Regierung erlaubt Wallfahrt nach Fatima, doch Kirche lehnt ab

Coronavirus


Fatima, das geschlossene Marienheiligtum: Der menschenleere Platz zwischen der Basilika und der neuen Kirche (im Hintergrund).
Fatima, das geschlossene Marienheiligtum: Der menschenleere Gebetsplatz zwischen der Basilika und der neuen Kirche (im Hintergrund).

(Lis­sa­bon) Erst­mals seit über 100 Jah­ren wird der Jah­res­tag der ersten Mari­en­er­schei­nung von Fati­ma ohne Pil­ger statt­fin­den. Wegen des Coro­na­vi­rus? Nein, wegen der Kirchenverantwortlichen. 

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Die Nach­richt von der erst­mals in der Geschich­te abge­sag­ten Fati­ma-Wall­fahrt wur­de von offi­zi­el­len katho­li­schen Medi­en auch im deut­schen Sprach­raum ver­brei­tet, ist aber nur die hal­be Wahrheit.

Am 13. Mai 1917 kam es in dem klei­nen por­tu­gie­si­schen Ort Fati­ma zur ersten Mari­en­er­schei­nung. Die Got­tes­mut­ter erschien drei Hir­ten­kin­dern. Wei­te­re fünf Erschei­nun­gen folg­ten, immer am 13. Tag der dar­auf­fol­gen­den Mona­te. Eine Aus­nah­me bil­de­te der 13. August 2017, weil die Hir­ten­kin­der an die­sem Tag im Gefäng­nis saßen. Das Kli­ma in Por­tu­gal war damals wenig kirchenfreundlich.

Seit­her pil­gern jähr­lich Hun­dert­tau­sen­de von Men­schen an den Jah­res­ta­gen der Erschei­nun­gen in den Mari­en­wall­fahrts­ort. Den beson­de­ren Auf­takt dazu bil­det jeweils der 13. Mai und sein Vorabend.

Wegen des Coro­na­vi­rus, der „klei­nen Schwe­ster der Grip­pe­vi­ren“ (so der Infek­ti­ons­epi­de­mio­lo­ge Prof. Sucha­rit Bhak­di), wur­den auch von der por­tu­gie­si­schen Regie­rung dra­sti­sche Maß­nah­men ergrif­fen. Das Land über­stand die Coro­na­kri­se, was die Gesund­heit anbe­langt, erstaun­lich gut (die wirt­schaft­li­chen, poli­ti­schen und sozia­len Fol­gen sind noch nicht abseh­bar). Unter allen roma­nisch­spra­chi­gen Gebie­ten Euro­pas war der Ver­lauf in Por­tu­gal sogar am besten. Dabei hat­te das ibe­ri­sche Land die denk­bar schlech­te­sten Vor­aus­set­zun­gen. Bei der Anzahl der Inten­siv­bet­ten liegt es in Euro­pa an letz­ter Stel­le. Wenn in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land auf 100.000 Men­schen 33 Inten­siv­bet­ten zur Ver­fü­gung ste­hen, sind es in Por­tu­gal nur knapp mehr als fünf. Im Gegen­satz zu Bel­gi­en, Groß­bri­tan­ni­en, Ita­li­en, Spa­ni­en und Frank­reich weist Por­tu­gal eine so ver­gleichs­wei­se gerin­ge Zahl an Coro­na­to­ten auf wie die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und Öster­reich. Des­halb wur­den von der Regie­rung in Lis­sa­bon bereits Locke­run­gen der Restrik­tio­nen in Kraft gesetzt.

Die Ent­wick­lung des „Repro­duk­ti­ons­fak­tors“ in Por­tu­gal. Zeit­punkt der Schul­schlie­ßung am 16. März (durch­ge­hen­de blaue Linie), gene­rel­le Restrik­tio­nen am 22. März (durch­ge­hen­de gel­be Linie). Als die Maß­nah­men der Regie­rung in Kraft gesetzt wur­den, war Coro­na bereits im Abklingen.

Die Direk­ti­on des Mari­en­hei­lig­tums von Fati­ma gab bereits Anfang April bekannt, daß die Fei­er­lich­kei­ten am 12. und 13. Mai, der Auf­takt der Pil­ger­sai­son, ohne die Teil­nah­me von Gläu­bi­gen statt­fin­den wer­den. Die Ent­schei­dung, so der Rek­tor des San­tua­rio de Fati­ma, Msgr. Car­los Cabe­cin­has, sei wegen der staat­li­chen Maß­nah­men unumgänglich.

Das sorg­te für gro­ßes Auf­se­hen, weil es eine sol­che Unter­bre­chung des Pil­ger­stro­mes in 103 Jah­ren noch nicht gege­ben hat­te. Aus die­sem Grund ver­tei­dig­te der Bischof von Lei­ria-Fati­ma am 22. April die Ent­schei­dung. Bischof Anto­nio Augu­sto dos San­tos Mar­to war 2018 von Papst Fran­zis­kus als erster Bischof von Lei­ria-Fati­ma zum Kar­di­nal kre­iert worden.

Kar­di­nal Mar­to bezeich­ne­te die Aus­set­zung der Wall­fahrt als einen Akt „pasto­ra­ler Ver­ant­wor­tung“ und einen „tie­fen Glaubensakt“.

Die Zele­bra­tio­nen wer­den zwar statt­fin­den, aber nicht wie gewohnt auf dem gro­ßen Gebets­platz vor der Basi­li­ka, son­dern in der Basi­li­ka und unter Aus­schluß der Gläu­bi­gen. Dafür, so Kar­di­nal Mar­to, der die Zele­bra­tio­nen lei­ten wird, erfol­ge deren Über­tra­gung über die „ver­schie­de­nen sozia­len und digi­ta­len Medien“.

Wört­lich erklär­te der Kardinal:

„Ich bit­te alle dar­um, Ver­ständ­nis dafür auf­zu­brin­gen, dass auf­grund der Pan­de­mie und der Not­wen­dig­keit, die Ver­brei­tung des Virus zu ver­hin­dern, dies die ein­zig ver­nünf­ti­ge und ver­ant­wor­tungs­vol­le Ent­schei­dung war, die wir fäl­len konn­ten. Wir dür­fen kein Risi­ko ein­ge­hen! Wir dür­fen auf kei­nen Fall zulas­sen, dass unser Hei­lig­tum zu einem Zen­trum der Ansteckung und Aus­brei­tung des Virus für das Land und für die Welt wer­den würde.“

Gemäß offi­zi­el­len Zah­len gibt es in Por­tu­gal der­zeit (Stand 6. Mai) knapp 22.800 Men­schen, die als Coro­na-posi­tiv gel­ten. Was nicht bedeu­tet, daß sie „erkrankt“ sind, obwohl dies von zahl­rei­chen Medi­en so behaup­tet wird. 90 Pro­zent der Infi­zier­ten blei­ben völ­lig sym­ptom­frei oder wei­sen nur gering­fü­gi­ge Sym­pto­me auf. Das ent­spricht 0,22 Pro­zent der por­tu­gie­si­schen Bevöl­ke­rung. Ten­denz sin­kend. Als die Regie­rung am 16. März die Schu­len schloß und mit 22. März gene­rel­le Restrik­tio­nen in Kraft setz­te, war die Viru­lenz von Covid-19 bereits im Abklin­gen. Es waren dem­nach auch in Por­tu­gal nicht, eben­so­we­nig wie in den Län­dern des deut­schen Sprach­rau­mes, die mas­si­ven staat­li­chen Ein­grif­fe, die zum Rück­gang des Virus führ­ten. Die Coro­na­vi­rus-Aus­brei­tung befand sich zu die­sem Zeit­punkt bereits im Abklingen.

Der unerwünschte Paukenschlag

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag, dem 2. Mai, wur­den das Rek­to­rat des Mari­en­hei­lig­tums und die kirch­li­che Hier­ar­chie dann von einer Nach­richt völ­lig überrascht. 

Por­tu­gals Gesund­heits­mi­ni­ste­rin Mar­ta Alex­an­dra Far­tu­ra Bra­ga Tem­ido de Almei­da Simões sprach in einem Inter­view mit der Pres­se­agen­tur SIC über Locke­run­gen. Dabei sag­te sie, daß auch die jähr­li­chen Fei­er­lich­kei­ten am 13. Mai in Fati­ma „eine Mög­lich­keit“ sei­en. Deren Abhal­tung sei durch­aus denk­bar, so die Mini­ste­rin, natür­lich vor­aus­ge­setzt, daß das für die Orga­ni­sa­to­ren eine „Opti­on“ ist und die „Gesund­heits­re­geln ein­ge­hal­ten werden“.

Die par­tei­lo­se Gesund­heits­mi­ni­ste­rin Mar­ta Tem­ido, eine Gesund­heits­öko­no­min, woll­te der Kir­che damit offen­sicht­lich ent­ge­gen­kom­men. Das Abklin­gen der Ansteckungs­ge­fahr mache es jeden­falls mög­lich. Doch die kirch­li­che Hier­ar­chie wur­de von der Ankün­di­gung völ­lig über­rascht. Eine sol­che „Opti­on“ war dort offen­bar nicht vor­ge­se­hen. Die Aus­sa­gen der Mini­ste­rin brach­ten die Kir­chen­ver­ant­wort­li­chen viel­mehr in eine Ver­le­gen­heit, wie die Pres­se­er­klä­rung des Wall­fahrts­rek­to­rats erken­nen läßt, in der es heißt:

„Das Hei­lig­tum wur­de von den Aus­sa­gen der Regie­rung über­rascht“ und „sam­melt alle Ele­men­te, um Stel­lung zu beziehen“.

Die Stel­lung­nah­me erfolg­te am Mon­tag, dem 4. Mai. Man bleibt dabei: Wall­fahrts­rek­tor Cabe­cin­has bekräf­tig­te, daß es am 12./13. Mai 2020 „wegen Covid-19“ kei­ne Wall­fahr­ten nach Fati­ma geben wer­de. So wur­de es unter ande­rem von DPA wei­ter­ver­brei­tet und von zahl­rei­chen Medi­en übernommen.

Die Ent­schei­dung, den Pil­gern wegen der Coro­na­vi­rus-Kri­se abzu­sa­gen, sei „schmerz­haft“ gewe­sen, so Cabe­cin­has in einer Video­bot­schaft: „Die­se schwie­ri­ge Ent­schei­dung ist auch ein Akt der Ver­ant­wor­tung gegen­über den Pil­gern, um ihre Gesund­heit und ihr Wohl­be­fin­den zu schüt­zen.“ Zugleich appel­lier­te er an die Gläu­bi­gen, in die­sem Jahr eine „vir­tu­el­le Wall­fahrt“ zu unter­neh­men. „Man pil­gert nicht nur mit den Füßen, son­dern auch mit dem Her­zen“, so der Wallfahrtsrektor.

Als Reak­ti­on auf die offen­bar uner­wünsch­te Aus­sa­ge von Gesund­heits­mi­ni­ste­rin Tem­ido gab Cabe­cin­has bekannt, daß das Gelän­de des Hei­lig­tums vom 12. bis 13. Mai „kom­plett abge­sperrt wird“. Damit sol­le sicher­ge­stellt wer­den, daß der Zugang „nur der unbe­dingt nöti­gen Zahl von Men­schen“ erlaubt ist. Das gesche­he aus „Sicher­heits­grün­den“.

Aus wel­chen „Sicher­heits­grün­den“, wur­de aller­dings nicht gesagt, denn laut Gesund­heits­mi­ni­ste­rin Tem­ido kann es das Coro­na­vi­rus nicht sein.

Wie auch in ande­ren Län­dern sind es nicht immer über­for­der­te, macht­hung­ri­ge oder inter­es­sen­ge­lei­te­te Poli­ti­ker, von denen die Kir­che ein­ge­schränkt wird. Fin­den auch Kir­chen­män­ner Gefal­len an bei­spiel­lo­sen Restrik­tio­nen gegen das eige­ne Volk?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: San­tua­rio de Fati­ma (Screen­shot)

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3 Kommentare

  1. Den Weg der Bequem­lich­keit hat man hier gewählt… wovor haben die­se „Hir­ten“ solch eine Angst? Wenn ihnen das Ver­trau­en und die Hoff­nung in Gott und die Got­tes­mut­ter fehlt, wie wol­len sie es dann glaub­wür­dig wei­ter­ver­mit­teln und die Men­schen davon über­zeu­gen, zu glauben?

    • Was will man erwar­ten, wenn die sog. „Hir­ten“ ins feind­li­che Lager der FM über­ge­wech­selt sind?!

  2. Über­ge­wech­selt? Die Amts­kir­che ist seit den 60er Jah­ren vom Peters­dom bis zur klein­sten Berg­ka­pel­le vom Rauch der Mäch­te der Fin­ster­nis durchdrungen !

    „Wenn Ihr den Gräu­el an Hei­li­ger Stät­te seht, dann flieht…“

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