
(Rom) Bischof Gustavo Zanchetta, für den Papst Franziskus eigens eine Führungsposition im Vatikan schuf, ist „überraschend“ an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt.
Gustavo Oscar Zanchetta war im Juli 2013 von Franziskus zum Bischof von Orán ernannt worden. Msgr. Zanchetta war nicht die erste Bischofsernennung, die der neue Papst in seiner Heimat vornahm, aber doch eine der ersten. Seither gilt er als „Amigo“ von Franziskus und kann sich tatsächlich auf ihn verlassen.
Die Bischofsernennung entpuppte sich nämlich als Fiasko. Nach vier Jahren im Amt verschwand Zanchetta in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus seinem Bistum. Dort rätselten Priester, Gläubige und Journalisten. Die Ursache wurde zunächst im Finanzchaos gesucht, das der Bischof in seinem Bistum verursacht hatte. Bereits zuvor hatte er als Generalvikar in seinem Heimatbistum Quilmes für ein vergleichbares Durcheinander gesorgt. Nachdem Zanchetta fast ein halbes Jahr untergetaucht war, tauchte er zum Jahreswechsel 2017/2018 plötzlich im Vatikan wieder auf. Dort hatte Papst Franziskus zur allgemeinen Verwunderung eigens für ihn einen ranghohen Posten bei der Apostolischen Güterverwaltung APSA geschaffen.
Ein Jahr später sickerte der wahre Grund seiner Flucht aus Argentinien durch: Auf seinem Smartphone waren kompromittierende Aufnahmen gefunden worden, auch solche, die den Bischof selbst zeigten.
Bereits einige Zeit zuvor hatten mehrere Prälaten des Bistums, darunter die Generalvikare und der Regens des diözesanen Priesterseminars, in einer Eingabe den Nuntius um sein Eingreifen gebeten, weil der Bischof seine eigenen Seminaristen homosexuell korrumpiere. Wovon die Öffentlichkeit erst zum Jahreswechsel 2018/2019 Kenntnis erhielt, war im Vatikan schon seit 2015 bekannt. Dennoch wurde nichts gegen das „unangemessene Verhalten“ unternommen.
Schließlich leitete auch die argentinische Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen sexuellen Mißbrauchs gegen den Bischof ein. Darauf ging es zwischen den argentinischen Justizbehörden und dem Heiligen Stuhl etwas hin und her. Zanchetta wurde darauf von seiner Aufgabe beurlaubt, konnte aber im Juni 2019 in den Vatikan zurückkehren, wo er in Santa Marta wohnt wie Papst Franziskus.
Im Mai 2019 räumte Franziskus in einem Interview mit dem mexikanischen Fernsehsender Televisa ein, er habe Zanchetta im Sommer „befohlen“, sein Bistum auf so undurchsichtige Weise zu verlassen, nachdem ihn Klagen erreicht hatten. Er habe ihn nach Spanien geschickt, wo der Bischof psychiatrisch untersucht worden sei, was aber „keine Auffälligkeiten“ ergeben habe.
Im November 2019 wurde ein argentinischer Haftbefehl gegen Zanchetta erlassen. Als Mitte Mai die Kurialen nach der Corona-Zwangspause wieder ihren Dienst aufnahmen, „erlebten sie eine Überraschung“, so der Corriere della Sera. Auch Msgr. Zanchetta war wieder erschienen. „Ein weiteres Rätsel“, so die Tageszeitung.
Gegenüber der US-amerikanischen Nachrichtenseite Crux bestätigte Vatikansprecher Matteo Bruni die Rückkehr des argentinischen Bischofs an seinen Arbeitsplatz: „Während er natürlich den argentinischen Justizbehörden zur Verfügung steht, kann er seinen Dienst wiederaufnehmen, der sich auf keine Weise mit den Ermittlungen überschneidet.“
Vor drei Tagen bestätigte der Vatikansprecher den Sachverhalt auch gegenüber dem britischen Catholic Herald.
Die Achillesverse der päpstlichen Strategie bleibt das willkürliche Ausblenden der Homosexualität. Siehe auch: Papst Franziskus bevorzugt Mitarbeiter „mit einer Vergangenheit“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)