Der schändliche Angriff gegen Pater Werenfried van Straaten

Die Jagdgesellschaft und ihre neuen Opfer


Pater Werenfried van Straaten auf einem Bild des von ihm gegründeten Hilfswerks Kirche in Not, wo derzeit eine erbärmliche "Säuberung" von seinem Gründer im Gange ist.
Pater Werenfried van Straaten auf einem Bild des von ihm gegründeten Hilfswerks Kirche in Not, wo derzeit eine erbärmliche "Säuberung" von seinem Gründer im Gange ist.

Anmer­kun­gen von Giu­sep­pe Nardi

Anzei­ge

In Deutsch­lands Kir­che wird wie­der mit der Dampf­wal­ze gefah­ren. Das ist nicht neu. Die Regie­an­wei­sun­gen sind bekannt, daher auch, wer die Dampf­wal­ze lenkt und gegen wen sie sich rich­tet. Und auch das Ergeb­nis ist abseh­bar. Opfer sind der­zeit ein Kar­di­nal und ein längst Ver­stor­be­ner, der sich nicht mehr weh­ren kann. Wie praktisch.

In einem seit Jahr­zehn­ten bewähr­ten Bünd­nis zwi­schen lin­ken Main­stream-Medi­en und pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen wer­den Macht­po­si­tio­nen erobert und ver­tei­digt. Stück­chen­wei­se wur­de so in den ver­gan­ge­nen 60 Jah­ren die Ach­se in der Kir­che in Deutsch­land nach links ver­scho­ben. Jede gelun­ge­ne Ope­ra­ti­on bedeu­tet kei­ne Satu­ra­ti­on, son­dern ledig­lich eine Zwi­schen­etap­pe zur näch­sten Ope­ra­ti­on. Demon­tiert wird, was an Per­sön­lich­kei­ten und Insti­tu­tio­nen einer „ande­ren“ Kir­che im Wege steht. Dafür wer­den Eti­ket­ten ver­lie­hen, damit die außer­kirch­li­chen Ver­bün­de­ten immer und sofort wis­sen, wer Freund und wer Feind ist.

Die ersten Eti­ket­ten gal­ten den soge­nann­ten „Vor­kon­zi­lia­ren“ samt den Vari­an­ten „Rück­wärts­ge­wand­te“, „Vor­gest­ri­ge“ und „Erz­kon­ser­va­ti­ve“. Letz­te­re Beti­telung wur­de zum „Dau­er­ren­ner“. Sie eig­net sich bis zum heu­ti­gen Tag. Der Main­stream, so weit ent­fernt vom kirch­li­chen Emp­fin­den, daß nicht die gering­ste Aus­sicht auch nur auf mini­ma­les Ver­ständ­nis besteht, bezeich­net jeden Kir­chen­ver­tre­ter, der nicht das „Güte­sie­gel“ pro­gres­siv, links, libe­ral oder modern trägt, als „erz­kon­ser­va­tiv“. Das ist aber nur eine von meh­re­ren ein­ge­üb­ten Totschlagvokabeln.

Schon in den 60er Jah­ren zeig­te sich, daß das Zusam­men­spiel zwi­schen inner­kirch­li­chen Krei­sen und kir­chen­fer­nen Medi­en eine effi­zi­en­te Alli­anz ergibt, die bei­den Sei­ten nützt, um für die einen Macht­ver­la­ge­run­gen in der Kir­che zu errei­chen und für die ande­ren den Genuß der Kirchendemontage.

Vie­le bekann­te und weni­ger bekann­te Kir­chen­ver­tre­ter fie­len seit­her die­ser unhei­li­gen Alli­anz zum Opfer. Als die­se in den 90er Jah­ren Blut leck­te und erkann­te, sogar Bischö­fe „abschie­ßen“ zu kön­nen, kam erst rich­tig Schwung in die Sache. Seit­her folgt eine Kam­pa­gne der näch­sten, mit immer dem­sel­ben Muster, immer einem schänd­li­chen Vor­wand, immer der­sel­ben Jagd­ge­sell­schaft, immer einem pro­mi­nen­ten Opfer, immer einer wei­te­ren Ach­sen­ver­schie­bung nach links. Zu den Tro­phä­en gehö­ren pro­mi­nen­te Namen wie Erz­bi­schof Haas, Bischof Mixa, Bischof Krenn und mit Erz­bi­schof Groer sogar ein Kar­di­nal. Eins zu eins wur­de im kirch­li­chen Bereich umge­setzt, was genau­so im poli­ti­schen Bereich der Fall war. Jüng­stes Bei­spiel die­ser Alli­anz ist der Prä­si­dent­schafts­wahl­kampf in den USA. Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus hat die unhei­li­ge Alli­anz an höch­ster Stel­le Ein­zug gehalten.

Nach dem mao­isti­schen Prin­zip gilt es einen Geg­ner exem­pla­risch zu schla­gen, um hun­dert Geg­ner ein­zu­schüch­tern. Jeder Jagd­er­folg der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te bedeu­te­te eine wach­sen­de Ver­schüch­te­rung kon­ser­va­ti­ver Kir­chen­krei­se, noch grö­ße­re Zurück­hal­tung, noch mehr Absti­nenz von der Öffent­lich­keit. Es bedeu­te­te auch, daß die Kri­te­ri­en für die Aus­wahl künf­ti­ger Bischö­fe lau­fend zurück­ge­schraubt und ange­paßt wur­den. Das domi­nan­te Bild war das der füg­sa­men Unter­wer­fung in der Hoff­nung, die Jagd­hun­de zu besänf­ti­gen. Nichts der­glei­chen trat ein, wie es auch abseh­bar war, was kon­ser­va­ti­ve Kir­chen­obe­re noch mehr ver­äng­stig­te und die offen oder ver­stoh­len mit der lin­ken Sei­te sym­pa­thi­sie­ren­den Obe­ren immer kecker wer­den ließ. 

So ging Basti­on um Basti­on ver­lo­ren. Wer heu­te die Kir­che im deut­schen Sprach­raum betrach­tet, kann sich eine Situa­ti­on, wie sie noch in den 50er Jah­ren herrsch­te, gar nicht mehr vor­stel­len. Die mei­sten Bischö­fe mögen from­me Män­ner sein, zumin­dest hofft dies das gläu­bi­ge Herz, doch sie cha­rak­te­ri­sie­ren sich mit nur mehr weni­gen Aus­nah­men durch zwei Aspek­te: Sie sind latent, wenn auch gra­du­ell abge­stuft, pro­gres­siv posi­tio­niert. Und je weni­ger pro­gres­siv sie sind, desto weni­ger Füh­rungs­stär­ke zei­gen sie. 

Die Demon­ta­ge der Kir­che erfolg­te in den ver­gan­ge­nen 60 Jah­ren nicht von unten, son­dern von oben. Anders ist es in einer hier­ar­chisch ver­faß­ten, gött­li­chen Stif­tung auch nicht denkbar.

Jagd auf Kardinal Woelki – die Jäger heißen Marx und Bätzing 

Die jüng­sten von der Jagd­ge­sell­schaft aus­er­ko­re­nen Beu­te­stücke sind der Erz­bi­schof von Köln, Rai­ner Maria Kar­di­nal Woel­ki, und der „Speck­pa­ter“ Weren­fried van Stra­a­ten. Kar­di­nal Woel­ki gehört nicht unbe­dingt zum Typus des Bischofs und Prin­zen der Kir­che, der in die Geschich­te ein­ge­hen dürf­te. Sein unver­zeih­li­cher Makel besteht dar­in, daß er aber kon­ser­va­ti­ver ist als die nach links gerück­te Mehr­heit der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Zum Stö­ren­fried unter sei­nen Mit­brü­dern macht ihn sei­ne insti­tu­tio­nel­le Posi­ti­on als Erz­bi­schof von Köln und Kar­di­nal der hei­li­gen Kir­che. Und er wag­te es 2018, sich gegen den unmög­li­chen Mehr­heits­be­schluß der Bischofs­kon­fe­renz, pro­te­stan­ti­sche Ehe­gat­ten zur hei­li­gen Kom­mu­ni­on zuzu­las­sen, an Rom zu wen­den. Was unter Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. in extre­mis Abhil­fe schaf­fen konn­te, wur­de, da in Rom Papst Fran­zis­kus regiert, aller­dings zum Eigen­tor. Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on woll­te zwar aktiv wer­den, wur­de aber von Fran­zis­kus zurück­ge­pfif­fen. Kar­di­nal Woel­ki hat­te sich expo­niert, ohne das Gering­ste errei­chen zu kön­nen. Die klei­ne Min­der­heit von Bischö­fen, die er auf­grund sei­nes Ran­ges anführt, wur­de ange­zählt. Nicht min­der stö­rend emp­fand die DBK-Mehr­heit Woel­kis Zwi­schen­ru­fe gegen den „Syn­oda­len Weg“, mit dem sich die Kir­che in Deutsch­land auf den Weg ins Schis­ma macht. 

Die Reak­ti­on dar­auf ist, daß die Mehr­heits­füh­rer der Bischofs­kon­fe­renz dar­auf hin­ar­bei­ten, daß das Erz­bis­tum Köln, das neben jenem von Mai­land und Chi­ca­go eines der größ­ten, reich­sten und gewich­tig­sten der Kir­che ist, in ande­re Hän­de gelegt wird. Alles eine Fra­ge der Macht. So ver­wun­dert es nicht, daß der gefähr­lich­ste Gegen­wind für Woel­ki nicht von irgend­wel­chen Medi­en, son­dern aus der Kir­che selbst kommt. Eben­so­we­nig ver­wun­dert es, daß Kar­di­nal Rein­hard Marx, als Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing der Inha­ber des wich­tig­sten Bischofs­stuhls nach Köln, und Bischof Georg Bät­zing, der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, sich als laut­stärk­ste Kri­ti­ker Woel­kis in Sze­ne setzen.

Der Vor­wand läßt sich immer fin­den. Das scheint in einem ehr­lo­sen Macht­kampf das gering­ste Pro­blem: ob zwie­lich­ti­ges Ver­hal­ten von Ordens­frau­en im Bis­tum Spey­er, ob der Umgang mit einem kle­ri­ka­len Miß­brauchs­tä­ter in Köln. Wer aber annimmt, es gin­ge tat­säch­lich um den einen oder den ande­ren Fall, irrt gewal­tig. Es geht um einen inner­kirch­li­chen Macht­kampf, der Woel­ki in die Knie zwin­gen, am besten ihm sogar das Erz­bis­tum Köln ent­wen­den soll.

Die zwei­te Jagd ver­deut­licht die­ses Macht­stre­ben noch deut­li­cher, denn die „Beu­te“ ist längst tot. Mit Schmutz­kü­beln wird eine her­aus­ra­gen­de, aber längst ver­stor­be­ne Per­sön­lich­keit bewor­fen. Es ist eine Art von Denk­mal­sturz, wie er auf lin­ker Sei­te nicht erst seit den ras­si­sti­schen Umtrie­ben von Orga­ni­sa­tio­nen wie Black Lives Mat­ter in Mode ist.

Der Speckpater – ein nach 1968 immer weniger gelittener Kämpfer

Der nie­der­län­di­sche Prä­mon­stra­ten­ser Weren­fried van Stra­a­ten, Chor­herr in der flä­mi­schen Abtei Ton­ger­lo, gehör­te zu den wirk­lich Gro­ßen der kirch­li­chen Nach­kriegs­zeit. Als Deutsch­land bei Kriegs­en­de am Boden lag, tat er etwas, was heu­te wahr­schein­lich per defi­ni­tio­nem bereits als schänd­lich und uner­träg­lich gel­ten wür­de. Er begann den besieg­ten und zu Mil­lio­nen ver­trie­be­nen und hei­mat­los gemach­ten Deut­schen zu hel­fen. Dar­aus ent­stand die Ost­prie­ster­hil­fe, weil Pater Weren­fried zunächst vor allem den katho­li­schen Prie­stern aus den deut­schen Ost­ge­bie­ten und Sprach­in­seln half, die als Ver­trie­be­ne in den west­al­li­ier­ten Besat­zungs­zo­nen stran­de­ten. Im Lau­fe der Zeit wur­de dar­aus ein inter­na­tio­na­les Hilfs­werk für die ver­folg­ten Chri­sten hin­ter dem Eiser­nen Vor­hang, spä­ter dann welt­weit. 1953 grün­de­te er par­al­lel den Bau­or­den, in dem jun­ge Erwach­se­ne bei sozia­len und gemein­nüt­zi­gen Bau­pro­jek­ten mit­hel­fen konn­ten. Die ersten Pro­jek­te waren Eigen­hei­me für deut­sche Vertriebene.

Wo Pater Weren­fried pre­dig­te, füll­te er in den 50er und 60er Jah­ren die Kir­chen. Er nütz­te für ein aus­ge­dehn­tes Medi­en­apo­sto­lat die modern­sten zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel. Vor allem aber war er kein Mann der lei­sen Töne. Als sich im Zuge des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils der Wind in der Kir­che dreh­te, traf das auch ihn. Sein Fest­hal­ten an der kirch­li­chen Sozi­al- und Moral­leh­re und sein Kir­chen­ver­ständ­nis mach­ten ihn als „Kon­ser­va­ti­ven“ immer mehr zur uner­wünsch­ten Per­son. Die­se inner­kirch­li­che Ent­wick­lung traf sich mit der Gesamt­ent­wick­lung, da die poli­ti­sche Lin­ke in den 70er Jah­ren von einem unauf­halt­sam schei­nen­den Auf­stieg beflü­gelt schien. Der Speck­pa­ter war die­ser ein Feind­bild, da er die kir­chen­feind­li­chen Zustän­de im kom­mu­ni­sti­schen Ost­block anpran­ger­te und die dor­ti­ge katho­li­sche Unter­grund­kir­che, aber auch die ver­folg­te ortho­do­xe Kir­che unter­stütz­te. Von KGB und MfS aus Mos­kau und Ost-Ber­lin gesteu­er­te kom­mu­ni­sti­sche Grup­pen in West-Deutsch­land nah­men Pater Weren­fried ins Visier.

Zu sei­nem Haupt­pro­blem wur­de jedoch, daß er in den 80er Jah­ren kir­chen­in­tern nicht mehr gelit­ten war und daher zuneh­mend von der eige­nen Sei­te im Regen ste­hen­ge­las­sen wur­de. Die deut­sche Tei­lung schien vie­len unum­kehr­bar, der Anti­kom­mu­nis­mus nur mehr lästig. Man begann schließ­lich Pater Weren­fried aus­zu­gren­zen. In man­chen Diö­ze­sen war er kaum mehr gelit­ten und muß­te froh sein, wenn er noch Kir­chen bekam, um dort pre­di­gen zu kön­nen. Durch sei­ne flam­men­den Wor­te an das Gewis­sen der Men­schen, mit denen er auch jene The­men ansprach, die kaum mehr jemand in der Kir­che anzu­spre­chen wag­te, wie  Keusch­heit, Ent­halt­sam­keit, Ehe, Lebens­recht unge­bo­re­ner Kin­der, war er zum Außen­sei­ter geworden.

Er ließ sich davon nicht beir­ren. Er hat­te mit dem Hilfs­werk Kir­che in Not, wie die Ost­prie­ster­hil­fe nun hieß, weil sich ihr Ein­satz­ge­biet erwei­tert hat­te, etwas Dau­er­haf­tes geschaf­fen, etwas, was die ver­folg­ten Chri­sten welt­weit drin­gen­der denn je brauch­ten. Als Pater Weren­fried – ein Name, ein Begriff – 2003 kurz nach sei­nem 90. Geburts­tag starb, stand er nicht mehr in der Mit­te der Kir­che, wo er begon­nen hat­te, son­dern ziem­lich am Ran­de. Nicht weil er sich ver­än­dert hat­te, son­dern weil sich die ton­an­ge­ben­den Kir­chen­krei­se ver­än­dert hatten.

Sein Glück war es, in sei­ner Nich­te Anto­nia Wil­lem­sen eine tüch­ti­ge Nach­fol­ge­rin gefun­den zu haben, die mit Hil­fe tüch­ti­ger Mit­ar­bei­ter sein Erbe fort­setz­te. Dabei ver­stan­den sie die­ses Erbe durch­aus voll­um­fäng­lich im Sin­ne des Speck­pa­ters nicht nur als mate­ri­el­le Hil­fe für die ver­folg­ten Chri­sten in fer­nen Län­dern, son­dern auch als geist­li­che Hil­fe für die Chri­sten in den west­li­chen Staa­ten. Gera­de die deut­sche Sek­ti­on ent­fal­te­te nach der Jahr­tau­send­wen­de eine Rei­he von Initia­ti­ven  zur Evan­ge­li­sie­rung im deut­schen Sprach­raum. Das Hilfs­werk, in man­chen Kir­chen­krei­sen noch von Pater Weren­fried her miß­lie­big beäugt, wur­de von pro­gres­si­ven Kir­chen­ver­tre­tern als eine der weni­gen noch übrig­ge­blie­be­nen „kon­ser­va­ti­ven“ Orga­ni­sa­tio­nen gese­hen, was heu­te kaum mehr gedul­det wird.

Seit dem Tod des Speck­pa­ters ist ein mehr oder weni­ger inten­si­ver Rich­tungs­streit um die Kon­trol­le von Kir­che in Not im Gan­ge. Das hat nicht nur mit den beschrie­be­nen ideo­lo­gi­schen Gegen­sät­zen zu tun, son­dern auch mit Begehr­lich­kei­ten wie Macht und Ein­fluß. Um sich den Rücken frei­zu­hal­ten, drän­gen eini­ge Per­sön­lich­kei­ten dar­auf, sich aus­schließ­lich auf die Hil­fe für ver­folg­te Chri­sten im Aus­land zu beschrän­ken. Auch eine Form von Leisetreterei.

Die Schmutzkübel mit Kirchensteuergeld

Gestern ver­öf­fent­lich­te die Bei­la­ge Christ & Welt der links­li­be­ra­len Wochen­zei­tung Die Zeit einen Fron­tal­an­griff gegen Pater Weren­fried. Dem Blatt war der ver­trau­li­che Brief eines inzwi­schen eme­ri­tier­ten Weih­bi­schofs aus dem Jahr 2010 zuge­spielt wor­den, der Rom Aspek­te auf­li­ste­te, die einem mög­li­chen Selig­spre­chungs­ver­fah­ren im Wege ste­hen könn­ten. Das ist Rou­ti­ne. Im römi­schen Ver­fah­ren gibt es dazu die histo­ri­sche Figur des Advo­ca­tus dia­bo­li. Rele­vant wären die­se Hin­wei­se erst, wenn sie Bestä­ti­gung fänden.

Der Brief lag Kir­che in Not, den deut­schen Bischö­fen und dem Vati­kan vor. Es fällt nicht schwer, sich aus­zu­ma­len, von wel­cher Sei­te er der Ham­bur­ger Zei­tungs­re­dak­ti­on zuge­spielt wur­de. Dafür genügt es, zu wis­sen, daß sich Christ & Welt seit 1980 im Eigen­tum der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz befin­det, die seit 2010 als redak­tio­nell unab­hän­gi­ge Son­der­bei­la­ge der Wochen­zei­tung Die Zeit erscheint. Der Angriff wird also mit Kir­chen­steu­er­geld finanziert.

Am 10. Febru­ar ver­öf­fent­lich­te Christ & Welt (Die Zeit) den Anwurf gegen Pater Weren­fried unter dem Titel „Gut und Böse“. Die bei­den Autoren bedie­nen sich jenes spöt­ti­schen und abschät­zi­gen Tones, wie er in Links­krei­sen inzwi­schen selbst­ver­ständ­lich ist, wenn über Anders­den­ken­de berich­tet wird. So heißt es schon im Vor­spann dreist: „Was wird aus der Kir­che, wenn sie eine Iko­ne verliert?“

Im Mit­tel­punkt steht eine angeb­li­che „Nöti­gung“, auch als angeb­li­cher „Ver­ge­wal­ti­gungs­ver­such“ bezeich­net, den der damals bereits 60 Jah­re alte Weren­fried 1973 gegen­über einer 23jährigen Mit­ar­bei­te­rin unter­nom­men haben soll. Die Vor­wür­fe wer­den 18 Jah­re nach dem Tod des Speck­pa­ters breit­ge­tre­ten. Das angeb­li­che Opfer mel­de­te sich selbst erst Jah­re nach sei­nem Tod.

Der Vor­wurf des sexu­el­len Miß­brauchs (aus­nahms­wei­se ein­mal kein homo­se­xu­el­ler) ist der­zeit das ziel­si­cher­ste Tot­schlag­in­stru­ment gegen einen Kir­chen­mann und die Kir­che ins­ge­samt. In der Tat wur­de von einer klei­nen kle­ri­ka­len Min­der­heit Schänd­li­ches getan und unter­las­sen, man den­ke an den Fall McCar­ri­ck, zumeist aller­dings im homo­se­xu­el­len Kon­text. Gegen Pater Weren­fried kann die­se Keu­le beson­ders leicht geschwun­gen wer­den: Er kann sich nicht mehr wehren.

Das Aus­maß des Dilem­mas, in dem sich die katho­li­sche Welt in unse­ren Brei­ten befin­det, zeig­te sich in den ver­gan­ge­nen Stun­den. Es fin­det sich fak­tisch nie­mand, der Pater Weren­fried ver­tei­digt, wäh­rend die Medi­en uni­so­no sein Andenken ohne jedes Hin­ter­fra­gen durch den Schmutz zie­hen. Die Jün­ge­ren ken­nen ihn nicht mehr. Zudem haben sich die ver­schie­de­nen Tei­le der Kir­che aus­ein­an­der­ge­lebt, das bekommt eine Orga­ni­sa­ti­on wie Kir­che in Not beson­ders zu spü­ren, die mit dem Eti­kett „kon­ser­va­tiv“ gebrand­markt wurde.

Das Ergeb­nis zeig­te sich gestern. Kaum hat­te Die Zeit ihren beschä­men­den Angriff gestar­tet, der an die Ver­ur­tei­lung in einem Schau­pro­zeß erin­nert, ging das Hilfs­werk Kir­che in Not auch schon in die Knie, kampf­los und knie­weich wie Pud­ding. Tho­mas Hei­ne-Gel­dern, der geschäfts­füh­ren­de Prä­si­dent, beeil­te sich auf größt­mög­li­che Distanz zu Pater Weren­fried zu gehen und häm­mer­te impli­zit noch flei­ßig auf das Denk­mal eines Gro­ßen ein, als woll­te er die bei­den Zeit-Jour­na­li­sten beim Denk­mal­sturz eif­rig unter­stüt­zen. Um Lob und Aner­ken­nung zu erhei­schen? Das Mot­to in der König­stei­ner Zen­tra­le des Hilfs­werks scheint zu lau­ten: „Ret­te sich, wer kann!“

Gan­ze 27 teils red­un­dan­te Punk­te liste­te Hei­ne-Gel­dern auf, die eine ein­zi­ge erbärm­li­che Demon­ta­ge des ver­dien­ten Speck­pa­ters sind. Ein beschä­men­des Vor­ge­hen von jemand, der sich im Lebens­werk von Pater Weren­fried sonnt, aber nicht ein­mal den Ver­such unter­nimmt, ihn zu ver­tei­di­gen. Der blo­ße Zuruf von bestimm­ter Sei­te genügt heu­te, um zu kapitulieren.

Es soll zwar nichts aus­ge­schlos­sen wer­den, doch geht es um Glaub­wür­dig­keit und Wahr­schein­lich­keit. Es ist zu wenig, nach 36 bzw. 48 Jah­ren, das heißt, sechs bzw. 18 Jah­re nach Weren­frieds Tod, aus der Deckung zu sprin­gen und schwer­ste Anschul­di­gun­gen zu erhe­ben. Der geschäfts­füh­ren­de Prä­si­dent von Kir­che in Not Hei­ne-Gel­dern erklärt lapi­dar, die Schil­de­rung der damals 23jährigen Frau über den angeb­li­chen Nöti­gungs- ali­as Ver­ge­wal­ti­gungs­ver­such sei „glaub­haft“. Das ist zu wenig, um eine Schuld als gege­ben anzu­neh­men, doch genau das bedeu­tet die Erklä­rung von Hei­ne-Gel­dern. Auf die­se Wei­se könn­te jeder Ver­stor­be­ne wehr­los ver­nich­tet wer­den. Wer sol­che Freun­de hat, braucht kei­ne Fein­de mehr.
Wer Pater Weren­fried per­sön­lich ken­nen­ler­nen durf­te, wie der Autor die­ser Zei­len, weiß um des­sen Inte­gri­tät. Er war frei­lich schon in den 80er Jah­ren eine erfreu­li­che Aus­nah­me­erschei­nung inmit­ten dem Zeit­geist hin­ter­her­hech­ten­den kirch­li­chen Ver­ant­wor­tungs­trä­gern. Mir genügt daher nicht, was an Vor­wür­fen gegen ihn nun von kir­chen­steu­er­fi­nan­zier­ten Jour­na­li­sten in offen­sicht­lich destruk­ti­ver Absicht vor­ge­bracht wird, und es soll­te nie­man­dem genügen.

Was „glaub­haft“ bedeu­tet, weiß man seit den im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes unglaub­li­chen Anschul­di­gun­gen gegen Hans Her­mann Kar­di­nal Groer. Der dama­li­ge Erz­bi­schof von Wien stürz­te auch nicht durch die feind­se­li­gen, kam­pa­gnen­haft betrie­be­nen Angrif­fe von Medi­en und Poli­tik, son­dern durch kir­chen­in­ter­ne Rech­nun­gen, die begli­chen wur­den, und durch die Feig­heit von kirch­li­chen Ver­ant­wor­tungs­trä­gern, deren Pflicht es gewe­sen wäre, den Kar­di­nal zu ver­tei­di­gen. Statt­des­sen obsieg­ten jene, die ihre Hän­de so schnell als mög­lich „in Unschuld waschen“ woll­ten. Daß dadurch der Beschul­dig­te über die Klin­ge sprin­gen muß­te, wur­de in einer Güter­ab­wä­gung bil­li­gend in Kauf genom­men, in der danach gefragt wur­de, was „wich­ti­ger“ sei. Da woll­ten sich man­che nicht in die Schuß­li­nie von Pres­se und Sozia­li­sten bringen. 

Eine ähn­li­che Rech­nung scheint man in der heu­ti­gen Füh­rungs­spit­ze von Kir­che in Not ange­stellt zu haben. Das „glaub­haft“, das Kir­che-in-Not-Prä­si­dent Hei­ne-Gel­dern ins Feld führt, klingt vor allem nach einem ängst­li­chen Bemü­hen, eine als unlieb­sam emp­fun­de­ne Geschich­te – und damit sind die media­len Schmutz­kü­be­lei­en gemeint – schnell los zu wer­den. Das Ergeb­nis liegt seit gestern vor. Das hat Pater Weren­fried van Stra­a­ten, ein Gro­ßer der kirch­li­chen Nach­kriegs­zeit, nicht verdient. 

Und so man­che schei­nen auch nicht ihre Ämter und Posten bei Kir­che in Not und bei der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ver­dient zu haben.

Bild: Kir­che in Not (Screen­shot)

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