Rezension von Daniel Fabian.
Einen Autor wiederzuentdecken, der einmal weltbekannt war, aber in Vergessenheit geriet, ist ein Vergnügen. Umso mehr, wenn es sich um einen vielseitigen, meinungsstarken und gebildeten Essayisten handelt wie Hilaire Belloc. Der Renovamen-Verlag hat sich des französisch-britischen katholischen Schriftstellers angenommen und in schneller Folge mehrere seiner Werke ediert. In der vorliegenden Neuausgabe seines vermutlich bekanntesten Werkes „Der Weg nach Rom“ begegnet dem Leser eine komplexe Persönlichkeit auf einer langen und beschwerlichen … Wallfahrt? Abenteuerreise? Natursehnsüchtigen Kavalierstour? Mutprobe? Oder einer Selbstfindung?
Es ist von allem etwas. Belloc unternahm aufgrund eines Gelübdes den fast größenwahnsinnigen Versuch, von Toul in Nordfrankreich nach Rom zu laufen – und zwar in der Luftlinie, das heißt unter anderem quer über die Schweizer Alpen und später über den Apennin. Dass er heil in Rom ankam (denn die Geschichte ist erstaunlicherweise wahr und keine Fiktion), spricht für seine Kondition, dass er diese Reise querfeldein über zwei europäische Landesgrenzen hinweg überhaupt unternehmen konnte, sagt einiges über die alteuropäische Freizügigkeit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Auf seinem Weg passiert Belloc allerlei Bedrohliches (dies ist jedoch hauptsächlich seinem Übermut zuzuschreiben), Unerwartetes, Amüsantes und Lehrreiches. Was er sieht, hält er in Skizzen fest, die der Verlag dankenswerterweise reproduziert hat; sie ergänzen den Text sehr gut und veranschaulichen die einzelnen Stationen von Bellocs Weg durch Frankreich, die Schweiz und Italien.
Als Belloc schließlich in Rom eintrifft, hat er nicht nur einiges über sich selbst und über die durchwanderten Länder gelernt, mehr noch hat er den Leser unterhalten. Das Buch ist eine leichte, über weite Strecken auch heitere Lektüre, ohne banal zu sein. Belloc arbeitete für dieses Werk mit vielen ungewöhnlichen Erzählmitteln wie eingestreuten Liedern und Gedichten, plötzlichen Anekdoten und Erzählungen, die absolut nichts mit der Reise zu tun haben, sowie drolligen Streitgesprächen mit einem fiktiven Leser. Das macht das Buch auch lesenswert für Leser, die an Reiseberichten kein Interesse haben, aber gute Geschichten zu schätzen wissen. Schließlich hat das Werk auch eine nicht zu übersehende Glaubenskomponente, denn hinter allen Alltagsdingen scheint in der Reflexion des Reisenden bei Tag und bei Nacht immer wieder das Wichtigste auf, das Höchste – Gott.
Hilaire Belloc: Der Weg nach Rom. Eine Pilgerreise durch Europa, Renovamen-Verlag, 300 Seiten, Bad Schmiedeberg 2020, 16,00 €
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