te­lang wur­de die Vor­stel­lung ver­brei­tet, dass schon der blo­ße Kon­takt mit der FSSPX, geschwei­ge denn der Besuch ihrer Mes­sen, eine schwe­re Sün­de und eine Tren­nung von der katho­li­schen Kir­che sei. Das Gegen­teil ist der Fall! Die­se Mani­pu­la­ti­on muss auf­hö­ren, und den Gläu­bi­gen muss klar­ge­macht wer­den, dass es weder Sün­de noch Unge­hor­sam ist, wenn man zur Pius­bru­der­schaft geht. Die syste­ma­ti­sche Aus­gren­zung jener, die der FSSPX ange­hö­ren oder jener, die sie besu­chen, ist nicht akzep­ta­bel. Die Pfar­rei­en könn­ten Prie­ster der Bru­der­schaft zu Vor­trä­gen, Kate­che­sen oder Fei­er­lich­kei­ten ein­la­den oder Besu­che zu bestimm­ten Anläs­sen in deren Prio­ra­ten organisieren.
  • Die Prie­ster müs­sen sich end­lich von den unter­schwel­li­gen Ket­ten befrei­en, die sie dar­an hin­dern, sich frei aus­zu­drücken. Es stimmt, dass theo­re­tisch jeder sei­ne Gedan­ken frei äußern kann. Aber in vie­len kirch­li­chen Kon­tex­ten ist dies nur eine schö­ne Theo­rie. In Wirk­lich­keit gibt es vie­le reli­giö­se Häu­ser, Orden und Diö­ze­sen, in denen Angst herrscht, die eige­nen Gedan­ken zu äußern. Auch an der Hei­li­gen Römi­schen Kurie herrscht Angst, wie oft berich­tet wird. Es braucht wenig und die Behör­den grei­fen sofort ein: Ein fal­sches Wort über das jüng­ste Kon­zil, ein Zwei­fel an den Coro­na-Maß­nah­men, ein geäu­ßer­tes Wohl­wol­len für die Pius­bru­der­schaft genü­gen manch­mal, um Brie­fe, Anru­fe, „Ein­la­dun­gen zu einem Gespräch“ oder Stra­fen aus­zu­lö­sen, wäh­rend so gut wie jede Form des lit­ur­gi­schen Miss­brauchs, jede Häre­sie, jede libe­ra­le Hal­tung in Poli­tik oder Theo­lo­gie nicht nur fol­gen­los bleibt, son­dern sogar belohnt und begün­stigt wird. Nicht weni­ge Prie­ster ver­schie­de­ner Orden oder Diö­ze­sen füh­len sich an ein tota­li­tä­res oder auto­ri­tä­res Regime erin­nert, wenn sie sich frei äußern.

Wel­cher Prie­ster wür­de sich heu­te zum Bei­spiel so frei füh­len, (ohne Furcht) zu sagen, dass das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil geschei­tert ist? Oder dass die Lit­ur­gie­re­form die Kir­chen ent­leert und die Men­schen vom Glau­ben ent­fernt hat? Wer könn­te es wagen – ohne Angst vor Kon­se­quen­zen –, die Poli­tik des Hei­li­gen Stuhls in den Berei­chen Migra­ti­on und Imp­fung zu kri­ti­sie­ren? War­um scheint es erlaubt, alle Päp­ste bis zu Pius XII. zu kri­ti­sie­ren, wäh­rend ein Johan­nes XXIII., Paul VI., Johan­nes Paul II. oder Fran­zis­kus unan­tast­bar schei­nen? Barm­her­zig­keit und Frei­heit gel­ten nur sehr selek­tiv. Wenn man frei ist, die Ver­gan­gen­heit der Kir­che zu kri­ti­sie­ren, ob Dok­trin, Lit­ur­gie oder Bräu­che, war­um kann man nicht auch die Gegen­wart kri­ti­sie­ren? Auch unse­re Gegen­wart wird bald Ver­gan­gen­heit sein, und wer weiß, viel­leicht nur eine schlech­te Erin­ne­rung an Zei­ten, die über­haupt nicht gut waren. Genau so, wie man­che heu­te die Zei­ten von gestern sehen.

Es gibt Prie­ster, die sich an die Zei­ten des Kom­mu­nis­mus erin­nert füh­len, weil sie ein dik­ta­to­ri­sches Kli­ma in der Kir­che wahr­neh­men, in dem sich jeder dem Ein­heits­den­ken des Regimes unter­wer­fen muss. Der Mensch zählt nichts, die Insti­tu­ti­on ist alles. Der Ein­zel­ne darf nie­mals her­aus­ra­gen, darf nie aus dem Ein­heits­chor her­aus­zu­hö­ren sein oder sich in einer Sache her­vor­tun. Jeden­falls scheint das heu­te die vor­herr­schen­de Situa­ti­on zu sein.

Die­se Ent­wick­lung ist gefähr­lich, weil sie von Chri­stus los­ge­löst ist und zu einem tota­li­tä­ren poli­ti­schen Regime im Dien­ste einer neu­en Welt­ord­nung mit einer ein­zi­gen ver­ein­heit­lich­ten Reli­gi­on führt, an deren Ende eine poli­ti­sche Phi­lo­so­phie ohne Gott ste­hen wird. Auch die Kir­che läuft Gefahr, zu einer blo­ßen poli­ti­schen Gesell­schaft zu wer­den, die des Glau­bens beraubt ist! Wir müs­sen das recht­zei­tig erken­nen und uns die­sen gefähr­li­chen Trends für die katho­li­sche Kir­che wider­set­zen, die Gefahr läuft, sich in eine säku­la­re gesell­schafts­po­li­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on lin­ker Aus­rich­tung zu verwandeln.

Für die Gläubigen

  • Was die Gläu­bi­gen betrifft: Die Lai­en müs­sen dar­auf bestehen, alle Sakra­men­te  im über­lie­fer­ten Ritus zu for­dern (nicht nur die Hei­li­ge Mes­se!). Zugleich müs­sen sie aber auch Druck auf die Prie­ster aus­üben, damit die­se ihnen die klas­si­sche katho­li­sche Dok­trin, den alten Kate­chis­mus und die schö­nen Bräu­che derer bei­brin­gen, die uns im Glau­ben vor­aus­ge­gan­gen sind. Es wäre falsch, sich von der heu­te lei­der vor­herr­schen­den kle­ri­ka­len Arro­ganz ent­mu­ti­gen zu las­sen, die dar­auf abzielt, die Gläu­bi­gen zu mani­pu­lie­ren, anstatt ihnen zu hel­fen, sich zu hei­li­gen und zu ver­gött­li­chen (zwei wei­te­re Begrif­fe, über die heu­te nie­mand mehr spricht).
  • Und wenn sie bei den Pfar­rern oder ande­ren Diö­ze­san- oder Ordens­prie­stern kein Gehör fin­den? Dann dür­fen sie nicht nach­ge­ben, son­dern müs­sen sich ohne Skru­pel und Angst dort­hin bege­ben, wo sie unter allen lehr­mä­ßi­gen und lit­ur­gi­schen Aspek­ten ein wahr­haft katho­li­sches Umfeld vor­fin­den, ins­be­son­de­re zur Pius­bru­der­schaft.

Wir befin­den uns der­zeit in einer Art Kampf: Es ist ein Kampf, der alle ver­schie­de­nen Aspek­te der sicht­ba­ren Schöp­fung betrifft. Dies gilt auch für die sicht­ba­re und insti­tu­tio­nel­le Kir­che. Es ist der­sel­be Kampf, den auch die zivi­le Welt führt, denn ein gro­ßer Teil der Kir­che ist inzwi­schen selbst „Welt“ gewor­den. Manch­mal scheint sie wie eine Mut­ter, die einst gut und für­sorg­lich war, aber ab einem bestimm­ten Zeit­punkt damit begon­nen hat, sich regel­mä­ßig zu betrin­ken, und so befin­det sie sich zur Zeit in einem Deli­ri­um, mit berausch­tem Ver­stand. Sie ist immer die­sel­be Mut­ter geblie­ben, mit all ihren Vor­zü­gen, aber der­zeit „außer Betrieb“, weil außer sich. Wir müs­sen uns ihrer anneh­men und sie vor sich selbst schüt­zen, denn trotz aller Feh­ler, die sie der­zeit auch auf­weist, ist sie immer die ein­zi­ge Kir­che Jesu Chri­sti und von Ihm geliebt. Wenn eine betrun­ke­ne Mut­ter ihren Kin­dern etwas befiehlt, das gefähr­lich oder schäd­lich ist, dann sol­len sie die­sen Befeh­len nicht gehor­chen, son­dern sich an das erin­nern, was sie in ihren nüch­ter­nen Momen­ten sag­te und tat, als sie noch die gute Mut­ter war. Manch­mal darf man die Befeh­le des Augen­blicks nicht beach­ten – zum Woh­le aller. Sei­ne Exzel­lenz, Msgr. Mar­cel Lefeb­v­re, der sich als treu­er Die­ner der hei­li­gen Mut­ter Kir­che erwie­sen hat, ist uns ein gro­ßes Vor­bild darin.

Und so muss sich auch der Kle­rus an der siche­ren Ver­gan­gen­heit ori­en­tie­ren und nicht an den ver­gäng­li­chen Moden oder dem Geschwätz des Augen­blicks, denn nur so kann er hof­fen, nicht mehr in sei­ner Gesamt­heit der Schlech­te zu sein, wie er es jetzt ist.

Auf lan­ge Sicht wer­den nur die Wahr­heit Chri­sti, die Hei­lig­keit, der wah­re Glau­be und der kohä­ren­te Kult über­le­ben wie der über­lie­fer­te römi­sche Ritus von Pius V. Es wird die­se Lit­ur­gie der Kir­che sein, die am Ende übrig sein wird, wäh­rend alles ande­re unter­ge­hen wird und bereits jetzt, direkt vor unse­ren Augen, zusammenbricht.

*Mag. Don Micha­el Gurt­ner ist ein aus Öster­reich stam­men­der Diö­ze­san­prie­ster, der in der Zeit des öffent­li­chen Mess­ver­bots die­sem wider­stan­den und sich gro­ße Ver­dien­ste um den Zugang der Gläu­bi­gen zu den Sakra­men­ten erwor­ben hat.

Bild: New Lit­ur­gi­cal Movement 

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