(Rom) In Italien wurde die dritte Personalpfarrei des überlieferten Ritus kanonisch errichtet. Mit Dekret vom 9. Juni errichtete Msgr. Gian Carlo Perego, Erzbischof von Ferrara und Comacchio und Titularabt von Pomposa, im Sinne des Motu proprio Summorum Pontificum eine Personalpfarrei für die Gläubigen des überlieferten Ritus.
Der Personalpfarrei wies er die Kirche Santa Chiara Vergine im Stadtzentrum von Ferrara zu. In dieser Kirche wurde bereits zuvor die Heilige Messe im überlieferten Ritus zelebriert. Die kanonisch errichtete Personalpfarrei umfaßt das Territorium der gesamten Diözese. Der Pfarrer verfügt gemäß Kirchenrecht über dieselben Rechte und eigene Kirchenbücher wie jeder andere Pfarrer.
Die Kirche Santa Chiara befindet sich am Corso della Giovecca 179, zehn Gehminuten von der Kathedrale entfernt. Sie wurde zusammen mit einem Kloster der Klarissen-Kapuzinerinnen 1641–1646 erbaut. Ein Klarissen-Kapuzinerinnenkonvent war 1609 in der Stadt errichtet worden. Das Kloster fiel 1810 der napoleonischen Klosteraufhebung zum Opfer, doch konnten die Ordensfrauen nach der Wiederherstellung der Ordnung 1816 zurückkehren. 1857 besuchte Papst Pius IX. die Kirche.
1866 wurden die Klosterfrauen nach der Schaffung des geeinten Italien vom neuen Staat erneut vertrieben, konnten aber 1896 das Kloster bei einer Versteigerung zurückkaufen und wieder ein reguläres Ordensleben führen. 1987 wurde das Kloster wegen Nachwuchsmangels ein drittes Mal aufgehoben. Die Schwestern übersiedelten in das Kloster in San Giovanni Rotondo. In der Kirche wird die Dienerin Gottes, die Klarissen-Kapuzinerin Veronica des Allerheiligsten Sakraments (1896 –1964) verehrt, die hier lebte und beigesetzt ist.
Nach der Liturgiereform von 1969/1970 zelebrierten einige Priester gelegentlich weiterhin die Heilige Messe im überlieferten Ritus. 2008 erlaubte der damalige Erzbischof mit dem Motu proprio Summorum Pontificum an einer anderen Kirche der Stadt einen ständigen Meßort des überlieferten Ritus, an dem abwechselnd verschiedene Diözesanpriester zelebrierten.
Unter Erzbischof Luigi Negri erlebte der überlieferte Ritus eine direkte Förderung. Er ernannte zwei Priester für die ständige Zelebration. Damals wurden auch die Zelebrationen in Santa Chiara begonnen.
Erzbischof Negri errichtete kanonisch eine neue Gemeinschaft der Tradition, die Opera Familia Christi, die im Erzbistum wirkte, aber 2018 unter dem derzeitigen Erzbischof aus der Stadt vertrieben, von Rom unter kommissarische Aufsicht gestellt und 2019 faktisch zertrümmert wurde.
Erzbischof Perego, der sein Amt mit homo- und islamophilen Gesten antrat, nahm auch weitere Maßnahmen seines Vorgängers zurück, so den Umbau der größten Seitenkapelle der Bischofskirche für die Zelebration im überlieferten Ritus. Nun aber errichtete der seit 2017 amtierende Erzbischof die dritte Personalpfarrei des überlieferten Ritus, die es in Italien gibt, nach der Personalpfarrei SS. Trinità dei Pellegrini in Rom und der Personalpfarrei Santa Croce in Cagliari.
Mit dem erzbischöflichen Dekret wurden die Kirche und das dazugehörige Pfarrhaus in die neue Personalpfarrei überführt. Zum ersten Pfarrer ernannte der Erzbischof Don Davide Benini und zum Hilfspriester Don Mattia Tanel. Beide wurden von Erzbischof Luigi Negri zum Priester geweiht, Don Benini, ein promovierter Jurist, 2015 und Don Tanel 2016. Beide gehörten der Opera Familia Christi an und wurden in das Erzbistum inkardiniert.
Im Dekret heißt es zudem ausdrücklich, daß die Kirche gemäß dem Schreiben der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei vom 27. März 2017 für Hochzeiten auch der Priesterbruderschaft St. Pius X. zur Verfügung steht.
In der Kirche, so das erzbischöfliche Ordinariat auf der Internetseite des Erzbistums, wird weiterhin wie seit 2003 die Vorabendmesse im Novus Ordo Missae als Bezugspunkt der Gemeinschaft Comunione e Liberazione (CL) gefeiert. Die Kirche ist seit 2019 auch Bezugspunkt für die Kaiser-Karl-Gebetsliga, deren Geistlicher Assistent Don Benini ist.
An Werktagen wird die Heilige Messe im überlieferten Ritus von Montag bis Freitag um 7.30 Uhr und 18 Uhr zelebriert, am Samstag um 8.30 Uhr, an Sonn- und Feiertagen um 8.30 Uhr und 18 Uhr.
Die neue Personalpfarrei verfügt über eine eigene Internetseite.
Im deutschen Sprachraum gibt es bisher nur eine Personalpfarrei des überlieferten Ritus im Schweizer Bistum Chur. Sie wird wie jene in Rom von der Petrusbruderschaft betreut.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Einen kleinen Fehler im Text: Allein im Bistum Chur gibt es 2 Personalpfarreien im überlieferten Ritus, eine in Zürich und eine in Oberarth, Schwyz.