Die Wundertätige Medaille – Übernatürliches Hilfsmittel in der Not

Erste Etappe der Corona-Pilgerschaft bei Papst Franziskus


Papst Franziskus mit der Delegation der Vinzentinischen Familie vor der Marienstatue nach der Wundertätigen Medaille.
Papst Franziskus mit der Delegation der Vinzentinischen Familie vor der Marienstatue, gestaltet nach der Wundertätigen Medaille.

(Rom) 1830 erschien der jun­gen Ordens­frau Cathe­ri­ne Labou­ré die Got­tes­mut­ter Maria. Papst Fran­zis­kus seg­ne­te zum 190. Jah­res­tag die­ser Erschei­nung im Vati­kan eine Dar­stel­lung Mari­ens, wie sie auf der Wun­der­tä­ti­gen Medail­le zu sehen ist, die ein ganz bemer­kens­wer­tes Kapi­tel der jün­ge­ren Kir­chen­ge­schich­te darstellt.

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An der kur­zen Zere­mo­nie nah­men Pater Tomás Mavrič, der Gene­ral­obe­re der Kon­gre­ga­ti­on der Mis­si­on, bes­ser bekannt als Vin­zen­ti­ner oder Laza­ri­sten, und eine klei­ne Dele­ga­ti­on der Vin­zen­ti­ni­schen Fami­lie teil, die aus die­sem Anlaß nach Rom pilgerten.

Zur Vin­zen­ti­ni­schen Fami­lie, so wer­den alle ordens­ähn­li­chen Gesell­schaf­ten des apo­sto­li­schen Lebens genannt, die sich auf den hei­li­gen Vin­zenz von Paul beru­fen, gehö­ren auch die Töch­ter der christ­li­chen Lie­be, bes­ser bekannt als Vin­zen­ti­nerin­nen oder Barm­her­zi­ge Schwe­stern vom hei­li­gen Vin­zenz von Paul, denen Cathe­ri­ne Labou­ré ange­hör­te. Ihr Mut­ter­haus befin­det sich in der Rue du Bac in Paris. Dort erleb­te Schwe­ster Cathe­ri­ne die Marienerscheinung,

Die Gemein­schaft war 1633 vom hei­li­gen Vin­zenz von Paul (1581–1660) gegrün­det wor­den, der im Jahr 1600 zum Prie­ster geweiht, wenig spä­ter im Mit­tel­meer von Tür­ken gefan­gen und in Tunis als Skla­ve ver­kauft wur­de. Nach drei­jäh­ri­ger Gefan­gen­schaft wur­de er von sei­nem Besit­zer frei­ge­las­sen, den er zum Chri­sten­tum bekehrt hat­te. Die­ses Erleb­nis und sei­ne Begeg­nung mit den Ärm­sten in Rom, wohin er sich nach sei­ner Befrei­ung begab, lie­ßen ihn die drin­gen­de Not­wen­dig­keit für die Kran­ken- und Armen­für­sor­ge erken­nen. Auf den Land­gü­tern einer Adels­fa­mi­lie sah er zudem die reli­giö­se Not der Land­be­völ­ke­rung. Das ver­an­laß­te ihn zur Grün­dung der Vin­zen­ti­ner und mit tat­kräf­ti­ger Hil­fe von Loui­se de Maril­lac, der Nich­te eines Mar­schalls von Frank­reich, der Vin­zen­ti­nerin­nen. Im Unter­schied zu den kon­tem­pla­ti­ven Orden for­mu­lier­ten sie das Cha­ris­ma der Vin­zen­ti­nerin­nen anders: 

„Ihr habt als Klo­ster die Häu­ser der Kran­ken, als Zel­le eine Miet­kam­mer, als Kapel­le die Pfarr­kir­che, als Kreuz­gang die Stra­ßen der Stadt, als Klau­sur den Gehor­sam, als Git­ter die Got­tes­furcht und als Schlei­er die hei­li­ge Beschei­den­heit.“

Loui­se de Maril­lac (1591–1660), die erste Obe­rin der Töch­ter der christ­li­chen Lie­be, nahm in ihrem Pari­ser Haus Bau­ern­mäd­chen auf, für die Bil­dung zur dama­li­gen Zeit als unnö­tig galt, und begann sie zu unter­rich­ten. Zugleich sorg­ten die Frau­en für Kran­ke, nah­men Fin­del­kin­der an, betreu­ten Straf­ge­fan­ge­ne und rich­te­ten Armen­spei­sun­gen ein. 1934 wur­de de Maril­lac von Papst Pius XI. heiliggesprochen.

Fast das Ende als Anfang von Großem

Papst Fran­zis­kus häng­te der Mari­en­sta­tue einen Rosen­kranz um 

Nach Aus­bruch der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on wur­de der Orden 1790 auf­ge­ho­ben und das Mut­ter­haus in Paris beschlag­nahmt. Vor der zwangs­wei­sen Auf­lö­sung und der fol­gen­den Zer­streu­ung der Ordens­an­ge­hö­ri­gen gab die dama­li­ge Gene­ral­obe­rin Antoi­net­te Deleau ihren Mit­schwe­stern für die unge­wis­se Zukunft fol­gen­den „Auf­trag“:

„Ich bit­te Sie, den Dienst der Armen nicht auf­zu­ge­ben, wenn Sie nicht dazu gezwun­gen sind … Um den Dienst der Armen fort­set­zen zu kön­nen, geben Sie sich dem hin, was Sie unter den gegen­wär­ti­gen Umstän­den ehr­lich von Ihnen ver­lan­gen kön­nen, vor­aus­ge­setzt, daß es nichts ist gegen die Reli­gi­on, die Kir­che und das Gewissen.“

Vier Schwe­stern wur­den 1794 von den Revo­lu­tio­nä­ren in Arras durch die Guil­lo­ti­ne hin­ge­rich­tet und 1920 von Papst Bene­dikt XV. seliggesprochen.

Sr. Deleau gelang es spä­ter einen Teil der Schwe­stern wie­der zu sam­meln und 1800 die Wie­der­grün­dung der Gemein­schaft durch­zu­füh­ren, deren Zen­trum das Haus in der Pari­ser Rue du Bac wurde.

Catherine Labouré: „Geh in die Kapelle“

Die 1806 gebo­re­ne Cathe­ri­ne Labou­ré konn­te erst mit 18 Jah­ren eine Schu­le besu­chen. Den von ihr gewünsch­ten Ein­tritt bei den Töch­tern der christ­li­chen Lie­be, denen sich 1818 bereits ihre älte­re Schwe­ster ange­schlos­sen hat­te, erlaub­te ihr Vater nicht. Erst im April 1830 ging die­ser Wunsch in Erfül­lung. In der Nacht auf den 19. Juli des Jah­res hat­te sie vor dem Altar betend eine Mari­en­er­schei­nung, die ihr sagte:

„Die Zei­ten sind sehr trau­rig. Das Unglück wird über Frank­reich kom­men. Die gan­ze Welt wird von Kata­stro­phen aller Art ver­wü­stet sein. Komm zu den Stu­fen des Altars. Hier wer­den die Gna­den all jenen geschenkt, die mit Ver­trau­en und Eifer dar­um bit­ten. Ich habe mich immer um Dich gekümmert.“

Erst nach einer zwei­ten Erschei­nung am 27. Novem­ber 1830 wur­de ihr von ihrem Beicht­va­ter geglaubt, dem allein sie sich anver­trau­te. Maria hat­te ihr auf­ge­tra­gen, nach dem Bild, wie sich die Jung­frau und Got­tes­mut­ter ihr zeig­te, Medail­len prä­gen zu las­sen. Die Erschei­nung war von den Wor­ten umgeben: 

„O Maria, ohne Sün­de emp­fan­gen, bit­te für uns, die wir zu Dir unse­re Zuflucht nehmen.“ 

Mit der Medail­le wur­de die Ver­hei­ßung ver­bun­den:

„Die Per­so­nen, wel­che sie tra­gen, wer­den gro­ße Gna­den erhal­ten. Die Gna­den wer­den über­reich sein für jene, die Ver­trau­en haben.“

Die Medail­le ist daher ein Sakramentale.

Die Kapel­le in der Rue du Bac

Die rasche Verbreitung der Wundertätigen Medaille

1832 erteil­te der Erz­bi­schof von Paris auf Bit­ten des Beicht­va­ters die Erlaub­nis, die Medail­len zu prä­gen. Mit der Ver­wirk­li­chung wur­de der sehr renom­mier­te Pari­ser Gold­schmied Adri­en-Jean-Maxi­mi­li­en Vachet­te (1753–1839) beauf­tragt, der allein bis zu sei­nem Tod gut zwei Mil­lio­nen Medail­len her­stell­te. Denn noch im Jahr der Erst­aus­ga­be kam es wäh­rend der wüten­den Cho­le­ra-Epi­de­mie zu wun­der­ba­ren Gebets­er­hö­run­gen, sodaß die Wun­der­tä­ti­ge Medail­le, wie sie nun genannt wur­de, sehr schnel­le Ver­brei­tung fand. 

In dem von Revo­lu­tio­nen erschüt­ter­ten Frank­reich des 19. Jahr­hun­derts wur­de sie zu einem wesent­li­chen Ele­ment der katho­li­schen Erneue­rung. Nach der Ver­kün­di­gung des Dog­mas der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis Mari­ens durch Papst Pius IX. im Jahr 1854 wur­de sie welt­weit bekannt. 

Auf die Wun­der­tä­ti­ge Medail­le geht auch die Bekeh­rung von Alphon­se Ratis­bon­ne (Alphons Regens­bur­ger) im Jahr 1842 zurück, dem Sohn einer jüdi­schen Ban­kiers­fa­mi­lie aus dem Elsaß. Ihm zeig­te sich die Got­tes­mut­ter in Rom in der Dar­stel­lung der Wun­der­tä­ti­gen Medail­le. Nach sei­ner Tau­fe und Prie­ster­wei­he ging er ins Hei­li­ge Land, wo er sich ganz der Bekeh­rung von Juden und Mus­li­men widmete.

Die Berich­te über Gebets­er­hö­run­gen und die Zuwen­dung von Gna­den dank der Wun­der­tä­ti­gen Medail­le sind seit 1832 nicht mehr abge­ris­sen und set­zen sich auch heu­te fort.

Cathe­ri­ne Labou­ré, die kurz vor ihrem Tod noch die preu­ßi­sche Bela­ge­rung von Paris und die grau­sa­men Wir­ren der kom­mu­ni­sti­schen Kom­mu­ne erleb­te, starb am 31. Dezem­ber 1876 in der fran­zö­si­schen Haupt­stadt. Ihr Leben hat­te sie als ein­fa­che Kran­ken­schwe­ster ver­bracht. Selbst ihre Mit­schwe­stern erfuh­ren erst nach ihrem Tod, daß die Wun­der­tä­ti­ge Medail­le auf sie zurückgeht. 

Die Dar­stel­lung, wie sie 1832 von dem beauf­trag­ten Gold­schmied her­ge­stellt wurde

Zur Beer­di­gung ver­sam­mel­te sich eine gro­ßen Men­schen­men­ge. Eine Mut­ter brach­te in einem Lei­ter­wa­gen ihren zwölf­jäh­ri­gen Sohn, der von Geburt an ver­krüp­pelt war und nicht gehen konn­te. Sie woll­te ihn mög­lichst nahe an den Sarg brin­gen, was aber nicht mög­lich war, da stand ihr Sohn plötz­lich auf und ging sel­ber hin. Die Hei­lung des Jun­gen war das erste Wun­der, das der Ordens­frau direkt zuge­schrie­ben wurde.

Blick in der Not auf die barmherzige Liebe Gottes

Anläß­lich ihrer bevor­ste­hen­den Selig­spre­chung im Jahr 1933 wur­de ihr Grab geöff­net und ihr Leich­nam unver­west vor­ge­fun­den. Am 27. Juli 1947 wur­de sie von Papst Pius XII. hei­lig­ge­spro­chen. Ihr Gedenk­tag ist der 28. November.

Die hei­li­ge Cathe­ri­ne Labou­ré und die hei­li­ge Loui­se de Maril­lac sind bei­de in der Kir­che des Mut­ter­hau­ses in der Rue du Bac in Reli­qui­en­schrei­nen beigesetzt.

Die Pil­ger­rei­se der Vin­zen­ti­ni­schen Fami­lie mit Rom als ihrer ersten Etap­pe erfolg­te wegen „der schwie­ri­gen Situa­ti­on der Coro­na-Pan­de­mie“. Ab dem 1. Dezem­ber wird die von Papst Fran­zis­kus geseg­ne­te Mari­en­dar­stel­lung durch ganz Ita­li­en pil­gern. Sie wird von Regi­on zu Regi­on gebracht, um Gegen­stand der Ver­eh­rung und Aus­druck der „barm­her­zi­gen Lie­be Got­tes“ zu sein. Die Pil­ger­schaft wird bis zum 21. Novem­ber 2021 dauern.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: VaticanNews/Wikicommons/Chapellenotredamedelamedaillemiraculeuse.com (Screen­shots)

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2 Kommentare

  1. Wie­der ein Bei­spiel für eine sehr tra­di­tio­nel­le Volks­fröm­mig­keit von Papst Fran­zis­kus. Vie­len Dank auch an Giu­sep­pe Nar­di, für die inter­es­san­te histo­ri­sche Dar­stel­lung. Bald ist ja auch das Fest der Wun­der­tä­ti­gen Medail­le, am 27. November.

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