(New York ) Am 7. August wurde die 29jährige Polizistin Ella French bei einer Polizeikontrolle getötet. Am 19. August hielt Kardinal Blase Cupich, der Erzbischof von Chicago, für die junge Katholikin das Requiem in der Kirche St. Rita of Cascia.
Zur Kommunion forderte der Kardinal überraschend den anwesenden Polizeikaplan Dan Brandt auf, an seiner Stelle die heilige Kommunion zu spenden. Als erste in der Reihe fand Brandt Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot vor sich, der er den Leib Christi in die Hand legte. Die Messe wurde in die ganze Welt übertragen, weshalb alle den Kommunionempfang der Bürgermeisterin sehen konnten, der einen Skandal auslöste.
Lori Lightfoot ist Methodistin, Abtreibungsaktivistin und bekennende Lesbe, die mit einer Frau „verheiratet“ ist. Das sind gleich drei Gründe, die sie vom Kommunionempfang ausschließen. Der erste Ausschlußgrund ist, da weder Katholikin noch Angehörige einer Ostkirche, kategorischer Natur, der zweite und dritte ergibt sich aus einem sündhaften Verhalten, das ein öffentliches Ärgernis darstellt, der sie, selbst wenn sie Katholikin wäre, von der Kommunion ausschließt.
Nur am Rande sei wegen des Anlasses erwähnt, daß die seit zwei Jahren amtierende Bürgermeisterin der drittgrößten Stadt der USA nie eine gute Beziehung zur Polizei ihrer Stadt hatte und zudem ein rassistisches Problem zu haben scheint. Jüngst erklärte sie, nur Fragen von schwarzen Journalisten zu beantworten, während sie von Vertretern der rassistischen Anti-Rassismus-Bewegung Black Lives Matter als zu wenig radikal kritisiert wird. Die Juristin Lightfoot war in der Vergangenheit Vorstandsmitglied der Abtreibungsorganisation NARAL und des Abtreibungslobbyisten ACLU.
Chicago ist seit 1931 fest in der Hand der Demokratischen Partei. Seit 1999 nominiert die Republikanische Partei wegen der Aussichtslosigkeit durch das reine Mehrheitswahlrecht keine Kandidaten mehr. Der 50köpfige Stadtrat, der in ebenso vielen Einmann-Wahlkreisen ermittelt wird, setzt sich seit Januar 2020 aus 43 Demokraten, sechs Demokratischen Sozialisten und einem Republikaner zusammen, der sich als „Unabhängiger“ um das Mandat bewarb. Lightfoot errang im ersten Wahlgang mit 17 Prozent den ersten Platz, den sie in der Stichwahl gegen eine andere Kandidatin der Demokraten mit 70 Prozent verteidigte. Allerdings fiel die Wahlbeteiligung mit insgesamt 32 Prozent auf den bisher tiefsten Stand.
„Ich bin schuldig und schäme mich“, sagte im Anschluß an das Requiem ein untröstlicher Polizeikaplan der Catholic News Agency.
„Es ist wahr, daß ich ihr die Kommunion gegeben habe, aber sie war die erste. Ich sollte nicht die Kommunion spenden, aber in letzter Sekunde sagte mir Kardinal Cupich: ‚Ich werde während der Kommunion sitzen, nimm meinen Platz ein.‘ “
„Ich entschuldige mich für den Skandal, den mein Fehler ausgelöst hat. Es war sicher keine Absicht und ich wünschte, ich wäre aufmerksam gewesen. Oder daß der Kardinal die Kommunion gespendet hätte. Ich entschuldige mich. Ja, sie ist gekommen und ich habe ihr den heiligen Leib in die Hand gedrückt. Da war es schon zu spät. Ich dachte: ‚Oh mein Gott, erbarme Dich!‘ “
Die Frage steht seither im Raum, ob Kardinal Cupich genau dieser Situation aus dem Weg gegangen ist und deshalb den unvorbereiteten Polizeiseelsorger vorschickte. Das Erzbistum war anschließend nicht bereit, zur Angelegenheit Stellung zu nehmen.
Der US-Episkopat ist gespalten in der Frage, ob katholischen Politikern, die Abtreibungen gutheißen, unterstützen und fördern, wie der amtierende US-Präsident Joe Biden, die Kommunion gespendet werden kann und soll. Kardinal Cupich vertritt dabei die progressive Minderheitenmeinung und ersuchte in der Sache bereits den Heiligen Stuhl gegen ein Kommunionverbot zu intervenieren.
Hätte der Kardinal die Situation beim Requiem für die getötete Ella French nicht erkannt und den Polizeikaplan nicht vorgeschickt, hätte er Lori Lightfoot die heilige Kommunion verweigern müssen. Er wäre damit genau in der Situation gewesen, das tun zu müssen, was er gegenüber katholischen Abtreibungspolitikern ablehnt. Natürlich besteht der grundsätzliche Unterschied, daß Lightfoot als Methodistin so oder so keinen Zugang zur heiligen Kommunion hätte. Die Bilder, die durch die Direktübertragung für alle sichtbar waren, wären jedoch die gleichen gewesen, und Bilder wirken bekanntlich mehr als Worte. Das gilt erst recht in einem Kontext, dessen Aspekte nicht allen, nicht einmal allen Katholiken, mehr bewußt sind.
Hätte Kardinal Cupich der Bürgermeisterin die Kommunion nicht verweigert, wären seine Aussichten, in der Bischofskonferenz eine Mehrheit für seine progressive Position zu gewinnen, ohnehin aussichtslos geworden. So ist es Polizeikaplan Brandt, der die Last zu tragen hat:
„Ich kann mich nicht genug bei jedem entschuldigen, der sich darüber ärgert, daß sie [Lori Lightfood] die Eucharistie empfangen hat. Es ist ganz allein meine Schuld, ich gebe es zu.“
Direkt an den CNA-Journalisten gewandt:
„Ich bitte Ihre Leser, dasselbe Mitleid mit mir zu haben, das der Herr hoffentlich hat.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild : Youtube (Screenshot)