(Rom) Der Papstbesuch im Irak steht auf der Kippe. Obwohl er in wenigen Tagen beginnen soll, erwähnte ihn Franziskus beim gestrigen Angelus nicht.
Es sind vor allem Sicherheitsexperten, die derzeit in Leitmedien wie der Nachrichtenagentur AP zitiert werden. Sie halten die Papstreise für „keine gute Idee“. Das Land an Euphrat und Tigris sei politisch wenig stabil und das Coronavirus stelle ein „unkalkulierbares“ Risiko dar. Letzteres stimmt für Papst Franziskus allerdings nicht, da er durch Impfung mit dem Pfizer/BioNtech-Impfstoff „hundertprozentigen“ Schutz genieße, wie es im Vatikan heißt. Gemeint ist, was aber selten gesagt wird, daß der Impfstoff einen 95prozentigen Schutz vor einem „schweren“ Krankheitsverlauf bieten soll.
Daher wird angedeutet, daß das fragile Gesundheitssystem des Iraks durch höhere Infektionszahlen überfordert sein könnte, wofür Menschenansammlungen beim Papstbesuch verantwortlich sein könnten.
Ob den Geheimdiensten Erkenntnisse vorliegen, daß das Leben des Papstes durch Gewalttäter gefährdet sein könnte, wird nicht gesagt. Die Aussagen bleiben vage und beziehen sich auf die allgemeine Instabilität, in der sich der Irak seit dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 befindet. Es ist eine Instabilität, an der verschiedene Seiten interessiert sind.
Vom 5. bis 8. März möchte sich Franziskus im Irak aufhalten. Der Besuch gilt auch den verfolgten und stark dezimierten Christen des Landes, mehr noch aber dem Islam, zu dem Franziskus seit einigen Jahren intensiv Berührungspunkte sucht. Der heutige Irak wird mit der Heimat des Patriarchen Abraham identifiziert. Auch der Heilige Stuhl gebraucht neuerdings den historisch nicht bekannten Begriff der sogenannten „abrahamitischen Religionen“. Darunter sind das Judentum, das Christentum, aber auch der Islam gemeint.
Mehr ein Detail am Rande ist, daß Erzbischof Mitja Leskovar, der Apostolische Nuntius im Irak und damit wichtigste Begleiter des Papstes während seines Nahost-Aufenthaltes, Corona-positiv getestet wurde. Er arbeite aber weiterhin, so AP, an den Vorbereitungen, was einen asymptomatischen Fall vermuten läßt, wie sie durch den fehleranfälligen PCR-Test massenhaft produziert werden. Msgr. Leskovar stammt aus dem slowenischen Städtchen Krainburg (Kranj). 1995 wurde er in Laibach von Erzbischof Alojzij Sustar zum Priester geweiht. Nach seinem Studium des Kirchenrechts an der Gregoriana in Rom trat er 2001 in den Diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls ein. Am 1. Mai 2020 ernannte ihn Franziskus zum Titularerzbischof und Apostolischen Nuntius im Irak.
Es scheint ins Bild einer offenbar bereits ins Auge gefaßten Absage des Papstbesuches zu passen, daß im Irak „der Großteil der neuen Covid-19-Fälle auf die ansteckendere Variante zurückgehen, die erstmals in Großbritannien identifiziert wurde“. Derzeit wird weltweit Angst mit Corona-Mutationen geschürt, obwohl durch sie kein Anstieg intensiver oder hospitalisierter Fälle erkennbar ist.
Dennoch folgt daraus, daß Virologen wie Navid Madani vom Dana-Farber Institute der Universität Harvard und Bharat Panhania von der Universität Exeter die Irak-Reise des Papstes für „keine gute Idee“ halten. Panhania sieht im Papstbesuch sogar einen „perfekten Sturm, um viele Fälle zu produzieren, die nicht gehandhabt werden könnten“.
Der Papst, sein zwanzigköpfiger Stab und die rund 70 ihn begleitenden Journalisten wurden alle geimpft. Nur Geimpfte dürfen mit dem Papst reisen. Panhania sorgt sich jedoch um die Menschen im Irak, die kommen, um den Papst zu sehen, denn „sie könnten sich anstecken und könnten sterben“.
Papst Franziskus selbst forderte die Iraker bereits auf, seinen Aufenthalt „über Fernsehen“ zu begleiten, denn das wichtigste sei, daß „sie sehen, daß der Papst dort ist, in ihrem Land“, wie Franziskus gegenüber CNS, der Presseagentur der US-Bischofskonferenz, sagte.
Gerade jetzt sei die Zahl der Neuinfektionen im Irak „signifikant im Steigen“, so zumindest Michael Head von der Universität Southampton. Head beklagte zugleich, daß viele Iraker „irregulären“ Mund-Nasen-Schutz verwenden und die Gefährlichkeit des Coronavirus unterschätzen würden. Das Coronavirus SARS-CoV‑2 scheint, möchte man meinen, geradezu wie auf Wunsch aufzutreten.
Kurzum, derzeit sieht es so aus, als könnte der Papstbesuch doch noch kurzfristig abgesagt werden. Als Medien bereits Mitte Februar darüber spekulierten, dementierte Nuntius Leskovar. In den vergangenen Tagen war von ihm allerdings kein Dementi mehr zu hören. Jedenfalls gibt es Kreise, die eine Absage offensichtlich gerne hätten.
Rätselhafter ist, warum dieser Termin überhaupt angesetzt wurde. Am 1. September 2020 waren alle Papstreisen für das ganze Jahr 2021 abgesagt worden. Anfang Dezember folgte jedoch die überraschende Ankündigung, daß der Irakbesuch doch stattfinden werde. Nur der Irakbesuch.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi