(San José) Der Fall Costa Rica bleibt emblematisch und offenbart einen starken repressiven Drang. Die Bischofskonferenz des zentralamerikanischen Landes erließ nach der Veröffentlichung des Motu proprio Traditionis custodes als erste ein Verbot des überlieferten Ritus. Nun wurde der einzige bekannte Priester des Landes, der im überlieferten Ritus zelebrierte, suspendiert.
Die Bischöfe von Costa Rica zogen ihre Schlüsse aus Traditionis custodes. Papst Franziskus erwähnt darin zwar kein Verbot des überlieferten Ritus, doch laufen die von ihm den Diözesanbischöfen erteilten Anweisungen bei konsequenter Umsetzung genau darauf hinaus. Die Costa-ricanische Bischofskonferenz wollte daher nicht den langen Weg des Schmiedls gehen, sondern gleich als Schmied Nägel mit Köpfen machen.
Am 19. Juli, bereits drei Tage nach der Promulgation von Traditionis custodes, erließen die Bischöfe ein Verbot des überlieferten Ritus. In diesem Dekret behaupteten sie zugleich, es gebe in ihrem Land ohnehin keine Zelebration dieser Art. Das entsprach aber nicht den Tatsachen. Zumindest in einem Bistum wurde regelmäßig im überlieferten Ritus zelebriert.
Entsprechend kam es zum Widerspruch von enttäuschten und empörten Gläubigen. Sie hielten Ende Juli vor der Apostolischen Nuntiatur in San José eine Mahnwache ab. Der Nuntius, Erzbischof Bruno Musarò, sicherte ihnen zu, zwischen ihnen und den Bischöfen vermitteln zu wollen. Erfolg hatte er damit offensichtlich nicht.
Gestern, am 20. August, wurde vom Presseamt der Diözese Alajuela „dem heiligen Volk Gottes und der Öffentlichkeit“ bekanntgegeben, daß Don Sixto Eduardo Varela Santamaria, der einzige Diözesanpriester Costa Ricas, von dem bekannt ist, daß er regelmäßig im überlieferten Ritus zelebrierte, suspendiert wurde. Gründe für die drakonischen Maßnahmen wurden nicht genannt.
Die Strafen gegen Don Varela waren am 17. August verhängt worden. Ihm wurde seine Pfarrei Patriarca San José im Bezirk San José de Alajuela entzogen. Er selbst wurde vom priesterlichen Dienst suspendiert. Als Rechtsgrundlage werden in der Presseerklärung des Bistums die Canones 1333–1334 des Codex Iuris Canonici genannt sowie als Begründung die Paragraphen 1, 3 und 4 von can. 1741. Laut der costa-ricanischen Tageszeitung La Nación erfolgte die Bestrafung, weil Don Varela im überlieferten Ritus zelebrierte. Es wird nicht gesagt, doch müßte angenommen werden, der Priester hätte sich dem Verbot widersetzt und weiterhin im überlieferten Ritus zelebriert.
Aus Costa Rica ist allerdings anderes zu hören. Zunächst ist vorauszuschicken, daß Don Varela Pfarrer einer Novus-Ordo-Pfarrei ist. In dieser zelebrierte er in der neuerrichteten Pfarrkirche im Novus Ordo, in der alten Pfarrkirche aber im überlieferten Ritus, dem er sich persönlich verbunden fühlt. Laut InfoCatolica hatte Don Varela die Zelebration im überlieferten Ritus eingestellt, als die Bischöfe dessen Verbot erlassen hatten. Eine Zuwiderhandlung liegt nicht vor. Ab diesem Moment zelebrierte der Pfarrer in der alten Pfarrkirche nach dem Missale von Paul VI., aber auf Latein und ad orientem. Das ist der Grund, weshalb ihn Bischof Bartolomé Buigues Oller TC suspendierte. Das geht aus einem ersten, dann ersetzten Dekret vom 27. Juli hervor, in dem die Suspendierung von Don Varela mit „Hybridformen“ begründet wurde, den Novus Ordo auf Latein und ad orientem zu zelebrieren. Im Dekret vom 17. August fehlt die entsprechende Stelle. Da Don Varela auf die Zelebration im überlieferten Ritus verzichtete, bedeutet die Ersetzung des ersten Dekrets durch ein zweites nicht, daß Bischof Buigues seine Meinung änderte, sondern lediglich den tatsächlichen Grund seines drakonischen Vorgehens nicht so deutlich offenlegen wollte.
Auch ein gestern ausgestrahltes Interview von Radio Monumental mit Don Varela deutet darauf hin, daß sich Bischof Buigues an dessen nach dem Verbot des überlieferten Ritus begonnener Zelebration nach dem Missale von Paul VI. in lateinischer Sprache und mit der Zelebrationsrichtung Osten störte:
„Natürlich hat es mit der tridentinischen Messe zu tun […] Ich habe die tridentinische Messe nicht mehr zelebriert, aber ich habe weiter zelebriert, um die Gläubigen, Katholiken, die der Kirche treu sind, zu begleiten mit der Messe nach dem Missale von Paul VI. in lateinischer Sprache, was Monsignore [Bartolomé Buigues] nicht gefällt und er nicht will. Und er sieht darin einen Akt, der diese Situation praktisch auslöste.“
Andere costa-ricanische Medien berichteten zudem, daß die Bestrafung neben der Ritusfrage auch eine Reaktion auf kontroverse Äußerungen Don Varelas sei. Der Pfarrer hatte 2020 gegen das Gottesdienstverbot Stellung genommen, das von den Bischöfen wegen der Corona-Bekämpfung verhängt worden war. Er äußerte Unverständnis für die bischöfliche Entscheidung und erklärte, die Kirche solle die Tore nicht schließen, sondern erst recht öffnen.
Bischof Buigues, ein Spanier, gehört dem Orden der Amigonianer an. Seit 1992 wirkt er mit Unterbrechungen in Costa Rica, wo er einige Jahre Provinzoberer seines Ordens war. 2018 ernannte ihn Papst Franziskus zum Bischof von Alajuela. Msgr. Buigues legte sich mit Joh 10,11 den Wappenspruch seines Ordensgründers als Bischofsmotto zu: „Ich gebe mein Leben für die Schafe“.
Im Zusammenhang mit dem überlieferten Ritus, der Tradition und ihren Vertretern offenbart Bischof Buigues hingegen einen ausgeprägten Drang zur Repression.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MisaLatinaCostaRica/Diocesisdealajuela.org (Screenshots)