Eine Abschaffung von Summorum Pontificum wäre ein „Machtmißbrauch“

Weihbischof Athanasius Schneider: Überlieferter und neuer Ritus sind nicht nur zwei Formen, sondern zwei Riten


Weihbischof Athanasius Schneider sprach in der Sendung Catholic Drive Time über mögliche Einschränkungen des Motu proprio Summorum Pontificum und die Piusbruderschaft.
Weihbischof Athanasius Schneider sprach in der Sendung Catholic Drive Time über mögliche Einschränkungen des Motu proprio Summorum Pontificum und die Piusbruderschaft.

(Washing­ton) Eine Ein­schrän­kung oder Unter­drückung des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum wäre ein „Macht­miß­brauch“. Dies sag­te Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der in einem Inter­view mit dem US-ame­ri­ka­ni­schen Nach­rich­ten­sen­der Gua­d­a­lu­pe Radio Net­work in Houston.

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Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der, Regu­lar­ka­no­ni­ker vom Hei­li­gen Kreuz, ist Weih­bi­schof des Erz­bis­tums Ast­a­na in Kasach­stan. Er sprach mit Joe McCla­ne, dem Pro­gramm­lei­ter von Gua­d­a­lu­pe Radio Net­work, in des­sen Sen­dung Catho­lic Dri­ve Time dar­über, was pas­sie­ren wür­de, soll­te der Hei­li­ge Stuhl die Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus einschränken.

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag berich­te­te die fran­zö­si­sche Tages­zei­tung Le Figa­ro, daß Papst Fran­zis­kus das Doku­ment zur „Neu­in­ter­pre­ta­ti­on“ von Sum­morum Pon­ti­fi­cum bereits geneh­migt habe. Zwei Tage dar­auf folg­te Rora­te cae­li, ein US-ame­ri­ka­ni­scher katho­li­scher Blog, mit der Nach­richt, daß das Doku­ment schon mor­gen, Frei­tag, in Kraft tre­ten könnte.

Laut Weih­bi­schof Schnei­der wäre jede Form der Ein­schrän­kung des Motu pro­prio von Papst Bene­dikt XVI. „ein gro­ßer Scha­den für das Leben der Kir­che“. Soll­te das gesche­hen, könn­ten die Prie­ster den­noch „die­se Mes­se wei­ter­hin fei­ern, weil es die Mes­se der gesam­ten Kir­che ist und die Gläu­bi­gen ein Recht auf das Hei­li­ge haben“. Die über­lie­fer­te Lit­ur­gie sei „ein Schatz der gan­zen Kir­che“. Es gehe dabei nicht nur um die Gegen­wart, son­dern auch um die Ver­gan­gen­heit. „Es ist ein Schatz der Hei­li­gen: Fast alle Hei­li­gen, die wir ken­nen, sind in die­ser Form der Lit­ur­gie auf­ge­wach­sen“. Bekannt­lich sind im Über­na­tür­li­chen die Zei­ten auf­ge­ho­ben, wes­halb auch alles Ver­gan­ge­ne im Hei­li­gen den­sel­ben Wert hat wie das Gegenwärtige.

Die deutsch­ame­ri­ka­ni­sche Histo­ri­ke­rin und Jour­na­li­stin Mai­ke Hick­son, die auf Life­Si­teNews über das Inter­view berich­te­te, schreibt unter Beru­fung auf vati­ka­ni­sche Quel­len, daß nicht nur die mög­li­chen Ein­schrän­kun­gen pro­ble­ma­tisch sei­en, son­dern auch die „dik­ta­to­ri­sche Art“, mit der sie ein­ge­führt wer­den sol­len. Es wer­de „über die Köp­fe der Prie­ster und Gläu­bi­gen hin­weg“ ent­schie­den und aufoktroyiert.

Zum Aus­maß und der Reich­wei­te mög­li­cher Ein­schrän­kun­gen lie­gen seit Ende Mai, seit Fran­zis­kus bei der Voll­ver­samm­lung der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz sei­ne Absich­ten ankün­dig­te, unter­schied­li­che Berich­te vor, wes­halb kei­ne genau­en Anga­ben gemacht wer­den kön­nen. Kon­stant taucht dabei der Hin­weis auf, daß allen Prie­stern, die nicht einer Eccle­sia-Dei-Gemein­schaft ange­hö­ren, das Recht zur Zele­bra­ti­on des über­lie­fer­ten Ritus, den ihnen Bene­dikt XVI. zuer­kannt hat­te, wie­der ent­zo­gen wer­de. Wer von ihnen wei­ter­hin im über­lie­fer­ten Ritus zele­brie­ren wol­le, brau­che dann eine Sondererlaubnis.

Weih­bi­schof Schnei­der zeig­te sich über­zeugt, daß sich die Prie­ster und auch „beson­ders die Jugend­li­chen“ die Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus, „die­sen gro­ßen Schatz des Glau­bens und der Spi­ri­tua­li­tät“, nicht neh­men las­sen werden.

Eine Beru­fung gegen ein mög­li­ches Ein­schrän­kungs­de­kret sei den Prie­stern aber nicht mög­lich, weil es „nie­mals eine Beru­fung gegen den Vati­kan geben kann“.

Joe McCla­ne von Gua­d­a­lu­pe Radio Net­work in Hou­ston, der Bischof Schnei­der interviewte

Nicht nur zwei Formen, sondern zwei Riten

Schnei­der bestä­tig­te zwar, daß Rom for­mal die Voll­macht habe, auch Prie­ster der Tra­di­ti­on zu zwin­gen, die Mes­se im Novus Ordo Mis­sae zu zele­brie­ren, daß der Hei­li­ge Stuhl damit aber in geist­li­cher Hin­sicht die die­sen Prie­stern ver­lie­he­nen Rech­te ver­let­zen wür­de. Das gel­te in beson­de­rer Wei­se für die Prie­ster, die auf den über­lie­fer­ten Ritus geweiht sind. Ihr Sta­tus sei jenem der mit Rom unier­ten Prie­ster der Ost­kir­chen zu ver­glei­chen. Sie sei­en auf ihren Eigen­ri­tus geweiht und könn­ten daher nicht gezwun­gen wer­den, in einem ande­ren Ritus zu zelebrieren.

Der Weih­bi­schof wider­sprach aus­drück­lich der Annah­me, der über­lie­fer­te Ritus aller Zei­ten und der Novus Ordo Mis­sae von 1969 sei­en nur zwei For­men ein und des­sel­ben Ritus. Dabei hand­le es sich um „zwei ver­schie­de­ne Riten“, denn der Unter­schied zwi­schen bei­den sei „sehr groß“. Des­halb den­ke er, daß kein Prie­ster gezwun­gen wer­den soll­te, im ande­ren Ritus zu zelebrieren.

Es sei schwer zu sagen, wie Rom reagie­ren wer­de, soll­te es zum Zwang kom­men und sich tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Prie­ster die­sem ver­wei­gern. Fakt sei, so Msgr. Schnei­der, daß die Kon­ze­le­bra­ti­on aber weder eine „Vor­aus­set­zung“ noch ein „Zei­chen der Ein­heit“ in der Kir­che sei.

In der gesam­ten Kir­chen­ge­schich­te sei die Kon­ze­le­bra­ti­on nie eine Pflicht als Zei­chen der Ein­heit mit dem Orts­bi­schof oder dem Papst gewe­sen. Kei­ne der Ost­kir­chen, die in den ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten in die Ein­heit mit Rom zurück­ge­kehrt sind, muß­te mit dem Papst „kon­ze­le­brie­ren“. Nach dem alten Kir­chen­recht war die Kon­ze­le­bra­ti­on sogar verboten.

Als vor­dring­lich­stes Anlie­gen nann­te Weih­bi­schof Schnei­der „vor allem zu beten, daß der Hei­li­ge Geist den Papst erleuch­tet, das Motu pro­prio von Papst Bene­dikt nicht ein­zu­schrän­ken, und auch daß die Pius­bru­der­schaft eine umfas­sen­de­re Aner­ken­nung in der Kir­che erhält.“

„Baldige Anerkennung der Piusbruderschaft wäre gut“

Ein wei­te­rer Schwer­punkt des Inter­views war die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX). Weih­bi­schof Schnei­der hat­te im Auf­trag des Hei­li­gen Stuhls 2015 deren Häu­ser visi­tiert. Er ver­fügt daher über rei­chen Ein­blick. Der Weih­bi­schof reka­pi­tu­lier­te die histo­ri­sche Ent­ste­hung und Ent­wick­lung der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. sowie die dabei ent­stan­de­nen Kon­flik­te mit Rom. Unter Papst Bene­dikt XVI. und Papst Fran­zis­kus sei­en jedoch wich­ti­ge Schrit­te in Rich­tung einer „kano­ni­schen Nor­ma­li­sie­rung“ erfolgt. Da Fran­zis­kus Prie­stern der Pius­bru­der­schaft im Jahr der Barm­her­zig­keit die Voll­macht zuer­kann­te, die Beich­te zu hören, bestehe kein Zwei­fel, daß ihr sakra­men­ta­les Prie­ster­tum und die von ihnen gespen­de­ten Sakra­men­te als gül­tig zu betrach­ten sind. Ent­spre­chend sei es „natür­lich“ recht­mä­ßig, die Hei­li­ge Mes­se zu besu­chen, die von einem Prie­ster der Pius­bru­der­schaft zele­briert wird, wenn es kei­ne ande­re Mög­lich­keit gibt.

„Wir müs­sen hof­fen, daß sie die vol­le Aner­ken­nung erhal­ten. Ich hof­fe bald, es wäre gut. Und dann wird die FSSPX eine nor­ma­le Rea­li­tät sein wie ande­re Rea­li­tä­ten inner­halb der Kir­che. Das ist not­wen­dig für unse­re Zeit in die­ser Kri­se, in die­sen Zei­ten der Dun­kel­heit und Verwirrung.“

Er gehe nicht davon aus, so Msgr. Schnei­der, daß sich die Pius­bru­der­schaft in der der­zei­ti­gen Situa­ti­on dem Hei­li­gen Stuhl ganz unter­wer­fen wer­de. Soll­te es tat­säch­lich zu Ein­schrän­kun­gen von Sum­morum Pon­ti­fi­cum und Zwangs­maß­nah­men gegen Prie­ster der soge­nann­ten Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten kom­men, sei damit zu rech­nen, daß sich Prie­ster die­ser Gemein­schaf­ten wegen deren grö­ße­rer Unab­hän­gig­keit der Pius­bru­der­schaft anschlie­ßen könn­ten. Wich­ti­ger sei aller­dings, zu hof­fen und dafür zu beten, daß es erst gar nicht soweit kom­me, son­dern das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum in sei­nem Umfang erhal­ten bleibe.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Catho­lic Dri­ve Time/​Youtube (Screen­shots)

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