(Rom) Derzeit zieht der Krankenhausaufenthalt von Papst Franziskus die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Dennoch tun sich auch noch andere Dinge. Unter anderem nimmt ein möglicher Papstbesuch in Nordkorea immer konkretere Züge an. Gestern gab der südkoreanische Geheimdienstchef bekannt, an der Vorbereitung eines solchen Besuchs von Papst Franziskus zu arbeiten.
Park Jie-won, Chef des Geheimdienstes von Südkorea, ist der Mann, bei dem wichtige Fäden zusammenlaufen, um einen eventuellen Besuch des Papses in Nordkorea zu ermöglichen. Der Generaldirektor des National Intelligence Service (NIS) nahm gestern an einer Eucharistiefeier in Mokpo in der südlichen Provinz Jeolla teil und traf sich anschließend mit Erzbischof Kim Hee-jung und dem Apostolischen Nuntius in Korea, Erzbischof Alfred Xuereb, um über den Besuch von Franziskus in Pjöngjang zu sprechen.
Der aus Malta stammende Xuereb war von 2007 bis zum Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. dessen zweiter Sekretär. Wie nach der Wahl eines neuen Papstes üblich, rückte er im März 2013 zum ersten Sekretär auf, bis ihn Papst Franziskus Anfang März 2014 mit anderen Aufgaben betraute. Seit 2018 ist Msgr. Xuereb, eine absolute Ausnahme, Apostolischer Nuntius für Korea und die Mongolei, obwohl er zuvor weder die Diplomatenakademie absolviert noch dem Diplomatischen Dienst angehört hatte.
Die Messe, an der der NIS-Generaldirektor teilnahm, wurde von Erzbischof Hee-jung in der Kirche von Sanjeong-dong zelebriert, der ersten in Südkorea, die mit dem Titel einer Basilica minor ausgezeichnet wurde.
Park Jie-won, der zunächst in der Privatwirtschaft tätig war, wurde 1992, wenige Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur, in den Reihen der sozialliberalen Demokratischen Partei für eine Legislaturperiode in das südkoreanische Parlament gewählt. Anschließend war er in der Präsidialkanzlei für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich und war 1998 bis 2003 unter Staatspräsident Kim Dae-jung, dem 2000 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, Stabschef der Präsidialkanzlei. In dieser Zeit bekleidete Park Jie-won von 1999 bis 2002 auch das Amt des Ministers für Kultur, Sport und Tourismus. Von 2008 bis 2020 war er wieder Parlamentsabgeordneter. Die Auflistung der Parteien, denen er angehörte, lohnt nicht, da in Südkorea von Wahl zu Wahl Neugründungen und Umbenennungen vorgenommen werden. Nur soviel: 2016/2017 war er zunächst ein halbes Jahr geschäftsführender Vorsitzender, dann Vorsitzender der liberalkonservativen Gungminui-Partei (Volkspartei). Bei den Parlamentswahlen 2020 scheiterte er mit dem Versuch, sein Mandat zu verteidigen. Wenige Monate später wurde er zum Generaldirektor des 1961 gegründeten Geheimdienstes NIS ernannt.
Der neuernannte Präfekt der Kleruskongregation, der Südkoreaner Msgr. Lazarus You Heung-sik, bisher Bischof von Daejon, erklärte vor kurzem in einem Interview der Presseagentur Fides:
„Im Oktober 2018, als der Präsident der Republik Korea [Südkorea], Moon Jae-in, von Papst Franziskus in Audienz empfangen wurde, überbrachte er eine Einladung von Kim Jong-un, dem Führer der Demokratischen Volksrepublik Korea [Nordkorea], zu einer apostolischen Reise in dieses Land. Der Papst antwortete, daß er bereit sei, Nordkorea zu besuchen, sobald er eine formelle Einladung von den Behörden von Pjöngjang erhalte. Als ich die Nachricht von der Bereitschaft des Heiligen Vaters hörte, war ich wirklich gerührt. Seitdem habe ich ständig gebetet, daß der Besuch des Papstes in Nordkorea stattfindet. Fast zehn Millionen Koreaner leben aufgrund der Teilung zwischen Süd und Nord in erzwungener Trennung, der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel ist heute eines der größten Leiden der Menschheit. Es sei darauf hingewiesen, daß die sogenannte ‚Demilitarisierte Zone‘ zwischen dem Süden und dem Norden ironischerweise die am stärksten militarisierte Zone der Welt ist. Ich bin überzeugt, daß ein eventueller Besuch in Pjöngjang ein Wendepunkt sein könnte, der es uns Koreanern ermöglichen würde, besser miteinander ins Gespräch zu kommen und uns besser zu verstehen, von den kleinen Dingen über die großen bis hin zur Wiedervereinigung des Südens und des Nordens. Insbesondere die Vermittlung des Heiligen Vaters könnte eine günstige Gelegenheit sein, den Konflikt zu beenden, der das Ergebnis des jahrzehntelangen gegenseitigen Misstrauens zwischen den beiden Teilen der Halbinsel ist. Für mich, ich bete und versuche, mein Möglichstes zu tun, in der Hoffnung, dass sich zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer für das gegenseitige Verständnis öffnet, um die aktuelle Situation der Spannungen und Widerstände zu überwinden. Menschlich scheint es wenig Hoffnung zu geben, aber da Gott allmächtig ist, versuche ich, alles zu umarmen, was nützlich sein kann, um den Frieden zu fördern.“
Papst Franziskus hatte 2014 Südkorea besucht. Nordkoreanern wurde die Teilnahme an den päpstlichen Zeremonien nicht erlaubt. In Südkorea, das Franziskus als „Missionsland“ bezeichnete, ist das Christentum stark vertreten. Fast ein Drittel sind Christen, davon 20 Prozent Angehörige verschiedener protestantischer Denominationen und 12 Prozent Katholiken. Die katholische Kirche befindet sich in einem starken Wachstum. Jährlich bekehren sich 80.000–100.000 Südkoreaner und lassen sich taufen.
Ganz anders ist die Lage im kommunistischen Nordkorea. Die katholische Kirche ist zwar auch dort anerkannt, was aber mehr einer Alibifunktion gleichkommt. Dennoch ist die Zahl der Christen weit größer, als die offiziellen staatlichen Angaben vermuten lassen. Viele von ihnen befinden sich in Konzentrationslagern, wo sie die Evangelisierung fortsetzen. Siehe dazu:
- Nordkorea: Drei Christen hingerichtet, 20 interniert – 200.000 Christen von Kommunisten ermordet
- Martyrium von Bischof Hong und 80 Gefährten – Leidensweg der Christen Nordkoreas
Die koreanische Halbinsel ist seit dem Koreakrieg von 1950 bis 1953 entlang einer Demarkationslinie geteilt. Der Norden ist seit 1948 eine totalitäre kommunistische Diktatur und wird von der Familie Kim beherrscht. Der derzeitige Machthaber Kim Jong-un ist ein Enkel des Staatsgründers.
Im vergangenen April bekräftigte Papst Franziskus öffentlich den Wunsch, das kommunistische Nordreich zu besuchen. Die Äußerung wurde von Beobachtern als Indiz wahrgenommen, daß hinter den Kulissen die Gespräche für eine Papstreise nach Nordkorea bereits fortgeschritten sind und eine solche möglich erscheint. Dafür spricht auch das gestrige Treffen des Geheimdienstchefs mit dem südkoreanischen Kirchenvertreter und dem Apostolischen Nuntius, der für beide Teile Koreas zuständig ist. Die Offenheit des Geheimdienstchefs spricht auch dafür, daß die Vorbereitungen für einen Besuch des Papstes weit gediehen sind.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: South Jeolla Provincial Government
kulturkorea.org/de/magazin/die-katholische-kirche-korea:
Die katholische Kirche in Korea | Koreanisches Kulturzentrum:
Die katholische Changchung-Kirche wurde 1988 gebaut (offensichtlich gibt es nur diese eine katholische Kirche in Nordkorea in der Hauptstadt). Jedoch gibt es in Nordkorea keinen einzigen katholischen Priester. Neuerdings gibt es eine staatsnahe Vereinigung nordkoreanischer Katholiken mit zwischen 800 und 3.000 Mitgliedern, die angeblich alle vor dem Koreakrieg 1950 getauft wurden.
Nun, eine staatsnahe Vereinigung gibt es in China auch. Hoffentlich ist China nicht das Vorbild.