
Von Roberto de Mattei*
Weihnachten 1943 war in Rom, das von den Nationalsozialisten besetzt war, eine der härtesten Weihnachten der Kriegszeit. Eine Ausgangssperre war in Kraft und daher die öffentlichen Weihnachtsmessen abgesagt. Pius XII. zelebrierte nur eine feierliche Messe am Nachmittag des 24. Dezember im Petersdom.
An diesem Tag hielt der Papst eine Ansprache vor dem Heiligen Kardinalskollegium und der Römischen Prälatur, deren wichtigste Passagen wir berichten wollen.
Pius XII. erinnert zunächst an einen Ausdruck, der den Christen kostbar ist: „Ein Herz und eine Seele“.
„Dieses ‚cor unum et anima una‘, das die ersten Jünger Christi einte, war die entflammte geistige Waffe der kleinen Herde der frühen Kirche, die ohne irdische Mittel, allein mit dem Wort, mit selbstloser Liebe und mit Opferbereitschaft, auch des eigenen Lebens, einen beispiellosen Siegeszug gegen eine feindselige Welt begann und vollendete. Gegen die Kräfte des Widerstands, des Eifers und der Verachtung für die Leiden und den Tod eines solchen Herzens und einer solchen Seele vermochten alle Künste und Angriffe der feindlichen Mächte, die gegen ihre Existenz und Lehre, gegen ihre Ausbreitung und Festigung ankämpften, nichts auszurichten, sondern zerbrachen daran.“
„So formte sich aus der Vereinigung der Herzen und Seelen aller Gläubigen ein Herz und eine Seele, die sich durch die Verbreitung des Glaubens im Laufe der Zeit auf so viele Regionen und Völker ausdehnten und immer noch ausdehnen. Das ist ein solch schönes Band von Herzen und Seelen, das uns aus allen Ländern und allen Ufern erreicht, und es wird lebendiger und erneuert sich in der gegenwärtigen Stunde gemeinsamer Bedrängnisse und Anrufungen und gemeinsamer Wünsche und Hoffnungen, belohnt durch die Barmherzigkeit des belebenden und heiligenden göttlichen Geistes, der die Braut Christi formt und immer in ihrer Einheit und Universalität bewahrt, auch inmitten der Umwälzungen, die die Nationen erschüttern.“
Der Papst beschreibt dann den Krieg und seine harten Folgen.
„Im Laufe dieses Jahres ist der Sturm des Krieges auch der Ewigen Stadt immer näher gekommen und schwere Leiden haben viele Angehörige unserer Diözese getroffen. Nicht wenige der Ärmsten mußten mitansehen, wie ihr Haus durch Luftangriffe zerstört wurde. Ein Heiligtum, das dem christlichen Rom am Herzen liegt und ein wahres Juwel einer ehrwürdigen Antike ist, wurde getroffen und erlitt nur schwer wiedergutzumachende Wunden.“
Die Ruinen, fügt der Papst hinzu, sind nicht nur materieller, sondern auch wirtschaftlicher Natur:
„Wenn die Unterbrechung und Lähmung der normalen Produktion dessen, was für das Leben notwendig ist, mit dem gegenwärtigen Rhythmus fortschreitet, ist zu befürchten, daß trotz der sofortigen Sorgfalt der zuständigen Behörden das Volk von Rom und ein Großteil der italienischen Bevölkerung sich in nicht ferner Zukunft in einer Armut wiederfinden werden, wie es sie in lebendiger Erinnerung vielleicht nie gegeben hat und von diesem schon so gezeichneten Land nie erlitten wurde.“
Pius XII. lädt dennoch zu geistiger und moralischer Ruhe ein:
„Wir empfehlen allen, insbesondere den Einwohnern Roms, dringend, ruhig und gemäßigt zu bleiben und keine vorschnellen Handlungen zu setzen, die nur noch schwerwiegendere Katastrophen verursachen würden.“
Vor allem, so der Papst, dürfen wir uns in Schwierigkeiten nicht entmutigen lassen.
„Inmitten solcher Unruhen versteht sich, wie angemessen es ist, daß jeder entschlossen und mutig in der moralischen Praxis des Lebens bleibt, da sich nicht wenige Christen, selbst unter denen, die im Dienst der Kirche und des Heiligtums stehen, von der Traurigkeit der Zeit, der Bitterkeit der Entbehrungen, den erforderlichen Anstrengungen und der Kette der Enttäuschungen, die sich immer mehr zuzieht und sie betrifft, übermannen lassen, und das so sehr, daß sie der Gefahr nicht entkommen, den Mut zu verlieren und jene Frische und Beweglichkeit des Geistes, jene Robustheit des Willens, jene Gelassenheit und Freude, das zu wagen und zu vollenden, was man begonnen hat, zu verlieren, ohne die eine fruchtbare Arbeit des Apostolats nicht möglich ist.“
In der gegenwärtigen Not, einer Zeit des Krieges und des Elends, lädt der Papst „die Schwachen, Entmutigten, Müden“ ein, ihren Blick auf die Krippe in Bethlehem und auf den Erlöser zu richten, der die geistige und moralische Erneuerung der Menschheit aus einer beispiellosen Armut heraus einleitet, aus einer fast völligen Trennung von der Welt der Mächtigen der damaligen Zeit heraus“. Diese Sichtweise „soll daran erinnern und ermahnen, daß die Wege des Herrn nicht die Wege sind, die durch das falsche Licht einer rein irdischen Weisheit beleuchtet werden, sondern durch die Strahlen eines Himmelssterns, der der menschlichen Klugheit unbekannt ist. Von der Grotte von Bethlehem aus sollten sich alle, die sich der Geschichte der Kirche zuwenden, davon überzeugen, was über ihren göttlichen Gründer gesagt wurde: „Sui eum non receperunt“ (Joh 1, 11), „die Seinen nahmen ihn nicht auf“. Das ist im Laufe der Jahrhunderte das schmerzhafte Kleid der Braut Christi geblieben. Sie können sich auch davon überzeugen, daß die Zeiten des harten Kampfes mehrfach großartige Siege vorbereiteten, die für lange Zeiträume von entscheidender Bedeutung waren.“
Pius XII. wendet sich dann den großzügigen Seelen zu.
„Falls es uns erlaubt ist, in die Vision von Gottes Plänen einzudringen, deren Licht die Vergangenheit ist, sind die schwierigen und grausamen Bedingungen der gegenwärtigen Stunde vielleicht nichts anderes als der Auftakt zu neuen Entwicklungen, in denen die Kirche, die zu allen Völkern und für alle Zeiten gesandt ist, sich neuen Pflichten gegenübersieht, die anderen Zeitaltern unbekannt waren und die nur mutige und entschlossene Seelen erfüllen können: Herzen, die keine Angst haben, zu erleben, daß sich das Geheimnis des Kreuzes des Erlösers auf dem irdischen Weg der Kirche wiederholt und erneuert; die nicht mit den Jüngern von Emmaus daran denken, vor der bitteren Wirklichkeit durch Flucht zu entkommen; Herzen, die sich bewußt sind, daß die Siege der Braut Christi, insbesondere die letzten, in signum cui contradicetur vorbereitet und erlangt werden, das heißt, im „Zeichen, dem widersprochen wird“, im Gegensatz also zu allem, was sich die menschliche Mittelmäßigkeit und Eitelkeit zur Verhinderung des Triumphs des Geistigen und des Göttlichen ausdenkt.“
Der Heilige Vater setzt seinen Aufruf wie folgt fort:
„Wenn wir heute Hilfe in unsere Zeit bringen sollen, wenn die Kirche den Herumirrenden und denen, die von den geistigen und zeitlichen Qualen unserer Tage erbittert sind, jene Mutter sein soll, die hilft, berät, bewahrt und befreit, wie könnte sie ein solches Bedürfnis stillen, wenn sie nicht über eine acies ordinata verfügen würde, die sich aus großzügigen Seelen rekrutiert, die sich über dem lieben Anblick des neugeborenen Kindes weder fürchten noch vergessen, den Blick auf das Kreuz des Herrn zu erheben, der auf dem Kalvarienberg für die Erneuerung der Welt das Opfer Seines Lebens brachte, und die das höchste Gesetz des Kreuzes als Stärke und Wert in ihrem Leben und Handeln abbilden?“
Die Worte, mit denen Pius XII. seine Weihnachtsansprache von 1943 abschließt, sind voll Vertrauen auf die unfehlbaren göttlichen Verheißungen.
„Wir beten für die Menschheit, die gefesselt und gebunden in den Ketten des Irrtums, des Hasses und der Zwietracht liegt, fast wie in einem von ihr selbst errichteten Gefängnis, und wiederholen die Anrufung der Kirche im heiligen Advent:
O clavis David et sceptrum domus Israel; qui aperis, et nemo claudit; claudis, et nemo aperit; veni et educ vinctum de domo carceris, sedentem in tenebris et umbra mortis.
„O Schlüssel Davids und Zepter des Hauses Israel; der du öffnest, und niemand kann schließen; du schließt, und keine Macht vermag zu öffnen; komm und führe den Gefangenen, der in der Finsternis und im Schatten des Todes sitzt, aus dem Gefängnis.“
Diese Worte der Heiligen Schrift schwingen auch heute mit ihrer beständigen Kraft mit. Auch heute, wie damals, sind wir Gefangene der Finsternis, aber in der Dunkelheit setzen wir all unsere Hoffnung auf das Heilige Kind von Bethlehem, auf Seine göttliche Mutter und auf den heiligen Josef, das Haupt der Heiligen Familie, indem wir sie um die Stärke bitten, eine wirkliche Acies ordinata zu sein, die „cor unum et anima una“ aus Liebe zur Kirche und zur christlichen Zivilisation kämpft.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017 und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Man darf nicht vergessen das es Gott selbst ist der alles umfasst. Seine Größe ist zu unfassbar fuer den Menschen. Christus kam um uns mit Gott zu versöhnen und uns den Heiligen Geist zu senden.
Satan darf mit seinen Helfern nur deshalb wueten weil Gott es noch nicht unterbunden hat, erst muss sich die Prophezeiung erfüllen.
Das Weihnachtsfest ist ein kurzer Moment des innehaltens um sich Gott zuzuwenden, da darf auch der verwirrer nicht stören.
Deo gratias und ein gesegnetes Fest.