(New York) Die New York Times widmete einen Teil ihrer Sonntagsausgabe vom 7. Juni einer Gruppe von katholischen Priestern, die auch in Corona-Zeiten ihre Aufgabe als Seelenhirten und Sakramentenspender erfüllen.
Das globale linksliberale Leitmedium ist die einflußreichste antikatholische, aber bergoglianische Tageszeitung der Welt. Dennoch staunen manchmal auch ihre Journalisten über die Katholizität. Am vergangenen Sonntag druckte die Zeitung den Artikel „In the Pandemic, as Ever, ‚I Will Give You Rest‘“ von Elizabeth Dias.
Während die Bischöfe das öffentliche Wirken der Priester weltweit zum Stillstand brachten, indem öffentliche Gottesdienste untersagt und die Sakramentenspendung virtualisiert wurden, berichtet Dias über eine Gruppe von Priestern des Erzbistums Boston, die sich nicht zwangsbeurlauben ließen. Trotz bischöflicher Anweisung kam auch in anderen Bistümern das geistliche Leben nicht ganz zum Erliegen. Es lag jedoch am einzelnen Priester, ob und inwieweit er die Spielräume ausnützte, die ihm die episkopale Bürokratie samt Sanktionsandrohung ließ.
Die von der New York Times vorgestellten Priester des Erzbistums Boston riskieren seit Beginn der Corona-Krise, ohne Unterbrechung, ihre eigene Gesundheit, um zu tun, wozu sie berufen sind und geweiht wurden. Sie stehen den wegen Covid-19 hospitalisierten Patienten durch Spendung der Sakramente bei und begleiten die Sterbenden auf den Corona-Intensivstationen. Das St. Elizabeth’s Medical Center ist eines der Krankenhäuser, in denen ihnen ermöglicht wird, was Priestern – auch Krankenhausseelsorgern – in den meisten europäischen Staaten verwehrt wird. Nicht überall dürfen Priester wegen des Coronavirus ins Krankenhaus, schon gar nicht auf die Intensivstation. Wiederholt wurde von gläubigen Angehörigen beklagt, hörbar vor allem in Italien, daß die Menschen ohne geistlichen Beistand sterben müssen.
Ryan Connors, einer der Bostoner Priester, natürlich vorschriftsgemäß in einen Schutzanzug eingepackt, überbringt Grüße von den Angehörigen, die das Krankenhaus nicht betreten dürfen. Connors besucht seit Ausbruch der Corona-Krise in Boston und Umgebung die Krankenhäuser, um den Covid-19-Patienten seelsorglich beizustehen. Sein Antrieb ist, wie er sagt, seine „Pflicht“ und sein Auftrag, den Sterbenden die Krankensalbung zu spenden.
Manchmal kennt er nur den Namen eines Patienten, zu dem er die Mitteilung erhalten hat, daß Familienangehörige um einen Priester gebeten haben.
Gleiches gilt für den Priester David Barnes. Ihm geht es nicht darum, was es mit dem Virus auf sich haben oder woher es stammen könnte. Ihm geht es um die Patienten, die nicht wissen, ob sie den nächsten Morgen erleben werden.
Früher waren die Priester Zeugen des Todes, heute sind es meist Krankenschwestern und Ärzte. Die Bostoner Priester bemühen sich, auch am Lebensende dem priesterlichen Auftrag zu entsprechen. Sie sehen sich nicht als Lebensberater und Wellness-Strategen, um den Menschen zu einem „guten Gefühl“ zu verhelfen. Ihnen geht es um das Seelenheil, um das ewige Leben des einzelnen Menschen, dem sie begegnen.
Die New York Times zitierte Teresa Berger, Professorin für Liturgiewissenschaften an der Divinity School of Yale: „Vor nicht allzu vielen Generationen ging die Familie eines Verstorbenen monatelang schwarzgekleidet. Die Uhren im Haus wurden im Moment des Todes angehalten. Es wurde Stroh auf das Straßenpflaster gelegt, um den Lärm der Fuhrwerke zu dämpfen. Mit dem Tod waren zahlreiche Rituale verbunden. Heute wissen wir nicht mehr, wie wir sterbende Menschen mit einem Ritual begleiten sollen, und überlassen es daher dem Krankenhaus.“
Viele Religionen haben besondere Rituale, Juden waschen den Körper der Toten, Muslime betten die Leiche in Richtung Mekka, die katholische Kirche verfügt über ein eigenes Sakrament, die Krankensalbung. Sie besteht aus drei Ritualen, um den Betroffenen die göttlichen Gnaden zukommen zu lassen. Es geht um ein endgültiges Glaubensbekenntnis und die Vergebung der Sünden, um die Krankensalbung selbst und um die Communio, die Gemeinschaft mit Gott, durch den Empfang der heiligen Eucharistie.
Dias kennt den kirchlichen Begriff, der dafür gebraucht wird: Es geht um das Viaticum, das Reisegeld der Antike. Die Gnadenmittel, allen voran die heilige Eucharistie, sind wahre Wegzehrung und Türöffner zur Erlösung, wo die Heiden Münzen verwendeten, damit die Toten die Überfahrt ins Totenreich bezahlen konnten.
Manchmal sind die Patienten bereits bewußtlos, wenn die Priester zu ihnen kommen. Sie spenden ihnen dennoch die Krankensalbung, halten ihre Hand, beten für sie. Man wisse nicht, was sie bewußt wahrnehmen.
Die Gruppe Bostoner Priester stellt einen Kontrapunkt zu einer diesseitsfixierten Welt dar, die den Tod als Realität möglichst ausklammert. Der Kontrapunkt ist so stark, daß selbst die New York Times darauf aufmerksam wurde.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Francisco de Zurbaran/MiL (Screenshot)