Zweiter Priester, der feststellen mußte, gar nicht Priester zu sein

Ungültige Sakramente


2019: Primizsegen des vermeintlichen (und inzwischen tatsächlichen) Neupriesters Boazaman.
2019: Primizsegen des vermeintlichen (und inzwischen tatsächlichen) Neupriesters Boazaman.

(New York) In den USA wur­de der zwei­te Fall eines Prie­sters bekannt, des­sen Prie­ster­wei­he ungül­tig ist, weil er gar nicht getauft war. Was auf den ersten Blick ein Kopf­schüt­teln aus­lö­sen könn­te, ist für die Kir­che ein ern­stes The­ma. So ernst, daß die Spen­dung gleich meh­re­rer Sakra­men­te „nach­ge­holt” wer­den muß. Wie groß ist das Aus­maß von ungül­tig gespen­de­ten Sakramenten?

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Die Fra­ge trat Anfang August in das Bewußt­sein einer über­rasch­ten katho­li­schen Öffent­lich­keit, als die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ihr vor­ge­leg­te Dubia (Zwei­fel) beant­wor­te­te. Die Dubia bezo­gen sich auf die „Gül­tig­keit der Tau­fe unter Anwen­dung der For­mel ‚Wir tau­fen dich im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes’”

Die Dubia lau­te­ten:

  • Ist die Tau­fe unter Anwen­dung die­ser For­mel gültig?
  • Müs­sen Per­so­nen, in deren Tauf­fei­er die­se For­mel ange­wen­det wur­de, in for­ma abso­lu­ta getauft werden?

Die zwei­te Fra­ge will sagen: Muß eine so erfolg­te Tau­fe, soll­te die genann­te For­mel ungül­tig sein, aus­nahms­los wie­der­holt werden?

Die Ant­wor­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, gebil­ligt von Papst Fran­zis­kus am 8. Juni und unter­zeich­net von Kar­di­nal­prä­fekt Luis Lada­ria SJ am 24. Juni, fie­len ein­deu­tig aus. Die erste Fra­ge wur­de mit „Nein”, die zwei­te mit „Ja” beant­wor­tet. Nein, die Tau­fe unter Anwen­dung die­ser For­mel ist nicht gül­tig. Ja, Per­so­nen, in deren Tauf­fei­er die­se For­mel ange­wen­det wur­de, müs­sen in for­ma abso­lu­ta, aus­nahms­los, erst getauft wer­den, da sie noch nicht getauft sind.

Am 7. August ver­öf­fent­lich­te der Hei­li­ge Stuhl zur Ant­wort auf die Dubia auch eine erklä­ren­de Lehr­mä­ßi­ge Note. Sie beginnt mit dem Hinweis:

„Anläss­lich eini­ger Tauf­fei­ern in jün­ge­rer Zeit wur­de das Sakra­ment der Tau­fe mit den Wor­ten «Im Namen von Papa und Mam­ma, des Paten und der Tauf­pa­tin, der Groß­el­tern, der Fami­li­en­mit­glie­der, der Freun­de, im Namen der Gemein­schaft tau­fen wir dich im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes» gespen­det. […] Hier taucht wie­der­um eine alte Ver­su­chung mit frag­wür­di­gen Beweg­grün­den pasto­ra­ler Natur auf, näm­lich die von der Tra­di­ti­on vor­ge­ge­be­ne For­mel durch ande­re Tex­te zu erset­zen, die für geeig­ne­ter erach­tet werden.”

Das eigen­mäch­ti­ge Erset­zen wird von der Kir­che abge­lehnt, da es schwer­wie­gen­de Fol­gen zei­tigt, im kon­kre­ten Fall die Ungül­tig­keit meh­re­rer Sakra­men­te, kon­kret von Tau­fe, Erst­kom­mu­ni­on und Fir­mung, bei Prie­stern auch die Wei­he. Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on stell­te dazu klar:

„Das Öku­me­ni­sche Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil erklärt, dass, «wenn immer einer tauft, Chri­stus sel­ber tauft».”

Es ist also kein Mensch, kein „Wir“, kei­ne „Mama“, kein „Papa“, kei­ne „Fami­lie“, die tauft. Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on schärf­te des­halb ein:

„Es ist daher ein­sich­tig, dass die Kir­che im Lau­fe der Jahr­hun­der­te die Form der Fei­er der Sakra­men­te sorg­fäl­tig über­lie­fert und bewahrt hat, ins­be­son­de­re jene in der hl. Schrift bezeug­ten Ele­men­te, die es ermög­li­chen, mit abso­lu­ter Klar­heit die Hand­lung Chri­sti im ritu­el­len Han­deln der Kir­che zu erken­nen. Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil leg­te zudem fest: «Des­halb darf durch­aus nie­mand sonst, auch wenn er Prie­ster wäre, nach eige­nem Gut­dün­ken in der Lit­ur­gie etwas hin­zu­fü­gen, weg­neh­men oder ändern».”

Der Fall Matthew Hood

Matthew Hood, Prie­ster im Erz­bis­tum Detroit, schau­te sich, als die Klar­stel­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on bekannt wur­de, das Video sei­ner eige­nen Tau­fe an und muß­te erschrocken fest­stel­len, daß er selbst nicht gül­tig getauft war. Er wur­de sich bewußt, daß er, der seit drei Jah­ren als Prie­ster wirk­te, in Wirk­lich­keit gar nicht Prie­ster war. Er mel­de­te es sei­nem Erz­bi­schof, der die Ungül­tig­keit bestä­tig­te, eben­so die Ungül­tig­keit der bis­her von Hood gespen­de­ten Sakramente.

Erz­bi­schof Allen Vigne­ron wand­te sich dar­auf an die Gläu­bi­gen. Tief betrof­fen muß­te er auf­merk­sam machen, dass „die­ser mensch­li­che Feh­ler Zer­würf­nis­se im sakra­men­ta­len Leben eini­ger Gläu­bi­gen her­vor­ge­ru­fen“ habe, und er „alle nöti­gen Schrit­te tun wer­de, um die Situa­ti­on aller Betrof­fe­nen richtigzustellen“.

Die Tau­fe von Matthew Hood wur­de gül­tig nach­ge­holt, eben­so wur­den ihm die Erst­kom­mu­ni­on und die Fir­mung gespen­det. Nach Exer­zi­ti­en erfolg­te sei­ne Wei­he zum Dia­kon und am 17. August wur­de er erneut zum Prie­ster geweiht. 

Die ungül­ti­ge Tauf­for­mel war in Hoods Hei­mat­pfar­rei zwi­schen 1986 und 1999 von einem Dia­kon ange­wen­det worden.

Das Erz­bis­tum rief die Gläu­bi­gen auf, die in die­sem Zeit­raum in der betrof­fe­nen Pfar­rei getauft wur­den, die Gül­tig­keit ihrer Tau­fe über­prü­fen zu las­sen. Glei­ches gilt für die Gläu­bi­gen, denen von Matthew Hood zwi­schen 2017 und 2020 Sakra­men­te gespen­det wur­den (Abso­lu­ti­on und Kran­ken­sal­bung, aber auch die Ehe­schlie­ßun­gen, denen er assi­stier­te). Die erfolg­ten Meß­ze­le­bra­tio­nen, die in Wirk­lich­keit Meß­si­mu­la­tio­nen waren, sind nicht sanier­bar. Die von Hood gespen­de­ten Tau­fen sind hin­ge­gen gül­tig, da dafür kei­ne Wei­he not­wen­dig ist. Das Erz­bis­tum erkennt sie an, da kei­ne Zwei­fel an der kor­rek­ten Form und Inten­ti­on bestehen.

Der Fall Zachary Boazaman

Wäh­rend das Erz­bis­tum Detroit am 24. August erklär­te, daß ihm bis­her kein zwei­ter Fall eines Prie­sters bekannt ist, gab am 16. Sep­tem­ber das Erz­bis­tum Okla­ho­ma City einen sol­chen bekannt. Er betrifft Zacha­ry Boaza­man, dem im ver­gan­ge­nen Jahr die Prie­ster­wei­he gespen­det wor­den war. Auch er über­prüf­te, nach der Klar­stel­lung durch die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und dem Bekannt­wer­den des Falls Matthew Hood, durch Erzäh­lun­gen von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen auf­ge­schreckt, sei­ne eige­ne Tau­fe und muß­te fest­stel­len, 1992 in sei­ner Hei­mat­pfar­rei im Bis­tum Fort Worth ungül­tig getauft wor­den zu sein.

Boaza­man, der nach sei­ner Prie­ster­wei­he als Kaplan in der Pfar­rei San­ta Maria in Pon­ca City ein­ge­setzt wur­de, wand­te sich „zutiefst erschüt­tert” an sei­nen Erz­bi­schof, Msgr. Paul Coak­ley, der zum sel­ben Schluß gelang­te wie der Erz­bi­schof von Detroit: Alle von Boaza­man emp­fan­ge­nen Sakra­men­te waren ungültig.

Am 8. Sep­tem­ber wur­de Boaza­man gül­tig getauft und gefirmt und zum Dia­kon geweiht. Am 12. Sep­tem­ber erfolg­te durch Erz­bi­schof Coak­ley sei­ne Wei­he zum Priester.

Da auch alle von Boaza­man im ver­gan­ge­nen Jahr gespen­de­ten Sakra­men­te in Zwei­fel stan­den, muß­te Erz­bi­schof Coak­ley auch die­se, soweit bis­her mög­lich, sanie­ren. Was zunächst für die vor Boaza­man geschlos­se­nen Ehen geschah. Eben­so stell­te der Erz­bi­schof fest, daß die von ihm gespen­de­ten Tau­fen gül­tig sind.

Das gesam­te Aus­maß der ungül­ti­gen Tau­fen läßt sich der­zeit nicht abse­hen. Es wirft eini­ge grund­sätz­li­che Fra­gen auf, wie sie auch in der Lehr­mä­ßi­gen Note der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ange­spro­chen wer­den. Dazu zäh­len an erster Stel­le die gei­sti­gen Brü­che, von denen die Lit­ur­gie­re­form von 1969 beglei­tet wur­de: Vor allem die Bereit­schaft, die von der Tra­di­ti­on vor­ge­ge­be­nen For­meln eigen­mäch­tig „durch ande­re Tex­te zu ersetzen”.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: archokc​.org (Screen­shot)

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