Das größte Anliegen des neuen Präfekten der Kleruskongregation ist Covid-19

Die unerklärliche Sorge eines südkoreanischen Bischofs


Erzbischof You Heung-sik tritt am 1. August sein Amt als neuer Präfekt der Kleruskongregation an. Das größte Anliegen des Kardinals in spe ist das Coronavirus, obwohl seine Heimat ohne die staatlichen Corona-Maßnahmen davon nichts bemerkt hätte.
Erzbischof You Heung-sik tritt am 1. August sein Amt als neuer Präfekt der Kleruskongregation an. Das größte Anliegen des Kardinals in spe ist das Coronavirus, obwohl seine Heimat ohne die staatlichen Corona-Maßnahmen davon nichts bemerkt hätte.

(Rom) Der desi­gnier­te Prä­fekt der römi­schen Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on, Erz­bi­schof Laza­rus You Heung-sik, erklär­te in einem Inter­view, daß es sei­ne ober­ste Prio­ri­tät sein wird, die „katho­li­schen Prie­ster aus­zu­bil­den, die die Zeit erfordert“.

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Am 11. Juni ernann­te Papst Fran­zis­kus den Bischof der süd­ko­rea­ni­schen Diö­ze­se Dae­je­on, Msgr. Laza­rus You Heung-sik, zum Prä­fek­ten der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on und erhob ihn gleich­zei­tig zum Erz­bi­schof ad per­so­nam. You Heung-sik tritt die Nach­fol­ge von Kar­di­nal Benia­mi­no Stel­la an, den Fran­zis­kus im Sep­tem­ber 2013 zum Prä­fek­ten der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on beru­fen und am ver­gan­ge­nen 11. Juni im Alter von fast 80 Jah­ren eme­ri­tiert hat­te. Zuvor hat­te er ihn bereits im April zum Kar­di­nal­bi­schof erho­ben, der höch­sten Klas­se unter den Kar­di­nä­len, und ihm mit Por­to-San­ta Rufi­na ein sub­ur­bi­ka­ri­sches Bis­tum und damit eine der älte­sten Titel­kir­chen Roms über­tra­gen. Der Rang­fol­ge nach steht Kar­di­nal Stel­la an fünf­ter Stel­le unter den Kardinalbischöfen.

Am kom­men­den 1. August wird Erz­bi­schof You Heung-sik sein Amt an der Römi­schen Kurie antre­ten. Dort wird er für die welt­weit rund 415.000 Prie­ster und 45.000 stän­di­gen Dia­ko­ne zustän­dig sein. Er ist der erste Süd­ko­rea­ner, der ein römi­sches Dik­aste­ri­um lei­tet. In einem Inter­view mit der süd­ko­rea­ni­schen Nach­rich­ten­agen­tur Yon­hap sprach er gestern über sei­ne Plä­ne, die Prie­ster­aus­bil­dung und Fort­bil­dung im Sin­ne von Papst Fran­zis­kus zu gestalten:

„Ich wer­de Prie­ster för­dern, die in schwie­ri­gen Zei­ten wie der COVID-19-Pan­de­mie mit den Benach­tei­lig­ten kom­mu­ni­zie­ren und sich unter­hal­ten können.“

Er ver­knüpf­te auch zwei Prio­ri­tä­ten von Papst Fran­zis­kus, die Brü­der­lich­keit aller Men­schen und die Bekämp­fung des Coronavirus:

„Ich den­ke, die bedin­gungs­lo­se Brü­der­lich­keit, die ver­schie­de­ne Natio­na­li­tä­ten und Reli­gio­nen umfaßt, ist das Heil­mit­tel gegen COVID-19.“

In die­sem Zusam­men­hang füg­te er hinzu:


„Mei­ne erste und wich­tig­ste Auf­ga­be wird es sein, Prie­ster aus­zu­bil­den, die die Zeit erfordert.“

Südkorea von den Corona-Maßnahmen betroffen – nicht vom Virus

Der Schwer­punkt auf dem Coro­na­vi­rus erstaunt für einen süd­ko­rea­ni­schen Bischof. Süd­ko­rea ist eines der indu­stria­li­sier­ten Län­der, das am wenig­sten vom Virus betrof­fen ist. Der erste Todes­fall nach der WHO-Defi­ni­ti­on „an oder mit“ Coro­na wur­de am 20. Febru­ar 2020 regi­striert. In einem Jahr ab dem ersten Coro­na-Toten sind bis zum 20. Febru­ar 2021 in Süd­ko­rea 1.553 Per­so­nen „an oder mit“ Coro­na gestor­ben. Das ent­spricht einer Sterb­lich­keits­ra­te von 0,0029 Pro­zent einer Gesamt­be­völ­ke­rung von 51.829.023 Menschen. 

Zum Ver­gleich: In der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land sind im ersten Coro­na-Jahr 0,087 Pro­zent (also drei­ßig­mal so vie­le), in Öster­reich 0,099 Pro­zent, in Frank­reich und Schwe­den 0,12 und in Ita­li­en 0,16 Pro­zent ver­stor­ben. Selbst die­se viel höhe­ren Sterb­lich­keits­ra­ten lie­gen im Rah­men einer durch­schnitt­li­chen sai­so­na­len Grip­pe von 0,1–0,2 Pro­zent der Bevöl­ke­rung. In der Bischofs­stadt Dae­je­on sind in den ver­gan­ge­nen 18 Mona­ten 28 Men­schen „an oder mit Coro­na“ gestor­ben. Das ent­spricht sogar einer Sterb­lich­keits­ra­te von nur 0,0018 Prozent.

2020 sind laut dem süd­ko­rea­ni­schen Sta­ti­stik­amt um 10.000 Men­schen (+3,4 Pro­zent) mehr gestor­ben als 2019. An den Coro­na-Toten lag das aber nicht, denn „an und mit“ Coro­na sind 2020 genau 900 Men­schen gestor­ben. Das sind nur 0,29 Pro­zent aller 305.100 Toten, die in Süd­ko­rea im Jahr 2020 regi­striert wurden.

Den größ­ten Anstieg an Todes­fäl­len nach Alters­grup­pen gab es bei den über 90jährigen (+8,9 Pro­zent) und über­ra­schen­der­wei­se bei den 20–30jährigen (+5,7 Pro­zent). Da es in Süd­ko­rea bis heu­te kei­nen Coro­na­to­ten gibt, der jün­ger als 30 ist, steht die­se Zunah­me in kei­nem Zusam­men­hang mit dem Coro­na­vi­rus, viel eher schon mit den Corona-Maßnahmen.

Obwohl die unter 50jährigen in der Sta­ti­stik der Coro­na-Toten kei­ne Rol­le spie­len, haben die Coro­na-Maß­nah­men, zu denen eine gro­ße Panik­ma­che gehört, weit schwer­wie­gen­de­re Aus­wir­kun­gen gezei­tigt. So brach die Gebur­ten­ra­te mas­siv ein. 2020 wur­den 30.300 Kin­der weni­ger gebo­ren als 2019, das ent­spricht einem Minus von genau 10,0 Pro­zent. Bei den Erst­ge­bur­ten ist der Rück­gang mit 11,7 Pro­zent noch dra­ma­ti­scher. Das wiegt beson­ders schwer, da Süd­ko­rea seit 38 Jah­ren ein Gebur­ten­de­fi­zit auf­weist, das ledig­lich auf­grund der stei­gen­den Lebens­er­war­tung und von Ein­wan­de­rung in den Zah­len nicht sicht­bar wird.
Kaum ein Ver­gleich zeigt deut­li­cher auf, um wie­viel ver­hee­ren­der die Coro­na-Maß­nah­men sind als das Coro­na­vi­rus: Den 900 Coro­na-Toten ste­hen 30.300 Kin­der gegen­über, die weni­ger gebo­ren wurden. 

Und noch eine Anga­be des süd­ko­rea­ni­schen Sta­ti­stik­am­tes sticht ins Auge: In den ver­gan­ge­nen Jah­ren gin­gen rund zehn Pro­zent aller Todes­fäl­le auf Lun­gen­ent­zün­dun­gen zurück. Bekannt­lich wird Covid-19 als Atem­wegs­er­kran­kung geführt. Im Jahr 2020 star­ben gut 30.000 Süd­ko­rea­ner an einer Lun­gen­ent­zün­dung, 900 „an oder mit“ Corona.

Wie erklärt sich also, daß Erz­bi­schof You Heung-sik ein so unver­hält­nis­mä­ßi­ges Gewicht auf Covid-19 legt, das in Süd­ko­rea sta­ti­stisch kaum greif­bar ist, sodaß er die Aus­bil­dung der Semi­na­ri­sten und sogar das Prie­ster­bild danach aus­rich­ten will?

„Ein Papstbesuch könnte für das Regime in Nordkorea von Vorteil sein“

Mit Blick auf den 200. Geburts­tag des hei­li­gen Andre­as Kim Tae-gon, des ersten in Korea gebo­re­nen katho­li­schen Prie­sters, sag­te er zudem, daß das Leben des Mär­ty­rers die heu­ti­ge Jugend ermu­ti­gen soll, Schwie­rig­kei­ten zu über­win­den. Kim wur­de wäh­rend der Jose­on-Dyna­stie (1392–1910) Mit­te des 19. Jahr­hun­derts ver­folgt und hin­ge­rich­tet, weil er das Chri­sten­tum prak­ti­zier­te. 1984 wur­de er von Papst Johan­nes Paul II. heiliggesprochen.

Der Erz­bi­schof bekräf­tig­te zudem sei­ne Bereit­schaft, einen Besuch von Papst Fran­zis­kus im kom­mu­ni­sti­schen Nord­ko­rea zu orga­ni­sie­ren. Er wis­se, daß Fran­zis­kus „Frie­den auf der korea­ni­schen Halb­in­sel wünscht“. Papst Fran­zis­kus habe schon mehr­fach den Wunsch geäu­ßert, nach Pjöng­jang zu rei­sen, um einen „Bei­trag zur Her­stel­lung des Frie­dens zu lei­sten“. Korea lei­det seit 70 Jah­ren „unter dem Schmerz der Tei­lung“. Ein Papst­be­such in Nord­ko­rea kön­ne für das dor­ti­ge Regime eine Rei­he von Vor­tei­len brin­gen, wobei er aus­drück­lich „einen Platz in der inter­na­tio­na­len Gemein­schaft“ und mög­li­che Finanz­hil­fen nannte.

You Heung-sik will den Katho­li­ken in Nord­ko­rea dabei hel­fen, wie er aus­führ­te, auch unter dem herr­schen­den Regime ein reli­giö­ses Leben füh­ren zu kön­nen. Offi­zi­ell gibt es im kom­mu­ni­sti­schen Nord­teil der Halb­in­sel kei­nen ein­zi­gen katho­li­schen Priester.

Schließ­lich kam der neue Kle­rus­prä­fekt erneut auf das Coro­na­vi­rus zu spre­chen. Er wol­le Wege fin­den, um Nord­ko­rea „bei Covid-19-Imp­fun­gen zu hel­fen, soll­te Pjöng­jang den Vati­kan um Hil­fe bitten“.

Erz­bi­schof Laza­rus You Heung-sik wird am 29. Juli nach Rom auf­bre­chen, um sein neu­es Amt anzu­tre­ten. Die Man­dats­dau­er beträgt fünf Jah­re mit der Mög­lich­keit der Verlängerung.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wikicommons/​Korea​.net /​Korean Cul­tu­re and Infor­ma­ti­on Ser­vice (Jeon Han)

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Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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