Der kürzlich ernannte neue Erzpriester des Petersdomes, Kardinal Mauro Gambetti OFM Conv, erklärt in einer gestern veröffentlichten Note, warum er und alle Priester verpflichtet sind, in seiner Patriarchalbasilika zu konzelebrieren. Eine entsprechende umstrittene Anweisung war im vergangenen März vom Staatssekretariat erlassen worden. Mit ihr wurden zugleich die Zelebrationen in der überlieferten Form des Römischen Ritus in die vatikanischen Grotten verbannt.
Die Erklärung von Kardinal Gambetti wurde gestern im Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes veröffentlicht. Die Anweisung des Staatssekretariats, die in der zweiten Märzhälfte in Kraft trat, löste Irritationen aus. Ihr wird vorgeworfen, eine „Musealisierung“ des Petersdoms zu betreiben. Kardinal Gerhard Müller, der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, schloß sich der heftigen Kritik an und meinte, die Priester würden zu „Funktionären“ degradiert.
Die vatikanische Anweisung schreibt vor, daß eine Messe, ob im neuen oder im alten Ritus, nicht länger als dreißig Minuten dauern dürfe, beschränkt ihre tägliche Zahl jeweils auf vier, die parallel zu genau festgelegten Zeiten am Morgen stattfinden müssen, weshalb Einzelzelebrationen im Novus Ordo Missae untersagt und die Priester zur Konzelebration gezwungen sind.
Der Mißmut darüber ist groß. Der Petersdom ist aufgrund seiner Größe, auf die auch der Erzpriester hinweist, und der Vielzahl von Altären historisch auf zahlreiche und parallele Zelebrationen angelegt. Priester, Gläubige und Schriftsteller schildern durch die Jahrhunderte als erfreuliche Besonderheit, daß im Petersdom geradezu zu jeder Zeit irgendwo an einem Altar ein Priester das heilige Meßopfer zelebrierte. So konnten Besucher es noch vor kurzem erleben. Wurden die Corona-Einschränkungen zum Anlaß genommen, diese jahrhundertealte Praxis, die dem Wesen der Basilika entspricht, wie sie konzipiert und errichtet wurde, zu beenden? Diese Vermutung kann man jedenfalls in Rom hören.
In der Note von Kardinal Gambetti fällt zudem auf, daß das Motu proprio Summorum Pontificum zitiert wird, wonach den Wünschen der Gläubigen und Priester zu entsprechen sei, obwohl der überlieferte Ritus durch die neuen Anweisungen hierarchisch degradiert wurde. Man könnte sagen: Der Novus Ordo Missae gilt im Petersdom, der überlieferte Ritus, der im Hauptschiff und seinen Kapellen zunehmend geduldet war, wurde wieder in die „Katakomben“ verbannt. Die Anweisungen des Staatssekretariats für den Petersdom, der sichtbarsten und für die Zelebrationen des Papstes wichtigsten Kirche, scheinen die Ende Mai von Papst Franziskus hinter verschlossenen Türen angekündigte „Neuinterpretation“ von Summorum Pontificum in gewisser Weise bereits vorwegzunehmen.
Note des Petersdomes zur Organisation der Eucharistiefeiern, 22.06.2021
Nachdem ich vom Heiligen Vater den Auftrag erhalten habe, das liturgische Leben des Petersdoms zu pflegen und zu beleben, möchte ich ausgehend von der Erklärung des Staatssekretariats vom 12. März 2021 einige Überlegungen darlegen, von denen ich hoffe, daß sie nützlich sein werden, um die abgesteckten Leitlinien zu verstehen und um zu entscheiden, wie und wann die Eucharistiefeier am Morgen gelebt werden soll.
Die Mitteilung des Staatssekretariats hat einige Bestimmungen über die Feiern der Heiligen Messen im Petersdom erteilt, um sicherzustellen, daß sie „in einer Atmosphäre der Sammlung und des liturgischen Anstandes“ stattfinden. Die Vorgaben beziehen sich auf einen genauen Kontext, d. h. auf die Organisation der liturgischen Handlungen im Zeitfenster zwischen 7 und 9 Uhr morgens.
Im wesentlichen sind sie von zwei Grundsätzen inspiriert:
a. Die Zelebrationen nach zeitlichen und qualitativen Kriterien zu ordnen;
b. Die besonderen und legitimen Wünsche der Gläubigen so weit wie möglich zu berücksichtigen und zu integrieren.
Tatsächlich läßt sich der Inhalt der vom Staatssekretariat vorgelegten Verlautbarungen wie folgt zusammenfassen:
a. Zwischen 7 und 9 Uhr können die Priester bei einer der vorgesehenen Messen an den festgelegten Orten konzelebrieren. Die liturgische Animation sieht die Hilfe von Ministranten vor.
b. Ausnahmen sind bezüglich des Zelebrationsortes – anläßlich eines Heiligengedenkens, dessen Überreste in der Basilika aufbewahrt werden – und der Gleichzeitigkeit einiger Feiern für Pilgergruppen oder in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zulässig.
Um das Lesen zu erleichtern, lege ich diese Noten nach den beiden oben genannten Punkten dar.
A. Konzelebrationen von 7 bis 9 [Uhr]
Die in der Mitteilung des Staatssekretariats vorgesehene Art und Weise, die Zelebrationen am Morgen zu ordnen, bietet die Gelegenheit, an den Sinn und den Wert der eucharistischen Konzelebration zu erinnern, die sich, wie die Väter beim jüngsten Konzil in Erinnerung riefen, zur Tradition der Kirche gehört: „Die Konzelebration ist in der Kirche des Ostens wie des Westens bis auf den heutigen Tag in Übung geblieben. In ihr tritt passend die Einheit des Priestertums in Erscheinung“ (SC, 57). Aus diesem Grund hat das Zweite Vatikanische Konzil in der Konstitution über die Heilige Liturgie für die Priester die Möglichkeit zu konzelebrieren erweitert und einige Lehrdokumente haben später die Normen präzisiert.[1]In diesem Sinne kann es nützlich sein, an einige Fälle zu erinnern, in denen das Lehramt die Konzelebration empfiehlt, wie zum Beispiel bei der Hauptmesse einer Kirche oder bei Messen anläßlich von Zusammenkünften von Welt- und Ordenspriestern, gleich welcher Art (vgl. SC, 5; Allgemeine Instruktion des Römischen Meßbuches, 199).
Andererseits wird der eigentliche Charakter der Zelebration in Sacrosanctum Concilium klar definiert, wo es sich um die Regeln aus der Natur der Liturgie als einer hierarchischen und gemeinschaftlichen Handlung handelt: „Die liturgischen Handlungen sind nicht privater Natur, sondern Feiern der Kirche, die das ‚Sakrament der Einheit‘ ist; sie ist nämlich das heilige Volk, geeint und geordnet unter den Bischöfen. Daher gehen diese Feiern den ganzen mystischen Leib der Kirche an, machen ihn sichtbar und wirken auf ihn ein […] Wenn Riten gemäß ihrer Eigenart auf gemeinschaftliche Feier mit Beteiligung und tätiger Teilnahme der Gläubigen angelegt sind, dann soll nachdrücklich betont werden, daß ihre Feier in Gemeinschaft – im Rahmen des Möglichen – der vom Einzelnen gleichsam privat vollzogenen vorzuziehen ist. Das gilt vor allem für die Feier der Messe – wobei bestehen bleibt, daß die Messe in jedem Fall öffentlichen und sozialen Charakter hat – und für die Spendung der Sakramente (SC, 26–27).
Daher offenbart die Versammlung, die sich zur Eucharistie versammelt, vollständig das Geheimnis der Kirche, des lebendigen Leibes Christi. Lumen gentium erinnert daran[2], wenn es das allgemeine Priestertum behandelt, das in den Sakramenten ausgeübt wird, und auch der Katechismus der Katholischen Kirche erinnert deutlich daran, in dem es heißt, daß es die ganze Gemeinschaft ist, der mit seinem Haupt vereinte Leib Christi, die feiert (Nr. 1140). Aus dieser Perspektive versteht man, wie die größte Frucht der Eucharistie aus der Teilnahme an derselben Aktion gezogen wird, weil sie das Geheimnis, das gefeiert wird, besser zum Ausdruck bringt.[3].
Klarerweise nehmen alle, die sich zur Eucharistie versammelt haben, an dem einen Opfer und Priestertum Christi teil, jeder gemäß seinem eigenen Stand und seiner Lebenssituation: Bischof, Presbyter, Diakon, Getaufter, Verheirateter, Ordensangehöriger. Es gibt in der von mehreren Priestern konzelebrierten Messe keine Minderung des Wertes und der Früchte des eucharistischen Opfers, sondern vielmehr eine volle Erhöhung derselben.
Ein erstes Unterscheidungsmerkmal, in unserem Kontext, ist daher Folgendes: Wenn es möglich ist, ist es mehr als angemessen, daß die Priester konzelebrieren, auch angesichts der Tatsache, daß für die Konzelebrationen, die normalerweise im Petersdom stattfinden, ein regelmäßiger Wechsel des Vorsitzes vorgesehen ist. Dasselbe gilt auch für einzelne Gläubige und Gruppen, die eingeladen sind, an derselben Messe teilzunehmen, damit es Ausdruck der Brüderlichkeit und nicht der Partikularismen ist, die nicht den Sinn der kirchlichen Gemeinschaft widerspiegeln, der sich in der Eucharistiefeier manifestiert.[4]
B. Die Ausnahmen
Das Lehramt lehrt, daß von den Situationen, in denen die Konzelebration empfohlen wird, die Fälle ausgenommen sind, in denen das Wohl der Gläubigen anderes erfordert oder rät.[5]
In diesem Sinne darf die Bedeutung des Sprachverständnisses in der Liturgie in Bezug auf die Nächstenliebe (vgl. 1 Kor 14) und des pastoralen Wertes, den die Eucharistiefeier für eine Pilgergruppe gemäß den bestehenden Riten in der katholischen Kirche haben kann, nicht unterschätzt werden.
Zu diesen Überlegungen kommen einige Elemente der Realität hinzu, die die Basilika charakterisieren, die gebührend berücksichtigt werden müssen:
- Die Größe des Petersdoms und seine Architektur ermöglichen es, den unterschiedlichen Bedürfnissen jener gerecht zu werden, die die Eucharistie in der Gruppe feiern möchten, ohne sich mit der stattfindenden Konzelebration an den wichtigsten liturgischen Orten zu überschneiden.
- Der Petersdom zeichnet sich durch den Petrusdienst der Einheit, Barmherzigkeit und Rechtgläubigkeit aus und heißt Pilger aus der ganzen Welt willkommen.
- Im Zeitfenster zwischen 7 und 9 Uhr morgens ist der Besuch der Basilika zahlenmäßig geringer.
- Für die Zelebrationen mit dem Missale Romanum von 1962 muß alles getan werden, um die Wünsche der Gläubigen und Priester zu erfüllen, wie es im Motu Proprio Summorum Pontificum vorgesehen ist.
Darüber hinaus, ohne die Legitimität der Meßzelebration einzelner Priester zu beeinträchtigen, auch wenn die Gläubigen nicht teilnehmen können[6], ist der entscheidende Charakter der Norm anzuerkennen, die das Zelebrieren „auf individuelle Weise […] zur gleichen Zeit, wenn in derselben Kirche oder Kapelle eine Konzelebration abgehalten wird“, verbietet.[7]
Daher habe ich bereits Anweisung gegeben, daß Anfragen von Gruppen mit besonderen und berechtigten Bedürfnissen, im Zeitfenster von 7 bis 9 zu feiern, akzeptiert werden. Selbst die Bitte, individuell zu zelebrieren, kann von Mal zu Mal Gegenstand einer Prüfung sein, unbeschadet des Grundsatzes, daß alles in einem Klima der Sammlung und des Anstands stattfinden kann und darüber gewacht wird, damit das, was den Charakter der Ausnahme hat, nicht alltäglich wird und die Absichten und den Sinn des Lehramtes umstößt.
In diesem Sinne bin ich zuversichtlich, daß der eingeschlagene Weg für jeden Priester und jeden Gläubigen die Möglichkeit begünstigen wird, die Feierlichkeiten in St. Peter immer mehr hingeordnet zum Guten, Schönen und Wahren zu leben.
Vatikanstadt, 22. Juni 2021.
Mauro Card. Gambetti
Erzpriester der päpstlichen Basilika St. Peter
__________________
[1] Vgl. z. B.: Allgemeine Einführung in das Römische Meßbuch; Erklärung zur Konzelebration der Heiligen Kongregation für den Gottesdienst, 7. August 1972; CIC 902.
[2] „In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie [die Gläubigen] das göttliche Opferlamm Gott dar und sich selbst mit ihm (20); so übernehmen alle bei der liturgischen Handlung ihren je eigenen Teil, sowohl in der Darbringung wie in der heiligen Kommunion, nicht unterschiedslos, sondern jeder auf seine Art. Durch den Leib Christi in der heiligen Eucharistiefeier gestärkt, stellen sie sodann die Einheit des Volkes Gottes, die durch dieses hocherhabene Sakrament sinnvoll bezeichnet und wunderbar bewirkt wird, auf anschauliche Weise dar. (LG, 11).
[3] In seinem Beitrag Opfer, Sakrament und Priestertum in der Entwicklung der Kirche (in Annunciatori della Parola e servitori della vostra gioia, LEV, 2013), drückt sich Joseph Ratzinger so aus: „Der wahre Ort der Existenz der Kirche ist nicht irgendeine Bürokratie, nicht einmal die Aktivität einer Gruppe, die behauptet, die ‚Basis‘ zu sein, sondern die ‚Versammlung‘. Sie ist handelnde Kirche […]. Genauer gesagt: Inhalt der Versammlung ist die Aufnahme des Wortes Gottes, die im Gedächtnis an den Tod Jesu gipfelt, in einer Erinnerung, die seine Gegenwart verwirklicht und Sendung bedeutet. Daraus folgt, daß jede Versammlung ganz Kirche ist, da der Leib des Herrn immer nur alles sein kann und das Wort Gottes wiederum nur alles sein kann. Daraus ergibt sich aber zugleich, daß die einzelne Versammlung, die einzelne Gemeinschaft, nur dann Kirche bleibt, wenn sie im Ganzen, in Einheit mit den anderen ist“ (S. 82).
[4] Über die Güte der Eucharistiefeier ist erhellend, was für die Heiligtümer in der Nr. 268 des Direktoriums über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie. Grundsätze und Orientierungen, Vatikanstadt 2002, gesagt ist.
[5] Vgl. SC, 57; Grundordnung des Römischen Meßbuches 199; CIC, 902.
[6] Wenn keine Möglichkeit der Teilnahme der Gläubigen besteht, wird den Priestern dennoch die tägliche Meßfeier empfohlen. Das lehrt das Konzil im Dekret Presbyterorum ordinis: „Im Mysterium des eucharistischen Opfers, dessen Darbringung die vornehmliche Aufgabe des Priesters ist, wird beständig das Werk unserer Erlösung vollzogen (14); darum wird seine tägliche Feier dringend empfohlen; sie ist auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche“ (Nr. 13).
[7] CIC, 902.
Text/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Die vatikanische Anweisung schreibt vor:
Hl. Messe in 30 Minuten: hier wird dem heutigen Menschen bewusst die Zeit stark begrenzt aus der hektischen Welt im Sakralraum zur Ruhe, zur Anbetung zu kommen, besser wäre 10 Minuten vor Beginn gregorianischer Choral. Was muss der Priester alles weglassen, dass er die Zeit einhält, bei uns öfter das Schuldbekenntnis, ist zu lang, muss einer banalen Begrüßung weichen. Eine kurze Predigt ist da wohl auch nicht mehr drin? Glaubensunterweisung ist dringend nötig.
Zwischen 7:00 und 9:00 Uhr: wenige Reisende werden noch eine Heilige Messe erleben und angeregt werden zu beten, sie werden den Petersdom nur als Museum wahrnehmen.
Begrenzung auf vier Hl. Messen, die auch noch parallel gefeiert werden müssen: Hat der Vatikan vergessen, wie unendlich wertvoll eine Heilige Messe ist? Warum begrenzt er sie willkürlich? Unsere Zeit braucht mehr denn je das Hl. Messopfer.
Dann auch noch „nur in Konzelebration“. Wenn der Vatikan zu viele Priester hat, dann soll er sie auf der Welt verteilen, es gibt soviele Menschen, die die Feier der Hl. Messe ersehnen und für die es keine Priester gibt. Die Apostel sind auch in alle Welt gegangen.
Tridentinische Messe nur in einem Raum unsichtbar unter dem Petersdom, in den ca. acht Personen hinein passen, wie die Medien schreiben, auch in 30 Minuten. Deutlicher kann man nicht sagen, dass man den Gläubigen bewusst und gewollt diesen Ritus wegnimmt und er nicht mehr sichtbar sein soll.
Vielleicht hat das ja einen guten Sinn, oder gab es schon einen Bußritus im Petersdom, nachdem die Götzenschale für Pachamama auf dem Altar stand?