Gedanken von Giuseppe Nardi.
Das immer offensivere Auftreten der Verfechter eines sozialistischen Regimes, ob in Europa oder Lateinamerika, letztlich global, wirft eine Frage auf: Wie ist es möglich, daß die Irrtümer Rußlands von 1917 sich wieder schlagartig verbreiten, wenn Rußland dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht wurde, wie es die Gottesmutter in Fatima gewünscht hatte?
In neuen Varianten breitet sich der 1989 besiegt geglaubte Sozialismus wieder auf der Welt aus. Er tritt unter zahlreichen neuen Etiketten auf. Nur ein Teil davon beruft sich direkt auf den Sozialismus, der „Demokratischer Sozialismus“ oder „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ genannt wird. Meist verkleidet er sich als Modethemen wie Ökologismus und Anti-Diskriminierung. Die Stichworte lauten Klimawandel, Fridays for Future, Homo-Rechte, Gender-Ideologie, Black Lives Matter … Dahinter verbirgt sich ein totalitärer Willen, der keine anderen Meinungen duldet. Der Begriff Cancel Culture ist nur die jüngste Benennung dieses Phänomens.
Durch die Corona-Maßnahmen werden die Völker gerade daran gewöhnt, die vom jeweiligen Regime oktroyierten Zwangsmaßnahmen widerspruchslos zu akzeptieren und sogar daran mitzuwirken, Andersdenkende auszugrenzen. Die dabei im großen Stil stattfindende Entwicklung ist auf psychologischer Ebene nicht zu unterschätzen. Eines der jüngsten Opfer dieser sozialen Ächtung wurde der außergewöhnlich begabte Wagner-Kenner Stefan Mickisch, dem man wegen seiner Kritik an den Corona-Maßnahmen der Regierung Hausverbot in der Wagner-Villa in Bayreuth erteilte, als hätte das eine etwas mit dem anderen zu tun. Auf niederträchtige Weise wurde er von „Leitmedien“ angegriffen und „kaputt“-geschrieben. Genau so funktioniert Ächtung. Am vergangenen Freitag nahm sich Mickisch im Alter von 58 Jahren das Leben.
Die ausgegebene Parole lautet „alternativlos“, was eine Abweichung von vorneherein ausschließt. „Alternativlos“ sind die staatlichen Zwangsmaßnahmen in der derzeitigen Fake-Pandemie, anstatt sich für die Stärkung des Gesundheitswesens einzusetzen, um den in Summe Gott sei Dank wenigen tatsächlich von einer Atemwegserkrankung Betroffenen die nötige Hilfe zukommen zu lassen und die überschaubaren Risikogruppen zu schützen. „Alternativlos“ sind die zweifelhaften Maßnahmen „gegen den Klimawandel“ und für eine „Öko-Wende“. Von dieser „ökologischen Umkehr“ spricht auch Papst Franziskus. Er gehört zu den wichtigsten Förderern der neuen Allianz und der Ausbreitung ihrer Agenda.
Die politische Macht ist weitgehend links. Links ist vor allem die geballte Medienmacht, mit der die öffentliche Meinung kontrolliert und gelenkt wird. Es ist allerdings eine andere Linke als jene, die bis 1989 diesseits und jenseits der Mauer in verschiedenen Schattierungen aktiv war.
Doch zunächst zur damit verbundenen Frage: Wurde die Weihe Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens tatsächlich vollzogen, wie es die Gottesmutter in Fatima gewünscht hatte?
Ja, heißt es von kirchlicher Seite. Die Weihe wurde von Papst Johannes Paul II. am 25. März 1984 durchgeführt. Damit sei ein wesentlicher Schritt gesetzt worden, der 1989 zum Zusammenbruch des Ostblocks und der Sowjetunion führte.
Am 13. Mai 1917 wurde zwei der drei Hirtenkindern in Fatima von der Gottesmutter folgende Botschaft mitgeteilt, die Teil des sogenannten Zweiten Geheimnisses von Fatima ist:
Um den Zweiten Weltkrieg und andere Strafen Gottes zu verhindern, „werde ich kommen und um die Weihe Rußlands an mein Unbeflecktes Herz und die Sühnekommunion an den ersten Samstagen bitten. Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Rußland sich bekehren, und es wird Friede sein; wenn nicht, wird es seine Irrlehren über die Welt verbreiten, wird Kriege und Verfolgungen der Kirche heraufbeschwören, die Guten werden gemartert werden und der Heilige Vater wird viel zu leiden haben. Verschiedene Nationen werden vernichtet werden. Am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird mir Rußland weihen, das sich bekehren wird, und eine Zeit des Friedens wird der Welt geschenkt werden.“
Die Überlieferung des Geheimnisses ist mit dem Defizit behaftet, daß es in der zitierten Fassung erst 1941 von Sr. Lucia niedergeschrieben und 1942 veröffentlicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war, im Gegensatz zu 1917, die kommunistische Schreckensherrschaft in der Sowjetunion längst bekannt und der Zweite Weltkrieg ausgebrochen.
1982 empfing Papst Johannes Paul II., nachdem er das auf ihn verübte Attentat schwerverletzt überlebt hatte, Sr. Lucia dos Santos in Fatima, die einzige noch lebenden Seherin von Fatima und einzige Zeugin der Botschaften. Sie drängte ihn, so die Überlieferung, bei dieser Gelegenheit, die Weihe Rußlands vorzunehmen, wie es die Gottesmutter gewünscht hatte.
Am 8. Dezember 1983 wandte sich der Papst an alle Bischöfe der Welt und forderte sie auf, mit ihm die Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens vorzunehmen. So geschah es am 25. März 1984. Rußland wurde dabei aber nicht erwähnt. Warum sich mehrere Päpste zierten, genau das umzusetzen, was die Gottesmutter wollte, also Rußland beim Namen zu nennen, gehört zu den Rätseln der jüngeren Kirchengeschichte.
Johannes Paul II. ließ anschließend über den Apostolischen Nuntius bei Sr. Lucia nachfragen, ob die Weihe Rußlands damit vollzogen sei, was diese laut Nuntius bejahte. „Jetzt warten wir auf das Wunder“, sagte der Nuntius. „Gott wird sein Wort halten“, versprach Sr. Lucia und ergänzte, daß es ohne die Weihe 1984 zu einem Atomkrieg gekommen wäre.
Nach der Weihehandlung von Johannes Paul II. schien mit dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch des Ostblocks sich die Prophezeiung zu bewahrheiten. Es entstand eine weltpolitisch neue Lage. Die Kirche wurde dadurch sogar veranlaßt, im Heiligen Jahr 2000 das sogenannte Dritte Geheimnis von Fatima zu veröffentlichen, das an dieser Stelle jedoch nicht thematisiert werden soll.
Was mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 und dem Ende der Sowjetunion 1991 plausibel schien, scheint 30 Jahre später allerdings immer weniger glaubhaft. Tatsache ist, daß sich nur wenige Jahre nach der Wende, ab Mitte der 90er Jahre, im Westen eine neue Allianz aus liberalen und linken Kräften zu formieren begann. Bemerkenswertestes Element dieser Allianz ist das Zusammengehen von ehemaligen kommunistischen Kräften mit dem westlichen Finanzestablishment, wobei von letzterem das Kommando übernommen wurde. Es handelt sich um eine Allianz, die sich seither immer mehr festigte. Störungen ihrer Herrschaft, wie die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, oder unerwünschte Regierungsbeteiligungen wie jene der FPÖ in Österreich oder der Lega in Italien, wurden mit erheblichem Kraftaufwand, aber durchgehend erfolgreich eliminiert. Organisationen der Zivilgesellschaft, NGOs und vor allem die Politik scheinen käuflich geworden zu sein.
Die Allianz sieht dementsprechend eine schrankenlose Machtfülle für eine kleine Elite und Sozialismus für die Massen vor. Die Aussicht auf letzteres sichert dem Establishment nicht nur die Gefolgschaft der Linksparteien, sondern macht sogar die gewalttätige Antifa zum gefügigen Schlägertrupp des Establishments. Eine Entwicklung, die 1990 für undenkbar gehalten worden wäre.
Darüber, ob die Weihe Rußlands im Sinne der Gottesmutter in Fatima erfolgt ist oder nicht, gibt es seit Jahrzehnten intensive Diskussionen, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden sollen. Angesichts des weltweiten Vormarsches sozialistischer Ideen und repressiver Absichten, zumindest für die Massen, stellt sich die Frage jedoch in einem neuen Licht. Es scheint schwer vorstellbar, daß die Friedens-Verheißung der Gottesmutter für den Fall der Weihe Rußlands und die Verheißung, daß sich die Irrlehren Rußlands nicht weiter ausbreiten werden, einen Ablaufwert von nur 30 Jahren haben könnten. Es spielt dabei auch keine Rolle, daß derzeit nicht Rußland treibende Kraft hinter der neuen Ausbreitung des Sozialismus ist, sondern das ganz und gar nicht sozialistische westliche Establishment, das aber erkannt hat, daß der Sozialismus in seiner Hand ein probates Instrument zur Kontrolle der Massen darstellen könnte. In Wirklichkeit unternimmt eine kleine Elite von Superreichen den Versuch, unter diesem Deckmantel die Demokratie durch eine schnöde Oligarchie zu ersetzen.
Daneben gibt es allerdings auch die kommunistische Volksrepublik China, die nach ihrer Öffnung für den Kapitalismus, bei Aufrechterhaltung der totalitären Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas, das Ideal und Vorbild der angestrebten Zukunft zu sein scheint. Der politische Arm von Papst Franziskus, Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo, selbst Angehöriger der argentinischen Oberschicht, formulierte es am 2. Februar 2018 so:
„In diesem Moment sind jene, die die Soziallehre der Kirche am besten verwirklichen, die Chinesen.“
Diese Entwicklungen sind keine Zufälligkeiten, sondern fügen sich zu einem Ganzen. Die Frage, ob die Weihe Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens tatsächlich erfolgt ist oder nicht, stellt sich, angesichts der rasanten Ausbreitung sozialistischer Ideen und der Tendenzen zur Oligarchisierung bei gleichzeitiger Deformierung der Demokratie zur Fassade, mit einem Nachdruck wie seit 1989 nicht mehr.
Oder gibt es andere Erklärungen?
Bild: MiL/Wikicommons