(Paris) In Courtalain fand das angekündigte Treffen der Generaloberen der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften statt, um sich über das Motu proprio Traditionis Custodes zu beraten.
Die Vereinigung Notre-Dame de Chrétienté, die die jährliche Pfingst-Wallfahrt Paris–Chartres organisiert, gab auf Facebook bekannt, daß sich die Generaloberen der religiösen Institute, die nach dem Motu proprio Ecclesia Dei adflicta von 1988 errichtet wurden, am 31. August getroffen haben.
In Courtalain, nahe Chartres, befindet sich der Sitz des Institut du Bon Pasteur. Dort versammelten sich die Oberen, um über die irritierende und verunsichernde neue Situation zu beraten, die von Papst Franziskus mit dem Motu proprio Traditionis custodes geschaffen wurde.
Notre-Dame de Chrétienté schreibt auf Facebook:
„Nach der Veröffentlichung des Motu proprio Traditionis Custodes trafen sich gestern in Courtalain die Generaloberen der wichtigsten ‚Ecclesia Dei‘-Gemeinschaften.“
Ursprünglich hatte der Eintrag einen Zusatz:
„Nach der Veröffentlichung des Motu proprio Traditionis Custodes trafen sich gestern in Courtalain die Generaloberen der wichtigsten ‚Ecclesia Dei‘-Gemeinschaften.
Zur Verteidigung der überlieferten Messe werden sie auf NICHTS verzichten.“
Der letzte Satz, der viele Priester und Gläubige beruhigen dürfte, wurde nachträglich entfernt. Die Generaloberen selbst hatten Stillschweigen über die Beratungen vereinbart.
Will Rom eine bi-rituelle Zukunft für die Ecclesia-Dei-Institute?
Gestern sendete die Rundfunkkette COPE in Spanien ein ausführliches Interview mit Papst Franziskus. Darin schloß das Kirchenoberhaupt einen zuletzt gerüchteweise diskutierten Rücktritt aus und nahm zu Traditionis custodes Stellung. Wie auch aus dem Motu proprio geht aus seinen Antworten, die wie immer entziffert werden wollen, nicht hervor, wann und inwiefern er Weltpriester und Angehörige von Novus-Ordo-Instituten oder Priester der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften meint. Franziskus nannte in dem Interview zwei Bereiche, welche die Priester betreffen:
- die kategorisch notwendige Erlaubnis, künftig im überlieferten Ritus zelebrieren zu dürfen, die „nur Rom erteilt“,
- und ein Bi-Ritualismus, der besagt, daß die Priester, die im überlieferten Ritus zelebrieren wollen, auch im neuen Ritus ausgebildet sein müssen und diesen zu zelebrieren haben.
Sollte er damit auch die Ecclesia-Dei-Gemeinschaften gemeint haben, steht diesen ein Sturm ungeahnten Ausmaßes ins Haus, der ihre bereits geweihten Priester und noch mehr ihre künftigen Priester betrifft.
Das Fehlen einer jeden Form von Differenzierung, sowohl im Motu proprio wie im COPE-Interview, legt nahe, daß Franziskus unterschiedslos alle Priester der lateinischen Kirche meint, also Uniformität durchsetzen will.
Bisher noch nicht angesprochen wurde von Rom, was Traditionis custodes für die Priesterseminare der Tradition bedeutet. In den Ecclesia-Dei-Gemeinschaften geht die Sorge um, daß auch in diesem Bereich eine einheitliche Ausbildung, also eine weitgehende Gleichschaltung mit den Novus-Ordo-Seminaren aufgezwungen werden soll.
Was Traditionis custodes bewirkt, zeigen die eingehenden Nachrichten über Restriktionen und Verbote, die von Diözesanbischöfen oder Bischofskonferenzen gegen den überlieferten Ritus und seine Vertreter verhängt werden.
Zu den jüngsten Beispielen gehört das Päpstliche Nordamerika-Kolleg in Rom, ein Priesterseminar und ein Weiterbildungsinstitut der Bischofskonferenz der USA. Am selben Tag, als sich die Generaloberen der Ecclesia-Dei-Gemeinschaften in Courtalain trafen, gab das Nordamerika-Kolleg in Rom bekannt, daß alle heiligen Messen im überlieferten Ritus sowie Einführungen und Vertiefungen in diesen gestrichen sind.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Facebook (Screenshot)