David Engels, Was tun? – Leben mit dem Niedergang Europas

Eine Buchbesprechung


Von Wolf­ram Schrems*

Anzei­ge

Gleich vor­weg: Die­ses Buch ver­kauft sich bereits sehr gut. Der Autor traf offen­bar einen Nerv vie­ler Zeit­ge­nos­sen. Obwohl es kein katho­li­sches Buch im stren­gen Sinn des Wor­tes ist, ist es auch für eine katho­li­sche Leser­schaft von Inter­es­se und soll somit ange­mes­sen prä­sen­tiert werden.

David Engels ist Ange­hö­ri­ger der deut­schen Volks­grup­pe in Bel­gi­en. Er ist renom­mier­ter Histo­ri­ker und ver­öf­fent­lich­te zahl­rei­che fach­wis­sen­schaft­li­che und popu­lä­re Publi­ka­tio­nen (beson­ders bekannt gewor­den ist er durch Auf dem Weg ins Impe­ri­um). Er ist nun­mehr am Ins­ty­tut Zachod­ni, West­in­sti­tut, in Posen (Poz­nań) tätig. Von dort aus ver­faßt er u. a. eine Kolum­ne in der zwei­mo­nat­lich erschei­nen­den Zeit­schrift CATO.

Der Titel des gegen­ständ­li­chen Buches ver­steht sich als Anspie­lung auf den gleich­na­mi­gen Roman des rus­si­schen Schrift­stel­lers und Revo­lu­tio­närs Niko­lai Tscher­ny­schew­ski (1828 – 1889) aus dem Jahr 1863.

Schonungslose Bestandsaufnahme und Aufruf zum widerständigen Handeln

Nach aus­führ­li­chen Vor­re­den bie­tet der Autor in 24 kur­zen Kapi­teln jeweils eine prä­gnan­te, pes­si­mi­sti­sche Bestands­auf­nah­me der Situa­ti­on in gei­sti­ger, poli­ti­scher und kul­tu­rel­ler Hin­sicht, der jeweils ein Hand­lungs­vor­schlag folgt. Dabei geht es nicht so sehr um kol­lek­ti­ves, poli­ti­sches Han­deln oder gar um die Umset­zung von Uto­pien, son­dern um die Gestal­tung des pri­va­ten und fami­liä­ren Umfel­des. Engels stellt das alles unter das Mot­to „Die Ver­zweif­lung über­win­den“, wählt also einen Ansatz der höchst­per­sön­li­chen Selbst­ver­ant­wort­lich­keit. Auch ange­sichts des über­wäl­ti­gen­den Übels soll sich der Zeit­ge­nos­se nicht gehen lassen:

„Ent­we­der über­las­sen wir uns der Ver­zweif­lung und beschleu­ni­gen hier­durch noch das Unaus­weich­li­che, oder aber wir tun alles in unse­rer Macht Ste­hen­de, um unse­rem Dasein einen Sinn zu ver­lei­hen und unse­re Ehre und Wür­de so lan­ge wie mög­lich zu wah­ren. Genau­so steht es mit dem Abend­land“ (32f).

Engels ermu­tigt sodann kon­kret zu Rea­lis­mus, Eigen­in­itia­ti­ve und Zusam­men­schluß mit Gleich­ge­sinn­ten, am besten im länd­li­chen Raum, zu lang­fri­sti­gem Den­ken, zu einer posi­ti­ven Ein­stel­lung zur Natur und zum Leib, zum Pfle­gen von Schön­heit, zur Grün­dung einer Fami­lie und dem Erzie­hen von Kin­dern, zur all­täg­li­chen Pflicht­er­fül­lung, zur Tole­ranz, aber gleich­zei­tig auch zum Wahr­neh­men legi­ti­mer Rech­te, zum Glau­ben oder zumin­dest zu einer posi­ti­ven Ein­stel­lung zum Chri­sten­tum, zur gut aus­ge­wähl­ten Lek­tü­re, zu einer Über­win­dung des Rechts-Links-Den­kens in der Poli­tik, zur Auf­kün­di­gung des Gehor­sams gegen­über einem kor­rup­ten System, zur Zurück­er­obe­rung Euro­pas und zum Stolz auf die eige­ne Geschich­te und schließ­lich zur Wahl des je per­sön­li­chen Schlachtfeldes.

Den Schluß bil­det der Auf­ruf, sich auf das Schlimm­ste vor­zu­be­rei­ten und in der Kri­se zu dem zu wer­den, der man eigent­lich ist bzw. sein soll. Das schließt auch Gedan­ken für eine neu zu errich­ten­de Gesell­schaft ein.

Das alles ist mit viel gesun­dem Men­schen­ver­stand geschrieben.

Als Ansatz der Engels­schen Gedan­ken kann fol­gen­des gelten:

Selbstkritik, Gewissenserforschung und das Tun des Richtigen

Engels ruft zu einer Gewis­sens­er­for­schung auf. Sind wir, also die Zeit­ge­nos­sen, die schon ihr fünf­tes oder sech­stes Lebens­jahr­zehnt erreicht haben, nicht auch auf die eine oder ande­re Wei­se mit­schul­dig am Zustand unse­rer Län­der und Völker?

Das Buch: Was tun?

„Bedenkt man aller­dings, daß jede Gesell­schaft nur die Regie­rung besitzt, die sie auch ver­dient, müs­sen wir uns wohl zu unse­rer eige­nen Schan­de ein­ge­ste­hen, daß ein Groß­teil der Bevöl­ke­rung jenen lang­sa­men Marsch in den Nie­der­gang letzt­lich wohl offen­sicht­lich zumin­dest unter­schwel­lig unter­stützt oder sich doch zumin­dest auf unver­ant­wort­li­che Wei­se von jenen Ver­spre­chun­gen hat täu­schen las­sen, mit denen ein nicht unbe­trächt­li­cher Teil unse­rer poli­ti­schen Eli­te seit Jahr­zehn­ten ihre Macht­stel­lung ent­ge­gen jeg­li­chem gesun­den Men­schen­ver­stand erkauft hat (46f)“.

Engels pro­pa­giert damit eine Neu­aus­rich­tung des poli­ti­schen und histo­ri­schen Bewertens:

„Wir rufen dazu auf, lan­ge ange­be­te­te und tod­ge­weih­te Ido­le wie den Staat, die reprä­sen­ta­ti­ve Demo­kra­tie, die Groß­stadt, das moder­ne Schul­sy­stem, die angeb­li­che Not­wen­dig­keit zum andau­ern­den Abbü­ßen der geschicht­li­chen Schuld der Euro­pä­er oder die Idea­li­sie­rung all des­sen, was »anders« ist, los­zu­las­sen“ (61).

Und auch wenn die Zei­ten schlimm sind und vor­aus­sicht­lich noch schlim­mer wer­den, so lie­gen doch im Tun des Rich­ti­gen ein inhä­ren­ter Sinn und ein gewis­ses Glück:

„[Wir] müs­sen alles in unse­rer Mög­lich­keit Ste­hen­de tun, um dem Nie­der­gang wie auch dem Abgrund von Haß, Ego­is­mus und Hoff­nungs­lo­sig­keit zu begeg­nen, in wel­chen unse­re Gesell­schaft wohl mehr und mehr hin­ein­ge­ra­ten wird. In einer sol­chen Situa­ti­on besteht das eigent­li­che »Glück« nicht in den tat­säch­li­chen und unmit­tel­ba­ren Fol­gen unse­rer Taten, son­dern viel­mehr in ihrem muti­gen Voll­zug – Tag für Tag, Schritt für Schritt, gegen jeden Haß und Wider­stand“ (68).

Glaube und Kirche

Da für die Leser einer katho­li­schen Netz­sei­te die Stel­lung des Autors zu Glau­ben und Chri­sten­tum von beson­de­rem Inter­es­se ist, eini­ge Wor­te dazu:

Engels sieht klar, daß der kul­tu­rel­le und demo­gra­phi­sche Nie­der­gang ohne plan­vol­le Zer­trüm­me­rung des Chri­sten­tums nicht mög­lich gewe­sen wäre, daß aber Chri­sten die­ser Zer­stö­rung Wider­stand lei­sten kön­nen (65).

Ein Erfah­rungs­wert ist, daß „Poli­ti­ker und Juri­sten [undurch­sich­ti­ger inter­na­tio­na­ler Insti­tu­tio­nen] die christ­li­che Kul­tur lächer­lich machen und gleich­zei­tig selbst die vor­sich­tig­sten Aus­sa­gen zu frag­wür­di­gen Bräu­chen oder poli­ti­schen Mei­nun­gen frisch ein­ge­wan­der­ter Bür­ger pau­schal als Isla­mo­pho­bie, Afro­pho­bie etc. brand­mar­ken“ (73).

Engels beschwört gegen eine beson­ders schlim­me Fol­ge der Abschaf­fung der christ­li­chen Gesell­schafts­prä­gung, näm­lich den Gen­der­wahn und die Ver­wü­stung des Geschlech­ter­ver­hält­nis­ses, die katho­li­sche Kul­tur des Mit­tel­al­ters in ein­drucks­vol­ler Wei­se, eine der schön­sten Pas­sa­gen des Buches:

Der Autor: Prof. David Engels

„Blei­ben wir daher viel­mehr jenen rit­ter­li­chen Idea­len treu, wel­che einst die Grö­ße und den Reich­tum unse­rer Kul­tur aus­ge­macht haben, und sei­en wir stolz auf die grund­le­gen­de Bedeu­tung des Ewig-Weib­li­chen für die Ent­wick­lung unse­rer abend­län­di­schen Geschich­te, wo die Frau seit dem Mit­tel­al­ter, dem Höfi­schen Roman und der Ver­eh­rung der Jung­frau Maria bestän­dig eine bedeu­ten­de und zuneh­mend eman­zi­pier­te Stel­lung inne­ge­habt hat, ohne daß unse­re Vor­fah­ren doch je die ein­an­der ergän­zen­de und eben nicht iden­ti­sche Natur der bei­den Geschlech­ter ver­leug­net hät­ten (129)“.

Dar­an anschlie­ßend plä­diert er für Ehe und Fami­lie, für „ech­te und dau­er­haf­te Lie­be, wel­che ein­zig dazu in der Lage ist, die Fami­lie für Kin­der wie Eltern zu einem siche­ren Hafen zu gestal­ten“ (134f).

Ganz im Sinn der klas­si­schen und katho­li­schen Moral­leh­re kri­ti­siert Engels eine bestimm­te Form von zeit­ge­nös­si­schem Erfolgs­stre­ben, näm­lich, „daß die mei­sten unse­rer Mit­men­schen zu allem bereit schei­nen, nur um zu ihrem Ziel zu gelan­gen“. Aller­dings wer­de die­ses auf dem Unglück ande­rer gebau­te „Glück“ kei­nes sein (143).

Mit histo­risch geschul­tem Ver­ständ­nis schreibt Engels über die alten Klo­ster­re­geln, nach denen wir das, was wir tun, „mit unse­rer gan­zen Per­son aus­füh­ren und dabei nicht an das künf­ti­ge Resul­tat unse­res Tuns den­ken [soll­ten], son­dern nur dar­an, daß unse­re Hand­lung gut und schön getan sei“ (146).

Sei­ne Hand­lungs­an­wei­sung in Bezug auf das christ­li­che Erbe liest sich so:

„Eine Lösung auf die zen­tra­len Fra­gen unse­res Lebens suchen, indem wir uns zunächst an eben jenes reli­giö­se System wen­den, wel­ches unse­re gesam­te Kul­tur und unser Wesen geprägt hat, bevor wir dann viel­leicht auch an ande­re Reli­gio­nen oder Phi­lo­so­phien den­ken“ (170f).

Das klingt noch etwas zöger­lich und ange­sichts der Fra­ge nach der Wahr­heit viel­leicht etwas rela­ti­vi­stisch. Ande­rer­seits läßt Engels den Leser mit fol­gen­den Wor­ten wohl an sei­ner eige­nen, durch­aus erfreu­li­chen gei­sti­gen Rei­se teilhaben:

„Und wer sich auf das Aben­teu­er der eige­nen Rechri­stia­ni­sie­rung ein­läßt, wird schnell erfah­ren, daß das Chri­sten­tum auf alle wich­ti­gen spi­ri­tu­el­len und phi­lo­so­phi­schen Fra­gen unse­rer heu­ti­gen Zeit im Lau­fe sei­ner Geschich­te eine Ant­wort ent­wickelt hat“ (173).

Schuld und Vergebung

Einen wich­ti­gen Aspekt unse­res Zeit­ge­fühls the­ma­ti­siert Engels in Bezug auf Schuld und Süh­ne. Das möch­te der Rezen­sent beson­ders hervorheben:

Engels ana­ly­siert das all­ge­gen­wär­ti­ge Schuld­ge­fühl der abend­län­di­schen Zivi­li­sa­ti­on „ange­sichts ihrer kolo­nia­len Ver­gan­gen­heit, ange­sichts der Schrecken und Geno­zi­de der Welt­krie­ge, ange­sichts der mili­tä­ri­schen Trag­wei­te ihrer tech­no­lo­gi­schen Ent­deckun­gen, ange­sichts der Inqui­si­ti­on, ange­sichts der Kreuz­zü­ge – kurz­um, manch­mal ist man ver­sucht zu den­ken: ange­sichts ihrer blo­ßen Existenz.“

Schuld exi­stiert, die Men­schen sün­di­gen. Das Evan­ge­li­um ist ja gera­de die gute Nach­richt von der Ver­ge­bung der Schuld. Auch unter die­ser Rück­sicht ist daher die Ver­schüt­tung des Glau­bens und das Auf­kom­men pseu­do­theo­lo­gi­scher, poli­ti­scher Deri­va­te eine Kata­stro­phe. Denn der jahr­zehn­te­lan­ge Schuld­kult wird von skru­pel­lo­sen Ideo­lo­gen poli­tisch und finan­zi­ell ausgenützt:

„Frei­lich ist das Gefühl der Schuld ein inhä­ren­ter Teil unse­res jüdisch-christ­li­chen Erbes, und von der Schuld wegen der Erb­sün­de zur Schuld wegen des Kolo­nia­lis­mus scheint es manch­mal nur ein Schritt zu sein. Aber die­ser Schritt ist eben auch ein ent­schei­den­der, denn wäh­rend man im christ­li­chen Den­ken hof­fen kann, durch Reue, Beich­te und ange­mes­se­ne Buße wie­der in den Genuß der gött­li­chen Ver­ge­bung zu kom­men, ist das heu­ti­ge Schuld­ge­fühl zu einer wah­ren kul­tu­rel­len Dau­er­ein­rich­tung ohne jeg­li­che Aus­sicht auf die Rein­wa­schung von der Sün­de gewor­den“ (208f).

Was hier aller­dings weni­ger geglückt for­mu­liert ist, ist der Aus­druck „jüdisch-christ­lich“, da es sich hier­bei um Gegen­sät­ze han­delt. Das Alte Testa­ment ist näm­lich Teil der kirch­li­chen Bibel und kann nur in die­sem Kon­text rich­tig ver­stan­den werden.

Kritische Würdigung

In die­sem Werk offen­bart sich ein lau­te­rer Cha­rak­ter mit hohen (man könn­te sagen „rit­ter­li­chen“ oder auch „mit­tel­al­ter­li­chen“) mora­li­schen Ansprü­chen und ein rea­li­sti­scher Analytiker.

Für einen katho­li­schen Leser wer­den sei­ne Ana­ly­sen und Rat­schlä­ge hilf­reich sein, aber auch sozu­sa­gen knapp zu wenig. Sym­pto­ma­tisch erscheint daher die­se Handlungsanleitung:

„Was für uns zäh­len muß, ist die lang­fri­sti­ge Per­spek­ti­ve, und nur jene Über­le­gun­gen, wel­che auf eine gün­sti­ge Ent­wick­lung für die kom­men­den Gene­ra­tio­nen und nicht nur für die kom­men­den Wochen zie­len, soll­ten zur Trieb­kraft unse­res täg­li­chen Han­delns wer­den“ (106).

Das ist nicht falsch, aber doch zu wenig. Die letzt­lich „lang­fri­sti­ge Per­spek­ti­ve“ ist natür­lich das ewi­ge Ziel, das télos, auf das wir aus­ge­rich­tet sind und das wir mit Got­tes Hil­fe erlan­gen sol­len, näm­lich die ewi­ge Selig­keit bei Gott. Dar­auf bezieht sich die über­na­tür­li­che Tugend der Hoff­nung. Nur eine escha­to­lo­gi­sche Per­spek­ti­ve wird das im Blick behal­ten und gleich­zei­tig so han­deln las­sen, daß wir auch inner­welt­lich das Rich­ti­ge tun (was die Auf­ga­be der Kar­di­nal­tu­gend der Klug­heit ist). Denn wenn wir zuerst die Ehre Got­tes im Auge haben und Sein Reich und des­sen Gerech­tig­keit suchen, wird uns alles ande­re dazu­ge­ge­ben (Mt 6,33).

Ähn­lich wird man bean­stan­den kön­nen, daß Engels zwar posi­tiv zum Chri­sten­tum steht (s. o.), aber nicht aus­drück­lich Got­tes Macht und Vor­se­hung thematisiert.

Bezüg­lich des Islam, der „eine der bril­lan­te­sten und fein­füh­lig­sten Kul­tu­ren der Mensch­heits­ge­schich­te her­vor­ge­bracht“ habe (150), mit des­sen Ver­tre­tern „Dia­log“ zu füh­ren sei (155) und der im Westen zu einem „poli­tisch loya­len Islam“ zu trans­for­mie­ren sei (157), ist der Rezen­sent ande­rer Mei­nung. Aller­dings sagt Engels zum Islam auch Rich­ti­ges und heu­te lei­der wenig Thematisiertes.

Engels rückt den spi­ri­tu­el­len Klas­si­ker Die Wol­ke des Nicht­wis­sens aus dem 14. Jahr­hun­dert in die Nähe des Zen (178). Das ist nicht ange­zeigt, weil der Autor der Wol­ke, ver­mut­lich ein Kar­täu­ser­mönch, ja aus­drück­lich zur Nach­fol­ge Chri­sti aufruft.

Schließ­lich ist auch der Rat, das eige­ne Selbst zu ent­wickeln und gege­be­nen­falls den Bruch mit sei­ner Umge­bung zu ris­kie­ren, wenn nur so das rich­tig Erkann­te umge­setzt wer­den kann, nicht per se falsch, aber die­ser Weg führt nur über Gott. Engels schreibt:

„Selbst wenn die Ver­söh­nung mit dem eige­nen ech­ten Ich bedeu­tet, sich mit dem Rest der Mensch­heit zu über­wer­fen, wäre der Preis immer noch wohl­feil, denn »was bedeu­tet uns die gesam­te Welt, wenn wir uns selbst ver­lie­ren?«, wie schon vor 2000 Jah­ren der chi­ne­si­sche Histo­ri­ker Sima Qian wuß­te. Sicher­lich: Der Abgrund zwi­schen dem abstrak­ten Ver­ständ­nis einer sol­chen Aus­sicht und der Rea­li­tät, sie im täg­li­chen Leben zu erlei­den, ist ein gewal­ti­ger“ (234).

Qian hat wohl etwas rich­ti­ges geahnt, der Weg von der schat­ten­haf­ten Erkennt­nis des gött­li­chen Geset­zes im Hei­den­tum bis hin zum Licht der Offen­ba­rung wur­de aber vor eben­falls 2000 Jah­ren gewiesen:

„Denn wer sein Leben ret­ten will, wird es ver­lie­ren; wer aber sein Leben um mei­net­wil­len [näm­lich um Chri­sti und des Evan­ge­li­ums wil­len, was eben der sprin­gen­de Punkt ist] ver­liert, wird es fin­den“ (Mt 16,25).

Resümee

Wie ein­gangs gesagt: Was tun? ist kein katho­li­sches Buch im stren­gen Sinn. Engels hat­te es auch nicht so kon­zi­piert. Er läßt uns ledig­lich an sei­nen per­sön­li­chen Gedan­ken teil­ha­ben. Die­se sind im abend­län­di­schen Den­ken gegrün­det, pro­fund und beher­zi­gens­wert. Damit kon­tra­stiert er mit zeit­ge­nös­si­schen Poli­ti­kern und Kir­chen­füh­rern. Erfreu­lich ist, daß Engels um die Prä­ge­kraft des geof­fen­bar­ten Glau­bens für Euro­pa weiß und sich selbst immer mehr die­sem Glau­ben annä­hert. Das Geleit­wort von Simon Wun­der vom Reno­va­tio-Insti­tut Augs­burg stellt einen Bezug zu Joseph Ratz­in­ger, Josef Pie­per und Diet­rich von Hil­de­brand und somit zum katho­li­schen Glau­ben her.

Somit soll­ten wir das Werk aus der Per­spek­ti­ve der christ­li­chen Hoff­nung lesen. Die­se ist im stren­gen Sinn, wie gesagt, escha­to­lo­gisch. Sie bezieht sich auf das je eige­ne Heil und weiß, daß denen, die Gott lie­ben, alles zum Guten gereicht (Röm 8, 28). Das läßt die Unbil­den des Lebens nicht als letz­te Rea­li­tät son­dern als rela­tiv verstehen.

Pro­fes­sor Engels lie­fert zum Umgang mit dem Rela­ti­ven wich­ti­ge Ideen. Dafür gebührt ihm und dem Ver­le­ger Dank und Anerkennung.

David Engels, Was tun? Leben mit dem Nie­der­gang Euro­pas, Reno­va­men-Ver­lag, Bad Schmie­de­berg, ²2020, 246 S.

*Wolf­ram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., Kate­chist, Pro Lifer,

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2 Kommentare

  1. Was ich mich nur immer fra­ge, ist, was am Lob des Land­le­bens so ide­al sein soll. Auch P. Schmid­ber­ger und man­che ande­re Patres haben so eine Ten­denz. Zugleich befin­den Prio­ra­te sich nicht ohne Grund in der Regel in Städten. 

    Ganz davon abge­se­hen, gibt es jeden­falls ab einem gewis­sen Alter nichts, was ungün­sti­ger wäre als auf dem Land zu leben und auf den eige­nen PKW ange­wie­sen zu sein. 

    Für Men­schen mit Behin­de­run­gen gilt das grund­sätz­lich, nicht erst im Alter. Die städ­ti­sche Infra­struk­tur ist in jeder Hin­sicht ein Vor­teil. Das zu sehen, gehört auch zum Realitätssinn.

    • Mei­ner Ansicht nach vafo­ri­siert er das Leben auf dem Land vor allem deswegen,
      weil er sehr unsi­che­re Zei­ten erwartet.

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