Kardinal Sarah emeritiert – „Wir sehen uns in Rom bald wieder“

Franziskus schmälert Chancen im Konklave – Kardinal Sarah signalisiert, das Feld nicht zu räumen


Kardinal Robert Sarah (im Bild mit Benedikt XVI.) wurde von Papst Franziskus als Präfekt der Gottesdienstkongregation emeritiert.
Kardinal Robert Sarah (im Bild mit Benedikt XVI.) wurde von Papst Franziskus als Präfekt der Gottesdienstkongregation emeritiert.

(Rom) Kar­di­nal Robert Sarah, der bis­he­ri­ge Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung, wur­de von Papst Fran­zis­kus am Sams­tag eme­ri­tiert. Damit ver­läßt einer der pro­fi­lier­te­sten Kir­chen­män­ner das römi­sche Schiff. In pro­gres­si­ven Medi­en ist die Freu­de groß. Kir­chen­krei­se, die mit dem der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat unzu­frie­den sind oder unter die­sem regel­recht lei­den, sehen in Kar­di­nal Sarah einen Papa­bi­le des näch­sten Kon­kla­ves. Mit der Eme­ri­tie­rung ver­sucht Fran­zis­kus die Chan­cen des Kar­di­nals zu schmä­lern. Als erste Reak­ti­on auf die Eme­ri­tie­rung sand­te Kar­di­nal Sarah ein bezeich­nen­des Signal aus: „Wir sehen uns in Rom bald wieder“. 

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Kar­di­nal Sarah ist in einem mehr­heit­lich isla­mi­schen Land auf­ge­wach­sen, das zudem eine mit dem Ost­block ver­bun­de­ne, sozia­li­sti­sche Dik­ta­tur war. Durch sol­che Her­aus­for­de­run­gen wur­de er früh geformt. Bereits im Alter von 34 Jah­ren muß­te er als Erz­bi­schof von Con­a­kry den bedeu­tend­sten Bischofs­stuhl sei­ner Hei­mat über­neh­men, weil sein Vor­gän­ger vom kom­mu­ni­sti­schen Regime in einem Schau­pro­zeß zu lebens­lan­ger Haft ver­ur­teilt wor­den war und nach neun Jah­ren Gefäng­nis auf inter­na­tio­na­le Inter­ven­ti­on hin das Land ver­las­sen muß­te. 2001 berief Papst Johan­nes Paul II. Robert Sarah an die Römi­sche Kurie. Papst Bene­dikt XVI. ernann­te ihn 2010 zum Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rates Cor Unum und erhob ihn noch im sel­ben Jahr zum Kardinal.

Ein Betriebsunfall

Im Novem­ber 2014 erfolg­te über­ra­schend durch Papst Fran­zis­kus die Beru­fung Kar­di­nal Sarahs zum Prä­fek­ten der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on. Grund dafür war, daß Fran­zis­kus den von Bene­dikt XVI. ein­ge­setz­ten Kar­di­nal­prä­fek­ten Anto­nio Cañi­zares als Erz­bi­schof von Valen­cia nach Spa­ni­en zurück­ge­schickt hat­te und zugleich ein Zei­chen in Rich­tung Schwarz­afri­ka set­zen woll­te. Letz­te­res erwies sich aller­dings als nicht erfolg­reich, wäh­rend sich die Ernen­nung von Kar­di­nal Sarah als Glücks­fall für die Kir­che erwies. Im päpst­li­chen Umfeld von San­ta Mar­ta sprach man schon bald von einem „Betriebs­un­fall“.

Kar­di­nal Sarah rief 2016 alle Prie­ster der römi­schen Kir­che auf, zur Zele­bra­ti­ons­rich­tung Osten zurück­zu­keh­ren. Ein sol­cher Schritt ist von Kar­di­nal Cañi­zares unter Bene­dikt XVI nicht erfolgt, geschwei­ge denn wäre er unter Fran­zis­kus zu erwar­ten gewe­sen. Kar­di­nal Sarah zeig­te damit ein aus­ge­präg­tes eigen­stän­di­ges Pro­fil. Und bewies auch Steh­ver­mö­gen, denn die Angrif­fe, die auf sei­ne Auf­for­de­rung folg­ten, waren hef­tig und gip­fel­ten in einer öffent­li­chen Distan­zie­rung von Papst Fran­zis­kus. Sarah ließ sich selbst davon nicht beein­drucken und bekräf­tig­te sei­ne Auf­for­de­rung eben­so öffent­lich. Zugleich fand der Kar­di­nal deut­li­che Wor­te gegen bestimm­te Kräf­te außer- und inner­halb der Kirche:

„Es ist dia­bo­lisch …, sie zer­stö­ren die Kirche.“

Zu die­ser Zeit hat­te ihn Fran­zis­kus aller­dings in der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on bereits iso­liert. Wäh­rend Kar­di­nal Sarah die kal­te Schul­ter gezeigt wur­de, rück­te der Sekre­tär der Kon­gre­ga­ti­on, Erz­bi­schof Arthur Roche, zum päpst­li­chen Ansprech­part­ner auf. Kar­di­nal Sarah ent­wickel­te dar­auf sei­ne eige­ne Stra­te­gie, um die­se Iso­la­ti­on zu durch­bre­chen, indem er bis­her vier Bücher vor­leg­te: Zunächst eine Qua­si-Tri­lo­gie, die ihn inter­na­tio­nal bekannt mach­te und zum Hoff­nungs­trä­ger für das nahen­de Kon­kla­ve wer­den ließ, dann im Janu­ar 2020 eine explo­si­ves Werk. Mit letz­te­rem, das unter dem Titel: „Aus der Tie­fe der Her­zen“ (dt. Titel: „Aus der Tie­fe des Her­zens“) erschien, spreng­te Kar­di­nal Sarah zusam­men mit Bene­dikt XVI., den er dafür gewin­nen konn­te, die Plä­ne von Fran­zis­kus und der pro­gres­si­ven Krei­se, die den regie­ren­den Papst umge­ben, mit dem nach­syn­oda­len Schrei­ben zur umstrit­te­nen Ama­zo­nas­syn­ode das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum auf­zu­wei­chen. Durch die ent­schie­de­ne Ver­tei­di­gung des Wei­he­sa­kra­ments und des prie­ster­li­chen Zöli­bats durch sei­nen Amts­vor­gän­ger Bene­dikt XVI., der zusam­men mit Kar­di­nal Sarah ein unmiß­ver­ständ­li­ches „Hän­de weg vom Zöli­bat“ aus­sprach, schreck­te Fran­zis­kus im letz­ten Moment doch zurück, obwohl sein Umfeld, dar­un­ter Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes, bereits das Gegen­teil ange­kün­digt hatten.

Kar­di­nal Sarah wider­spricht der in der Kir­che auch unter Kle­ri­kern weit ver­brei­te­ten Behaup­tung, der prie­ster­li­che Zöli­bat sei „nur“ ein Gesetz der Kir­che. In Wirk­lich­keit, so der Kar­di­nal, ent­spricht der Zöli­bat dem Modell und Vor­bild Jesu Chri­sti. Ent­spre­chend haben auch die Apo­stel, ob ver­hei­ra­tet oder unver­hei­ra­tet, ab dem Letz­ten Abend­mahl zöli­ba­t­är gelebt.

Im Früh­jahr warn­te Kar­di­nal Sarah die Kir­che in Deutsch­land davor, mit dem Syn­oda­len Weg nicht die Kir­che „zu zer­rei­ßen“. Eben­so appel­lier­te er an die Bischö­fe, wegen des Coro­na­vi­rus die Gläu­bi­gen nicht von der Mes­se aus­zu­schlie­ßen.

Potentielle Nachfolger

Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de Msgr. Vitto­rio Vio­la, ein Fran­zis­ka­ner und Bischof von Tor­to­na, als aus­sichts­reich­ster Nach­fol­ger genannt. Bischof Vio­la steht in der Tra­di­ti­on von Msgr. Anni­ba­le Bug­nini, dem „Schöp­fer“ des Novus Ordo und der radi­ka­len Lit­ur­gie­re­form von 1969/​1970.

Im ver­gan­ge­nen Herbst wur­de von der pro­gres­si­ven Inter­net­zei­tung Reli­gi­on Digi­tal auch der spa­ni­sche Jesu­it Juan Anto­nio Mar­tí­nez Cami­no SJ als poten­ti­el­ler Sarah-Nach­fol­ger genannt. Der Weih­bi­schof von Madrid wur­de an der deut­schen Jesui­ten­hoch­schu­le Sankt Geor­gen in Frank­furt am Main pro­mo­viert. Eine mit der spa­ni­schen Situa­ti­on bestens ver­trau­te Stim­me wie der Blog Secre­tum meum mihi sieht in Msgr. Mar­tí­nez SJ, soll­te er Prä­fekt der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on wer­den, den „Toten­grä­ber“ des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum.

Aller­dings steht die Ernen­nung des neu­en Got­tes­dienst­prä­fek­ten noch aus.

Kardinal Sarah, eine Kämpfernatur mit Ausdauer und ruhigem Temperament

Kar­di­nal Sarah wur­de von man­cher Sei­te zum Vor­wurf gemacht, gele­gent­lich zu zögern. Dazu gehört, daß er im Mai 2020 zunächst den außer­ge­wöhn­li­chen, ja histo­ri­schen Auf­ruf Veri­tas libera­bit vos meh­re­rer Kar­di­nä­le und Bischö­fe unter­stütz­te, dann aber sei­ne Unter­stüt­zung zurück­zog. Mit dem Auf­ruf warn­ten her­aus­ra­gen­de Kir­chen­män­ner wie Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler und Kar­di­nal Joseph Zen im Zusam­men­hang mit der Coro­na­vi­rus-Fake-Pan­de­mie vor Welt­herr­schafts­plä­nen eli­tä­rer Zir­kel, die es mit der Mensch­heit und der Kir­che nicht gut meinen.

Man kann Kar­di­nal Sarah aber nicht abspre­chen, an ande­rer Stel­le viel gewagt und gro­ße Zei­chen gesetzt zu haben. Er ist eine Kämp­fer­na­tur von ruhi­gem Tem­pe­ra­ment und Aus­dau­er. Des­halb schließt die ita­lie­ni­sche Tages­zei­tung Il Giorn­a­le nicht aus, daß der Kar­di­nal nun mit noch grö­ße­rem Ein­satz für den Wie­der­auf­bau der Kir­che ein­tre­ten und pro­gres­si­ven Bestre­bun­gen ent­ge­gen­tre­ten wer­de, vor allem den „Bischö­fen der teu­to­ni­schen kirch­li­chen Linken“. 

Durch die Eme­ri­tie­rung, nur acht Mona­te nach Errei­chung der Alters­gren­ze, unter­strich Fran­zis­kus noch ein­mal, den ein­zi­gen afri­ka­ni­schen Prä­fek­ten einer römi­schen Kon­gre­ga­ti­on und des­sen Kir­chen- und Lit­ur­gie­ver­ständ­nis nicht wertzuschätzen.

Vor allem aber schmä­ler­te er des­sen Chan­cen im her­an­na­hen­den Kon­kla­ve. Es gehört zu den unge­schrie­be­nen „Geset­zen“ der Kir­che, daß ein eme­ri­tier­ter Kar­di­nal nicht zum Papst gewählt wird. Da es sich dabei nur um eine Gewohn­heit han­delt, könn­te sie leicht über­wun­den wer­den, was in der Kir­che aller­dings sel­ten geschieht und wo die Bereit­schaft dazu im pro­gres­si­ven Lager stär­ker aus­ge­prägt ist.

Ins­ge­samt wer­den die Chan­cen für einen Kar­di­nal mit einem so pro­non­ciert anti-pro­gres­si­ven Kir­chen- und Lit­ur­gie­ver­ständ­nis in einem Kon­kla­ve als gering ein­ge­stuft, zumal bereits der­zeit fast 60 Pro­zent der Papst­wäh­ler des näch­sten Kon­kla­ves von Papst Fran­zis­kus ernannt wurden.

Die erste Reak­ti­on von Kar­di­nal Sarah ist jedoch ein Signal: Der Pur­pur­trä­ger wird in Rom blei­ben. Das war nicht unbe­dingt zu erwar­ten, signa­li­siert jedoch, daß er genau dort blei­ben will, wohin alle Wege in der Kir­che füh­ren. Kar­di­nal Sarah wird also wei­ter­hin sei­ne Stim­me erhe­ben, wes­halb er in sei­ner ersten Stel­lung­nah­me anmerk­te: „Wir sehen uns in Rom und anders­wo bald wieder“.

Auch Kardinal Comastri als Erzpriester von Sankt Peter emeritiert

Zusam­men mit der Eme­ri­tie­rung von Kar­di­nal Sarah wur­de auch Kar­di­nal Coma­stri als Erz­prie­ster von Sankt Peter eme­ri­tiert (sie­he Wer wird neu­er Erz­prie­ster des Peters­do­mes?). Zum Nach­fol­ger ernann­te Papst Fran­zis­kus den bis­he­ri­gen Kustos des Hei­li­gen Kon­vents des Mino­ri­ten­or­dens in Assi­si, Mau­ro Kar­di­nal Gam­bet­ti. Fran­zis­kus hat­te Pater Gam­bet­ti OFMConv im Herbst 2020 zum Kar­di­nal kre­iert. Die Ver­ant­wort­li­chen des Hei­li­gen Kon­vents spiel­ten bei zwei Initia­ti­ven eine wich­ti­ge Rol­le: den umstrit­te­nen Assi­si-Tref­fen und dem „Vor­hof der Völ­ker“. Letz­te­re Initia­ti­ve wur­de mehr zu einem Selbst­zweck und ziel­lo­sen Umher­ir­ren. Der hei­li­ge Franz von Assi­si wie­der­um, oder bes­ser das, was Papst Fran­zis­kus in sei­nem Namens­pa­tron sieht, spielt für San­ta Mar­ta eine her­aus­ra­gen­de Rol­le bei den Bestre­bun­gen, den Gleich­schritt mit der UNO und den glo­ba­len Eli­ten zu fin­den. Das betrifft vor allem die Kli­maagen­da, die Migra­ti­on und neu­er­dings die „Brü­der­lich­keit aller Men­schen“ (sie­he auch Der „Geist von Assi­si“ auf dem Kapi­tol).

Text: Giu­sep­pe Nar­di
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3 Kommentare

  1. Kar­di­nal Sarah gehört zu der Grup­pe der sog. Kon­ser­va­ti­ven, die zwar das Kon­zil freu­dig unter­schrie­ben haben, aber nicht alle Irr­tü­mer mit­ma­chen wollen.
    Ich fra­ge mich ehr­lich warum?
    Wie kann man zb. der Reli­gi­ons­frei­heit, dem Öku­me­nis­mus und der Neu­en Mes­se zustim­men und dann noch behaup­ten, Jesus Chri­stus sei der Ein­zi­ge und die Wahrheit.
    Das schließt sich doch gegen­sei­tig aus.
    Ent­we­der 2. Vat­in­ka­ni­sche Kon­zil oder Jesus Chri­stus die geof­fen­bar­te Wahr­heit, ein dazwi­schen gibt es nicht.

  2. Wenn wei­te­re Mas­ken fal­len, kann man zu die­ser Ent­las­sung nur sagen. Man könn­te das auch als einen Akt von Ras­sis­mus interpretieren.
    Kar­di­nal Sarah ist es offen­bar nicht unrecht, weil er jetzt die Hand frei hat und noch bes­ser in den Anlie­gen der Lit­ur­gie wir­ken kann.

  3. Die pro­gres­si­ven Ver­än­de­rer sind immer im Vor­teil, weil sie viel unnach­sich­ti­ger nach Gesin­nung aus­sie­ben. Schon bald wird kein Kon­ser­va­ti­ver mehr Bischof oder Kar­di­nal wer­den können.

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