(Amsterdam) Nachdem einige katholische Medien mit Artikeln zur Frage der Anerkennung und Verehrung Mariens als „Frau aller Völker“ für Unruhe gesorgt hatten, nahm das zuständige Bistum Haarlem-Amsterdam dazu Stellung.
Anlaß für die Artikel war ein Schreiben des Apostolischen Nuntius im Libanon an Kardinal Béchara Pierre Raï, den Maronitischen Patriarchen von Antiochien und des ganzen Orients. Dieser hatte eine Klärung erbeten. Der Nuntius verwies in seiner Antwort auf eine Stellungnahme der Glaubenskongregation von 1974, und damit begannen die Unklarheiten erst so richtig (siehe Mariologischer Kleinkrieg gegen die „Frau aller Völker“?).
Das Bistum Haarlem-Amsterdam in den Niederlanden veröffentlichte als Reaktion auf die Artikel eine klärende Stellungnahme aus der Feder des im vergangenen Juni emeritierten Diözesanbischofs Jozef Marianus Punt. Er war es, der die Marienerscheinungen von 1945 bis 1959 an Ida Peerdeman 2002 anerkannt hatte.
Seine Klarstellung umfaßt eine Chronologie der Ereignisse, die den Wunsch nach einem fünften Mariendogma der „Miterlöserin“, „Mittlerin“ und „Fürsprecherin“ betreffen, und wurde auf der Internetseite des Bistums veröffentlicht.
Die Chronologie der „Frau aller Völker“
1956 erlaubte der damalige Bischof von Haarlem (Amsterdam gehört zu diesem Bistum, das heute den Namen Haarlem-Amsterdam trägt), Msgr. Johannes Huibers, die private Verehrung des Titels, des Bildes und des Gebets der „Frau aller Völker“, untersagte aber eine öffentliche Verehrung.
Diese Entscheidung beruhte auf der Empfehlung einer von ihm eingesetzten Diözesankommission unter Leitung des späteren Kardinals Willebrands. Diese Kommission hatte den Auftrag, die Frage eines möglichen übernatürlichen Ursprungs des Phänomens von Amsterdam zu prüfen. Währenddessen gingen die Erscheinungen weiter.
1957 bestätigte Rom die Entscheidungen von Bischof Huibers, ohne auszuschließen, daß künftig neue Informationen vorgelegt werden können.
Nach seiner Emeritierung im Jahr 1960 gelangte Bischof Huibers persönlich zur Überzeugung, daß die Marienerscheinungen echt sind, wie Schreiben an seinen Nachfolger und an Rom sowie andere Zeugnisse belegen.
1967 entschied der neue Bischof von Haarlem, Msgr. Theodorus Zwartkruis, von vielen Gläubigen darum ersucht und nach Rücksprache mit der Glaubenskongregation, den Fall wieder zu öffnen. Er setzte eine neue Diözesankommission ein, die jedoch zu keinem klaren Ergebnis gelangte, aber eher dazu neigte, keinen übernatürlichen Charakter in dem Phänomen zu erkennen. Dennoch sprach sie die Empfehlung aus, die öffentliche Verehrung zu erlauben.
1974 stellte die Kongregation für die Glaubenslehre nicht fest [wie in den eingangs erwähnten Artikeln behauptet wurde], daß die Erscheinungen falsch sind, sondern stellte fest, daß weiterhin gilt: „non constat de supernaturalitate“ („die Übernatürlichkeit steht nicht fest“), und bestätigte in einer offiziellen Veröffentlichung das Verbot der öffentlichen Verehrung von Bischof Huibers von 1956.
Damals war weder dem Bistum Haarlem noch der Glaubenskongregation bekannt, daß sich 1973 eine unerwartete Entwicklung ereignet hatte. Die Schwestern eines Anbetungsklosters in Akita, Japan, hatten eine Holzstatue nach dem Bild der „Frau aller Völker“ in Auftrag gegeben und beteten täglich das Gebet von Amsterdam. Im Juli 1973 hörte Schwester Agnes Sasagawa eine schöne Stimme aus der Statue der „Frau aller Völker“, die Botschaften übermittelte. Auch Heilungen, Tränen und andere wundersame Ereignisse an der Statue ereigneten sich fünfmal in Gegenwart des Bischofs. Nach umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen durch die Universität von Akita genehmigte der Ortsbischof, Msgr. John Shojiro Ito, am 22. April 1984 den „übernatürlichen Charakter der Ereignisse“. Er pilgerte nach Amsterdam und schrieb kurz vor seinem Tod einen Brief (28. Februar 1989) an den Bischof von Haarlem, in dem er die Echtheit eines übernatürlichen Ursprungs der Phänomene von Akita bestätigte.
Im Jahr 1984 änderte Rom seine Position in Bezug auf Amsterdam. Die Kongregation für die Glaubenslehre riet dem damaligen Ortsbischof Henricus Bomers, eine Unterscheidung zwischen dem Titel und den Erscheinungen in Betracht zu ziehen, und gab zu verstehen, daß die Kongregation geneigt war, den Titel „Frau aller Völker“ anzuerkennen. In den folgenden Jahren kam es zwischen dem Bischof und der Kongregation zu einem Briefwechsel über die Möglichkeit einer solchen Unterscheidung. Am 6. April 1990 erklärte die Kongregation schriftlich, daß „der Bischof von Haarlem selbst die Zweckmäßigkeit beurteilen sollte“.
1995 erlaubte Rom die öffentliche Verehrung.
„In diesem Jahr wurde ich [Msgr. Punt] zum Weihbischof von Haarlem ernannt. Bei meinem Einführungsbesuch bei der Glaubenskongregation im Oktober 1995 sprach der Präfekt Joseph Kardinal Ratzinger das Thema der Hingabe an die Frau aller Völker an und fragte mich nach meiner Meinung zu diesem Thema. Ich antwortete, daß ich dafür bin, die öffentliche Verehrung zuzulassen, ohne die Echtheit zu beurteilen, aber auf weitere Entwicklungen zu warten.“
Der Präfekt stimmte dem zu und erteilte entsprechende Richtlinien.
„Am 31. Mai 1996 veröffentlichte Bischof Bomers zusammen mit mir als seinem Weihbischof ein Dekret, in dem wir die öffentliche Verehrung der Frau aller Völker erlaubten und die Frage der Echtheit dem Gewissen der Gläubigen überließen. Die Verehrung breitete sich schnell aus.“
Im Jahr 2002 mußte ich in meiner Verantwortung als neuer Bischof von Haarlem Stellung zu den Erscheinungen in Amsterdam beziehen. Bereits seit einigen Jahren war ich mit vielen Anfragen von Bischöfen und Gläubigen konfrontiert, Klarheit über die Echtheit und auch im Lichte der Zustimmung von Akita zu geben. Ich bat einige Theologen und Psychologen, das gesamte verfügbare Material erneut zu studieren. Auf ihren positiven Rat und in meiner Verantwortung als zuständiger Bischof genehmigte ich dann die Erscheinungen als ‚im Wesentlichen aus einem übernatürlichen Ursprung bestehend‘. In einem Hirtenbrief fügte ich hinzu, daß die Genehmigung nicht für jedes Wort oder Bild eine Garantie bedeutet, da der Einfluß des menschlichen Faktors immer erhalten bleibt. Ich erinnerte auch daran, daß private Offenbarungen, auch wenn sie als echt anerkannt werden, „das Gewissen der Gläubigen nicht binden“.
Im Jahr 2005 verlangte Rom eine kleine Änderung im Gebet der Frau aller Völker. Der letzte Satz des Gebets lautete wie folgt:
„Möge die Frau aller Völker, die einst Maria war, unsere Fürsprecherin sein. Amen.‘ Natürlich behält die Heilige Jungfrau den Namen ‚Maria‘. Der Name wird in allen Botschaften verwendet. Tatsächlich präsentierte sich Unsere Liebe Frau mit den Worten: ‚Ich bin die Frau, Maria, Mutter aller Völker‘. Gemeint ist, daß diese bescheidene junge Frau, Maria von Nazareth, vom Herrn ausgewählt und erhöht wurde, um wie von Johannes Paul II. unter den Titeln ‚Mutter aller Menschen‘ und ‚Mutter aller Völker‘ angesprochen zu werden.“
Aber um Mißverständnisse zu vermeiden, wurde die Schlußformel geändert. Seither lautet sie: „Die selige Jungfrau Maria“.
„Die Andacht hat sich auf der ganzen Welt verbreitet und wird derzeit von Hunderten von Bischöfen und Kardinälen unterstützt. Das Gebet wird in fast alle Sprachen der Welt übersetzt. Der erste Satz des Gebets lautet: ‚Herr Jesus Christus, Sohn des Vaters, sende jetzt deinen Geist über die Erde‘, mit besonderem Schwerpunkt auf ‚jetzt‘. Unsere Welt braucht jetzt mehr denn je den Heiligen Geist. Wenn wir Maria in der vollen Größe ehren, die der Herr ihr gewährt hat, kann sie ihre mütterliche Kraft über das Herz ihres Sohnes voll ausüben und für uns eine neue Herabkunft des Heiligen Geistes über unsere verwundete Welt erlangen. Das ist die Essenz dieser Hingabe. Aus diesem Grund beten Millionen von Menschen den Rosenkranz und dieses Gebet. Beim Gebetstag der Frau aller Völker in Deutschland im Jahr 2019 freuten wir uns über eine Begrüßungs- und Segensbotschaft im Namen von Papst Franziskus.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vrouwe van alle Volkeren (Screenshots)
Vielen Dank für die Klarstellung.
Man sollte sich doch besser vorher
genau erkundigen, bevor man
Unruhe stiftet.